Quantenmystik: Unterschied zwischen den Versionen

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Die wissenschaftliche Quantenphysik geht auf den Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts zurück. Zu nennen sind Forscher wie Erwin Schrödinger, Werner Heisenberg, Wolfgang Pauli, Niels Bohr oder Eugene Wigner. Philosophische Interpretationen quantenphysikalischer Beobachtungsergebnisse und daraus sich ergebende Theorien und Vorhersagen kamen bereits im zwanzigsten Jahrhundert fast zeitgleich auf, wurden aber außerhalb der Fachwelt kaum beachtet. Populär wurden quantenmystische Ideen wurden erst Jahrzehnte später in der [[New Age]]-Periode in den 1970er Jahren. Als ein Wegbereiter kann der österreichische Physiker [[Fritjof Capra]] mit seinem Buch ''Das Tao der Physik'' aus dem Jahr 1975 angesehen werden. In der Folge versuchten populärwissenschaftliche Autoren zunächst vor allem, Verbindungen zwischen der Quantenmechanik und fernöstlichen Philosophien herzustellen. Quantenmystik als Marketing-Instrument für esoterische Dienstleistungen und Erzeugnisse, insbesondere auch für pseudomedizinische Produkte, ist seit Mitte der 1990er Jahre zu beobachten.
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Die wissenschaftliche Quantenphysik geht auf den Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts zurück. Zu nennen sind Forscher wie Erwin Schrödinger, Werner Heisenberg, Wolfgang Pauli, Niels Bohr oder Eugene Wigner. Philosophische Interpretationen quantenphysikalischer Beobachtungsergebnisse und daraus sich ergebende Theorien und Vorhersagen kamen bereits im zwanzigsten Jahrhundert fast zeitgleich auf, wurden aber außerhalb der Fachwelt kaum beachtet. Populär wurden quantenmystische Ideen erst Jahrzehnte später in der [[New Age]]-Periode in den 1970er Jahren. Als ein Wegbereiter kann der österreichische Physiker [[Fritjof Capra]] mit seinem Buch ''Das Tao der Physik'' aus dem Jahr 1975 angesehen werden. In der Folge versuchten populärwissenschaftliche Autoren zunächst vor allem, Verbindungen zwischen der Quantenmechanik und fernöstlichen Philosophien herzustellen. Quantenmystik als Marketing-Instrument für esoterische Dienstleistungen und Erzeugnisse, insbesondere auch für pseudomedizinische Produkte, ist seit Mitte der 1990er Jahre zu beobachten.
  
 
==Weblinks==
 
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Version vom 2. Juni 2011, 08:23 Uhr

Werbung für ein "Quantum Marketing" auf Webseiten des englischen Esoterikers Karma Singh

Quantenmystik bezeichnet den Versuch, Erkenntnisse aus der etablierten Quantenphysik oder daraus abgeleitete Hypothesen mit esoterischen, metaphysischen, betriebswirtschaftlichen, parapsychologischen und pseudomedizinischen Konzepten auf pseudowissenschaftliche Weise zu verbinden. Seit einigen Jahren sind quantenmystische Aussagen besonders im Zusammenhang mit der Vermarktung von esoterischen und alternativmedizinischen Dienstleistungen und Produkten wahrzunehmen.

Merkmale der Quantenmystik

Quantenmystische Ansichten werden oft vorgebracht, um ansonsten nicht überzeugende, unwirksame oder völlig spekulative Konstrukte zu "belegen" bzw. ihnen einen Anschein von Wissenschaftlichkeit zu verleihen. Den "Quantenmystikern" kommt entgegen, dass die wissenschaftliche Quantenphysik – als Teildisziplin der Physik üblicherweise Quantenmechanik genannt – für Außenstehende meist schwer verständlich bleibt. Die subatomaren Forschungsgegenstände, also die "Teilchen" oder "Quanten", lassen sich nicht herkömmlich abbilden, und das Verhalten subatomarer Teilchen lässt sich oft nicht mit der Alltagserfahrung in Einklang bringen oder läuft dieser sogar zuwider. Ohne solide Kenntnisse in Mathematik und Physik ist ein tieferes Eindringen kaum möglich, erst recht ist ohne solches Rüstzeug keine "Weiterentwicklung der Quantenphysik" zu bewerkstelligen, was einige Quantenmystiker gleichwohl für sich reklamieren. Der typische Satz "aus der Quantenphysik wissen wir, dass..." (gefolgt von einer Behauptung) kann von Laien daher kaum auf seine Stichhaltigkeit überprüft werden. Auch wird die in der Wissenschaft praktizierte Trennung zwischen Hypothese und wissenschaftlicher Beobachtung (mit gleichzeitiger Abschätzung oder Nennung der Fehlerbehaftung) zumeist ignoriert. Quantenmystischen Konzepten ist daher trotz vorgeblicher Wissenschaftlichkeit oft eine Wissenschaftsferne oder auch Wissenschaftsfeindlichkeit eigen.

