Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie

Aus Psiram
Zur Navigation springen Zur Suche springen
SMT
Manfred von Ardenne
Ganzkörperhyperthermie

Die Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie nach Manfred von Ardenne (SMT, engl. cancer multistep therapy) ist eine pseudomedizinische Methode aus dem Spektrum der Sauerstoff-Therapien, die von Prof. Dr. h.c. mult. Manfred von Ardenne (20. Januar 1907, Hamburg - 26. Mai 1997, Dresden) erfunden wurde.

Manfred von Ardenne

Ursprünglich hatte sich von Ardenne einen Namen als Bastler und durch Erfindungen im Bereich der Funk- und Fernsehtechnik sowie der Elektronenoptik erworben. 1925 schrieb er sich dank Hilfe aus dem Familienkreis und ohne das Abitur erreicht zu haben, an der Universität in Berlin ein und begann Physik, Chemie und Mathematik zu studieren. Er brach das Studium jedoch nach vier Semestern wieder ab und wandte sich als Autodidakt privaten Forschungen auf dem Gebiet der angewandten Physik zu. Er arbeitete bis zum Ende des II. Weltkrieges als Physiker in Berlin, wurde dann in die Sowjetunion verschleppt und arbeitete dort in Suchumi (Kaukasus) an militärischen Kernforschungsprojekten. Im Jahre 1956 wurde er in der damaligen DDR zum Leiter des nach seinen Vorstellungen eingerichteten und nach ihm benannten Instituts in Dresden. 1959 wechselte er von der physikalischen Forschung in die Krebsforschung und veröffentlichte 1965 sein Grundkonzept der Krebs-Mehrschritt-Therapie, aus der er später das Behandlungskonzept der Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie (SMT) ableitete.

Die Therapie

Das Konzept der SMT ist nach Angaben von Ardenne wie folgt: Die selektive und optimierte Übersäuerung des Krebsgewebes, die durch eine "vielstündige Steigerung der Blutglukosekonzentration" mittels einer intravenösen Infusion von Traubenzucker zu erreichen sei, und die gleichzeitige Erzeugung einer lokalen Hyperthermie von 42 °Celsius und Anwendung von reinem Sauerstoff in der Atemluft. Allerdings änderte von Ardenne sein Verfahren mehrfach ab. Zuletzt verzichtete er sogar völlig auf die früher für unabdingbar gehaltene O2-Mehrschritt-Therapie.

Die SMT ist keine Therapie der wissenschaftlichen, akademischen Medizin. Zur SMT existieren bis heute (2009) weder kontrollierte randomisierte Studien noch prospektive Studien mit einer adäquaten Vergleichsgruppe. Vorliegende Studien wurden nur zu Fragen einer frühen klinischen Prüfung durchgeführt und weisen zum Teil erhebliche methodische Mängel auf. Sie erfassen nur kleine Kollektive einzelner onkologischer Indikationen oder Fallserien sehr unterschiedlicher Tumore. Keine der Studien konnte einen Nachweis des therapeutischen Nutzens unter alleiniger oder begleitender systemischer Krebs-Mehrschritt-Therapie erbringen. In deutschen und internationalen Leitlinien zu Behandlungsverfahren in der Onkologie wird diese Methode dementsprechend nicht erwähnt.

Durch Einatmen reinen Sauerstoffes über eine Atemmaske bei normalen Druckverhältnissen kann sich die Sauerstoffkonzentration weder im Blut insgesamt noch in den roten Blutkörperchen bei gesunden Personen mit normaler Lungenfunktion erhöhen. Dies liegt daran, dass die Affinität molekularen Sauerstoffs an die eisenhaltige Region des Hämoglobinmoleküls im Erythrozyten so stark ist, dass sogar bei niedrigem Sauerstoffgehalt in der Umgebungsluft (unter 19,5%) eine fast vollständige (99-100%ige) Sättigung des Hämoglobinmoleküls mit Sauerstoff erfolgt. Dies geschieht schon während der wenige Sekunden dauernden Passage der Erythrozyten durch das Lungengewebe. Der frei im Blutserum zirkulierende Sauerstoffgehalt ist unter normalen Druckverhältnissen immer gleich und kann durch eine Erhöhung des Sauerstoffs im Rahmen einer Atemmaskenbeatmung nicht in merklichem Umfang erhöht werden. Dies wäre ohnehin unerheblich, denn ein erhöhter Sauerstoffanteil im Blutserum spielt für die Zellatmung keine Rolle. Die Zellen nehmen ihren Sauerstoff in chemisch gebundener Form (im Hämoglobin) durch die Erythrozyten auf.

Die einzige Möglichkeit, den Sauerstoffgehalt im Blutserum zu erhöhen, besteht darin, den Patienten in eine Druckkammer zu setzen, den Luftdruck deutlich zu erhöhen und die Sauerstoffkonzentration in der Kammerluft zu steigern. Nur dann kommt es zu einer Steigerung der Sauerstoffkonzentration im Serum, nicht jedoch zu einer Steigerung der Sättigung des Hämoglobins in den roten Blutkörperchen, weil dieses bereits vorher maximal gesättigt ist.

In Deutschland wurden von Ardennes Thesen durch die SMT-Gesellschaft in Oberhausen unterstützt. Diese machte seine Ideen in ärztlichen Kreisen und bei Heilpraktikern populär. Die Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie wird in den aktuellen Therapieleitlinien für Krebserkrankungen nicht erwähnt.[1] Der Arbeitsausschuss "Ärztliche Behandlung" des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen hat im Jahre 2004 folgerichtig die SMT nach Ardenne als im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erstattungsfähig eingestuft.[2] Es fehlt der Methode ein glaubwürdiger Wirksamkeitsnachweis und die Krankenkassen sind nicht verpflichtet, unbewiesene Methoden zu finanzieren.

Verträglichkeit und Nebenwirkungen

In der zum Thema existierenden Literatur finden sich Hinweise auf gravierende und lebensbedrohliche Komplikationen.

Hinweis: Die oft als SMT abgekürzte Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie nach Ardenne ist nicht mit der alternativmedizinischen Sanfte Manuelle Therapie nach Graulich zu verwechseln.

Literatur

  • Deutsche Krebsgesellschaft e.V. Expertenstellungnahme zur systemischen Krebs-Mehrschritt-Therapie (sKMT) nach Manfred von Ardenne vom 10. Januar 1996
  • Deutsche Krebsgesellschaft e.V. Stellungnahme zur systemischen Krebs-Mehrschritt-Therapie (sKMT) für das Sozialgericht Cottbus vom 14. Juli 1999
  • Wiedemann, Prof. Dr. (Med. Universität zu Lübeck) Stellungnahme zur systemischen Krebs-Mehrschritt-Therapie (sKMT) für das Sozialgericht Cottbus vom 6. September 1999
  • Grell L. Systemische Krebs-Mehrschritt-Therapie nach Manfred von Ardenne. Internist Praxis 1998; 38: 885-93
  • Hauser SP. Krebs-Mehrschritt-Therapie nach von Ardenne und Varianten. Universell einsetzbar in der Onkologie? Münch Med Wschr 1992; 134 (17): 287-90

Weblinks

Quellennachweise

Dieser Text ist ganz oder teilweise von Paralex übernommen