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'''Niels Holger Harrit''' (geb. 1945) ist ein dänischer promovierter Chemiker und [[Verschwörungstheorie|Verschwörungstheoretiker]], der seit 2001 an der Universität Kopenhagen im Fachbereich Chemie als Dozent (''associated professor'') war.<ref>http://chem.ku.dk/ansatte/beskrivelse/?id=138970</ref> Harrit geriet ins selbst gewählte Rampenlicht der Öffentlichkeit, nachdem er im April 2009 ein [[pseudowissenschaft]]liches Paper<ref>http://www.bentham-open.org/pages/content.php?TOCPJ/2009/00000002/00000001/7TOCPJ.SGM</ref> über die angebliche Anwesenheit von ''Nanothermit'' ("Unreacted Thermite") in angeblich vom [[Verschwörungstheorien um den 11. September 2001|World-Trade-Center-Anschlag 2001]] stammenden Staubproben in einer minderwertigen "vanity publication" Zeitschrift namens "Open Chemical Physics Journal" veröffentlichte. In seiner Publikationsliste auf den Webseiten der Universität Kopenhagen tauchte die Arbeit jedoch nicht auf.<ref>http://chem.ku.dk/ansatte/publikationsliste/?sprog=en&offset=0&ordering=submittedYear&size=50&renderStyle=standard&linkingStrategy=externalId&personid=138970&org_id=&desc=true</ref> Seit dieser Veröffentlichung im April 2009 sind keine weiteren Veröffentlichungen von Harrit bekannt.
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'''Niels Holger Harrit''' (geb. 15. Januar 1945) ist ein dänischer promovierter Chemiker, Musiker und [[Verschwörungstheorie|Verschwörungstheoretiker]]<ref>http://politiken.dk/debat/profiler/mikkelandersson/ECE2076094/derfor-er-911-konspirationsteorien-tosset/</ref>, der ab 2001 an der Universität Kopenhagen im Fachbereich Chemie als Dozent (''associated professor'') beschäftigt war. Aktuell (2015) wird er nicht mehr als Mitarbeiter der Fakultät für Chemie der Universität geführt.<ref>http://chem.ku.dk/ansatte/beskrivelse/?id=138970</ref> Harrit geriet ins selbst gewählte Rampenlicht, nachdem er im April 2009 ein [[pseudowissenschaft]]liches Paper<ref>http://www.bentham-open.org/pages/content.php?TOCPJ/2009/00000002/00000001/7TOCPJ.SGM</ref> über die vorgebliche Anwesenheit von ''Nanothermit'' ("Unreacted Thermite") in angeblich vom [[Verschwörungstheorien um den 11. September 2001|World-Trade-Center-Anschlag 2001]] stammenden Staubproben in einer minderwertigen, dem Bereich "vanity publications" zugehörigen Zeitschrift namens "Open Chemical Physics Journal" veröffentlichte. In seiner inzwischen gelöschten Publikationsliste auf den Webseiten der Universität Kopenhagen tauchte die Arbeit jedoch nicht auf.<ref>http://chem.ku.dk/ansatte/publikationsliste/?sprog=en&offset=0&ordering=submittedYear&size=50&renderStyle=standard&linkingStrategy=externalId&personid=138970&org_id=&desc=true</ref> Seit dieser Veröffentlichung im April 2009 sind keine weiteren Veröffentlichungen von Harrit bekannt.
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Harrit ist bekennender Anhänger von Verschwörungstheorien zum Hergang des Anschlags auf das World Trade Center (WTC) am 11.&nbsp;September 2001 und sah seine mit Sinnesgenossen verfasste Veröffentlichung als einen Beitrag, um ''die Wahrheit herauszufinden''. Im Eigenverständnis sieht sich Harrit als Anti-Verschwörungstheoretiker, der sich gegen die angebliche "Verschwörungstheorie" wendet, nach der die Anschläge von Al-Qaida-Mitgliedern durchgeführt wurden. Laut Harrit sei die "offizielle Verschwörungstheorie" ''die bislang größte Vertuschungsaktion der Geschichte'' und solle lediglich geglaubt werden, da ''kein einziger Beweis vorliege''. Harrit ist Mitglied der Vereinigung "Scholars for 9/11 Truth & Justice" (STJ).
