Rolfing (auch Strukturelle Integration) ist eine Art Tiefenmassage, die von der US-Amerikanerin Ida P. Rolf (1896-1979) entwickelt wurde, die keine Ärztin, sondern promovierte Biochemikerin und Physiotherapeutin war. Rolf verfasste mehrere Bücher über die Beziehung zwischen Form und Struktur im menschlichen Körper, darunter auch Rolfing (The Integration of Human Structures, New York: Harper and Row, 1977). Ihre Dissertation befasste sich mit der Chemie ungesättigter Phosphate und wurde 1922 bei Waverly Press veröffentlicht.

Ida Rolf behauptete, sie habe eine Verbindung zwischen Muskelspannungen und aufgestauten Emotionen entdeckt. Ihre Massagetechnik, die über die Chiropraktik hinausgeht, basiert auf der Vorstellung, dass die körperliche und geistige Gesundheit von der korrekten Ausrichtung des Körpers abhängig sei. Beim Rolfing muss wesentlich mehr ausgerichtet werden als nur das Rückgrat. Um gesund zu sein, muss man Kopf, Knöchel, Hüften, Brustkorb, Becken, Knie, Schultern, Ohren usw. auf genau die richtige Weise ausrichten oder unter der Schwerkraft leiden. Mit der korrekten Ausrichtung erhöhe die Schwerkraft die persönliche Energie, was zu einem gesunden Körper und Geist führe.

Behandlung

Bei der Massage sollen verklebte Bindegewebsschichten gelöst, Verkürzungen im Gewebe gedehnt und verhärtete Stellen geschmeidig gemacht werden. Therapeuten betonen, dass nicht einzelne Symptome behandelt werden, sondern die Normalisierung der gesamten Körperstatik das primäre Ziel der Behandlung sei.

Oft findet die Körperarbeit des Rolfing in einer Serie von zehn aufeinander aufbauenden Sitzungen statt, die auf einen Zeitraum von durchschnittlich drei Monaten verteilt werden. Jede Sitzung dauert 50 bis 90 Minuten. Die während der Behandlung angelegten Veränderungen sollen sich noch über Monate weiter im Körper auswirken können. Die Therapie beginnt in den ersten Sitzungen mit der intensiven und durchaus auch schmerzhaften Massage zur Lockerung, ehe sie sich dann den Übungen zur Körperhaltung widmet.

Als "Rolfer" dürfen sich nur Anwender bezeichnen, die durch eine European Association of Rolfing ausgebildet sind.

Kritik

Kritiker weisen darauf hin, dass es für die Wirksamkeit der Methode keine wissenschaftlichen Belege in Form von kontrollierten Studien gibt, sondern nur Erfahrungsberichte und kleinere klinische Studien, die keine ausreichende Aussagekraft besitzen.[1]

Obwohl sich in älteren Studien leichte Verbesserungen der subjektiv empfundenen Ängstlichkeit bei Rolfern im Vergleich zu Kontrollpersonen zeigten (Weinberg und Valerie Hunt 1979)[2] oder bei wenigen Patienten mit Lähmungen durch Schlaganfall sich die motorische Beweglichkeit verbesserte (Perry et al. 1981)[3], ist dies jedoch kein Beweis der absoluten Wirksamkeit der Methode.

In einigen Fällen kann die Methode offenbar gravierende Probleme auslösen. Kerr (1997) beschrieb den Fall einer 51-jährigen Frau, die wegen Harnleiterverschlusses und Nierensteinen einen so genannten 'Stent' in die ableitenden Harnwege erhalten hatte. Ein solcher 'Stent' funktioniert ähnlich wie ein Katheter und hält die Harnwege durchgängig. Die Patientin unterzog sich einer Rolfing-Therapie und klagte plötzlich über schwere Flankenschmerzen auf der linken Seite. In der Notaufnahme der Klinik stellte sich heraus, dass der Stent durch die Übungen verrutscht war. Nachdem er wieder korrekt plaziert worden war, verschwanden die Schmerzen wieder.[4] Solche Komplikationen sind üblicherweise nicht sonderlich häufig; dieser Fall gibt einen Hinweis, wie massiv der Eingriff des Rolfings im Bereich der Bauchorgane ist.

Die Grundannahmen des Rolfings zum Körperaufbau widersprechen den Erkenntnissen der Medizin. Aussage der AOK zu Rolfing:

"Die theoretischen Grundlagen des Rolfings widersprechen den anatomischen Kenntnissen vom Bau des menschlichen Körpers. Außerdem konnten die postulierten Wirkungen bisher von den Anwendern der Methode nicht glaubwürdig belegt werden."[5]

Weblinks

  • Rolfing Stellungnahme des AOK-Bundesverbandes, Dezember 2011

Quellennachweise

  1. Jacobson E (Oct 2011) "Structural integration, an alternative method of manual therapy and sensorimotor education". J Altern Complement Ther (10):891-899
  2. Weinberg RS, Valerie Hunt: Effects of structural integration on state-trait anxiety. J Clin Psychol, 35, 319-322, 1979
  3. Perry J, Jones MH, Thomas L: Functional evaluation of Rolfing in cerebral palsy. Dev Med Child Neurol, 23, 717-729, 1981
  4. Kerr HD: Ureteral stent displacement associated with deep massage. WMJ, 96, 57-58, 1997
  5. http://www.aok.de/bundesweit/gesundheit/behandlung-nichtmedikamentoese-und-alternative-therapien-rolfing-8046.php


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