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=== Runenesoterik ===
 
=== Runenesoterik ===
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts keimte in einigen <!-- in welchen? --> [[Esoterik|esoterischen]] Kreisen Interesse für die Runen auf. Es waren vor allem völkisch-mystisch gesinnte Menschen, die die Runen in ihrem Sinne umdeuteten, sich neue Runenalphabete ausdachten und verwendeten. Die völkische Bewegung verwendete nie die historischen Runen, sondern frei erfundene runenähnliche Zeichen. Der bedeutendste Impulsgeber war [[Guido von List]] (1848–1919), ein österreichischer Romantiker mit recht exzentrischen Ansichten. Er empfing den Großteil seines okkulten „Runenwissens“ nach eigenem Bekunden in Form von Visionen und galt seinen Anhängern als eine Art Prophet. Er gründete die [[Guido-von-List-Gesellschaft]] (auch als Armanen-Orden bezeichnet), und das von List frei erfundene Futhark, das sich nur lose auf das jüngere Futhark stützt, wurde daher auch Armanen-Futhark genannt. List postulierte ein Urvolk mit eigener Ursprache namens „Ariogermanen“. Er ging davon aus, dass dieses Volk, diese reinblütige „Rasse“ von blonden, blauäugigen Menschen, schon seit Urzeiten ein 18 Runen umfassendes Schriftsystem benutzt habe. Bis in die siebziger Jahre des 20. Jahrhundert arbeitete die Runenesoterik fast ausschließlich mit diesem Armanen-Futhark. Spätere Autoren stützten sich auf dieses Futhark; so etwa [[Jörg Lanz von Liebenfels]] (ein ehemaliger Zisterziensermönch), der Begründer der [[Ariosophie]], einer Art Rassenmystik, die auch einen der ideologischen Vorläufer für die nationalsozialistische Rassenlehre bildete. Daneben war Lanz Herausgeber der völkisch-rassistischen [[Ostara]]-Hefte (von denen man annimmt, dass auch Adolf Hitler mit ihnen in seiner Wiener Zeit in Berührung gekommen sei) und gründete den ONT (Ordo Novi Templi = Neutemplerorden). Daneben sind noch zu nennen: [[Karl Maria Wiligut]] (besser bekannt als Sturmbannführer Weisthor), der „[[Rasputin]]“ Himmlers, und [[Friedrich Bernhard Marby]], der Erfinder des Stödhur (auch als Runen-Gymnastik oder Runen-Yoga bekannt), bei dem die auszuführenden Figuren jeweils Runen symbolisieren und mit dem der rassenbewusste nordische Mensch seinen Geist und Körper veredeln sollte.
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Gegen Ende des 19. Jahrhunderts keimte in einigen <!-- in welchen? --> [[Esoterik|esoterischen]] Kreisen Interesse für die Runen auf. Es waren vor allem völkisch-mystisch gesinnte Menschen, die die Runen in ihrem Sinne umdeuteten, sich neue Runenalphabete ausdachten und verwendeten. Die völkische Bewegung verwendete nie die historischen Runen, sondern frei erfundene runenähnliche Zeichen. Der bedeutendste Impulsgeber war [[Guido von List]] (1848–1919), ein österreichischer Romantiker mit recht exzentrischen Ansichten. Er empfing den Großteil seines okkulten „Runenwissens“ nach eigenem Bekunden in Form von Visionen und galt seinen Anhängern als eine Art Prophet. Er gründete die [[Guido-von-List-Gesellschaft]] (auch als Armanen-Orden bezeichnet), und das von List frei erfundene Futhark, das sich nur lose auf das jüngere Futhark stützt, wurde daher auch Armanen-Futhark genannt. List postulierte ein Urvolk mit eigener Ursprache namens „Ariogermanen“. Er ging davon aus, dass dieses Volk, diese reinblütige „Rasse“ von blonden, blauäugigen Menschen, schon seit Urzeiten ein 18 Runen umfassendes Schriftsystem benutzt habe. Bis in die siebziger Jahre des 20. Jahrhundert arbeitete die Runenesoterik fast ausschließlich mit diesem Armanen-Futhark. Spätere Autoren stützten sich auf dieses Futhark; so etwa [[Jörg Lanz von Liebenfels]] (ein ehemaliger Zisterziensermönch), der Begründer der [[Ariosophie]], einer Art Rassenmystik, die auch einen der ideologischen Vorläufer für die nationalsozialistische Rassenlehre bildete. Daneben war Lanz Herausgeber der völkisch-rassistischen Ostara-Hefte (von denen man annimmt, dass auch Adolf Hitler mit ihnen in seiner Wiener Zeit in Berührung gekommen sei) und gründete den ONT (Ordo Novi Templi = Neutemplerorden). Daneben sind noch zu nennen: [[Karl Maria Wiligut]] (besser bekannt als Sturmbannführer Weisthor), der „[[Rasputin]]“ Himmlers, und [[Friedrich Bernhard Marby]], der Erfinder des Stödhur (auch als Runen-Gymnastik oder Runen-Yoga bekannt), bei dem die auszuführenden Figuren jeweils Runen symbolisieren und mit dem der rassenbewusste nordische Mensch seinen Geist und Körper veredeln sollte.
    
