Selbstheilungskraft

Aus Psiram
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Als Selbstheilungskraft bezeichnet man die Fähigkeit des (menschlichen) Körpers, äußere und innere Verletzungen sowie Krankheiten ohne medizinische Therapie zu heilen. In der Pseudomedizin ist der Begriff der Selbstheilungskräfte weit verbreitet, ohne dass beschrieben wird, was genau sich dahinter verbirgt. Eine Vielzahl pseudomedizinischer Verfahren wie z.B. die Homöopathie soll angeblich die Selbstheilungskräfte stärken. Andererseits können nach diesem Verständnis durch Blockaden der Selbstheilungskräfte Krankheiten entstehen. Der Begriff einer "Selbstheilungskraft" ist in der wissenschaftlichen Medizin ungebräuchlich, hier wird dagegen von Spontanheilung, Spontanremission oder Selbstheilung gesprochen.

Da weder klar ist, was Selbstheilungskräfte konkret sein sollen, noch erklärt wird, wie diese Kräfte genau aktiviert werden sollen, täuscht der Begriff der Selbstheilungskräfte darüber hinweg, dass diese pseudomedizinischen Thesen und Verfahren keine wissenschaftliche Basis haben.

Mechanismen der Selbstheilung

Mit vielen akuten Erkrankungen kommt der menschliche Körper allein ohne äusseres Zutun zurecht. Geschätzte 70% bis 80% aller gesundheitlichen Störungen, Malaisen und handfesten Erkrankungen bilden sich spontan zurück, also unabhängig von einer tatsächlich effektiven Therapie oder eines pseudomedizinischen und völlig unwirksamen Eingriffs oder eines hoffnungsvollen "Zuwartens". Die Heilung basiert dabei auf unterschiedlichen Mechanismen. Viele Infektionen werden durch das Immunsystem beseitigt; die Wundheilung basiert auf den Mechanismen der Blutgerinnung und der Fähigkeit der ständigen Erneuerung der Körperzellen. Etwa alle fünf Wochen erneuern sich die Magenwände, alle sechs Wochen werden die Leberzellen ausgetauscht und etwa alle drei Monate erneuern sich die Hautzellen.[1] Auch Entzündungsreaktionen dienen dazu, einen äußeren oder innerlich ausgelösten, potenziell schädigenden Reiz (Erreger, Parasiten, Fremdkörper, Gifte) zu beseitigen, dessen Ausbreitung zu unterbinden und ggf. eingetretene Schäden zu reparieren.

Stärkung der Selbstheilungskräfte

Die meisten pseudomedizinischen Therapien sollen auf einer „Stärkung der Selbstheilungskräfte“, oft zusammen mit einer Aktivierung des Immunsystems, beruhen. Eine "Stärkung der Selbstheilungskräfte" ist in der Wissenschaft unbekannt.

Im Gegensatz dazu können Heilungsprozesse durchaus behindert bzw. gestört werden. Bei Lippenherpes ist bekannt, dass er aktiviert wird, wenn durch Stress ein andauernder Gleichgewichtszustand zwischen dem Herpes simplex-Virus und Immunsystem gestört wird, z.B. bei einer weiteren, meist fiebrigen Infektionskrankheit ("Fieberbläschen"), oder bei einer verkapselten Tuberkulose. Durch geeignete Maßnahmen ist es möglich, derartige Störungen zu verhindern.

Spontanremission und Spontanheilung bei chronischen Krankheiten

Bei chronischen Erkrankungen für die auf Basis langjähriger Beobachtungen und der veröffentlichten Literatur ein Fortschreiten und keine Selbstheilung zu erwarten ist, kann es je nach Krankheit und weiteren Umständen (Alter) zu einer mehr oder weniger seltenen Spontanremission und Spontanheilung kommen. Je nach Erkrankung kann eine derartige Spontanremission derart selten sein, dass über die jeweiligen Einzelfälle Anlass für Aufsehen und Artikel in Fachzeitschriften waren. Insbesondere waren spontane Heilungen bei bösartigen Krebserkrankungen immer wieder Thema der Fachliteratur. Dennoch ist bekannt, dass ganz bestimmte Krebserkrankungen häufiger dazu neigen sich spontan zurückzubilden als fortzuschreiten.

Nicht durch Therapien induzierbare Spontanremissionen bei bösartigem Krebs sind bis heute bei Erwachsenen die extreme Ausnahme (etwa 1 Fall auf 60.000 oder weniger), bei Kindern sind hingegen einige Krebsarten bekannt, die sich häufig spontan zurückbilden. Bei einigen seltenen Krebsarten im Kindesalter sind sogar Remissionen die Regel und nicht die Ausnahme. Eine einmal eingetretene vollständige Remission (therapiebedingt oder spontan) mit Nichtnachweisbarkeit des Tumors bedeutet leider nicht, dass Rezidive auszuschließen sind, also dass es trotzdem zu einem Rückfall kommen kann.

Quellenverzeichnis

  1. Platsch K.D. (2007): Was heilt. Vom Menschsein in der Medizin. Theseus Verlag, Stuttgart