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Harrit ist bekennender Anhänger von [[Verschwörungstheorien um den 11. September 2001|Verschwörungstheorien zum Hergang des Anschlags auf das World Trade Center]] (WTC) am 11.&nbsp;September 2001 und sah seine mit Sinnesgenossen verfasste Veröffentlichung als einen Beitrag, um ''"die Wahrheit herauszufinden"''. Im Eigenverständnis sieht sich Harrit als Anti-Verschwörungstheoretiker, der sich gegen die angebliche "Verschwörungstheorie" wendet, nach der die Anschläge von Al-Qaida-Mitgliedern durchgeführt wurden. Laut Harrit sei die "offizielle Verschwörungstheorie" ''"die bislang größte Vertuschungsaktion der Geschichte"'' und solle lediglich geglaubt werden, da ''kein einziger Beweis vorliege''. Harrit ist Mitglied der Vereinigung "Scholars for 9/11 Truth & Justice" (STJ).
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Kurz zusammengefasst besagt die umstrittene Studie, dass im Staub aus dem Zusammensturz des WTCs ''Nanothermit''-Partikel gefunden worden seien. Des Weiteren wurde später der Eindruck erweckt, dass das gemeinte Nanothermit als gefährlicher militärischer Sprengstoff anzusehen sei. Somit sei auf wissenschaftliche Weise der Beweis erbracht, dass der Anschlag am 11.&nbsp;September 2001 in Wirklichkeit ein Nanothermit-Sprengstoffanschlag war. Die Arbeit entstand in Zusammenarbeit mehrerer Wissenschaftler, die überwiegend unzweifelhaft ebenfalls der [[Truther|Truther-Bewegung]] zuzuordnen sind, etwa der Physiker Steven&nbsp;E. Jones, welcher seit Jahren von einer kontrollierten Sprengung des WTC spricht. Von Jones' Universität sind zwei Kollegen im Autorenteam: Jeffrey Farrer und Daniel Farnsworth. Kevin&nbsp;R. Ryan, Gregg Roberts und James&nbsp;R. Gourley sind ebenfalls aus der Truther-Bewegung.
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Kurz zusammengefasst besagt die umstrittene Studie, dass im Staub aus dem Zusammensturz des WTCs ''Nanothermit''-Partikel gefunden worden seien. Des Weiteren wurde später der Eindruck erweckt, dass das gemeinte Nanothermit als gefährlicher militärischer Sprengstoff anzusehen sei. Somit sei auf wissenschaftliche Weise der Beweis erbracht, dass der Anschlag am 11.&nbsp;September 2001 in Wirklichkeit ein Nanothermit-Sprengstoffanschlag war. Die Arbeit entstand in Zusammenarbeit mehrerer Wissenschaftler, die überwiegend ebenfalls unzweifelhaft der [[Truther|Truther-Bewegung]] zuzuordnen sind, etwa der Physiker Steven&nbsp;E. Jones, welcher seit Jahren von einer kontrollierten Sprengung des WTC spricht. Von Jones' Universität sind zwei Kollegen im Autorenteam: Jeffrey Farrer und Daniel Farnsworth. Kevin&nbsp;R. Ryan, Gregg Roberts und James&nbsp;R. Gourley entstammen ebenfalls aus der Truther-Bewegung.
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Die Ansicht, dass der WTC-Anschlag durch Thermit durchgeführt wurde, wurde bereits Jahre zuvor behauptet und ist inzwischen widerlegt worden.<ref>http://www.911myths.com/WTCTHERM.pdf</ref>
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Die Ansicht, dass der WTC-Anschlag mittels Thermit durchgeführt wurde, wurde bereits Jahre zuvor verbreitet. Mike Williams, Betreiber der Webseite 911myths, widerlegt die Behauptungen von Harrit auf einer seiner Webseiten.<ref>http://www.911myths.com/WTCTHERM.pdf</ref>
    
