Peter Singer[1]

Peter Singer (Peter Albert David Singer, geb. am 6. Juli 1946 in Melbourne, Australien) ist ein australischer Philosoph, Ethiker und Vordenker der Tierrechtsbewegung.

Singer hat in Oxford, an der New York University und der La Trobe University gelehrt und war von 1977 bis 1999 Professor für Philosophie an der Monash University in Melbourne, Australien. 1999 berief man ihn als DeCamp Professor of Bioethics an das Center for Human Values der Princeton University. Am 30. Juni 2011 wurde Singer in der Deutschen Nationalbibliothek Frankfurt/M. der mit 10.000 Eur dotierte Ethik-Preis der Giordano-Bruno-Stiftung verliehen.[2]

Singers auf dem Utilitarismus gründender Ansatz in der Bioethik versucht, eine universal gültige Moral zu begründen und anzuwenden. Allerdings ist Utilitarismus selbst problematisch (so sind zum Beispiel Glück oder Leid nicht messbar), mit einer gewissen Anfälligkeit für Fehlschlüsse behaftet, unter Umständen ungerecht und weist eine Zahl an weiteren Widersprüchlichkeiten auf.[3]

Die Befreiung der Tiere

Sein 1975 in englischer Sprache erschienenes Buch Animal Liberation (deutsch: Die Befreiung der Tiere) gilt als Grundstein der zeitgenössischen Diskussion über den moralischen Status von Tieren in der Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung. Gemeinsam mit Tom Regan gilt Singer daher als Begründer der modernen Tierethik, auf der die Tierrechtsbewegung basiert.

In diesem Buch beschreibt er das Phänomen des Speziesismus, der Diskriminierung oder Ausbeutung von Tierarten aufgrund eines angenommenen Vorranges der Spezies Mensch. Singer stellt in diesem Buch die These auf, dass die Zugehörigkeit zu einer Spezies keine moralische Relevanz für die Berücksichtigung der Interessen besitzt. Einziges Kriterium für die Berücksichtigung sei die Fähigkeit, Interessen zu besitzen, welche Singer mit der Eigenschaft Schmerz empfinden zu können gleichsetzt. Speziell nichtmenschliche Tiere von diesem Gleichheitsprinzip auszuschließen, sei so willkürlich, wie Menschen aufgrund von Hautfarbe, Kultur, Religion oder Geschlecht auszunehmen.

In der Praxis äußert sich eine solche Moral in erster Linie in dem Boykott sämtlicher Produkten aus der Tierhaltung, insbesondere aber der Massentierhaltung, was in der letzten Konsequenz eine streng vegane Lebensweise mit sich bringt. Singer lehnt daher auch Tierversuche zu großen Teilen ab, räumt aber ein, dass es gerechtfertigte Versuche geben kann, wenn als Resultat dieser mehr Leid verhindert als durch die Versuche selbst entstehe.

Zu der Frage, in welchen Fällen das Töten von Tieren moralisch verwerflich ist, äußert sich Singer in Animal Liberation kaum. Er begründet dies mit der vergleichsweise hohen Komplexität dieser Fragestellung und verweist darauf, dass schon allein der Schmerz der Tiere in der modernen Gesellschaft eine umfassende Änderung des Verhaltens gegenüber Tieren verlangt.

Zum Verhältnis von Tierrechtlern Tieren gegenüber äußerte sich Singer: "Keiner von uns hatte jemals Hunde, Katzen oder Pferden gern, in der Art, wie das viele Menschen tun. Wir lieben keine Tiere."

Praktische Ethik

In seinen weiteren Werken bezieht Singer noch deutlicher Stellung. Er erklärt u.a. das Prinzip der gleichen Interessenabwägung zwischen Mensch und Tier, das Gleichheit nicht auf gleiche Behandlung, sondern auf gleiche Berücksichtigung der Interessen stützt. Es gibt für ihn keine moralische Rechtfertigung für die Nicht-Berücksichtigung von Interessen. Da für Singer die Bedingung für solche Interessen die Fähigkeit zur Schmerz- und Glücksempfindung ist, sind auch Tiere bei Entscheidungen mit zu berücksichtigen.

Singer misst der biologischen Zugehörigkeit eines Wesens zur menschlichen Spezies keine moralische Relevanz bei, sondern Eigenschaften wie Schmerzempfinden und Selbstbewusstsein, welche bei manchen Menschen fehlen und andererseits bei manchen Tieren vorhanden sind. Die Bevorzugung der einen oder anderen Gruppe oder Individuen auf Grund deren Spezieszugehörigkeit bezeichnet er als Speziesismus.

