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==Länger leben dank Simonton-Training==
 
==Länger leben dank Simonton-Training==
Angeblich belegt wurde der "Erfolg" des Simonton'schen Trainings vom Ehepaar Simonton durch eine 1981 veröffentlichte Studie (Simonton und Simonton-Matthews 1981). In dieser Pilotstudie wurden während der Jahre 1974 bis 1978 insgesamt 193 Patienten mit diagnostizierten Tumorleiden beobachtet und die medianen Überlebenszeiten von 71 Mammakarzinompatientinnen (38,5 Monate), 28 Darmtumorpatienten (22,5 Monate) und 24 Lungenkarzinompatienten (14,5 Monate) ermittelt. Deren berichtete Überlebenszeiten seien nach Angaben des Autorenehepaars angeblich deutlich länger gewesen als jene Zeitspannen, die man damals in der medizinischen Vergleichsliteratur hätte finden können. Deshalb sei das Simonton-Training empfehlenswert, ja sogar lebenszeitverlängernd.
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Angeblich belegt wurde der "Erfolg" des Simonton'schen Trainings vom Ehepaar Simonton durch eine 1981 veröffentlichte Studie (Simonton und Simonton-Matthews 1981)<ref>Simonton OC, Matthews-Simonton S: Cancer and stress: counselling the cancer patient. Med J Aust, 1, 679 und 682-683, 1981</ref>. In dieser Pilotstudie wurden während der Jahre 1974 bis 1978 insgesamt 193&nbsp;Patienten mit diagnostizierten Tumorleiden beobachtet und die medianen Überlebenszeiten von 71&nbsp;Mammakarzinompatientinnen (38,5&nbsp;Monate), 28&nbsp;Darmtumorpatienten (22,5&nbsp;Monate) und 24&nbsp;Lungenkarzinompatienten (14,5&nbsp;Monate) ermittelt. Deren berichtete Überlebenszeiten seien nach Angaben des Autorenehepaars angeblich deutlich länger gewesen als jene Zeitspannen, die man damals in der medizinischen Vergleichsliteratur hätte finden können. Deshalb sei das Simonton-Training empfehlenswert, ja sogar lebenszeitverlängernd.
    
