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Als '''Piezonukleare Reaktion''' (von gr. ''piezo'' Druck; engl. ''piezonuclear fission'' oder ''piezonuclear reaction'') werden weitgehend außerhalb der akademischen Physik diskutierte und nicht sicher nachgewiesene atomare Kernspaltungsprozesse bezeichnet, die sowohl bei nicht radioaktiven Elementen (wie Eisen) oder radioaktiven Isotopen (Thorium) allein durch hohen Druck auftreten sollen. Die gemeinten Reaktionen sollen laut der Hypothese Energie liefern, keine oder nur wenig ionisierende Strahlung erzeugen und bei Verwendung eines hypothetischen zukünftigen Reaktors keinen radioaktiven Abfall hinterlassen. Eine in erwiesener Weise praktikable Umsetzung piezonuklearer Reaktionen ist bis heute unbekannt. Auch gibt es keinen experimentellen oder theoretischen Hinweis auf eine exo-energetische Natur derartiger Reaktionen. Im Gegenteil: die gemeinten Reaktionen sollen jeweils erst nach Energiezufuhr entstehen (Stand: 2013). Die experimentellen Beobachtungen zu den hier erörterten piezonuklearen Reaktionen wurden von Experten in mehreren Veröffentlichungen in Frage gestellt. So wurden Beschreibungen zum Versuchsaufbau als so ungenau bezeichnet, dass eine Replikation schwierig sei. Auch wurde die verwendete Nachweismethode zur Detektierung von Neutronen kritisiert, sodass auch andere Strahlung fälschlich als Neutronenstrahlung erscheine.<ref>Antonio Spallone, Odoardo Maria Calamai, Paolo Tripodi: ''Remarks on “Piezonuclear neutrons from fracturing of inert solids.'' Physics Letters A 374: 3957–3959</ref> Auch hätten die Autoren der gemeinten Reaktionen nicht ausreichend versucht, bereits bekannte Phänomene als plausible Erklärung ihrer Beobachtungen heranzuziehen, so etwa die "fracto-emission" bei hohem mechanischem Druck.<ref>Honglai Tan, ei Yang: ''Catastrophic fracture induced fracto-emission.'' Journal of Materials Science, Volume 31, 10 (1996)</ref>
 
Als '''Piezonukleare Reaktion''' (von gr. ''piezo'' Druck; engl. ''piezonuclear fission'' oder ''piezonuclear reaction'') werden weitgehend außerhalb der akademischen Physik diskutierte und nicht sicher nachgewiesene atomare Kernspaltungsprozesse bezeichnet, die sowohl bei nicht radioaktiven Elementen (wie Eisen) oder radioaktiven Isotopen (Thorium) allein durch hohen Druck auftreten sollen. Die gemeinten Reaktionen sollen laut der Hypothese Energie liefern, keine oder nur wenig ionisierende Strahlung erzeugen und bei Verwendung eines hypothetischen zukünftigen Reaktors keinen radioaktiven Abfall hinterlassen. Eine in erwiesener Weise praktikable Umsetzung piezonuklearer Reaktionen ist bis heute unbekannt. Auch gibt es keinen experimentellen oder theoretischen Hinweis auf eine exo-energetische Natur derartiger Reaktionen. Im Gegenteil: die gemeinten Reaktionen sollen jeweils erst nach Energiezufuhr entstehen (Stand: 2013). Die experimentellen Beobachtungen zu den hier erörterten piezonuklearen Reaktionen wurden von Experten in mehreren Veröffentlichungen in Frage gestellt. So wurden Beschreibungen zum Versuchsaufbau als so ungenau bezeichnet, dass eine Replikation schwierig sei. Auch wurde die verwendete Nachweismethode zur Detektierung von Neutronen kritisiert, sodass auch andere Strahlung fälschlich als Neutronenstrahlung erscheine.<ref>Antonio Spallone, Odoardo Maria Calamai, Paolo Tripodi: ''Remarks on “Piezonuclear neutrons from fracturing of inert solids.'' Physics Letters A 374: 3957–3959</ref> Auch hätten die Autoren der gemeinten Reaktionen nicht ausreichend versucht, bereits bekannte Phänomene als plausible Erklärung ihrer Beobachtungen heranzuziehen, so etwa die "fracto-emission" bei hohem mechanischem Druck.<ref>Honglai Tan, ei Yang: ''Catastrophic fracture induced fracto-emission.'' Journal of Materials Science, Volume 31, 10 (1996)</ref>
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Die Hypothese piezonuklearer Reaktionen geht auf die Italiener Fabio Cardone (Institut für nanostrukturierte Materialforschung in Rom) und Roberto Mignani (Professor für theoretische Physik in Rom) zurück, die ab 2003 zu dem Thema forschten. 2009 erschienen bei der nicht peer-reviewten Online-Publikation arXiv mehrere Artikel des Italieners Fabio Cardone zum Thema piezonuklearer Reaktionen. Berichtet wurde über einen Anstieg der Neutronen-Emission bei der Zerkleinerung von Marmor und Granit. Die Autoren vermuteten, dass die Gesteinszerkleinerung zu piezonuklearen Spaltungen von Eisenatomen geführt habe. Die Eisenatome seien demnach zu zwei Aluminiumatomen gespalten worden (nach Carpintieri etwa: <sup>56</sup>Fe → 2 <sup>27</sup>Al + 2 n). Cardone und Magnani berichteten über Experimente mit Eisenchlorid, bei denen Neutronenstrahlung aufgetreten sei, nachdem Ultraschallschwingungen hoher Intensität eingesetzt wurden. Auf beide geht wohl auch der Begriff der "piezonuklearen Reaktion" zurück. Ein aktuell in Italien bekannter Befürworter der piezonuklearen Reaktionen ist der italienische Bauingenieur Alberto Carpinteri.
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Die Hypothese piezonuklearer Reaktionen geht auf die Italiener Fabio Cardone (Institut für nanostrukturierte Materialforschung in Rom) und Roberto Mignani (Professor für theoretische Physik in Rom) zurück, die ab 2003 zu dem Thema forschten. 2009 erschienen bei der nicht peer-reviewten Online-Publikation arXiv mehrere Artikel des Italieners Fabio Cardone zum Thema piezonuklearer Reaktionen. Berichtet wurde über einen Anstieg der Neutronen-Emission bei der Zerkleinerung von Marmor und Granit. Die Autoren vermuteten, dass die Gesteinszerkleinerung zu piezonuklearen Spaltungen von Eisenatomen geführt habe. Die Eisenatome seien demnach zu zwei Aluminiumatomen gespalten worden (nach Carpinteri etwa: <sup>56</sup>Fe → 2 <sup>27</sup>Al + 2 n). Cardone und Magnani berichteten über Experimente mit Eisenchlorid, bei denen Neutronenstrahlung aufgetreten sei, nachdem Ultraschallschwingungen hoher Intensität eingesetzt wurden. Auf beide geht wohl auch der Begriff der "piezonuklearen Reaktion" zurück. Ein aktuell in Italien bekannter Befürworter der piezonuklearen Reaktionen ist der italienische Bauingenieur Alberto Carpinteri.
    
