Prognos

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Das Prognos-Expertensystem (auch als Prognoz bezeichnet) ist ein alternativmedizinisches Diagnose- und Therapieverfahren, bei dem – ähnlich wie bei der Elektroakupunktur nach Voll – der Hautwiderstand gemessen wird und dessen Ursprünge in Russland zu vermuten sind. Befürworter des Prognos sind davon überzeugt, mit Hilfe des Gerätes nicht näher beschriebene "energetische Probleme" und alle möglichen Arten chronischer Krankheiten erkennen zu können. Das angebliche Funktionsprinzip sei auf der Basis der Traditionellen Chinesischen Medizin und "Jahrtausende altem Wissen" mit den Möglichkeiten moderner Technologien der Sowjetunion vereint worden, betonen die Hersteller.

Allgemeines

Vorläufer der heute von den Firmen Prognos International BV und MedPrevent GmbH [1] vermarkteten Prognos-Expertensysteme soll vor 22 Jahren, zu Zeiten der Sowjetunion, ein Prognoz-Gerät eines Instituts für biomedizinische Probleme in Moskau gewesen sein. Dort sei Prognoz entwickelt worden, um einen angeblich für 2006 geplanten, bemannten Flug zum Mars zu ermöglichen; das Gerät hätte die Kosmonauten während des Flugs physisch und psychisch fit halten sollen. Erfinder sei Vladimir Zagriadski in Zusammenarbeit mit dem russischen Arzt und Kosmonauten Valery Polyakov, heißt es in Publikationen des Herstellers. Insgesamt hätten erstaunlicherweise 400 Wissenschaftler über einem Zeitraum von 16 Jahren forschen müssen, um PROGNOZ fertigzustellen. Das System soll an 22.000 Patienten und während eines Weltraumfluges mit Polyakov erprobt worden sein, der Prognoz vom 8. Januar 1994 bis zum 22. März 1995 an Bord der Raumstation Mir hatte. Nach seiner Rückkehr habe er angeblich nach 438 Tagen im Weltraum ohne fremde Hilfe dem Raumschiff entsteigen können.

Das heutige Prognos-System sei auf Windows umgeschrieben worden und stelle heute Diagnose- und Therapieverfahren für westliche Ärzte und Therapeuten zur Verfügung.

Beworben wird das Prognos in Deutschland von der DGEIM und ihrem Vorsitzenden Hendrik Treugut, der zu dem Elektroakupunktur-Gerät eine Studie[2] in einem alternativmedizinischen Journal veröffentlichte, die zeigen soll, dass es bei Wiederholungen von Hautwiderstandsmessungen am gleichen Messort vergleichbare Ergebnisse zeigt. Als Befürworter von Prognos tritt auch der "Energiemediziner" Manfred Doepp auf, der z.B. auch für den Hersteller Seminare abhält.

Die Methode

Grundlage des Verfahrens sollen 5.000 Jahre alte Erfahrungen der chinesischen Medizin sein. Ursache jeglicher Krankheit sei "ein gestörter Fluss der Vitalenergie Qi", die auf bestimmten Leitbahnen fließe. Die Prognosapparatur messe elektrische Impedanzen (also den komplexen Wechselstromwiderstand) längs der von der Akupunktur und TCM her bekannten Meridiane mit Hilfe von Wechselströmen. Die Daten sollen dann in einem PC ausgewertet werden, um grafisch dargestellt zu werden. Eingeweihten ermöglicht die Darstellung dann innerhalb weniger Minuten "ein umfassendes Bild des energetischen Zustandes" des Patienten. Laut "Grundlagenforschung" korreliere die jeweils ermittelte Wechselstromimpedanz dabei reziprok mit der Vitalenergie Qi.

In Werbeprospekten wird die Wirkungsweise von Prognos auch mit pseudowissenschaftlichen Hinweisen zur Quantenphysik, Heisenberg-Zitaten, "Gravitationswellen mit 20-facher Lichtgeschwindigkeit" und einer "stehenden Vakuumkompressionswelle im hyperbolisch-logarithmischen Maßstab" beschrieben. Eine wissenschaftliche Untersuchung zeigte jedoch, dass es sich bei Prognos lediglich um ein spezielles Ohmmeter handelt, das den Hautwiderstand (als Gleichstromwiderstand) zwischen zwei Punkten misst.[3] Der Unterschied zu ebenso präzisen 20 Euro-Vielfachmessgeräten aus dem Versandhandel besteht in der Anwendung von Messelektroden, die mit Hilfe einer Feder einen bestimmten mechanischen Druck am Messort ausüben, was die Vergleichbarkeit von Messungen verbessert.

