Solidargemeinschaft: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Solidargemeinschaft''' (auch ''freie Solidargemeinschaft'') bezeichnet in Deutschland Vereine oder sonstige Organisationen, die Mitgliedern oder zahlenden Kunden versicherungesähnliche Dienstleistungen anbieten wie gesetzliche oder private Krankenkassen. Die Vereine basieren auf dem Prinzip einer Solidarität und sehen sich als Alternative für herkömmliche Krankenkasse ersetzen. Nach Angaben des Deutschlandfunks sollen mit Stand von 2019 in Deutschland 20.000 Menschen Dienste von Solidargemeinschaften in Anspruch nehmen.<ref>https://www.deutschlandfunkkultur.de/solidargemeinschaften-ohne-rechtsanspruch-eine-alternative.990.de.html?dram:article_id=420001</ref> Eine staatliche Anerkennung als Ersatz für eine Mitgliedschaft in einer gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung besteht bei Solidargemeinschaften nicht. Das heisst: die Mitgliedschaft in einer Solidargemeinschaft entspricht nicht den Ansprüchen einer  Versicherungspflicht in Deutschland.
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'''Solidargemeinschaft''' (auch ''freie Solidargemeinschaft'') bezeichnet in Deutschland Vereine oder sonstige Organisationen, die Mitgliedern oder zahlenden Kunden versicherungesähnliche Dienstleistungen anbieten wie gesetzliche oder private Krankenkassen. Die Vereine basieren auf dem Prinzip einer Solidarität und sehen sich als Alternative für herkömmliche Krankenkasse. Nach Angaben des Deutschlandfunks sollen mit Stand von 2019 in Deutschland 20.000 Menschen Dienste von Solidargemeinschaften in Anspruch nehmen.<ref>https://www.deutschlandfunkkultur.de/solidargemeinschaften-ohne-rechtsanspruch-eine-alternative.990.de.html?dram:article_id=420001</ref> Eine staatliche Anerkennung als Ersatz für eine Mitgliedschaft in einer gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung besteht bei Solidargemeinschaften nicht. Das heisst: die Mitgliedschaft in einer Solidargemeinschaft entspricht nicht den Ansprüchen einer  Versicherungspflicht in Deutschland.
  
 
Solidargemeinschaften geben als einen Grund für angebliche Vorteile einer Abwendung von herkömmlichen Krankenkassen zu Gunsten von Solidargemeinschaften die mögliche Erstattung von Behandlungskosten [[alternativmedizin]]ischer und [[pseudomedizin]]ischer Methoden an, auch wenn für diese kein wissenschaftlicher Nachweis einer Eignung vorliegt. Solidargemeinschaften richten sich daher an Menschen, die der modernen, evidenzbasierten Medizin gegenüber kritisch eingestellt sind. Auch sollen Mitgliedschaften in Solidargemeinschaften zu Kosteneinsparungen seitens der Kunden führen.
 
Solidargemeinschaften geben als einen Grund für angebliche Vorteile einer Abwendung von herkömmlichen Krankenkassen zu Gunsten von Solidargemeinschaften die mögliche Erstattung von Behandlungskosten [[alternativmedizin]]ischer und [[pseudomedizin]]ischer Methoden an, auch wenn für diese kein wissenschaftlicher Nachweis einer Eignung vorliegt. Solidargemeinschaften richten sich daher an Menschen, die der modernen, evidenzbasierten Medizin gegenüber kritisch eingestellt sind. Auch sollen Mitgliedschaften in Solidargemeinschaften zu Kosteneinsparungen seitens der Kunden führen.
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Seit 2007/2009 (GKV-WSG) gibt es in Deutschland eine allgemeine Versicherungspflicht. Mitglieder sowohl der gesetzlichen Krankenkassen, noch die der privaten Krankenversicherungen dürfen diese einfach verlassen, etwa um Mitglied einer Solidargemeinschaft zu werden. Solidargemeinschaften setzen deswegen teilweise auf illegale Methoden, um herkömmliche Versicherungen verlassen zu können. Beliebt ist die Empfehlung sich in Deutschland abzumelden und den Pass abzugeben. Bei einigen der Solidargemeinschaften ist eine Nähe zu den [[Reichsbürgerbewegung]] zu beobachten.
  