==Die Realität==
 
==Die Realität==
Sieht man sich medizinische Studien an, die zur damaligen Zeit, Anfang der 1980er Jahre, im medizinischen Schrifttum veröffentlicht wurden, so sind die Überlebenszeitspannen, die von Simonton und Matthews-Simonton (1981) berichtet wurden, keinesfalls überragend. Gross und Schmidt (1981, s.S. 34.40) berichteten in ihrem Lehrbuch über eine Studie an 222 Brustkrebspatientinnen, die nach einer konventionellen, chirurgischen Therapie (Ablatio mammae) eine mediane Überlebenszeit von 46&nbsp;Monaten hatten. Mediane Überlebensraten für Dünndarmkarzinome gaben Gross und Schmidt (1981, s.S. 26.41) zwar nicht an, jedoch beschrieben sie eine 5-Jahres-Überlebensrate bei nichtmetastasierten Tumoren des Dünndarms nach radikaler Operation von immerhin 45-66%. Bei bereits metastasierten Dünndarmtumoren lag die mediane Überlebenszeit zwischen 12-36&nbsp;Monaten. Beim Lungenkarzinom hängt die Überlebenszeitspanne extrem von der Größe des Primärtumors ab. Je kleiner dieser Primärtumor ist und je höher die Wahrscheinlichkeit ist, dass er noch keine lokalen oder systemischen Metastasen abgesiedelt hat, desto länger ist die Überlebensrate. Natürlich hat die Therapieart auch einen Einfluss auf die Überlebenszeit. Wartete man in den 1970er Jahren ab und tat nichts, lag die mediane Überlebenszeit bei 8,4&nbsp;Monaten. Bestrahlte man den Tumor oder setzte man Chemotherapeutika ein, wurden Anfang der 1970er Jahre mediane Überlebenszeiten von 8,3-8,8&nbsp;Monaten erreicht (Durrant et al. 1971). Lag bereits ein inoperabel großes Lungenkarzinom vor, konnte gegen Ende der 1970er Jahre allerdings schon eine mediane Überlebenszeit von bis zu 54&nbsp;Wochen erzielt werden (Palmer und Kroening 1978). Mende et al. (1982) erreichten allein mit Chemotherapie eine mediane Überlebenszeit von 10,6&nbsp;Monaten, während Alberti et al. (1985) nur durch alleinige Bestrahlung eine mediane Überlebenszeit von 11&nbsp;Monaten erzielen konnten. In den späten 1980er Jahren erreichte man bereits mediane Überlebenszeiten von 30&nbsp;Monaten (Gutsfeld et al. 1987) unter Verwendung von Operation, Chemo- und Strahlentherapie. In den 1990er Jahren konnte bei inoperabel großem Lungenkarzinom alleine unter Nutzung einer hochdosierten Strahlentherapie eine mediane Überlebenszeit von 14,1&nbsp;Monaten erzielen (Würschmidt et al. 1994).
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Sieht man sich medizinische Studien an, die zur damaligen Zeit, Anfang der 1980er Jahre, im medizinischen Schrifttum veröffentlicht wurden, so sind die Überlebenszeitspannen, die von Simonton und Matthews-Simonton (1981) berichtet wurden, keinesfalls überragend. Gross und Schmidt (1981, s.S. 34.40) berichteten in ihrem Lehrbuch über eine Studie an 222 Brustkrebspatientinnen, die nach einer konventionellen, chirurgischen Therapie (Ablatio mammae) eine mediane Überlebenszeit von 46&nbsp;Monaten hatten.<ref>Gross R, Schmidt CG(Hrsg.): Klinische Onkologie. G. Thieme Verlag, Stuttgart, 1981</ref> Mediane Überlebensraten für Dünndarmkarzinome gaben Gross und Schmidt (1981, s.S. 26.41) zwar nicht an, jedoch beschrieben sie eine 5-Jahres-Überlebensrate bei nichtmetastasierten Tumoren des Dünndarms nach radikaler Operation von immerhin 45-66%.<ref>Gross R, Schmidt CG(Hrsg.): Klinische Onkologie. G. Thieme Verlag, Stuttgart, 1981</ref> Bei bereits metastasierten Dünndarmtumoren lag die mediane Überlebenszeit zwischen 12-36&nbsp;Monaten. Beim Lungenkarzinom hängt die Überlebenszeitspanne extrem von der Größe des Primärtumors ab. Je kleiner dieser Primärtumor ist und je höher die Wahrscheinlichkeit ist, dass er noch keine lokalen oder systemischen Metastasen abgesiedelt hat, desto länger ist die Überlebensrate. Natürlich hat die Therapieart auch einen Einfluss auf die Überlebenszeit. Wartete man in den 1970er Jahren ab und tat nichts, lag die mediane Überlebenszeit bei 8,4&nbsp;Monaten. Bestrahlte man den Tumor oder setzte man Chemotherapeutika ein, wurden Anfang der 1970er Jahre mediane Überlebenszeiten von 8,3-8,8&nbsp;Monaten erreicht (Durrant et al. 1971).<ref>Durrant KR, Berry RJ, Ellis F, Black JM, Ridehalgh FR, Hamilton WS: Comparison of treatment policies in inoperable bronchial carcinoma. Lancet, I, 715-719, 1971</ref> Lag bereits ein inoperabel großes Lungenkarzinom vor, konnte gegen Ende der 1970er Jahre allerdings schon eine mediane Überlebenszeit von bis zu 54&nbsp;Wochen erzielt werden (Palmer und Kroening 1978).<ref>Palmer RL, Kroening PM: Comparison of low dose radiation therapy alone or combined with procarbazine (NSC-77213) for unresectable epidermoid carcinoma of the lung stage T3, N1, N2 or M1. Cancer, 42, 424-428, 1978</ref> Mende et al. (1982) erreichten allein mit Chemotherapie eine mediane Überlebenszeit von 10,6&nbsp;Monaten<ref>Mende S, Bleichner F, Hofmann A, Meuret G, Vogel KH: Therapieergebnisse beim kleinzelligen Bronchialkarzinom an einem nicht selektionierten Patientenkollektiv. Onkologie, 5, 146-149, 1982</ref>, während Alberti et al. (1985) nur durch alleinige Bestrahlung eine mediane Überlebenszeit von 11&nbsp;Monaten erzielen konnten.<ref>Alberti W, Niederle N, Stuschke M, Konietzko N: Behandlungsergebnisse nach Strahlentherapie mit unkonventioneller Fraktionierung beim inoperablen, nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom. Prax Klin Pneumol, 39, 832, 1985</ref> In den späten 1980er Jahren erreichte man bereits mediane Überlebenszeiten von 30&nbsp;Monaten (Gutsfeld et al. 1987) unter Verwendung von Operation, Chemo- und Strahlentherapie.<ref>Gutsfeld P, Huwer H, Hülsewede R, Isringhaus H: Langzeitprognose nach Resektion bronchioalveolärer Karzinome. Prax Klin Pneumol, 41, 780, 1987</ref> In den 1990er Jahren konnte bei inoperabel großem Lungenkarzinom alleine unter Nutzung einer hochdosierten Strahlentherapie eine mediane Überlebenszeit von 14,1&nbsp;Monaten erzielen (Würschmidt et al. 1994).
    
Vergleicht man diese Zahlen mit jenen Überlebenszeiten, die Simonton und Matthews-Simonton (1981) berichteten, so erkennt man deutlich, dass deren Erfolgsraten sich eher bescheiden ausnehmen und von einem erheblichen Lebenszeitzugewinn durch ihre Therapie keinesfalls die Rede sein kann.
 