Praktische Durchführung

Pseudowissenschaft auf der Mir

Messungen werden auf beiden Körperhälften an zwölf Messpunkten durchgeführt. Wissenschaftler und Ingenieure an der Portland University in Oregon (USA) untersuchten das Prognos-Gerät und stellten fest, dass dieses Gerät im Prinzip ein Ohmmeter ist. Mit Hilfe eines Gleichstroms wird ein mittlerer elektrischer Widerstand zwischen einer Handgelenkselektrode und zwölf weiteren Elektroden gemessen, die sich an der Spitze einer Mess-Sonde befinden. Diese Sonde übt federgesteuert einen definierten Druck von 2,68 N auf die Haut aus. Die Mess-Stromstärke wurde mit 1 Mikroampere bestimmt.[3] Nach Herstellerangaben wird ein spezifischer elektrischer Widerstand k bei 5 Volt Spannung gemessen und gespeichert. Dabei wird im Verlauf der Messungen ein Biokamm aus Metall verwendet, mit dem kreisende Bewegungen im Uhrzeigersinn (bei Linkshändern anders herum) auf der Haut durchgeführt werden.

Ergänzend bieten die Hersteller und Vermarkter auch Testsätze mit Testsubstanzen an, die zu den "Diagnosen" passende orthomolekulare Präparate finden helfen sollen.

Untersuchungen zu Prognos

In wissenschaftlichen Datenbanken finden sich einige wenige Artikel zum Messverfahren und zum Prognos-Gerät selbst. Eine Untersuchung aus Oregon (USA) aus dem Jahr 2007 zeigte, dass mit Hilfe dieses Gerätes sowie zusätzlich mit analogen Geräten kein unterschiedlicher Messwert der Impedanzen an Meridianen und danebenliegenden Punkten messbar war.[4] Mit anderen Messverfahren wurde dies bereits in der Vergangenheit festgestellt. Der Vorsitzende der Geistheiler-Vereinigung, Hendrik Treugut, veröffentlichte 1998 einen Artikel zum Prognos-Gerät. Nach Treugut liefere das Gerät bei wiederholten Messungen vergleichbare Messergebnisse.[5] Ein Nachweis der Eignung als diagnostisches Mittel war damit aber nicht erbracht. Eine Untersuchung an der TU München aus dem Jahr 2007 ging der Frage nach, ob es mit Hilfe des Prognos-Gerätes möglich sei, Störungen festzustellen, die Patienten auf die Anwesenheit von Amalgam-Zahnfüllungen zurückführen (als eine Form der Amalgam-Überempfindlichkeit). Parallel wurden Bleikonzentrationen in Körperflüssigkeiten bestimmt. Das Prognos versagt dabei völlig, die Messwerte ließen sich von Zufallszahlen nicht unterscheiden.[6]

VIP-CMD und BioGraph

Inzwischen wurde das Prognos auch zu einem general-public-Produkt unter dem Markennamen VIP-CMD (VIP-Computer Meridian Analyse) weiterentwickelt, um einer größeren Käuferschicht angeboten zu werden. Laien sollen nach dem Wunsch der Hersteller mit Hilfe von VIP-CMD, Computer und Internet die "Energiewerte" ihrer Körpermeridiane selbst ausmessen. Die PC-Daten werden anschließend an einen zentralen Server in Frankfurt übermittelt, ausgewertet und die Ergebnisse in Grafiken angezeigt. Dem Serverbetreiber fließen dabei noch nützliche Onlinedaten der Kunden zu. Liege laut Frankfurter Server ein "energetisches Ungleichgewicht" vor, erhalte der Anwender Werbung zur Selbsttherapie oder den Vorschlag, sich mit einem der CMD-Prognos-Ärzte in Verbindung zu setzen und dort behandeln zu lassen. Dieses Werbe- und Pseudotherapietipp-Prinzip wird u.a. vom Marketingexperten Claus Fritzsche im Internet beworben.[7]

Eine andere Weiterentwicklung von Prognos ist das Gerät BioGraph (auch EMG-Medec-BioGraph), das von der Firma "Medec Systems GmbH" in Straubenhardt angeboten wird.[8] Die Medec wird von Frank Lowas geführt, der auch im Vorstand der "Partei der Vernunft" (PDV) von Oliver Janich ist.