Die Anleihen, die von Quantenmystikern bei der Quantenmechanik gemacht werden, sind unterschiedlich. Oft handelt es sich um nicht mehr als das Wort "Quantenphysik" oder eigene Wortkreationen mit der Silbe "Quant". Konkrete physikalische und mathematische Gegebenheiten und Modelle der Quantenmechanik werden nicht thematisiert. Am häufigsten sind diffuse Aussagen wie

  • Die Quantenphysik hat gezeigt, dass wir Menschen nicht aus fester Materie, sondern aus Energie bzw. Schwingungen bestehen.
  • Die Quantenphysik hat gezeigt, dass das Universum wie ein Hologramm aufgebaut und alles miteinander verbunden ist.
  • Die Quantenphysik hat gezeigt, dass unsere Welt völlig anders beschaffen ist als wir sie wahrnehmen. Alles ist Energie.
  • Die Quantenphysik hat gezeigt, dass der Beobachter am Ergebnis beteiligt ist.

Der letzte Satz spielt auf das Problem der quantenmechanischen Messung an. Dieses besagt grob vereinfacht, dass bei der Messung quantenmechanischer Größen wie Ort, Impuls oder Spin eines Elementarteilchens der Messprozess das Ergebnis beeinflusst. Zum Beispiel wird es völlig unterschiedlich ausfallen, je nachdem, welche der Größen zuerst gemessen wird (scheinbar besonders spektakuläre Aussagen ergeben sich bei sog. quantenmechanisch verschränkten Systemen aus zwei Elementarteilchen). Zu beachten ist, dass man es hier mit Vorgängen zu tun hat, die sich der normalen Erfahrung des Alltags völlig entziehen (und dort auch keine Rolle spielen). Vor allem haben sie nichts mit dem trivialen Einfluss des Messvorgangs auf das Messobjekt im Rahmen der klassischen angewandten Physik zu tun, etwa wenn ein Gerät zur Messung der elektrischen Spannung selbst "Strom verbraucht" und damit einen elektrischen Schaltkreis gegenüber dem Zustand vor oder nach der Messung beeinflusst bzw. stört.

Dennoch werden solche Aussagen ohne jede Rechtfertigung auf makroskopische Objekte oder auch auf das Verhalten von Menschen bezogen. Dass bei einer Gruppe handelnder Personen auch nicht unmittelbar beteiligte Beobachter einen Einfluss auf das Geschehen haben können, ist aber keine tiefschürfende Erkenntnis aus der Quantenphysik, sondern banal.

Die beliebte Phrase, alles bestehe aus "Schwingungen", nimmt Bezug auf den Welle-Teilchen-Dualismus der Quantenmechanik, eigentlich auf Materiewellen, ein mathematisches Modell der Quantenmechanik, mit dem sich das Verhalten von Elementarteilchen beschreiben lässt, das sowohl Teilchen- als auch Wellencharakter annehmen kann (ein bekanntes Schlüsselexperiment dazu ist die Beugung von Elektronen am Doppelspalt). Wenngleich sich der Wellencharakter auch für größere Teilchen, d.h. Atome und Moleküle, nachweisen lässt, ist das Konzept der Materiewellen für das Verhalten makroskopischer Objekte ohne Belang und Sätze der zitierten Art haben daher wenig Aussagekraft. Oft werden in dem Zusammenhang auch Materiewellen und elektromagnetische Wellen durcheinandergebracht und Aussagen dazu unzulässig gemischt. Bei der elektromagnetischen Strahlung gibt es auch einen Welle-Teilchen-Dualismus (beim Licht nennt man die Teilchen Photonen). Materiewellen sind jedoch keine messbare Strahlung, sondern ein Erklärungsmodell.

Beispiele für quantenmystische Konzepte, Begriffe und Produkte

Quantenheilung nach Kinslow
Unkritischer Jubelartitel bei esotera[1] und "Horus-Media" zum quantenmstischen Perpetuum Mobile "RQM" am schweizer Institut für Raum-Quanten-Forschung von Hans Lehner[2]

Vor allem dem Pseudomedizinmarkt zuzuordnen sind

Vertreter

Bekanntere Vertreter quantenmystischer Konzepte sind:

Geschichtliches

Populärer Buchtitel von 1985

Die wissenschaftliche Quantenphysik geht auf den Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts zurück. Zu nennen sind Forscher wie Erwin Schrödinger, Werner Heisenberg, Wolfgang Pauli, Niels Bohr oder Eugene Wigner. Philosophische Interpretationen quantenphysikalischer Beobachtungsergebnisse und daraus sich ergebende Theorien und Vorhersagen kamen bereits im zwanzigsten Jahrhundert fast zeitgleich auf, wurden aber außerhalb der Fachwelt kaum beachtet. Populär wurden quantenmystische Ideen erst Jahrzehnte später in der New Age-Periode in den 1970er Jahren. Als ein Wegbereiter kann der österreichische Physiker Fritjof Capra mit seinem Buch Das Tao der Physik aus dem Jahr 1975 angesehen werden. In der Folge versuchten populärwissenschaftliche Autoren zunächst vor allem, Verbindungen zwischen der Quantenmechanik und fernöstlichen Philosophien herzustellen. Quantenmystik als Marketing-Instrument für esoterische Dienstleistungen und Erzeugnisse, insbesondere auch für pseudomedizinische Produkte, ist seit Mitte der 1990er Jahre zu beobachten.

Weblinks

Quellennachweise

  1. esotera, Heft 4/1996, Seiten 98-99
  2. http://www.horusmedia.de/1996-strom/strom.php