Vergleicht man diese Zahlen mit jenen Überlebenszeiten, die Simonton und Matthews-Simonton (1981) berichteten, so erkennt man deutlich, dass deren Erfolgsraten sich eher bescheiden ausnehmen und von einem erheblichen Lebenszeitzugewinn durch ihre Therapie keinesfalls die Rede sein kann.
    
==Nachprüfung Simonton'scher Fälle erbringt peinliche Resultate==
 
==Nachprüfung Simonton'scher Fälle erbringt peinliche Resultate==
Friedlander (1991) prüfte einige der in Simontons Buch 'Getting Well Again' publizierten kasuistischen Falldarstellungen nach. Von fünf Fällen, bei denen angeblich ein alleiniges Simonton'sches Training den Heilungserfolg erbracht haben sollte, waren in Wirklichkeit zwei Patienten vor dem Training einer konventionellen onkologischen Behandlung unterzogen worden, ein weiterer Patient wies bereits vor dem Training einen sehr langsam wachsenden Tumor auf und beim vierten Patienten waren in Wahrheit parallel zum Simonton'schen Training durchaus auch konventionelle Behandlungsverfahren zur Anwendung gekommen. Beim fünften Patienten ergab sich bei der Nachprüfung überhaupt kein Anhalt auf ein Tumorleiden!
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Friedlander (1991) prüfte einige der in Simontons Buch 'Getting Well Again' publizierten kasuistischen Falldarstellungen nach. Von fünf Fällen, bei denen angeblich ein alleiniges Simonton'sches Training den Heilungserfolg erbracht haben sollte, waren in Wirklichkeit zwei Patienten vor dem Training einer konventionellen onkologischen Behandlung unterzogen worden, ein weiterer Patient wies bereits vor dem Training einen sehr langsam wachsenden Tumor auf und beim vierten Patienten waren in Wahrheit parallel zum Simonton'schen Training durchaus auch konventionelle Behandlungsverfahren zur Anwendung gekommen. Beim fünften Patienten ergab sich bei der Nachprüfung überhaupt kein Anhalt auf ein Tumorleiden.<ref>Friedlander ER: Mengal imagery. in: Barrett S, Cassileth BR: Dubious cancer treatment. American Cancer Society, Florida Division, Tampa/Florida, S. 73-78, 1991</ref>
    
==Was ist vom Simonton'schen Training zu halten?==
 
==Was ist vom Simonton'schen Training zu halten?==
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==Quellennachweise==
 
==Quellennachweise==
* Alberti W, Niederle N, Stuschke M, Konietzko N: Behandlungsergebnisse nach Strahlentherapie mit unkonventioneller Fraktionierung beim inoperablen, nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom. Prax Klin Pneumol, 39, 832, 1985
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<references/>
* Durrant KR, Berry RJ, Ellis F, Black JM, Ridehalgh FR, Hamilton WS: Comparison of treatment policies in inoperable bronchial carcinoma. Lancet, I, 715-719, 1971
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* Friedlander ER: Mengal imagery. in: Barrett S, Cassileth BR: Dubious cancer treatment. American Cancer Society, Florida Division, Tampa/Florida, S. 73-78, 1991
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* Gross R, Schmidt CG(Hrsg.): Klinische Onkologie. G. Thieme Verlag, Stuttgart, 1981
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* Gutsfeld P, Huwer H, Hülsewede R, Isringhaus H: Langzeitprognose nach Resektion bronchioalveolärer Karzinome. Prax Klin Pneumol, 41, 780, 1987
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* Mende S, Bleichner F, Hofmann A, Meuret G, Vogel KH: Therapieergebnisse beim kleinzelligen Bronchialkarzinom an einem nicht selektionierten Patientenkollektiv. Onkologie, 5, 146-149, 1982
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* Palmer RL, Kroening PM: Comparison of low dose radiation therapy alone or combined with procarbazine (NSC-77213) for unresectable epidermoid carcinoma of the lung stage T3, N1, N2 or M1. Cancer, 42, 424-428, 1978
   
* Simonton OC, Matthews-Simonton S: Cancer and stress: counselling the cancer patient. Med J Aust, 1, 679 und 682-683, 1981
 
* Simonton OC, Matthews-Simonton S: Cancer and stress: counselling the cancer patient. Med J Aust, 1, 679 und 682-683, 1981
 
* Würschmidt F, Bünemann H, Bünemann C, Beck-Bornholdt HP, Heilmann HP: Inoperable non-small cell lung cancer: a retrospective analysis of 427 patients treated with high-dose radiotherapy. Int J Radiation Oncology Biol Phys, 28, 583-588, 1994
 
* Würschmidt F, Bünemann H, Bünemann C, Beck-Bornholdt HP, Heilmann HP: Inoperable non-small cell lung cancer: a retrospective analysis of 427 patients treated with high-dose radiotherapy. Int J Radiation Oncology Biol Phys, 28, 583-588, 1994
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