Misteltherapie: Unterschied zwischen den Versionen

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==Heutige Situation==
 
==Heutige Situation==
In der Bundesrepublik Deutschland gibt es heute etwa 1.000 Krankenhäuser und 6.000 Ärzte, die nach den Vorstellungen der anthroposophischen Medizin arbeiten. Sie verwenden u.a. anthroposophische Arzneimittel, die von international agierenden Firmen hergestellt werden. Dabei sind die Namen Abnoba Heilmittel, Vefak KG, Biosyn Arzneimittel, Helixor Heilmittel, Novipharm, Madaus AG, [[Wala Heilmittel GmbH]] und die [[Weleda AG]] zu nennen. Die letztgenannte Firma, die sich nach einer altgermanischen Heilpriesterin benannt hat, die am Oberlauf der Lippe gelebt haben soll, machte allein im Jahre 1990 einen Gesamtarzneimittelumsatz von 35 Mio. Euro.
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In der Bundesrepublik Deutschland gibt es heute etwa fünf anthroposophisch orientierte Krankenhäuser, weitere verschiedene Krankenhausunterabteilungen, Fachkliniken und Sanatorien sowie ca. 6.000 Ärzte, die nach den Vorstellungen der anthroposophischen Medizin arbeiten. Sie verwenden u.a. anthroposophische Arzneimittel, die von international agierenden Firmen hergestellt werden. Dabei sind die Namen Abnoba Heilmittel, Vefak KG, Biosyn Arzneimittel, Helixor Heilmittel, Novipharm, Madaus AG, [[Wala Heilmittel GmbH]] und die [[Weleda AG]] zu nennen. Die letztgenannte Firma, die sich nach einer altgermanischen Heilpriesterin benannt hat, die am Oberlauf der Lippe gelebt haben soll, machte allein im Jahre 1990 einen Gesamtarzneimittelumsatz von 35 Mio. Euro.
  
 
Mistelprodukte gegen Krebs sind die Hauptumsatzbereiche der obigen Firmen. 20-30% aller Tumorpatienten erwägen, Mistelprodukte anzuwenden. Man schätzt, dass allein in der BRD jährlich 35-40 Mio. Euro mit diesen Präparaten umgesetzt werden. Bis heute haben diese Medikamente keinen Wirksamkeitsnachweis erbringen müssen, weil aufgrund politischer Lobbyarbeit in den 1970er Jahren (u.a. mit Hilfe des damaligen Bundespräsidenten Carl Carstens) den anthroposophischen Mitteln im deutschen Arzneimittelrecht ein Sonderstatus im Rahmen der [[Besondere Therapierichtungen|"besonderen Therapierichtungen"]] zugebilligt wurde. Es reicht bis heute aus, dass die entsprechenden Anbieter saubere Produkte in den Handel bringen. Eines Wirksamkeitsnachweises für die Zulassung bzw. Verkehrsfähigkeit der Mittel bedarf es aber nicht. Das spart den Herstellern viele Millionen an Forschungsgeldern, denn die Zulassung eines Fertigarzneimittels kostet in der BRD zwischen 150 und 250 Mio. Euro. Diese eingesparten Gelder bzw. der Gewinn aus nicht zu verausgabenden Forschungsmitteln konnte in breite Marketingkampagnen fließen. Dies ist eine der Hauptursachen, warum Mistelprodukte - trotz fehlender Wirkungen und bekannter Nebenwirkungen - in der Bevölkerung als heilsam bei Krebs angesehen werden. Dieses positive Vorurteil ist die Folge einer effektiven, jahrzehntelangen Marketingkampagne anthroposophisch orientierter Firmen.
 