Die Nanothermitstudie wurde von der Truther-Szene begeistert gefeiert, da man endlich einen vermeintlich wissenschaftlichen Beweis dafür sah, dass die USA den Anschlag selbst durchgeführt hätten. Interviews mit bekannten Verschwörungstheoretikern wie [[Alex Jones]] und Vorträge von Harrit vor [[Alles Schall und Rauch]]-Anhängern waren die Folge.
 
Die Nanothermitstudie wurde von der Truther-Szene begeistert gefeiert, da man endlich einen vermeintlich wissenschaftlichen Beweis dafür sah, dass die USA den Anschlag selbst durchgeführt hätten. Interviews mit bekannten Verschwörungstheoretikern wie [[Alex Jones]] und Vorträge von Harrit vor [[Alles Schall und Rauch]]-Anhängern waren die Folge.
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Niels Harrit spielt Tenor- und Baritonsaxophon, Flöte und Keybord. Es spielte in Avantgarde-Jazz-Gruppen wie "The Contemporary Jazz Quintet" und "Cadentia Nova Danica", "The Maxwell".
    
==Kurzbiographie==
 
==Kurzbiographie==
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==Die umstrittene Nanothermit-Studie==
 
==Die umstrittene Nanothermit-Studie==
 
[[image:wtcstaub.jpg|thumb]]
 