Die Tötung eines anderen Lebewesens verstoße im Allgemeinen gegen das Interesse des Lebewesens, weiterleben zu wollen und sei daher Unrecht.

Weiterhin befürwortet er in diesem Buch die Tötung schwer behinderter Neugeborener. So schreibt er:

"Sofern der Tod eines geschädigten Säuglings zur Geburt eines anderen Kindes mit besseren Aussichten auf ein glückliches Leben führt, dann ist die Gesamtsumme auf ein glückliches Leben größer, wenn der behinderte Säugling getötet wird."[4]

Kritik

Singers auf dem Utilitarismus fußende ethische Position ist besonders bekannt wegen der expliziten Darstellung der sich daraus ergebenden, teilweise drastischen Schlussfolgerungen. Es wird z.B. von Behindertenorganisationen befürchtet, es werde einer Mentalität Raum und schließlich rechtliche Legitimation gegeben, die Menschen mit (geistigen) Behinderungen aufgrund einer postulierten verminderten Wahrnehmungsfähigkeit ihrer Interessen ihre Menschenrechte abspricht. Ebenso wären komatöse Menschen oder Personen, die mangels besserer Einsicht oder Unfreiheit des Willens ihre Interessen nicht artikulieren können (z.B. Drogenabhängige, Psychotiker), zumindest zeitweise ihrer Rechte beraubt.

Singer argumentiert unter anderem, dass Eltern zusammen mit den zuständigen Ärzten über das Weiterleben eines Säuglings entscheiden sollten, der an einer unheilbaren Krankheit leidet und dessen Leben daher niemals auch nur minimale Befriedigung erfahren wird. Das Lebensrecht von erwachsenen behinderten Personen zweifelt er nicht an. Über schwer behinderte Kinder äußerte Singer in einem Interview mit dem Spiegel am 25. November 2001:[5]

"In derartigen Fällen bin ich der Auffassung, dass sie selbst [Anm.: die Kinder] kein derartiges Recht [auf Leben] haben. Aber sie können Eltern haben, denen sie etwas bedeuten, die ihnen Liebe geben und die sich um sie kümmern."

Singer lehnte es in diesem Interview ebenfalls ab, gesunden Neugeborenen ein gesetzliches Lebensrecht einzuräumen, da sie noch keine zur reflektierten Selbsterkenntnis fähigen Personen seien und sprach sich beispielhaft (in Anlehnung an historischen Bräuchen) für einen Entscheidungszeitraum der Eltern von 28 Tagen aus.

Dieses Thema führt er weiter in seinem Werk zusammen mit Helga Kuhse: Muß dieses Kind am Leben bleiben? Das Problem schwerstgeschädigter Neugeborener (Harald Fischer, Erlangen 1993. (Originaltitel: Should the baby live?, 1985) aus.[6] Singer bezeichnete es als "vernünftig", wenn öffentliche und private Versicherungen die Übernahme der Kosten für die Behandlung schwerbehinderter Kinder verweigern.[7]

Singers Moralphilosophie gilt als logisch unsauber und lückenhaft; es lassen sich geradezu absurde Schlussfolgerungen aus ihr ziehen, wie etwa, dass der moralische Wert eines schlafenden Menschen geringer ist als der desselben Menschen im Wachzustand, und er lässt etwa die Thematik der allgemeinen Anwendbarkeit von Tierrechten außerhalb der menschlichen Gesellschaft komplett außer Acht. Singers tierethische Ansichten sind spätestens dann völlig unanwendbar, wenn die Rechte zweier Lebewesen miteinander kollidieren, etwa wenn Nagetiere ganze Ernten vernichten und der zu veganem Leben gezwungene Mensch dann dem Verhungern preisgegeben ist.

Sonstiges

Der "Förderverein des Peter-Singer-Preises für Strategien zur Tierleidminderung e.V." mit Sitz in Wittlich in Rheinland-Pfalz vergab 2015 erstmals den "Peter-Singer-Preis für Strategien zur Tierleidminderung 2015", und zwar an Peter Singer.[8] Die Gründer des Vereins sind ehemalige Mitglieder der Partei Mensch Umwelt Tierschutz (siehe auch Stefan Bernhard Eck).

Weblinks

Quellenverzeichnis


Dieser Text ist teilweise oder vollständig der deutschen Wikipedia entnommen