Mistelprodukte gegen Krebs sind die Hauptumsatzbereiche der obigen Firmen. 20-30% aller Tumorpatienten erwägen, Mistelprodukte anzuwenden. Man schätzt, dass allein in der BRD jährlich 35-40 Mio. Euro mit diesen Präparaten umgesetzt werden. Bis heute haben diese Medikamente keinen Wirksamkeitsnachweis erbringen müssen, weil aufgrund politischer Lobbyarbeit in den 1970er Jahren (u.a. mit Hilfe des damaligen Bundespräsidenten Carl Carstens) den anthroposophischen Mitteln im deutschen Arzneimittelrecht ein Sonderstatus im Rahmen der [[Besondere Therapierichtungen|"besonderen Therapierichtungen"]] zugebilligt wurde. Es reicht bis heute aus, dass die entsprechenden Anbieter saubere Produkte in den Handel bringen. Eines Wirksamkeitsnachweises für die Zulassung bzw. Verkehrsfähigkeit der Mittel bedarf es aber nicht. Das spart den Herstellern viele Millionen an Forschungsgeldern, denn die Zulassung eines Fertigarzneimittels kostet in der BRD zwischen 150 und 250 Mio. Euro. Diese eingesparten Gelder bzw. der Gewinn aus nicht zu verausgabenden Forschungsmitteln konnte in breite Marketingkampagnen fließen. Dies ist eine der Hauptursachen, warum Mistelprodukte - trotz fehlender Wirkungen und bekannter Nebenwirkungen - in der Bevölkerung als heilsam bei Krebs angesehen werden. Dieses positive Vorurteil ist die Folge einer effektiven, jahrzehntelangen Marketingkampagne anthroposophisch orientierter Firmen.

Version vom 16. November 2012, 10:22 Uhr

Mistelzweig

Die Misteltherapie bezeichnet pseudomedizinische Therapien, bei denen Presssäfte oder Extrakte unterschiedlicher Mistelpflanzen eingesetzt werden, die rezeptfrei erhältlich sind und zur Behandlung von Krebs dienen sollen. Die Misteltherapie ist insbesondere populär innerhalb der anthroposophischen Medizin nach Rudolf Steiner und Ita Wegman. Die Misteltherapie, für die bislang kein wissenschaftlicher Nachweis der Wirksamkeit erbracht wurde,[1][2] wird fast ausschließlich im deutschsprachigen Raum angewendet.

In den aktuellen Leitlinien zur Krebsbehandlung, die zum Beispiel die Deutsche Krebsgesellschaft verantwortet, ist eine Mistelbehandlung nicht vorgesehen. Die Kosten der rezeptfrei erhältlichen Mistelpräparate werden von den gesetzlichen Krankenkassen aufgrund einer Ausnahmeregelung zur palliativen Hebung der Lebensqualität unter bestimmten Voraussetzungen teilweise übernommen. Das Nationale Krebsforschungsinstitut der USA rät von einer Mistelbehandlung ab und will diese höchstens unter Studienbedingungen akzeptieren. Die Mistel ist in den USA zur Krebsbehandlung nicht zugelassen.[3]

Entstehung

Basierend auf der anthroposophischen Lehre von Rudolf Steiner entwickelte die holländische Ärztin Ita Wegman (1876-1943) erste Ansätze einer anthroposophischen Medizin. Bereits im Jahre 1921 gründete sie die erste anthroposophische Klinik im schweizerischen Arlesheim, die bis heute einen Schwerpunkt der Mistelszene in Europa bildet. Ita Wegman entwickelte 1917 gemeinsam mit einem Zürcher Apotheker das erste Mistelpräparat namens Iscar, das 1926 in Iscador umbenannt wurde, und als eines der bekanntesten Präparate mit Mistelextrakten angesehen werden kann.

Heutige Situation

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es heute etwa fünf anthroposophisch orientierte Krankenhäuser, weitere verschiedene Krankenhausunterabteilungen, Fachkliniken und Sanatorien sowie ca. 6.000 Ärzte, die nach den Vorstellungen der anthroposophischen Medizin arbeiten. Sie verwenden u.a. anthroposophische Arzneimittel, die von international agierenden Firmen hergestellt werden. Dabei sind die Namen Abnoba Heilmittel, Vefak KG, Biosyn Arzneimittel, Helixor Heilmittel, Novipharm, Madaus AG, Wala Heilmittel GmbH und die Weleda AG zu nennen. Die letztgenannte Firma, die sich nach einer altgermanischen Heilpriesterin benannt hat, die am Oberlauf der Lippe gelebt haben soll, machte allein im Jahre 1990 einen Gesamtarzneimittelumsatz von 35 Mio. Euro.

