Reinhard Voß

Reinhard Voß (geb. 1949) ist Professor für Schulpädagogik am Institut für Pädagogik, Allgemeine Didaktik/Schulpädagogik der Universität Koblenz-Landau, Abteilung Koblenz. Als medizinischer Laie ist er neben Gerald Hüther einer der führenden ADHS/Ritalin-Kritiker in Deutschland. Schon sehr früh in seiner Karriere beschäftigte er sich mit dem Thema ADHS. Der Titel seiner seiner Habilitationsschrift 1985 lautete: "Die fortschreitende Medizinisierung auffälliger Verhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen als pädagogische und gesellschaftspolitische Herausforderung".[1] Einer seiner Forschungsschwerpunkte ist auch "Auffälliges Verhalten im Kontext von Schule, Familie und Gemeinde (unter besonderer Berücksichtigung der Medizinisierung auffälligen Verhaltens)".[2] Dabei bezeichnet Voß ADHS mit dem Terminus "auffälliges Verhalten", da es ADHS als valide neurobiologische Störung basierend auf seiner ausschließlich konstruktivistischen Sichtweise nicht gibt. Voß bietet als Hochschullehrer entsprechende ADHS/Ritalin-kritische Lehrveranstaltungen an - z.B. "No more Ritalin - Das ADS als schulpädagogische Herausforderung".[3]

Als Hochschullehrer im Bereich Didaktik installiert er damit auch die ADHS/Ritalin-Kritik in der Lehreraus- und -fortbildung.[4] Die Argumentationsweise ist dabei wie folgt: "Das ADS als theoretisches Konstrukt - Medizinisierung auffälligen Verhaltens - Medizinisches versus systemisches Paradigma" Entsprechend selektiv und veraltet ist die Literaturliste[5] für seine Lehramtsstudenten, die in diesem Sinne Seminararbeiten schreiben bzw. Portfolios anfertigen müssen. Dabei wird der aktuelle neurowissenschaftliche und klinische Forschungsstand an keiner Stelle abgebildet (Stand SS 2011). Unter den hier aufgeführten Quellen befinden sich vielmehr fast ausschließlich ADHS-bzw. ritalinkritische Autoren wie Hans von Lüpke, Helmut Bonney und Gerald Hüther sowie der dezidiert antipsychiatrische Autor Peter Breggin.[6] Voß bezieht sich dabei unausgesprochen auf ein umstrittenes Manuskript von Hüther aus dem Jahr 2001, dessen inoffizielle Vorabveröffentlichung und Verbreitung unter Umgehung des allgemein üblichen Peer Review-Verfahrens gegen alle Regeln guter akademischer Praxis verstieß, welches aber nachweislich seinen Weg zur Uni Koblenz fand.[7]

Des Weiteren wird in Lehrveranstaltungen auch gegen ADHS-Eltern-Selbsthilfegruppen polemisiert. So werden die verbindlichen Inhalte eines Modulangebots[8] zum Thema ADHS u.a. wie folgt beschrieben:

"MCD, HKS, ADS: Die wachsende Medizinisierung auffälligen Verhaltens von Kindern und Jugendlichen und die damit verbundene Fixierung auf eine medikamentöse Behandlung mit Psychopharmaka ist Teil unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit. Konturen einer "Ritalingesellschaft", die DeGrandpre für die USA beschreibt werden auch in unserem Lande erkennbar: Eine Vervierzigfachung der Ritalinverordnungen in den Jahren 1995 bis 1999, ein aggressiv werdender Umgang der Befürworter mit Kritikern, ein deutlicher Anstieg von Elternselbsthilfegruppen, in denen kritische Positionen nicht mehr erkennbar werden. Da zu gleicher Zeit der Druck auf Lehrerinnen und Lehrer wächst, diesen Weg mitzugehen, ist eine Positionsbestimmung aus schulpädagogischer Sicht dringend notwendig."

Dies impliziert, unkritische Elterngruppen seien mit verantwortlich, dass die Verschreibungszahlen von MPH massiv angestiegen sind. Diese Polemik geht auf den Pharmakologen Gerd Glaeske zurück, der im GEK-Arzneimittelreport aus dem Jahr 2003[9] diese These spekulativ vertritt und sich ebenfalls unkritisch und tendenziös auf das oben erwähnte Hüther-Manuskript bezieht. Nicht gewürdigt wird bei Glaeske z.B., dass unter Berücksichtigung der statistisch erwartbaren Prävalenz von behandlungsbedürftigem ADHS die Verschreibungszahlen vergleichsweise niedrig ausfallen. Auch der ermittelte durchschnittliche Tagesbedarf wird von Glaeske unzulässig auf einen eher niedrig gehaltenen Wert festgelegt.