[[image:wtcstaub.jpg|thumb]]
Die Harrit-Studie mit dem Titel ''Active Thermitic Material Discovered in Dust from the 9/11 World Trade Center Catastrophe''<ref>Niels H. Harrit, Jeffrey Farrer, Steven E. Jones, Kevin R. Ryan, Frank M. Legge, Daniel Farnsworth, Gregg Roberts, James R. Gourley, Bradley R. Larsen. Active Thermitic Material Discovered in Dust from the 9/11 World Trade Center Catastrophe. The Open Chemical Physics Journal, Volume 2, Seiten 7-31 (25), ISSN: 1874-4125, doi: 10.2174/1874412500902010007</ref> wurde am 4.&nbsp;April 2009 in der Vanity-Publikation "Open Chemical Physics Journal" veröffentlicht, angeblich ohne Wissen und Zustimmung des zuständigen Editor in Chief, Marie-Paule Pileni. Pileni, die später zurücktrat, bedauerte die Veröffentlichung mit den Worten: ''[...] I cannot accept that this topic is published in my journal. The article has nothing to do with physical chemistry or chemical physics, and I could well believe that there is a political viewpoint behind its publication. If anyone had asked me, I would say that the article should never have been published in this journal. Period.''
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Die Harrit-Studie mit dem Titel ''Active Thermitic Material Discovered in Dust from the 9/11 World Trade Center Catastrophe''<ref>Niels H. Harrit, Jeffrey Farrer, Steven E. Jones, Kevin R. Ryan, Frank M. Legge, Daniel Farnsworth, Gregg Roberts, James R. Gourley, Bradley R. Larsen. Active Thermitic Material Discovered in Dust from the 9/11 World Trade Center Catastrophe. The Open Chemical Physics Journal, Volume 2, Seiten 7-31 (25), ISSN: 1874-4125, doi: 10.2174/1874412500902010007</ref> wurde am 4.&nbsp;April 2009 in der Vanity-Publikation "Open Chemical Physics Journal" veröffentlicht, angeblich ohne Wissen und Zustimmung des zuständigen Editor in Chief, Marie-Paule Pileni. Pileni, die später zurücktrat, bedauerte die Veröffentlichung mit den Worten: ''"[...] I cannot accept that this topic is published in my journal. The article has nothing to do with physical chemistry or chemical physics, and I could well believe that there is a political viewpoint behind its publication. If anyone had asked me, I would say that the article should never have been published in this journal. Period."''
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Die Studie berichtet, es seien ''unusual looking'' rot-graue Chips im Staub aller 4&nbsp;Proben gefunden worden, die mit Magneten aus dem Staub isoliert wurden und etwa 0,1% der Gesamtmasse ausmachten. Harrit schätzte daraufhin die Gesamtmasse dieser Chips auf 10&nbsp;Tonnen. In den Chips, die nach Lackfarbpartikeln aussehen, wurde Eisen, Rost, Aluminium, Sauerstoff und Kohlenstoff nachgewiesen. Das rote Chipmaterial soll Partikel von etwa 100&nbsp;nm Breite enthalten, welche im Wesentlichen aus Eisenoxid und Aluminium bestehen. Aluminium sei hingegen in winzigen plattenförmigen Strukturen enthalten. Die roten Chips wurden demnach als ''noch ungezündetes, hoch energetisches, thermitisches Material'' bezeichnet. Wörtlich: ''These observations reminded us of nano-thermite fabricated at the Lawrence Livermore National Laboratory and elsewhere [...] We would like to make detailed comparisons of the red chips with known super-thermite composites, along with comparisons of the products following ignition, but there are many forms of this high-tech thermite, and this comparison must wait for a future study.'' Reaktionsprodukte aus der Thermit-Reaktion wurden jedoch nicht nachgewiesen.
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Die Studie berichtet, es seien ''"unusual looking"'' rot-graue Chips im Staub aller 4&nbsp;Proben gefunden worden, die mit Magneten aus dem Staub isoliert wurden und etwa 0,1% der Gesamtmasse ausmachten. Harrit schätzte daraufhin die Gesamtmasse dieser Chips auf 10&nbsp;Tonnen. In den Chips, die nach Lackfarbpartikeln aussehen, wurde Eisen, Rost, Aluminium, Sauerstoff und Kohlenstoff nachgewiesen. Das rote Chipmaterial soll Partikel von etwa 100&nbsp;nm Breite enthalten, welche im Wesentlichen aus Eisenoxid und Aluminium bestehen. Aluminium sei hingegen in winzigen plattenförmigen Strukturen enthalten. Die roten Chips wurden demnach als ''"noch ungezündetes, hoch energetisches, thermitisches Material"'' bezeichnet. Wörtlich heißt es: ''"These observations reminded us of nano-thermite fabricated at the Lawrence Livermore National Laboratory and elsewhere [...] We would like to make detailed comparisons of the red chips with known super-thermite composites, along with comparisons of the products following ignition, but there are many forms of this high-tech thermite, and this comparison must wait for a future study."'' Reaktionsprodukte aus der Thermit-Reaktion wurden jedoch nicht nachgewiesen.
    
Über die Herkunft der Proben gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Eine Probe soll zehn Minuten nach dem Zusammenbruch des zweiten WTC-Turms von einem Bewohner Manhattans als "Souvenir" eingesammelt worden sein, zwei am nächsten Tag und die vierte ungefähr eine Woche später. Alle Proben wären demnach sechs Jahre lang irgendwo unter ungeklärten Umständen aufbewahrt worden.
 
Über die Herkunft der Proben gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Eine Probe soll zehn Minuten nach dem Zusammenbruch des zweiten WTC-Turms von einem Bewohner Manhattans als "Souvenir" eingesammelt worden sein, zwei am nächsten Tag und die vierte ungefähr eine Woche später. Alle Proben wären demnach sechs Jahre lang irgendwo unter ungeklärten Umständen aufbewahrt worden.
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Die Eigenschaften dieser "Chips" wurden mit Hilfe der Lichtmikroskopie, Elektronenmikroskopie (SEM), Röntgenspektroskopie (XEDS) und Differentialkalorimetrie (DSC) analysiert.
 
