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Laut einer seit Jahren kursierenden "urban legend" (bzw. Mär) würde der Mensch durchschnittlich nur etwa '''10 Prozent seines zur Verfügung stehenden Hirnleistung''' nutzen, und demnach würden die restlichen 90 Prozent quasi "brachliegen". Im englischen Sprachraum, wo diese Mär populärer als im deutschsprachigen Raum ist, wird in diesem Zusammenhang vom '''Ten percent of brain myth''' gesprochen.
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Laut einer seit Jahren kursierenden "urban legend" (bzw. Mär) würde der Mensch durchschnittlich nur etwa '''10 Prozent seiner zur Verfügung stehenden Hirnleistung''' nutzen, und demnach würden die restlichen 90 Prozent quasi "brachliegen". Im englischen Sprachraum, wo diese Mär populärer als im deutschsprachigen Raum ist, wird in diesem Zusammenhang vom '''Ten percent of brain myth''' gesprochen.
    
Diese außerwissenschaftliche Mär ist vor allem im Bereich von [[Psychomarkt]]-Angeboten geläufig und entspricht nicht dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Kenntnisse zur Neurophysiologie oder Neurobiologie. Die Behauptung suggeriert die Möglichkeit einer enormen Steigerung kognitiver Leistungen, indem durch geeignete Methoden ein größerer Teil Gehirns als die angeblichen 10% aktiviert wird. Die Mär soll offenbar leichtgläubige und beeindruckbare Kunden für kostenpflichtige Motivationskurse motivieren. Insbesondere werden die Behauptungen seit mehreren Jahrzehnten von [[Scientology]] am Leben erhalten.  
 
Diese außerwissenschaftliche Mär ist vor allem im Bereich von [[Psychomarkt]]-Angeboten geläufig und entspricht nicht dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Kenntnisse zur Neurophysiologie oder Neurobiologie. Die Behauptung suggeriert die Möglichkeit einer enormen Steigerung kognitiver Leistungen, indem durch geeignete Methoden ein größerer Teil Gehirns als die angeblichen 10% aktiviert wird. Die Mär soll offenbar leichtgläubige und beeindruckbare Kunden für kostenpflichtige Motivationskurse motivieren. Insbesondere werden die Behauptungen seit mehreren Jahrzehnten von [[Scientology]] am Leben erhalten.  
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Gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren auch tatsächlich (gegenüber heute) erst etwa zehn Prozent der Hirnsubstanz einer bestimmten oder mehreren Funktionen zugeordnet, was mit zum Mythos der damaligen Zeit beigetragen haben mag.
 
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren auch tatsächlich (gegenüber heute) erst etwa zehn Prozent der Hirnsubstanz einer bestimmten oder mehreren Funktionen zugeordnet, was mit zum Mythos der damaligen Zeit beigetragen haben mag.
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Da nur etwa 10% aller im Hirn zu findenden Zellen tatsächlich Neuronen sind, kann auch diese Beobachtung mit zum Mythos geführt haben (als populäre Unterscheidung zwischen "grauer" und "nichtgrauer" Substanz). Das zahlenmässige Verhältnis von Neuronen zur Gesamtzellzahl des Hirns ist jedoch im Zusammenhang mit dem hier thematisierten Mythos natürlich bedeutungslos, auch wenn manche Gliazellen eine nachgewiesene Hilfsfunktion ausüben. Der bekannte Neuroanatom Santiago Ramón y Cajal hat das Zahlenverhältnis zwischen Neuronen und Nichtneuronen festgestellt (1:9).
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Einen mutmaßlichen physiologischen Beweis lieferte Anfang des 19. Jahrhunderts der französische Neurophysiologe [https://de.wikipedia.org/wiki/Marie-Jean-Pierre_Flourens Marie-Jean-Pierre Flourens], als er entdeckte, dass man Vögeln und Fröschen große Teile des Gehirns entfernen konnte, wobei diese danach noch zu basalen Verhaltensweisen (Fressen und Trinken) fähig waren. Die eindeutigen Ergebnisse dieser Experimente sind allerdings nicht auf den Menschen übertragbar, da die Methodik relativ merkwürdig war und die Gehirnstruktur der Versuchstiere sich nur bedingt mit der des Menschen vergleichen lässt.<ref>http://www.nytimes.com/2014/08/03/opinion/sunday/three-myths-about-the-brain.html?_r=1</ref><ref>https://www.youtube.com/watch?v=pbnPr8NQzXg</ref>
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Lange wurde angenommen, dass nur etwa 10% aller im Hirn zu findenden Zellen Neuronen sind, die anderen Zellen werden zusammenfassend als Gliazellen bezeichnet. Auch diese Beobachtung mag mit zum Mythos geführt haben (als populäre Unterscheidung zwischen "grauer" und "nichtgrauer" Substanz). Das zahlenmäßige Verhältnis von Neuronen zur Gesamtzellzahl des Hirns ist jedoch im Zusammenhang mit dem hier thematisierten Mythos natürlich bedeutungslos, auch wenn manche Gliazellen eine nachgewiesene Hilfsfunktion ausüben. Der bekannte Neuroanatom Santiago Ramón y Cajal hat das Zahlenverhältnis zwischen Neuronen und Nichtneuronen festgestellt (1:9). Inzwischen gilt ein Verhältnis von Neuronen- zu Gliazellen von etwa 1:1 als realistischer.<ref>Herculano-Houzel, S.: The human brain in numbers: a linearly scaled-up primate brain. Frontiers in Human Neuroscience 3 (2009) [http://dx.doi.org/10.3389/neuro.09.031.2009 Volltext]</ref>
    
==Literatur==
 
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[[category:Pseudowissenschaft]]
 
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[[category:Psychologie]]
 
[[category:Hoax/Aktion]]
 
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[[category:Überholte und/oder widerlegte Hypothese]]
 
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