Die Finanzierung durch öffentliche Gelder zur Erforschung der exotischen piezonuklearen Reaktionen auf Basis einer zuvor unbekannten Hypothese führte zu einem Wissenschaftsskandal in Italien, der auch als "Piezopoli"-Skandal bekannt wurde. Steuergelder wurden einerseits für Forschungsvorhaben im Militärbereich ausgegeben, andererseits auch bei einer für diese Fragestellungen nicht zuständigen staatlichen Einrichtung (INRIM).  
 
Die Finanzierung durch öffentliche Gelder zur Erforschung der exotischen piezonuklearen Reaktionen auf Basis einer zuvor unbekannten Hypothese führte zu einem Wissenschaftsskandal in Italien, der auch als "Piezopoli"-Skandal bekannt wurde. Steuergelder wurden einerseits für Forschungsvorhaben im Militärbereich ausgegeben, andererseits auch bei einer für diese Fragestellungen nicht zuständigen staatlichen Einrichtung (INRIM).  
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Es wurden Experimente mit Thorium-228 durchgeführt. Auch dabei soll keine Neutronenstrahlung aufgetreten sein. Allerdings soll im Laufe der Ultraschallbestrahlung die Thoriummenge abgenommen haben, was nicht nur als Beweis für eine Kernspaltung aufgefasst wurde, sondern auch als ein Weg, radioaktive Abfälle zu entsorgen. So wurde behauptet, dass sich die Halbwertzeit auf ein Zehntausendstel reduzieren lasse. Tatsächlich hatten Cardone und Mitarbeiter in der Zeitschrift ''Physics Letters A'' im Jahre 2009 behauptet, das Thoriumisotop Th-228 in wässriger Lösung durch Beschallung mit Ultraschall (20 kHz, 100 W Leistung) 10.000-mal schneller zum spontanen Zerfall anzuregen.<ref>Fabio Cardone, Roberto Mignani, Andrea Petrucci: ''Piezonuclear decay of thorium.'' Physics Letters A, Volume 373, Issue 22, 11 May 2009, S. 1956–1958</ref> Ihr Bericht wurde jedoch in mehreren "comments" sowie eigenständigen Berichten im gleichen Journal kritisiert und in Frage gestellt.<ref>http://arxiv.org/pdf/0910.3501v1.pdf</ref><ref>R. Ford, M. Gerbier-Violleau1, E. Vázquez-Jáuregui: ''Measurement of the thorium-228 activity in solutions cavitated by ultrasonic sound.'' Physics Letters A, Volume 374, Issue 5, 18. Januar 2010, S. 701–703 [http://24o.it/links/?uri=http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0375960109014947&from=Piezopoli%2C+thriller+all%27italiana+ Artikel]</ref><ref>Antonio Spallone, Odoardo Maria Calamaia, Paolo Tripodi: ''Remarks on “Piezonuclear neutrons from fracturing of inert solids.'' Physics Letters A, Volume 374, Issue 38, 23. August 2010, S. 3957–3959 [http://24o.it/links/?uri=http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0375960110009515&from=Piezopoli%2C+thriller+all%27italiana+ Artikel]</ref>
 