 
Neben den eigentlichen Solidargemeinschaften existiert in Deutschland auch der Verein Bundesarbeitsgemeinschaft von Selbsthilfeeinrichtungen – Solidargemeinschaften im Gesundheitswesen e.V., kurz BASSG, welcher sich für eine staatliche Anerkennung als "''anderweitige Absicherung im Krankheitsfall''" als drittes Krankenversicherungsmodell in Deutschland einsetzt. 2011 führt die Samarita Solidargemeinschaft e.V. nach eigenen Angaben einen Musterprozess, in dem sie für die rechtliche Anerkennung als „anderweitige Absicherung im Krankheitsfall“ streitet. Gegen die abschlägige Entscheidung des Sozialgerichts München vom 4. Januar 2013 (AZ: S 3 KR 291/11) wurde Berufung beim Bayer. Landessozialgericht unter dem Az.: L 4 KR 27/13 eingelegt, diese wurde jedoch am 9. Juni 2015 zurückgewiesen. Die Revision vor dem Bundessozialgericht wurde jedoch, wegen "grundsätzlicher Bedeutung" zugelassen. Die gegen das Urteil des LSG dann eingelegte Revision wurde vom 12. Senat des Bundessozialgerichts mit Beschluss vom 18. April 2017 (B 12 KR 18/15 R) wegen unzureichender Begründung als unzulässig verworfen. Hiergegen und gegen die vorinstanzlichen Entscheidungen ist Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht anhängig (Az. 1 BvR 2062/17).
 
Neben den eigentlichen Solidargemeinschaften existiert in Deutschland auch der Verein Bundesarbeitsgemeinschaft von Selbsthilfeeinrichtungen – Solidargemeinschaften im Gesundheitswesen e.V., kurz BASSG, welcher sich für eine staatliche Anerkennung als "''anderweitige Absicherung im Krankheitsfall''" als drittes Krankenversicherungsmodell in Deutschland einsetzt. 2011 führt die Samarita Solidargemeinschaft e.V. nach eigenen Angaben einen Musterprozess, in dem sie für die rechtliche Anerkennung als „anderweitige Absicherung im Krankheitsfall“ streitet. Gegen die abschlägige Entscheidung des Sozialgerichts München vom 4. Januar 2013 (AZ: S 3 KR 291/11) wurde Berufung beim Bayer. Landessozialgericht unter dem Az.: L 4 KR 27/13 eingelegt, diese wurde jedoch am 9. Juni 2015 zurückgewiesen. Die Revision vor dem Bundessozialgericht wurde jedoch, wegen "grundsätzlicher Bedeutung" zugelassen. Die gegen das Urteil des LSG dann eingelegte Revision wurde vom 12. Senat des Bundessozialgerichts mit Beschluss vom 18. April 2017 (B 12 KR 18/15 R) wegen unzureichender Begründung als unzulässig verworfen. Hiergegen und gegen die vorinstanzlichen Entscheidungen ist Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht anhängig (Az. 1 BvR 2062/17).

Version vom 13. Oktober 2019, 16:28 Uhr


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Solidargemeinschaft (auch freie Solidargemeinschaft) bezeichnet in Deutschland Vereine oder sonstige Organisationen, die Mitgliedern oder zahlenden Kunden versicherungesähnliche Dienstleistungen anbieten wie gesetzliche oder private Krankenkassen. Die Vereine basieren auf dem Prinzip einer Solidarität und sehen sich als Alternative für herkömmliche Krankenkasse. Nach Angaben des Deutschlandfunks sollen mit Stand von 2019 in Deutschland 20.000 Menschen Dienste von Solidargemeinschaften in Anspruch nehmen.[1] Eine staatliche Anerkennung als Ersatz für eine Mitgliedschaft in einer gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung besteht bei Solidargemeinschaften nicht. Das heisst: die Mitgliedschaft in einer Solidargemeinschaft entspricht nicht den Ansprüchen einer Versicherungspflicht in Deutschland.

Solidargemeinschaften geben als einen Grund für angebliche Vorteile einer Abwendung von herkömmlichen Krankenkassen zu Gunsten von Solidargemeinschaften die mögliche Erstattung von Behandlungskosten alternativmedizinischer und pseudomedizinischer Methoden an, auch wenn für diese kein wissenschaftlicher Nachweis einer Eignung vorliegt. Solidargemeinschaften richten sich daher an Menschen, die der modernen, evidenzbasierten Medizin gegenüber kritisch eingestellt sind. Auch sollen Mitgliedschaften in Solidargemeinschaften zu Kosteneinsparungen seitens der Kunden führen.

