Orotox-Test (Bild: Komstar inc.)
Erfinder Boyd Haley

Der Orotox-Test (OroTox-Test nach Haley und TOPAS-Test von Toxicity Prescreening Assay) ist ein colorimetrischer Test aus der alternativmedizinischen Zahnheilkunde zum Nachweis so genannter "Zahntoxine" von Zahnherden.

Erfinder war der US-amerikanische Chemiker Boyd Haley aus Kentucky, der auch Gründer der Firma Affinity Labeling Technologies ist. Nach Haley soll die Anwesenheit bestimmter Bakterientoxine sich bei gleichzeitigem Vorkommen von Quecksilber und wurzeltoten Zähnen im Mund eine vervielfachte "Gesamttoxizität" für den Gesamtorganismus ergeben. Haley, der an der University of Kentucky lehrt, glaubt, dass von Amalgam-Zahnfüllungen ausgehendes Quecksilber eine Rolle bei der Entstehung von Autismus und Alzheimer spiele. Seine Untersuchungen konnten nicht repoduziert werden und werden von den "United States Public Health Service" und der "American Dental Association" zurückgewiesen.[1][2][3] Haley benannte Autismus auch um in "mad child disease" und behauptete eine Beziehung zum ADH-Syndrom. "M.A.D." soll hier für "Mercury Acquired Disease of children" stehen. (siehe auch: Artikel zu Andrew Wakefield) Für die sinnlose Wortschöpfung erhielt Haley 2004 den "Quote of the Year Award 2004".[4]

Der Orotox-Test wird von diversen Laboren im deutschsprachigen Raum angeboten. Nachgewiesen werden nach Angaben des Anbieters schweflige Säure (H2S) sowie andere Sulfhydrylverbindungen wie Methylmercaptan (CH3SH), Dimethylsulfid (CH3SCH3) und Dimethyldisulfid (CH3S-SCH3). Anwender dieses Tests sehen in positiven Testergebnissen auch die Indikation zum Ziehen eines Zahnes, beispielsweise auch dann, wenn eine Röntgenaufnahme keine krankhaften Veränderungen ergibt. Befürworter glauben in diesen Fällen an eine Erhaltungsmöglichkeit benachbarter Zähne, die durch die "Zahntoxine" gefährdet seien. Auch will man so einer "Giftstreuung" des Organismus vorbeugen.

Der Orotox-Test

In diesem Zusammenhang werden zwei verschiedene Tests angewendet. Einmal wird dem Patienten eine Blutprobe entnommen, die an eines der entsprechenden Labore geschickt wird. Damit sollen die "Zahntoxine" im Blut bestimmt werden.

Der eigentliche Orotox-Test wird vom Zahnarzt direkt am Patienten durchgeführt. Mit einer "Einzelzahntestung" bzw. "Einzelzahndiagnostik" wird direkt am verdächtigen Zahn nach Mercaptanen und Thioether dentalen Ursprungs gesucht. Ein Wattestäbchen wird mit dem Zahn in Verbindung gebracht und danach in eine Messlösung in einer Küvette verbracht. Die kontaminierte Lösung wird colorimetrisch untersucht. Das Messergebnis ist ein Zahlenwert. Ab 0,21 liege demnach eine "starke Belastung" vor.

Das Testergebnis ist allerdings laut Angaben des Anbieters von mehreren Bedingungen abhängig. So darf keine Zahnbehandlung vorangegangen sein. Mindestens eine Stunde vor dem Test müssen die Zähne ohne Zahnpasta geputzt werden. Zähneputzen mit Zahncreme, Mundspülungen mit Antiseptika oder Mundduschen verfälschten die Messergebnisse. Der Speicheltest sagt nur etwas darüber aus, ob bestimmte Abbauprodukte in der Mundhöhle existieren. Diese können aber auch von anderen Quellen als den Zähnen stammen.

Zahntoxine

Als Zahntoxine im hier gemeinten Sinne werden von Befürwortern des Orotox-Tests bestimmte "denaturierte Eiweißverbindungen" als Schwefelwasserstoff (H2S), Methyl-Merkaptane und Thioether bezeichnet. Diese Zahntoxine sollen von Bakterien aus "toten Zähnen", wurzelgefüllten Zähnen und "Zahnfleischtaschen" als "Gifte" produziert werden. Pseudomedizinisch ist hier auch von "Störfeldern" die Rede.

Nach einer alternativzahnheilkundlichen Hypothese sollen die gemeinten Zahntoxine zu einer systemisch-immunologischen Sensibilisierung und systemischen Belastung des Körpers führen. Die Folge seien demnach toxisch bedingte Nervenschäden und die Hemmung von Enzymen. Der Gesamtorganismus soll unter der Einwirkung der gemeinten Zahntoxine auch zu Herzinfarkten, Hirn-Abszessen, Alzheimer, Schlaganfällen, erhöhtem Blutdruck, Arteriosklerose, Augenleiden und Lungenentzündungen neigen.

Anbieter

Für diesen Test bietet die Schweizer Firma Komstar[5] ein entsprechendes Gerät (Orotox 2000) und Messlösungen an. Auch gibt es einen einfacheren Test mit einem Papierstreifen, dessen Farbumschlag als Messwert dienen soll.

In Deutschland wird der Test von einer Anzahl von Zahnärzten angeboten. Die Orotox-Produkte dafür werden von der Münchner Firma MindLINK (Christiane Lechner) vertrieben,[6] unter der Anschrift des "Ganzheits-Zahnarztes" und Heilpraktikers Johann Lechner, der wohl der aktivste Orotox-Befürworter in Deutschland ist und weitere umstrittene diagnostische Verfahren einsetzt wie "bioenergetische Störfeldtests", SkaSYNC® TEST, Metabolic Typing mit EVA 3000, "Amalgamsanierungen", "Ausleitungen", Klopfakupunktur oder CAVITAT-Ultraschalluntersuchungen zum Auffinden von "ostitischen Störfeldern" (NICO).

Ein Anwender aus der Schweiz ist John van Limburg Stirum aus Seegarten.

Quellennachweise

  1. http://www.fda.gov/cdrh/consumer/amalgams.html ("Questions and Answers on Dental Amalgam" vom 30.1.0.2006. http://web.archive.org/web/20071019060424/http://www.fda.gov/cdrh/consumer/amalgams.html
  2. http://www.ada.org/prof/resources/positions/statements/amalgam.asp
  3. Berdouses E, Vaidyanathan TK, Dastane A, Weisel C, Houpt M, Shey Z, Mercury release from dental amalgams: an in vitro study under controlled chewing and brushing in an artificial mouth, J. Dent. Res., vol 74, 5, S. 1185–93 (1995) pmid=7790596
  4. http://www.ratbags.com/rsoles/comment/haley.htm
  5. KOMSTAR Inc., Seestrasse 155, CH-8802 Kilchberg-ZH
  6. MindLINK - Inh. Christiane Lechner, Grünwalder Str. 10A, D-81547 München