Die Eigenschaften dieser "Chips" wurden mit Hilfe der Lichtmikroskopie, Elektronenmikroskopie (SEM), Röntgenspektroskopie (XEDS) und Differentialkalorimetrie (DSC) analysiert.
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Den Studienautoren wurde methodische Schwächen angelastet. Ob eine rasterelektronenmikroskopische Aufnahme Nanopartikel zeige, sei unsicher, da bei 20&nbsp;kV Beschleunigungsspannung keine Nanopartikel nachweisbar sind. Eine "Röntgenspektroskopie" weist weder metallisches Aluminium noch Eisenoxid in ihrer strukturellen Zusammensetzung nach, sondern lediglich die Elemente an sich (genauer: Die ungefähren Massenanteile der Elemente in der Probe). In welcher Verbindung die Elemente vorliegen, kann nicht bestimmt werden. Der Nachweis von Sauerstoff mit einer EDX ist problematisch. Bei EDX-Untersuchungen werden üblicherweise die Massenprozente angegeben. Die Peak-Bildchen im Artikel sind nicht aussagekräftig. Der Leser müsste selbst mit einem Taschenrechner errechnen, wieviel Fe, Si, Al u.s.w. die Probe nun enthalten haben soll. Ein Vergleich mit tatsächlichem Nanothermit fehlt. Auch der Nachweis von elementarem Aluminium mit Methylethylketon-Trennungen (MEK) gilt als unsicher. Auch hätte die Differentialkalorimetrie nicht in Luft, sondern unter Schutzgas ablaufen müssen, oder einmal in O2-Strom und zum Vergleich unter Schutzgas.  
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Den Studienautoren wurden methodische Schwächen angelastet. Ob eine rasterelektronenmikroskopische Aufnahme Nanopartikel zeige, sei unsicher, da bei 20&nbsp;kV Beschleunigungsspannung keine Nanopartikel nachweisbar sind. Eine "Röntgenspektroskopie" weist weder metallisches Aluminium noch Eisenoxid in ihrer strukturellen Zusammensetzung nach, sondern lediglich die Elemente an sich (genauer: die ungefähren Massenanteile der Elemente in der Probe). In welcher Verbindung die Elemente vorliegen, kann nicht bestimmt werden. Der Nachweis von Sauerstoff mit einer EDX ist problematisch. Bei EDX-Untersuchungen werden üblicherweise die Massenprozente angegeben. Die Peak-Bildchen im Artikel sind nicht aussagekräftig. Der Leser müsste selbst mit einem Taschenrechner errechnen, wieviel Fe, Si, Al u.s.w. die Probe nun enthalten haben soll. Ein Vergleich mit tatsächlichem Nanothermit fehlt. Auch der Nachweis von elementarem Aluminium mit Methylethylketon-Trennungen (MEK) gilt als unsicher. Auch hätte die Differentialkalorimetrie nicht in Luft, sondern unter Schutzgas ablaufen müssen, oder einmal in O2-Strom und zum Vergleich unter Schutzgas.
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Die Frage wird nicht aufgeworfen, warum die angeblichen Al-Nanopartikel nicht schon an der Luft oxidiert sind, da kein Hinweis auf eine schützende Nanothermit-Matrix gegeben wird. Bei einem Durchmesser von 100&nbsp;nm müsste sich an Luft ringsherum eine passivierende Oxidschicht aufgebaut haben.
 
Die Frage wird nicht aufgeworfen, warum die angeblichen Al-Nanopartikel nicht schon an der Luft oxidiert sind, da kein Hinweis auf eine schützende Nanothermit-Matrix gegeben wird. Bei einem Durchmesser von 100&nbsp;nm müsste sich an Luft ringsherum eine passivierende Oxidschicht aufgebaut haben.
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Ein Pulverdiffraktogramm fehlt; dieses hätte Aufschluss darüber gegeben, ob Fe2O3, eventuell FeO und elementares Al vorliegt, und das ungefähre Molverhältnis der Phasen offenbart.
 
Ein Pulverdiffraktogramm fehlt; dieses hätte Aufschluss darüber gegeben, ob Fe2O3, eventuell FeO und elementares Al vorliegt, und das ungefähre Molverhältnis der Phasen offenbart.
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Nanothermit muss zwingend in eine Matrix eingearbeitet sein, um die Oxidation des Al zu verhindern. Der Artikel gibt keinerlei Hinweise auf eine derartige Matrix.
 