Seit 2007/2009 (GKV-WSG) gibt es in Deutschland eine allgemeine Versicherungspflicht. Mitglieder sowohl der gesetzlichen Krankenkassen, noch die der privaten Krankenversicherungen dürfen diese einfach verlassen, etwa um Mitglied einer Solidargemeinschaft zu werden. Solidargemeinschaften setzen deswegen teilweise auf illegale Methoden, um herkömmliche Versicherungen verlassen zu können. Beliebt ist die Empfehlung sich in Deutschland abzumelden und den Pass abzugeben. Bei einigen der Solidargemeinschaften ist eine Nähe zu den Reichsbürgerbewegung zu beobachten.

Neben den eigentlichen Solidargemeinschaften existiert in Deutschland auch der Verein Bundesarbeitsgemeinschaft von Selbsthilfeeinrichtungen – Solidargemeinschaften im Gesundheitswesen e.V., kurz BASSG, welcher sich für eine staatliche Anerkennung als "anderweitige Absicherung im Krankheitsfall" als drittes Krankenversicherungsmodell in Deutschland einsetzt. 2011 führt die Samarita Solidargemeinschaft e.V. nach eigenen Angaben einen Musterprozess, in dem sie für die rechtliche Anerkennung als „anderweitige Absicherung im Krankheitsfall“ streitet. Gegen die abschlägige Entscheidung des Sozialgerichts München vom 4. Januar 2013 (AZ: S 3 KR 291/11) wurde Berufung beim Bayer. Landessozialgericht unter dem Az.: L 4 KR 27/13 eingelegt, diese wurde jedoch am 9. Juni 2015 zurückgewiesen. Die Revision vor dem Bundessozialgericht wurde jedoch, wegen "grundsätzlicher Bedeutung" zugelassen. Die gegen das Urteil des LSG dann eingelegte Revision wurde vom 12. Senat des Bundessozialgerichts mit Beschluss vom 18. April 2017 (B 12 KR 18/15 R) wegen unzureichender Begründung als unzulässig verworfen. Hiergegen und gegen die vorinstanzlichen Entscheidungen ist Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht anhängig (Az. 1 BvR 2062/17).

Unterschiede zu gesetzlichen und privaten Krankenkassen (Deutschland)

Im Gegensatz zu Mitgliedern in gesetzlichen und privaten Krankenkassen haben Kunden oder Mitglieder von Solidargemeinschaften keinen Rechtsanspruch auf bestimmte Leistungen im Gesundheitsbereich. Es fehlt ein verbindlicher Leistungskatalog. Die bekannt gewordenen Solidargemeinschaften mit ihren meist kleinen Mitgliedzahlen (weit unter 1000 Mitglieder) können rein wirtschaftlich an einem einzigen schweren und teuren Krankheitsfall eines Mitglieds zahlungsunfähig werden. Daher gibt es bei Solidargemeinschaften auch Regelungen für die Erstattung nur eines bestimmten festgelegten Zuwendungsrahmens pro Mitglied.

Ein weiterer Unterschied betrifft das Recht auf Aufnahme in einer Solidargemeinschaft. Während das Recht auf Aufnahme in eine der herkömmlichen Krankenversicherungen in Deutschland gesetzlich geregelt ist, hängt die Aufnahme in eine der Solidargemeinschaften von einer individuellen Entscheidung ab. So verlangt beispielsweise die Solidago eine vorherige Aufnahme in eine regionale Gruppe und ihre Zustimmung. Das neue Mitglied soll dann auch in Zukunft weiter in Verbindung mit dieser Gruppe bleiben. Innerhalb dieser Gruppe kommt es dabei auch zum Informationsaustausch über Krankheitsfälle innerhalb der Gruppe. Die Samarita Solidargemeinschaft setzt für die Aufnahme ein erfolgreiches persönliches Aufnahmegespräch voraus. Über neue Mitglieder befindet somit ein Aufnahmebeirat.

Solidargemeinschaften erwarten in Einzelfall von solventen Mitgliedern im Falle hoher Kosten auch den Zugriff auf eigenes Vermögen und nicht nur auf einen vereinbarten Anteil am Einkommen.

Das Recht auf Teilnahme an Sozialwahlen existiert im Bereich der Solidargemeinschaften nicht.

Bekannte Solidargemeinschaften in Deutschland

  • Samarita Solidargemeinschaft e.V.
  • Solidago
  • Artabana
  • Solidarkunst[2]
  • Glückskäfer[3]
  • Neue Deutsche Gesundheitskasse bzw Deutsche Gesundheitskasse von Peter Fitzek

Siehe auch

Weblinks

Quellennachweise