Mistelprodukte gegen Krebs sind die Hauptumsatzbereiche der obigen Firmen. 20-30% aller Tumorpatienten erwägen, Mistelprodukte anzuwenden. Man schätzt, dass allein in der BRD jährlich 35-40 Mio. Euro mit diesen Präparaten umgesetzt werden. Bis heute haben diese Medikamente keinen Wirksamkeitsnachweis erbringen müssen, weil aufgrund politischer Lobbyarbeit in den 1970er Jahren (u.a. mit Hilfe des damaligen Bundespräsidenten Carl Carstens) den anthroposophischen Mitteln im deutschen Arzneimittelrecht ein Sonderstatus im Rahmen der "besonderen Therapierichtungen" zugebilligt wurde. Es reicht bis heute aus, dass die entsprechenden Anbieter saubere Produkte in den Handel bringen. Eines Wirksamkeitsnachweises für die Zulassung bzw. Verkehrsfähigkeit der Mittel bedarf es aber nicht. Das spart den Herstellern viele Millionen an Forschungsgeldern, denn die Zulassung eines Fertigarzneimittels kostet in der BRD zwischen 150 und 250 Mio. Euro. Diese eingesparten Gelder bzw. der Gewinn aus nicht zu verausgabenden Forschungsmitteln konnte in breite Marketingkampagnen fließen. Dies ist eine der Hauptursachen, warum Mistelprodukte - trotz fehlender Wirkungen und bekannter Nebenwirkungen - in der Bevölkerung als heilsam bei Krebs angesehen werden. Dieses positive Vorurteil ist die Folge einer effektiven, jahrzehntelangen Marketingkampagne anthroposophisch orientierter Firmen.

Angenommener Wirkmechanismus

Für die diversen Mistelpräparate wird die Weißbeerige Mistel (Viscum album) verschiedener Wirtsbäume verwendet. Die Anwendung der Mistel in der Tumortherapie hat dabei keine experimentelle oder erfahrungsmedizinische Grundlage, sondern leitet sich aus Steiners geisteswissenschaftlichen Schauungen ab, der unter anderem auf die angebliche Analogie zwischen dem parasitären Wachstum der Mistel und des Tumors hinwies. Die Mistel ist eine Pflanze, die einen Wirtsorganismus (zumeist einen Baum) zum eigenen Wachstum braucht.

Die pseudowissenschaftliche und esoterisch-mystische Basis der Anwendung von Mistelpräparaten in der anthroposophischen Medizin zeigt sich beispielsweise an der Wahl der zur Anwendung kommenden Mistelpflanze und ihres Wirtsbaumes. So sollen Männer Extrakte der Mistel von Tanne, Eiche oder Ulme bekommen, während Frauen von Misteln auf Pinie, Linde, Esche oder Weide profitieren sollen. Bei schnell wachsenden Tumoren sollen zudem Misteln auf schnell wachsenden Bäumen wie Pappeln am wirksamsten sein, dies soll auch pauschal bei Prostatakarzinomen zutreffen.[4] Beim Mamma-Karzinom der Frau wird in der Regel die Apfelbaummistel verwendet; beim Bronchialkarzinom des Mannes die Tannen- oder Eichenmistel. Für keine der disbezüglichen Annahmen und Behauptungen existieren experimentelle Belege.

Zur Behandlung von Leukämien raten einige Mistelpräparate-Hersteller ab.[5][6][7]

Anwendung

In der Regel wird das Mistelpräparat unter die Haut (subkutan) oder direkt in das Tumorgewebe gespritzt. Möglich sind außerdem die perorale, die intravenöse Gabe oder die Injektion in bestimmte Körperhöhlen wie den Rippenfellspalt und den Herzbeutelspalt.

Welche Produkte gibt es?

Der Publikation von Steuer-Vogt et al. (2001) kann man die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung in Deutschland im Verkehr befindlichen Mistelprodukte entnehmen. Nach deren Angaben waren bis Juli 2000 auf dem deutschen Markt 30 Mistelprodukte von insgesamt 8 Herstellern erhältlich. Die Produkte sind ohne Rezept in der Apotheke erhältlich.

Die Mistelgemische beinhalten eine Vielzahl von Inhaltsstoffen (vgl. Tabelle 2 in Steuer-Vogt et al.[8]), deren Art und Konzentration sowohl vom Wirtsbaum, auf dem die Mistelpflanze wächst, als auch vom Erntezeitpunkt abhängig ist. Es gibt zwei größere Mistelanwenderbereiche - die Szene, in der mit Presssäften aus den Misteln gearbeitet wird und die Szene, in der so genannte Mistellektine (darunter dominiert das Mistellektin ML-1, welches mit dem Viscum album L. Agglutinin 1 (VAA-1) identisch ist) in Extraktform angewendet werden. Weil es sehr heterogene Gemische sind, ist zu beachten, dass kein auf dem Markt befindliches Mistelprodukt dem anderen gleicht.