Nanothermit muss zwingend in eine Matrix eingearbeitet sein, um die Oxidation des Al zu verhindern. Der Artikel gibt keinerlei Hinweise auf eine derartige Matrix.
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==Open Chemical Physics Journal==
 
==Open Chemical Physics Journal==
Das Blatt "Open Chemical Physics Journal" aus dem Hause "Bentham Publishing" ist eine angeblich peer-reviewte Zeitschrift, die kostenlos online eingesehen werden kann. Im Eigenverständnis sieht sich die Zeitschrift als ein ''open access online journal which publishes research articles, reviews and letters in all areas of chemical physics''. Tatsächlich handelt es sich um eine Zuschusszeitschrift ("vanity publication"), die von den Autoren finanziert wird. Autoren zahlen dabei 800&nbsp;US-Dollar, um einen Artikel nach Wunsch veröffentlichen zu können. Zuvor sollen erst 12&nbsp;Artikel in der Publikation erschienen sein.  
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Das Blatt "Open Chemical Physics Journal" aus dem Hause "Bentham Publishing" ist eine angeblich peer-reviewte Zeitschrift, die kostenlos online eingesehen werden kann. Im Eigenverständnis sieht sich die Zeitschrift als ein ''"open access online journal which publishes research articles, reviews and letters in all areas of chemical physics"''. Tatsächlich handelt es sich um eine Zuschusszeitschrift ("vanity publication"), die von den Autoren finanziert wird. Autoren zahlen dabei 800&nbsp;US-Dollar, um einen Artikel nach Wunsch veröffentlichen zu können. Zuvor sollen erst 12&nbsp;Artikel in der Publikation erschienen sein.  
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Wie die englische Zeitung "The Guardian" berichtete, gelang es beispielsweise problemlos, einen völlig unzusammenhängenden und computergenerierten Text ohne jeglichen wissenschaftlichen Wert als Artikel im Journal zu platzieren.<ref>http://screwloosechange.blogspot.com/search?q=bentham</ref> Der Autor, der pikanterweise behauptete, an einem "Centre for Research in Applied Phrenology (CRAP)" beschäftigt zu sein, wurde nur aufgefordert, den Betrag von 800&nbsp;US-Dollar zu zahlen.<ref>http://www.guardian.co.uk/education/2009/jun/18/science-editor-resigns-hoax-article</ref> Als der Autor den [[Hoax]] offenbarte, zog sich der Schriftleiter Bambang Parmanto von seinem Job zurück.<ref>http://www.newscientist.com/article/dn17288-spoof-paper-accepted-by-peerreviewed-journal.html</ref>
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Wie die englische Zeitung "The Guardian" berichtete, gelang es beispielsweise problemlos, einen völlig unzusammenhängenden und computergenerierten Text ohne jeglichen wissenschaftlichen Wert als Artikel im Journal zu platzieren.<ref>http://screwloosechange.blogspot.com/search?q=bentham</ref> Der Autor, der pikanterweise behauptete, an einem "Centre for Research in Applied Phrenology (CRAP)" beschäftigt zu sein, wurde nur aufgefordert, den Betrag von 800&nbsp;US-Dollar zu zahlen.<ref>http://www.guardian.co.uk/education/2009/jun/18/science-editor-resigns-hoax-article</ref> Als der Autor den [[Hoax]] offenbarte, zog sich der damalige Schriftleiter Bambang Parmanto von seinem Job zurück.<ref>http://www.newscientist.com/article/dn17288-spoof-paper-accepted-by-peerreviewed-journal.html</ref>
    
==Rezeption und Instrumentarisierung==
 
==Rezeption und Instrumentarisierung==
 
Das spoof-paper von Harrit et al wurde nicht wissenschaftlich weiter zitiert.
 