Voß assoziiert auf seiner Homepage undifferenziert medikamentöse Therapie bei ADHS mit Medikamentenmissbrauch, ohne auf den aktuellen Forschungsstand zu ADHS einzugehen.[10] Seiner Meinung nach ist ADHS keine Krankheit, sondern allein durch eine wie auch immer geartete schlechte Erziehung durch die Eltern verursacht, eine wissenschaftlich unhaltbare Ansicht. Dem entsprechend steht er der Verordnung von Methylphenidat ("Ritalin") generell ablehnend gegenüber. In der Auffassung von Voß diene die medikamentöse Behandlung lediglich dazu, ein "auffälliges" Kind zu einem gesellschaftlich angepassten Kind zu machen.[11] Entsprechend lautet der Titel einer seiner Publikationen: "Keine Pillen für den Zappelphilipp - Alternativen im Umgang mit unruhigen Kindern".[12] Hier wird in unzulässiger Weise ein unruhiges Kind mit einem von ADHS betroffenen Kind gleich gesetzt.

Aus dem Vorwort zu "Keine Pillen für den Zappelphilipp" geht hervor, dass Voß das Vorliegen von zuverlässigen diagnostischen Kriterien für ADHS weiterhin bestreitet und eine medikamentöse Behandlung von "auffälligen" Kindern höchstens als Notlösung sieht, damit bzw. bis die gemäß seiner konstruktivistischen Sicht zu Grunde liegende "eigentliche" Problematik des Systems Kind-Familie-Schule angegangen werden kann.[13]

Voß arbeitet mit anderen ADHS/Ritalin-Kritikern zusammen. Auf seiner Internetseite präsentiert er Schriften von Hans von Lüpke. Hans-Reinhard Schmidts ADHS-Kritik fußt neben Hüther zu einem großen Anteil auf Voß.[14] Ferner ist Voß auch Mitglied des von Hüther gegründeten Netzwerkes "Win Future"[15] (nach eigener Definition ein wissenschaftliches interdisziplinäres Netzwerk für Entwicklungs-und Bildungsforschung) und gehört zum Kuratorium des von Hans-Reinhard Schmidt initiierten Netzwerks Konferenz ADHS[16].

"Schlechte Erziehung" oder "negative Kindheitserfahrungen" können als eigentliche Ursachen einer ADHS ausgeschlossen werden. Ungünstige Familienverhältnisse können die betroffenen Kinder in ihrer Persönlichkeitsentwicklung jedoch zusätzlich belasten und sich auf den Schweregrad, den Krankheitsverlauf und die Entwicklung von begleitenden Störungen (z.B. Aggressivität, Angst) negativ auswirken.[17]

Quellenverzeichnis

  1. http://www.uni-koblenz.de/~didaktik/voss/index.php?page=person&id=werdegang
  2. http://www.uni-koblenz.de/~didaktik/voss/index.php?page=person&id=schwerpunkte
  3. http://www.uni-koblenz.de/~didaktik/voss/index.php?page=lehrangebot&id=ritalin
  4. http://weiterbildung-ads.uni-koblenz.de/
  5. http://www.uni-koblenz.de/~didaktik/voss/Ritalin.pdf
  6. http://www.uni-koblenz.de/~didaktik/voss/index.php?page=lehrangebot&id=ritalin
  7. http://www.uni-koblenz.de/~tinefr/ads/texte/huether3.pdf
  8. http://www.uni-koblenz.de/~didaktik/voss/index.php?page=lehrangebot&id=ritalin
  9. http://www.gesundheitspolitik.net/02_ambulante_versorgung/wirtschaftlichkeit/gek-arzneimittelreports/GEK-ArzneimittelReport-2003.pdf ab S.176
  10. http://www.uni-koblenz.de/~didaktik/voss/index.php?page=adskritik
  11. http://www.uni-koblenz.de/~didaktik/voss/medikamente.pdf
  12. http://www.uni-koblenz.de/~didaktik/voss/index.php?page=publikationen&id=buecher&id2=zappelphilipp
  13. http://www.uni-koblenz.de/~didaktik/voss/zappelphilipp.pdf
  14. http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.ads-kritik.de/VossReinhard.jpg&imgrefurl=http://www.ads-kritik.de/ADS-Kritik14.htm&usg=__DbAZP9jnc_oDsWUjFNNNjjJ-yFU=&h=295&w=213&sz=17&hl=de&start=18&um=1&tbnid=Mp2EiK4-ADsZEM:&tbnh=115&tbnw=83&prev=/images%3Fq%3Dreinhard%2Bvoss%26hl%3Dde%26client%3Dfirefox-a%26rls%3Dorg.mozilla:de:official%26sa%3DN%26um%3D1
  15. http://www.win-future.de/sitemap.php
  16. http://www.adhs-konferenz.de/1773432.htm
  17. http://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.de/npin/npinkrankheit/show.php3?p=1&id=110&nodeid=21