Mistel-Presssäfte stimulieren Krebs

Vor vielen Jahren schon wurde durch Publikationen in Fachkreisen bekannt, dass Mistelprodukte auf Presssaftbasis wohl nicht nur keine Wirkung gegen Krebs zeigen, sondern diesen sogar verstärken können.

In der anthroposophischen Lukas-Klinik in Arlesheim (Schweiz) beschrieben die Autoren Leroi und Hajto (1982)[9] die angeblich positiven Resultate unter Behandlung mit Iscador (hergestellt von Weleda) bei Frauen mit Ovarialkarzinom. Patienten im Stadium FIGO I wiesen eine 5-Jahresüberlebensrate von 73% aus, was die Autoren als Beweis für die Wirksamkeit der Behandlung ansahen. Vergleicht man allerdings die analogen Überlebensraten in älteren Vergleichsstudien (Decker et al. 1975,[10]) so lag die 5-Jahresüberlebensrate bei hochschulmedizinisch ohne Mistelprodukte behandelten Frauen mit FIGO I-Tumoren mit 80% deutlich besser. Besonders erschreckend war, dass in der Iscador-Studie von Leroi und Hajto die 5-Jahresüberlebensrate von FIGO IV-Patienten bei 0% lag, während konventionell behandelte Patientinnen im Stadium FIGO III-IV zu diesem Zeitpunkt noch in bis zu 45% der Fälle leben. Die Scheinerfolge in Szenepublikationen der Mistelbefürworter ergaben sich nur deshalb, weil man entsprechende Kontrollgruppen überhaupt nicht mitführte bzw. die weitaus besseren Behandlungsmethoden der Hochschulmedizin schlicht ignorierte.

Iscador versagte auch in neueren Studien bei Krebspatienten. Eggermont et al. (2001)[11] führten bei Melanompatienten eine einjährige Iscadortherapie mit 830 Patienten durch und verglichen den Behandlungserfolg mit jenem einer Niedrigdosis-Interferontherapie (IFN alpha-2b). Bei Patienten, bei denen der Hauttumor bereits die Lymphknoten befallen hatte, ergab sich das erschreckende Resultat, dass hier die Häufigkeit an Gehirnmetastasen signifikant höher war als unter Interferontherapie bei gleichzeitig signifikant kürzerer, symptomfreier Überlebenszeit und niedrigerer Gesamtüberlebensrate.

Steuer-Vogt et al.[12] berichteten im Deutschen Ärzteblatt in Kurzform über die Ergebnisse ihrer Studie, die sie kurz vorher im European Journal of Cancer veröffentlicht hatten. In der Abteilung für Otorhinolaryngologie des Münchner Klinikums rechts der Isar konnte in Zusammenarbeit mit Universitätskliniken in Göttingen und Regensburg gezeigt werden, dass auch die Verabreichung von Mistellektin-Extrakten nutzlos war. In einer 477 Patienten mit squamösem Karzinom im Bereich des Halses und Nackens umfassenden klinischen Studie schnitt die mit Mistellektinextrakten behandelte Patientengruppe hinsichtlich der 5-Jahresüberlebensrate ebenso schlecht wie die nicht behandelte Kontrollgruppe ab.

Mistelprodukte aktivieren das Immunsystem - und dabei auch den Krebs

Mistelextrakte und -presssäfte stellen nach intramuskulärer oder intravenöser Gabe einen massiven Eingriff in das Immunsystem dar. Ursache sind die Lektine, die als starke Antigene wirken. Sie führen zu einer massiven Ausschüttung bestimmter Fraktionen weißer Blutkörperchen, die wiederum Alarmstoffe in das Blut abgeben und eine Abwehrkaskade auslösen. Vorteilhaft ist, dass dieser Prozess sehr effektiv verläuft und die gebildeten Antikörper die eingespritzten Lektine recht schnell deaktivieren können. Das ist der Hauptgrund, warum die 'immunstimulierende Wirkung' der Lektine, die an der Höhe bestimmter weißer Blutkörperchenfraktionen festgemacht wird, mit zunehmender Applikationshäufigkeit nachlässt. Das Immunsystem hat einen hohen Antikörperspiegel gebildet und fängt die Antigene rechtzeitig ab.