Es wurden Experimente mit Thorium-228 durchgeführt. Auch dabei soll keine Neutronenstrahlung aufgetreten sein. Allerdings soll im Laufe der Ultraschallbestrahlung die Thoriummenge abgenommen haben, was nicht nur als Beweis für eine Kernspaltung aufgefasst wurde, sondern auch als ein Weg, radioaktive Abfälle zu entsorgen. So wurde behauptet, dass sich die Halbwertzeit auf ein Zehntausendstel reduzieren lasse. Tatsächlich hatten Cardone und Mitarbeiter in der Zeitschrift ''Physics Letters A'' im Jahre 2009 behauptet, das Thoriumisotop Th-228 in wässriger Lösung durch Beschallung mit Ultraschall (20 kHz, 100 W Leistung) 10.000-mal schneller zum spontanen Zerfall anzuregen.<ref>Fabio Cardone, Roberto Mignani, Andrea Petrucci: ''Piezonuclear decay of thorium.'' Physics Letters A, Volume 373, Issue 22, 11 May 2009, S. 1956–1958</ref> Ihr Bericht wurde jedoch in mehreren "comments" sowie eigenständigen Berichten im gleichen Journal kritisiert und in Frage gestellt.<ref>http://arxiv.org/pdf/0910.3501v1.pdf</ref><ref>R. Ford, M. Gerbier-Violleau1, E. Vázquez-Jáuregui: ''Measurement of the thorium-228 activity in solutions cavitated by ultrasonic sound.'' Physics Letters A, Volume 374, Issue 5, 18. Januar 2010, S. 701–703 [http://24o.it/links/?uri=http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0375960109014947&from=Piezopoli%2C+thriller+all%27italiana+ Artikel]</ref><ref>Antonio Spallone, Odoardo Maria Calamaia, Paolo Tripodi: ''Remarks on “Piezonuclear neutrons from fracturing of inert solids.'' Physics Letters A, Volume 374, Issue 38, 23. August 2010, S. 3957–3959 [http://24o.it/links/?uri=http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0375960110009515&from=Piezopoli%2C+thriller+all%27italiana+ Artikel]</ref>
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Zahlreiche Experimente und Veröffentlichungen zu "piezonuklearen Reaktionen" beziehen sich auf die Hypothese, dass ein hoher mechanischer Druck bei der Zerkleinerung von Gestein oder natürlicherweise bei Erdbeben zu eben diesen gemeinten Reaktionen führen soll und dass dabei Neutronenstrahlung auftrete. Fast immer ist dabei Alberto Carpinteri Hauptautor. Die Zerkleinerung wurde dabei mit maximal 500 kN durchgeführt.<ref>A. Carpinteri1, O. Borla1, G. Lacidogna1, A. Manuello: ''Neutron emissions in brittle rocks during compression tests: Monotonic vs. cyclic loading.'' Physical Mesomechanics, Volume 13, Issues 5–6, September–December 2010, S. 268–274</ref><ref>A. Carpinteri1, F. Cardone, G. Lacidogna: ''Piezonuclear Neutrons From Brittle Fracture: Early Results of Mechanical Compression Tests.'' strain, Volume 45, Issue 4, S. 332–339, August 2009</ref><ref>F. Cardonea, A. Carpinteric, G. Lacidogna: ''Piezonuclear neutrons from fracturing of inert solids.'' Physics Letters A, Volume 373, Issue 45, 2 November 2009, S. 4158–4163</ref>
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Zahlreiche Experimente und Veröffentlichungen zu "piezonuklearen Reaktionen" beziehen sich auf die Hypothese, dass ein hoher mechanischer Druck bei der Zerkleinerung von Gestein oder natürlicherweise bei Erdbeben zu eben diesen gemeinten Reaktionen führen soll und dass dabei Neutronenstrahlung auftrete. Fast immer ist dabei Alberto Carpinteri Hauptautor. Die Zerkleinerung wurde dabei mit maximal 500 kN durchgeführt.<ref>A. Carpinteri, O. Borla, G. Lacidogna1, A. Manuello: ''Neutron emissions in brittle rocks during compression tests: Monotonic vs. cyclic loading.'' Physical Mesomechanics, Volume 13, Issues 5–6, September–December 2010, S. 268–274</ref><ref>A. Carpinteri, F. Cardone, G. Lacidogna: ''Piezonuclear Neutrons From Brittle Fracture: Early Results of Mechanical Compression Tests.'' strain, Volume 45, Issue 4, S. 332–339, August 2009</ref><ref>F. Cardone, A. Carpinteri, G. Lacidogna: ''Piezonuclear neutrons from fracturing of inert solids.'' Physics Letters A, Volume 373, Issue 45, 2 November 2009, S. 4158–4163</ref>
    
==Piezonukleare Produkte==
 
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