Rebirthing: Unterschied zwischen den Versionen

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Orr behauptete, durch Hyperventilieren (stark vertiefte und beschleunigte Atmung, siehe auch [[Holotropes Atmen]]) könne man sich in einen Zustand versetzen, in dem man sich an vorgeburtliche Ereignisse erinnern könne.
 
Orr behauptete, durch Hyperventilieren (stark vertiefte und beschleunigte Atmung, siehe auch [[Holotropes Atmen]]) könne man sich in einen Zustand versetzen, in dem man sich an vorgeburtliche Ereignisse erinnern könne.
  
Zum Rebirthing existiert keine staatlich vorgeschriebene oder anerkannte Ausbildung. Zumeist werden Kurse und Seminare an Wochenenden angeboten. Dann dürfen markenrechtlich geschützte Berufsnamen wie Rebirther oder "Qualified Rebirther" benutzen.
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Zum Rebirthing existiert keine staatlich vorgeschriebene oder anerkannte Ausbildung. Zumeist werden Kurse und Seminare an Wochenenden angeboten. Teilweise sind Berufsnamen wie "Rebirther" oder "Qualified Rebirther" markenrechtlich geschützt.
  
 
Rechtlich bewegen sich Rebirther, die nicht zumindest eine Zulassung zum [[Heilpraktiker]] haben, in einer Grauzone: Wenden sie die Technik als Therapie für Krankheiten an, verstoßen sie gegen das Heilpraktikergesetz.
 
Rechtlich bewegen sich Rebirther, die nicht zumindest eine Zulassung zum [[Heilpraktiker]] haben, in einer Grauzone: Wenden sie die Technik als Therapie für Krankheiten an, verstoßen sie gegen das Heilpraktikergesetz.
  
 
==Methode==
 
==Methode==
Das Rebirthing und Rebirthing-Atmen basiert auf der Annahme, dass der Geburtsvorgang als ein traumatisches Ereignis für den späteren Erwachsenen erhalten bleibt. Dem Neugeborenen wird dabei unterstellt Angst im engen Geburtskanal zu erleben (als sogenanntes Wurzeltrauma) und später wütend über die "Vertreibung" aus dem Paradies Gebärmutter zu werden. Das behauptete Wurzeltrauma sei im späteren Leben Ursache für psychische wie auch körperliche Störungen. Diese Störungen sollen dadurch behebbar werden, indem man angenommene "blockierten Erinnerungen" an die Geburt wieder zu erinnern sucht. Als durch Rebirthing angehbare Störungen und Erkrankungen werden in der Befürworterszene genannt:
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Das Rebirthing und Rebirthing-Atmen basiert auf der Annahme, dass der Geburtsvorgang als traumatisches Ereignis für den späteren Erwachsenen erhalten bleibt. Dem Neugeborenen wird dabei unterstellt, Angst im engen Geburtskanal zu erleben (als sogenanntes Wurzeltrauma) und später wegen der "Vertreibung" aus dem Paradies Gebärmutter Wut zu entwickeln. Das behauptete Wurzeltrauma sei im späteren Leben Ursache für psychische wie auch körperliche Störungen. Diese Störungen sollen dadurch behebbar werden, indem man angenommene "blockierten Erinnerungen" an die Geburt wieder zu erinnern sucht. Als durch Rebirthing angehbare Störungen und Erkrankungen werden in der Befürworterszene genannt:
  
 
*Depressionen
 
*Depressionen
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*Krebs.  
 
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Erreicht werden soll das mit einer speziellen Atemtechnik. Dazu liegt der Kunde oder Patient zugedeckt auf dem Rücken, der Rebirther sitzt neben ihm. Der Patient wird angewiesen, durch die Nase zu atmen, und das tiefer als gewöhnlich. Dann soll er die natürliche Pause zwischen dem Aus- und Einatmen weglassen - "Kreisatmung" nennen das die Rebirther. Viele "Therapeuten" versprechen, dadurch werde mehr Sauerstoff aufgenommen. Entgegen der Aussagen vieler Rebirthing-Anbieter wird aber durch die Hyperventilation beim lungengesunden Menschen nicht Sauerstoff im Blut angereichert (der normale Sättigungsgrad liegt bereits bei 98%), sondern es wird vermehrt Kohlendioxid abgeatmet, was zu einer Anhebung des Blut-pH-Wertes führt. Dies kann Synkopen (kurze Bewusstlosigkeit) bzw. tranceähnliche Zustände herbeiführen.
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Erreicht werden soll das mit einer speziellen Atemtechnik. Dazu liegt der Kunde oder Patient zugedeckt auf dem Rücken, der Rebirther sitzt neben ihm. Der Patient wird angewiesen, durch die Nase zu atmen, und das tiefer als gewöhnlich. Dann soll er die natürliche Pause zwischen dem Aus- und Einatmen weglassen, was als "Kreisatmung" bezeichnet wird. Viele "Therapeuten" versprechen, dadurch werde mehr Sauerstoff aufgenommen. Entgegen der Aussagen vieler Rebirthing-Anbieter wird aber durch die Hyperventilation beim lungengesunden Menschen nicht Sauerstoff im Blut angereichert (der normale Sättigungsgrad liegt bereits bei 98%), sondern es wird vermehrt Kohlendioxid abgeatmet, was zu einer Anhebung des Blut-pH-Wertes führt. Dies kann Synkopen (kurze Bewusstlosigkeit) bzw. tranceähnliche Zustände herbeiführen.
  