Allerdings werden trotzdem Alarmbotenstoffe gebildet, die den Zytokinen zuzurechnen sind. Es handelt sich um Interleukin-1 und -6, Tumornekrosefaktor alpha und den Zellwachstumsfaktor CM-CSF. In einer ganzen Reihe von Zellkultur- und Tierversuchen konnte gezeigt werden, dass Interleukin-6 das Wachstum von B-Zell-Lymphomen, Plasmozytomen, Melanomen, Glioblastomen, Bronchialkarzinomen, Prostatakarzinomen, hepatozellulären Karzinomen, metastasierenden Ovarial- und Nierenzellkarzinomen beschleunigen kann (Gabius und Gabius 2002.[13]) Vor diesem Hintergrund wird klar, warum Iscador die 5-Jahresüberlebensrate bei Patientinnen mit Ovarialkarzinom in der Studie von Leroi und Hajto (1982)[14] deutlich unter das Niveau einer konventionellen Therapie senkte. Iscador bringt den Tumor zum Blühen und verschlechtert offenbar die Überlebenschancen der Patientinnen.

Die Gesundheitspolitik unternimmt nichts gegen Mistelprodukte

Obwohl viele Hinweise auf die schädliche Wirkung von Mistelprodukten vorliegen, ist ein Handeln staatlicher Kontrollbehörden in dieser Frage nicht zu erwarten. Offenbar funktionieren die internen Netzwerke der anthroposophischen Szene, die weit in die politischen Parteien reichen, ganz exzellent. Es ist davon auszugehen, dass auch in den nächsten Jahren trotz der sich andeutenden Negativbewertungen von Mistelprodukten keine Anstalten unternommen werden, die Mistelprodukte vom Markt zu nehmen.

Wissenschaftliche Studienlage

Methodisch einwandfreie Studien zeigen keine Vorteile der Misteltherapie gegenüber Placebo.[15] Ein zusammenfassendes Review von Ernst aus dem Jahre 2003 konnte keinen wissenschaftlich einwandfreien Nachweis für die Wirksamkeit der Misteltherapie in bis dahin veröffentlichten wissenschaftlichen Studien erkennen. [16] Es liegen nur bislang nicht replizierte Hinweise für eine mögliche Steigerung der Lebensqualität vor.[17] Studien mit positiven Ergebnissen wie die von Ronald Grossarth-Maticek[18], die auch von der Weleda AG verbreitet wird, weisen methodische Mängel auf.[19]

Unerwünschte Wirkungen / Nebenwirkungen

Unerwünschte Wirkungen der Misteltherapie betreffen das Herz-Kreislauf-System (Blutdruckabfall oder -anstieg, Verlangsamung des Herzschlags), den Magen-Darm-Trakt (Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Dehydratation), das zentrale Nervensystem (Verwirrtheit, Halluzinationen, epileptische Anfälle) sowie das Immunsystem (Fieber, Anstieg der weißen Blutkörperchen im Blut). Lokale Entzündungsreaktionen an der Injektionsstelle (wie Rötung, Schwellung, Schmerzen) sind häufig. Schwerwiegende Komplikationen sind selten, jedoch wurden einige Todesfälle nach Anwendung von Mistelpräparaten berichtet. Ursache hierfür können allergische Reaktionen sein, die zu einem anaphylaktischen Schock führen können. Nicht angezeigt ist die Misteltherapie während der Schwangerschaft und in der Stillzeit.

Es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass Mistelprodukte (Presssäfte, Lektinextrakte) das Tumorwachstum stimulieren und die Überlebenszeit der Patienten verkürzen.[20]

Literatur

  • Lutz Edler: Mistel in der Krebstherapie: Fragwürdige Ergebnisse neuerer klinischer Studien. Dtsch Arztebl 2004; 101(1-2): A-44 / B-39 / C-39
  • E. Ernst, K. Schmidt, M. K. Steuer-Vogt: Mistletoe for cancer? A systematic review of randomised clinical trials. Int J Cancer. 2003; 107: 262-7, PMID 12949804
  • Horneber MA, Bueschel G, Huber R, Linde K, Rostock M. Mistletoe therapy in oncology. Cochrane Database Syst Rev. 2008 Apr 16;(2):CD003297. Review. PMID 18425885
  • Edzard Ernst, M. Pittler, B. Wilder (Hrsg.): The Desktop Guide to Complementary and Alternative Medicine. 2. Auflage. Elsevier 2006. S.442
  • Hauser SP: Unproven methods in cancer treatment. Curr Opin Oncol 1993; 5: 646–654.
  • Fuchs: Kreutterbuch (1543), Kap. C, IIII [unpaginiert]: (Die Mistel) "..zeücht zôsamen die ohrmützel / unnd allerley geschwulst. Mit weyrauch vermischt / und auff allte geschwaer gelegt / heylet sie.."