Das spoof-paper von Harrit et al wurde nicht wissenschaftlich weiter zitiert.
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Das dänische Fernsehen interviewte Harrit am 11.&nbsp;April 2009 in seiner Hauptnachrichtensendung zehn Minuten lang zum Thema.<ref>http://www.youtube.com/watch?v=8_tf25lx_3o</ref> Auch Russia Today führte ein Interview mit Harrit, in dem dieser von hunderten Tonnen Nanothermit sprach: ''Niels Harrit: Tons! Hundreds of tons! Many, many, many tons!''<ref>http://www.russiatoday.com/Politics/2009-07-09/Did_nano-thermite_take_down_the_WTC.html?fullstory</ref>
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Das dänische Fernsehen interviewte Harrit am 11.&nbsp;April 2009 in seiner Hauptnachrichtensendung zehn Minuten lang zum Thema.<ref>http://www.youtube.com/watch?v=8_tf25lx_3o</ref> Auch [[Russia Today]] führte ein Interview mit Harrit, in dem dieser (laut RT) von hunderten Tonnen Nanothermit sprach: ''"Niels Harrit: Tons! Hundreds of tons! Many, many, many tons!"''<ref>http://www.russiatoday.com/Politics/2009-07-09/Did_nano-thermite_take_down_the_WTC.html?fullstory</ref>
    
National Geographic befasste sich mit dem Thema und wies darauf hin, dass das genannte Aluminium aus den Flugzeugen stammen könnte und ein Experiment zeigte, dass selbst ein kleinerer Stahlträger als die im WTC verbauten durch Thermit nicht zum Schmelzen gebracht werden konnte.<ref>http://channel.nationalgeographic.com/episode/9-11-science-and-conspiracy-4067#tab-conspiracy-vs-science#ixzz0OluAGzVR</ref>
 
National Geographic befasste sich mit dem Thema und wies darauf hin, dass das genannte Aluminium aus den Flugzeugen stammen könnte und ein Experiment zeigte, dass selbst ein kleinerer Stahlträger als die im WTC verbauten durch Thermit nicht zum Schmelzen gebracht werden konnte.<ref>http://channel.nationalgeographic.com/episode/9-11-science-and-conspiracy-4067#tab-conspiracy-vs-science#ixzz0OluAGzVR</ref>
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Große Beachtung und unkritische Wiedergabe des Inhaltes fand das Papier jedoch in Kreisen der Anhänger von Verschwörungstheorien um die Anschläge vom 11.&nbsp;September 2001. So wurde Harrit von [[Alex Jones]] interviewt<ref>anonym.to?http://www.prisonplanet.com/the-alex-jones-show-l-i-v-e-may-1-with-niels-harrit.html</ref><ref>http://www.youtube.com/watch?v=x73G2eMkBpw</ref><ref>http://www.youtube.com/watch?v=SzSxtnA7pr4&feature=related</ref> und er hielt einen Vortrag vor Anhängern und Usern des Blogs [[Alles Schall und Rauch]].
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Große Beachtung und unkritische Wiedergabe des Inhaltes fand das Papier jedoch in Kreisen der Anhänger von Verschwörungstheorien um die Anschläge vom 11.&nbsp;September 2001. So wurde Harrit von [[Alex Jones]] interviewt<ref>anonym.to?http://www.prisonplanet.com/the-alex-jones-show-l-i-v-e-may-1-with-niels-harrit.html</ref><ref>http://www.youtube.com/watch?v=x73G2eMkBpw</ref><ref>http://www.youtube.com/watch?v=SzSxtnA7pr4&feature=related</ref> und hielt einen Vortrag vor Anhängern und Usern des Blogs [[Alles Schall und Rauch]].
    
==Weblinks==
 
==Weblinks==
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[[category:Pseudowissenschaftler]]
 
[[category:Pseudowissenschaftler]]
 
[[category:Verschwörungstheoretiker]]
 
[[category:Verschwörungstheoretiker]]
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[[category:Verschwörungstheorien zum 11. September 2001]]
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