Es gibt für das Rebirthing Einzel-, Paar- und Gruppensitzungen, Warmwasser-, Kaltwasser- und Selbst-Rebirthing. Eine sehr ähnliche Technik ist die [[Primärtherapie]], die ebenfalls die Geburt nachstellt und manchmal auch Rebirthing genannt wird. Manche Anbieter verwenden abgewandelte Formen oder alternative Bezeichnungen wie "Integrative Atemtherapie", "Atemreise", "Der große Atem" oder "Vivation". Rebirthing wird auch bei Methoden wie [[Reinkarnationstherapie]] oder [[Tantra]] eingesetzt, dann auch ohne namentliche Nennung des Wortes Rebirthing.
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Es gibt für das Rebirthing Einzel-, Paar- und Gruppensitzungen, Warmwasser-, Kaltwasser- und Selbst-Rebirthing. Eine sehr ähnliche Technik ist die [[Primärtherapie]], die ebenfalls die Geburt nachstellt und manchmal ebenfalls Rebirthing genannt wird. Manche Anbieter verwenden abgewandelte Formen oder alternative Bezeichnungen wie "Integrative Atemtherapie", "Atemreise", "Der große Atem" oder "Vivation". Rebirthing wird auch bei Methoden wie [[Reinkarnationstherapie]] oder [[Tantra]] eingesetzt, dann auch ohne Erwähnung des Begriffs Rebirthing.
  
 
==Gefahren==
 
==Gefahren==
Durch die Hyperventilation entstehen gelegentlich Fantasie- und Wahnbilder. Für Menschen mit Herz-Kreislauf-Problemen ist diese Technik sehr gefährlich. Auch kann es zu unkontrollierten Stürzen mit Verletzungen kommen. Psychisch labile Personen oder Borderline-Patienten können dadurch psychotische oder auch suizidale Krisen erleiden. Ein Todesfall wurde in Deutschland bekannt: 1998 starb eine Asthma-Patientin während einer Behandlung. Die "Therapeutin" verfügte nicht über eine Zulassung als [[Heilpraktiker]]in und wurde zu 9 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.
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Durch die Hyperventilation entstehen gelegentlich Fantasie- und Wahnbilder. Für Menschen mit Herz-Kreislauf-Problemen ist diese Technik sehr gefährlich. Ferner kann es zu unkontrollierten Stürzen mit Verletzungen kommen. Psychisch labile Personen oder Borderline-Patienten können dadurch psychotische oder auch suizidale Krisen erleiden. Ein Todesfall wurde in Deutschland bekannt: 1998 starb eine Asthma-Patientin während einer Behandlung. Die "Therapeutin" verfügte nicht über eine Zulassung als [[Heilpraktiker]]in und wurde zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.
  
 
Nach einem Bericht des EZW-Materialdienstes<ref>EZW Materialdienst 6/2001, S. 203</ref> wurde im US-Bundesstaat Colorado die Rebirthing-Therapie inzwischen verboten. Vorausgegangen war der Todesfall eines zehnjährigen Mädchens, das während der Therapie erstickte.
 
Nach einem Bericht des EZW-Materialdienstes<ref>EZW Materialdienst 6/2001, S. 203</ref> wurde im US-Bundesstaat Colorado die Rebirthing-Therapie inzwischen verboten. Vorausgegangen war der Todesfall eines zehnjährigen Mädchens, das während der Therapie erstickte.

Version vom 7. August 2014, 13:15 Uhr

Leonard Orr

Rebirthing (auch "Rebirthing-Atmen") ist eine Methode aus dem Spektrum der Alternativmedizin und wurde ursprünglich in den 1970er Jahren vom Amerikaner Leonard Orr (geb. 1938) entwickelt und veröffentlicht.[1] Vor der Erfindung des Rebirthing war Orr als Verkäufer tätig. Orr ist im Bereich des US-Esoterikmarkts aktiv. Er bildet dort 'Rebirthing-Therapeuten' aus und verdient an deren Lizensierung. Auch in Europa, vor allem in Deutschland, ist Orr gelegentlich anzutreffen. Er wird von einschlägigen Esoterik-Verlagen (z.B. Spirit Rainbow Verlag) propagandistisch unterstützt.

In der Psychosekte des Bhagwan-Osho-Rajneesh gelangte Rebirthing (auch als Vivation oder Prana-Energie bezeichnet) zur weltweiten Verbreitung. Der Patient wird angewiesen, schneller als normal und pausenlos zu atmen.