Weblinks

Quellennachweise

  1. Ernst E, Schmidt K, Steuer-Vogt MK. Mistletoe for cancer? A systematic review of randomised clinical trials. Int J Cancer. 2003 Nov 1;107(2):262-7
  2. http://www.krebsinformationsdienst.de/themen/behandlung/mistel.php
  3. http://www.cancer.gov/cancertopics/pdq/cam/mistletoe/healthprofessional
  4. Johannes Wilkens. Misteltherapie: Differenzierte Anwendung der Mistel nach Wirtsbäumen. Sonntag Verlag 2006
  5. Schlodder, D.: Sind Mistelpräparate bei malignen Lymphomen und Leukämien kontraindiziert? 6. Wissenschaftlicher Kongreß der Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr. Kurzfassungen der Referate (1993) 63
  6. Helixor: Richtlinien für die Therapie mit HELIXOR®. Ein Kompendium der praktischen Misteltherapie. HELIXOR Heilmittel GmbH & Co., Rosenfeld 1993
  7. Gutsch, J.: Zum Stand der Therapie der chronisch myeloischen Leukämie Erwachsener mit dem Mistelpräparat HELIXOR®. Ärztezeitschrift für Naturheilverfahren 23 (1982) 523-544
  8. Steuer-Vogt MK, Bonkowsky V, Ambrosch P, Scholz M, Neiß A, Strutz J, Henning M, Lenarz T, Arnold W: The effect of an adjuvant mistletoe treatment programme in resected head and neck cancer patients: a randomised controlled clinical trial. Eur J Cancer, 37, 21-31, 2001
  9. Leroi R, Hajto T: Die Iscadortherapie beim Ovarialkarzinom. Krebsgeschehen, Nr.2, 38-44, 1982
  10. Decker DG, Malkasian GD, Taylor WF: Nat. Cancer Inst Monogr, 42, 9, 1975
  11. Eggermont AMM, Kleeberg UR, Ruiter DJ, Suciu S. in: Perry MC (Ed.) American Society of Clinical Oncology (ASCO) 37th annual meeting (Spring 2001), Educational Book, 88-93, 2001
  12. Steuer-Vogt MK, Bonkowsky V, Ambrosch P, Scholz M, Neiß A, Strutz J, Henning M, Lenarz T, Arnold W: The effect of an adjuvant mistletoe treatment programme in resected head and neck cancer patients: a randomised controlled clinical trial. Eur J Cancer, 37, 21-31, 2001
  13. Gabius S, Gabius HJ: Lektinbezogene Mistelanwendung: experimentelle Therapieform mit präklinisch belegtem Risikopotential. Dtsch Med Wochenschr, 127, 457-459, 2002
  14. Leroi R, Hajto T: Die Iscadortherapie beim Ovarialkarzinom. Krebsgeschehen, Nr.2, 38-44, 1982
  15. Stauder H, Kreuser ED: Mistletoe extracts standardised in terms of mistletoe lectins (ML I) in oncology: current state of clinical research. Onkol 2002; 25: 374–380
  16. Ernst E, Schmidt K, Steuer-Vogt MK. Mistletoe for cancer? A systematic review of randomised clinical trials. Int J Cancer. 2003 Nov 1;107(2):262-7
  17. Horneber MA, Bueschel G, Huber R, Linde K, Rostock M. Mistletoe therapy in oncology. Cochrane Database Syst Rev. 2008 Apr 16;(2):CD003297
  18. Grossarth-Maticek R, Kiene H, Baumgartner SM, Ziegler R: Use of iscador, an extract of European mistletoe (viscum album), in cancer treatment: prospective nonrandomized and randomized matched-pair studies nested within a cohort study. Alternat Ther Hlth Med 2001; 7: 57–78
  19. http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=39983
  20. Lutz Edler: Mistel in der Krebstherapie: Fragwürdige Ergebnisse neuerer klinischer Studien. Dtsch Arztebl 2004; 101(1-2): A-44 / B-39 / C-39
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