So entstanden weder die Rassenlehre des Nationalsozialismus noch der Gebrauch der Armanen- und Wiligut-Runen im Dritten Reich in einem luftleeren Raum, sondern schöpften aus den völkischen Ideen, die vor dem Ersten Weltkrieg und vor allem in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden.  
 
So entstanden weder die Rassenlehre des Nationalsozialismus noch der Gebrauch der Armanen- und Wiligut-Runen im Dritten Reich in einem luftleeren Raum, sondern schöpften aus den völkischen Ideen, die vor dem Ersten Weltkrieg und vor allem in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden.  
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Die neuere Runenesoterik bezieht sich häufig auf die Arbeiten des amerikanischen Runenmagiers Edred Thorsson (d.i.: [[Stephen Flowers]]), Vorsitzender der Rune-Gild<ref>[http://www.runegild.org runegild.org]</ref> (#Literatur|Lit.: Edred Thorsson, 1987). Der in Nordistik/Altgermanistik promovierte Flowers verwendete als Grundlage auch wieder das ältere, 24 Runen umfassende Futhark anstelle des Armanen-Futhark.
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Die neuere Runenesoterik bezieht sich häufig auf die Arbeiten des amerikanischen Runenmagiers Edred Thorsson (d.i.: [[Stephen Flowers]]), Vorsitzender der Rune-Gild<ref>[http://www.runegild.org runegild.org]</ref>(Lit.: Edred Thorsson, 1987). Der in Nordistik/Altgermanistik promovierte Flowers verwendete als Grundlage auch wieder das ältere, 24 Runen umfassende Futhark anstelle des Armanen-Futhark.
    
Generell zeichnen sich die Lehren der Runenesoterik durch einen starken Eklektizismus aus. Esoterisch arbeitende Runenmagier benutzen bei ihrer Beschäftigung mit Runenmagie und Runenorakel zum einen vorgeblich „eigene“ Gedanken und Überlegungen, greifen aber oft auch auf die wenigen schriftlichen Quellen des Hoch- und vor allem Spätmittelalters zurück, bei denen etwas über die magische Verwendung von Runen berichtet wird. Dazu gehören beispielsweise Odins Zaubersprüche in der Edda und die altisländischen und altenglischen Runengedichte (s.o.). Dabei wird gern übersehen, dass diese späten schriftlichen Überlieferungen aus einem bereits vollständig christianisierten Umfeld stammen und entsprechend kaum reine „germanisch-heidnische“ Vorstellungen wiedergeben. Allerdings legt die Runenmagie keinen Wert auf historische Richtigkeit (sie ist schließlich keine Wissenschaft), sondern auf den praktisch-subjektiven Zugang, der jede (objektive) Fehlinterpretation verzeihlich macht. Meist wird in Publikationen zum esoterischen und magischen Gebrauch der Runen betont, dass der jeweilige Autor nur eine Hilfestellung und Ideen liefern möchte, dass jedoch bei der Arbeit mit Runen jeder neue Adept aus sich selbst heraus individuell die Runen und ihre Kraft „verstehen“ und den Umgang mit ihnen lerne müsse – etwa durch Meditation, Trance u.ä.
 
Generell zeichnen sich die Lehren der Runenesoterik durch einen starken Eklektizismus aus. Esoterisch arbeitende Runenmagier benutzen bei ihrer Beschäftigung mit Runenmagie und Runenorakel zum einen vorgeblich „eigene“ Gedanken und Überlegungen, greifen aber oft auch auf die wenigen schriftlichen Quellen des Hoch- und vor allem Spätmittelalters zurück, bei denen etwas über die magische Verwendung von Runen berichtet wird. Dazu gehören beispielsweise Odins Zaubersprüche in der Edda und die altisländischen und altenglischen Runengedichte (s.o.). Dabei wird gern übersehen, dass diese späten schriftlichen Überlieferungen aus einem bereits vollständig christianisierten Umfeld stammen und entsprechend kaum reine „germanisch-heidnische“ Vorstellungen wiedergeben. Allerdings legt die Runenmagie keinen Wert auf historische Richtigkeit (sie ist schließlich keine Wissenschaft), sondern auf den praktisch-subjektiven Zugang, der jede (objektive) Fehlinterpretation verzeihlich macht. Meist wird in Publikationen zum esoterischen und magischen Gebrauch der Runen betont, dass der jeweilige Autor nur eine Hilfestellung und Ideen liefern möchte, dass jedoch bei der Arbeit mit Runen jeder neue Adept aus sich selbst heraus individuell die Runen und ihre Kraft „verstehen“ und den Umgang mit ihnen lerne müsse – etwa durch Meditation, Trance u.ä.
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