Orr behauptete, durch Hyperventilieren (stark vertiefte und beschleunigte Atmung, siehe auch Holotropes Atmen) könne man sich in einen Zustand versetzen, in dem man sich an vorgeburtliche Ereignisse erinnern könne.

Zum Rebirthing existiert keine staatlich vorgeschriebene oder anerkannte Ausbildung. Zumeist werden Kurse und Seminare an Wochenenden angeboten. Teilweise sind Berufsnamen wie "Rebirther" oder "Qualified Rebirther" markenrechtlich geschützt.

Rechtlich bewegen sich Rebirther, die nicht zumindest eine Zulassung zum Heilpraktiker haben, in einer Grauzone: Wenden sie die Technik als Therapie für Krankheiten an, verstoßen sie gegen das Heilpraktikergesetz.

Methode

Das Rebirthing und Rebirthing-Atmen basiert auf der Annahme, dass der Geburtsvorgang als traumatisches Ereignis für den späteren Erwachsenen erhalten bleibt. Dem Neugeborenen wird dabei unterstellt, Angst im engen Geburtskanal zu erleben (als sogenanntes Wurzeltrauma) und später wegen der "Vertreibung" aus dem Paradies Gebärmutter Wut zu entwickeln. Das behauptete Wurzeltrauma sei im späteren Leben Ursache für psychische wie auch körperliche Störungen. Diese Störungen sollen dadurch behebbar werden, indem man angenommene "blockierten Erinnerungen" an die Geburt wieder zu erinnern sucht. Als durch Rebirthing angehbare Störungen und Erkrankungen werden in der Befürworterszene genannt:

  • Depressionen
  • Panikattacken
  • Traumatisierungen durch sexuelle Gewalt
  • Selbsttötungsgefährdung
  • Herzprobleme
  • Asthma
  • Epilepsie
  • Krebs.

Erreicht werden soll das mit einer speziellen Atemtechnik. Dazu liegt der Kunde oder Patient zugedeckt auf dem Rücken, der Rebirther sitzt neben ihm. Der Patient wird angewiesen, durch die Nase zu atmen, und das tiefer als gewöhnlich. Dann soll er die natürliche Pause zwischen dem Aus- und Einatmen weglassen, was als "Kreisatmung" bezeichnet wird. Viele "Therapeuten" versprechen, dadurch werde mehr Sauerstoff aufgenommen. Entgegen der Aussagen vieler Rebirthing-Anbieter wird aber durch die Hyperventilation beim lungengesunden Menschen nicht Sauerstoff im Blut angereichert (der normale Sättigungsgrad liegt bereits bei 98%), sondern es wird vermehrt Kohlendioxid abgeatmet, was zu einer Anhebung des Blut-pH-Wertes führt. Dies kann Synkopen (kurze Bewusstlosigkeit) bzw. tranceähnliche Zustände herbeiführen.

Es gibt für das Rebirthing Einzel-, Paar- und Gruppensitzungen, Warmwasser-, Kaltwasser- und Selbst-Rebirthing. Eine sehr ähnliche Technik ist die Primärtherapie, die ebenfalls die Geburt nachstellt und manchmal ebenfalls Rebirthing genannt wird. Manche Anbieter verwenden abgewandelte Formen oder alternative Bezeichnungen wie "Integrative Atemtherapie", "Atemreise", "Der große Atem" oder "Vivation". Rebirthing wird auch bei Methoden wie Reinkarnationstherapie oder Tantra eingesetzt, dann auch ohne Erwähnung des Begriffs Rebirthing.

Gefahren

Durch die Hyperventilation entstehen gelegentlich Fantasie- und Wahnbilder. Für Menschen mit Herz-Kreislauf-Problemen ist diese Technik sehr gefährlich. Ferner kann es zu unkontrollierten Stürzen mit Verletzungen kommen. Psychisch labile Personen oder Borderline-Patienten können dadurch psychotische oder auch suizidale Krisen erleiden. Ein Todesfall wurde in Deutschland bekannt: 1998 starb eine Asthma-Patientin während einer Behandlung. Die "Therapeutin" verfügte nicht über eine Zulassung als Heilpraktikerin und wurde zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

Nach einem Bericht des EZW-Materialdienstes[2] wurde im US-Bundesstaat Colorado die Rebirthing-Therapie inzwischen verboten. Vorausgegangen war der Todesfall eines zehnjährigen Mädchens, das während der Therapie erstickte.

Zusammenfassung

Die Atemtechnik des Hyperventilierens wird bei vielen Psychomethoden schon sehr lange als bekannte Möglichkeit eingesetzt, Fantasie- oder Wahnbilder auszulösen. "Rebirthing" behauptet, dadurch "Geburtstraumata" auflösen zu können, konnte dies aber bisher nicht belegen.

Anderssprachige Psiram-Artikel

Weblinks

Quellennachweise

  1. *Orr L, Forman B: Rebirthing: an assertive and spiritual approach to healing. Assertive Nurse, 2, 1-3, 1978
  2. EZW Materialdienst 6/2001, S. 203