Weitere Produkte des Herstellers

Medprevent-Produkt Bio-Disk (links: Manfred Doepp)
Auch für ProNutri wird mit absurden scheinwissenschaftlichen Aussagen geworben.[9]

Der deutsche Vermarkter Medprevent war auch Anbieter eines umstrittenen Produktes namens Bio Disc, das von der renommierten deutschen Schott AG für den MLM-Vermarkter Quantum Intelligence in Kuala Lumpur (Malaysia) hergestellt wird und dem vom Handel Wunderwirkungen auf die Gesundheit nachgesagt werden.[10] Selbstverständlich sind die angeblichen Wunderwirkungen der Bio Disk mit Prognos nachgewiesen.[11]

Ein weiteres Produkt von Medprevent ist Kardivar, ein Gerät zur Messung der Herzfrequenzvariabilität, mit dem in 5 Minuten unter anderem festgestellt werden könne, ob der Patient ein Risiko zum Herzinfarkt oder zum Schlaganfall hat oder "ob „Burnout“ vorliegt".[12] Medprevent empfiehlt Behandlern, die sich bei der "Interpretation" der Ergebnisse nicht sicher sind, die von der Kardivar-Software erzeugten Grafiken an Medprevent zu schicken oder sich an einen Dr. Michael Kucera oder an Manfred Doepp zu wenden. Für den Fall, dass eine Behandlung erforderlich sei, habe Doepp "eine Vielzahl von Neurotransmittern, Gehirnhormonen und C30–Homöopathie entwickelt." Vor der Verabreichung werde mit dem Prognos-Gerät getestet, ob der Patient diese Substanzen vertrage.

ProNutri ist eine Zusatz-Software für Prognos, mit der für einen Probanden Ernährungspläne erstellt und unverträgliche Nahrungsmittel erkannt werden sollen. Dazu seien die "Frequenzen von insgesamt 520 der in Mitteleuropa gebräuchlichsten Lebensmittel im System abgespeichert". Dem Probanden werde über Kopfhörer das "Frequenzspektrum bestimmter Nahrungsmittel" vorgespielt, währenddessen wird mittels Prognos an bestimmten Stellen der Hautwiderstand gemessen.

Literatur

  • IMPLANTOLOGIE JOURNAL 8/2003

Quellennachweise

  1. Medprevent Gesellschaft für präventive Medizintechnik mbH, Ludwig-Hüttner-Str. 19, 95679 Waldersdorf. Prognos ist in Deutschland seit 1997 eine eingetragene Wortmarke der Firma Medprevent.
  2. Treugut H, Görner C, Lüdtke R, Burghardt V V. Reliabilität der energetischen Meridianmessung mit Prognos A(R). Forsch Komplementarmed. 1998;5(6):284-289
  3. 3,0 3,1 Colbert AP, Hammerschlag R, Aickin M, McNames J. Reliability of the Prognos electrodermal device for measurements of electrical skin resistance at acupuncture points. J Altern Complement Med. 2004 Aug;10(4):610-6
  4. Pearson S, Colbert AP, McNames J, Baumgartner M, Hammerschlag R. Electrical skin impedance at acupuncture points. J Altern Complement Med. 2007 May;13(4):409-18
  5. Treugut H, Görner C, Lüdtke R, Burghardt V V. Reliabilität der energetischen Meridianmessung mit Prognos A(R). Forsch Komplementarmed. 1998;5(6):284-289
  6. Köhler W, Linde K, Halbach S, Zilker T, Kremers L, Saller R, Melchart D. Prognos in the diagnosis of amalgam hypersensitivity a diagnostic case-control study. Forsch Komplementmed. 2007 Feb;14(1):18-24. Epub 2007 Mar 6.
  7. xhttp://www.psychophysik.com/html/e062-cmd.html
  8. Medec Systems GmbH, Daimlerstr. 11, 75334 Straubenhardt
  9. ProNutri-Info von Medprevent, abgerufen am 21. Dezember 2010
  10. http://myquestnet.wordpress.com/
  11. http://www.biodisc.com.au/wellness-products/biodisc/certificates.html
  12. Flyer der Firma Medprevend zu Kardivar mit Datum 30.10.2008