Max Gerson

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Max Gerson

Max Gerson (1881, Wongrowitz - 1959, New York) war ein deutschstämmiger Arzt. Glaubt man dem Gerson-Institut, so litt Gerson an schwerer Migräne und überwand diese allein durch eine Migräne-Diät. Gerson entwickelte im Laufe seines Lebens mehrere umstrittene Diäten zur Behandlung schwerer Krankheiten wie Tuberkulose oder Krebs, die als Gerson-Diäten bekannt wurden. Die Tuberkulosediät brachte ihm die Bekanntschaft von Ferdinand Sauerbruch an der damals berühmten Berliner Charité ein.

Tuberkulose war in der Ära vor der Entdeckung der Antibiotika und vor allem in der Nachkriegszeit des I. Weltkrieges ein erhebliches öffentliches Gesundheitsproblem. In der Weimarer Zeit starben jedes Jahr Zehntausende an Tuberkulose, weil keine wirksame Therapie zur Verfügung stand. In der Regel wurde den betroffenen Patienten, soweit dies möglich war, das infizierte Lungengewebe chirurgisch entfernt. Dieser Eingriff war Routine und durch Ferdinand Sauerbruch als dem deutschen Chirurgen, der die Thoraxchirurgie erst begründet hatte, vervollkommnet worden. Sauerbruch wurde eigenen Angaben zufolge zufällig auf Gerson aufmerksam. Er war sich allerdings der Vielzahl fragwürdiger Methoden im Bereich der damaligen Tuberkulosetherapie bewusst. So schrieb er: "Wer die unzähligen Mittel kennt, die mit großer Begeisterung in steter Folge gegen diese Seuche angepriesen worden sind, der weiß auch, wie rasch sie alle wieder vom Markte verschwanden, und wird vorsichtiger Zurückhaltung volles Verständnis entgegenbringen". [1]

Im älteren medizinischen Schrifttum der 1920er und 1930er Jahre finden sich vor allem in der Münchner Medizinischen Wochenschrift einige Artikel über die Gerson'sche Diät. In der ältesten Publikation von Sauerbruch (Berlin), Herrmannsdorfer (München) und Gerson (Bielefeld) "Über Versuche, schwere Formen der Tuberkulose durch diätetische Behandlung zu beeinflussen" (Sauerbruch et al. 1926) waren die Autoren der Auffassung, dass man durch Änderungen der Nahrungsaufnahme auf den Krankheitsverlauf einwirken könne.

Sauerbruch entsandte zwei Mitarbeiter seiner Klinik, Dr. A. Herrmannsdorfer und Prof. Schmidt, zu Gerson nach Bielefeld, um dessen Diät zu studieren. Man kam zur Auffassung, dass sie überprüfenswert sei. Das bayerische Kultus- und das bayerische Finanzministerium waren bereit, sich finanziell an der Studie zu beteiligen. Durch die Militär-Sanitätsbehörden (Generalarzt Prof. Selling, Generaloberärzte von Heuß und Lehle) wurden Räumlichkeiten und Geräte beschafft. Das Wohlfahrtsamt der Stadt München förderte die Untersuchung ebenso. Die Ehefrau und die Tochter von Dr. Herrmannsdorfer sorgten für die Herstellung der diätetischen Kost und leiteten die Küche.

Ab März 1925 behandelten Sauerbruch, Herrmannsdorfer und Gerson eine nicht näher benannte Zahl von Tuberkulosekranken mit folgenden diätetischen Vorgaben:

  • Verbotene Speisen: Kochsalz, Konserven jeder Art, geräuchertes oder gewürztes Fleisch, Wurst und Schinken, Essig, Maggi, Bouillonwürfel
  • Eingeschränkt erlaubte Speisen: frisches Fleisch (bis 500 g pro Woche), Eingeweide (Bries, Hirn, Leber, Lunge, Nieren, Milz), frische Fische, Pfeffer, Liebigs Fleischextrakt, Bier ('Hellbier' oder Malzbier), Malaga, Rotwein (als Zusatz zu Speisen), Kaffee, Tee, Kakao (zum Färben der Milch)
  • Erlaubte Speisen: Milch (1-1,5 Liter/Tag) in jeder Zubereitungsform, Butter, Obst jeder Art, Salat und Gemüse (nicht abgebrüht, nur frisch), rohe Presssäfte aus Gemüsen als Zusatz zu Suppen und anderen Speisen, Mehl jeder Arzt, Eier (z.B. in Mayonnaise, Pudding), Reis, Zucker, Olivenöl und Schmalz, reichlich Gewürze (um den Kochsalzmangel zu verdecken)
  • Besondere Arzneien: Phosphorlebertran (45 g/Tag) und Mineralien (Kationen: Kalzium, Magnesium, Strontium, Natrium, Wismut, Aluminium; Anionen: Phosphate, Sulfate, Thiosulfate, Kieselsäure, Karbonate, Brom, Salizyl- und Milchsäure; Albumin als Bindemittel) 3-mal täglich nach dem Essen 1 gehäufter Teelöffel.

Die Kernaussage dieser Diätform ist laut Sauerbruch et al. (1926): Kochsalzentziehung und gleichzeitige Überschwemmung des Körpers mit anderen Mineralien ist nach unserer Auffassung das Besondere dieser Ernährungsart. [1]

Obgleich diese erste Publikation der so genannten Sauerbruch-Herrmannsdorfer-Gerson-Diät im Januar 1926 erfolgte, die laufende Diätstudie also bereits über ein halbes Jahr dauerte, teilten die Autoren keine Resultate ihrer Untersuchung mit. Es wurde zwar in diesem Artikel eine weitere Publikation angekündigt, die aber nicht erfolgte.

Frühe Kritik in der Ärzteschaft

Das fragwürdige Publikationsverhalten von Sauerbruch et al. (1926) gab Anlass zur Kritik. So bemängelten Prof. A. Baemeister und Polizei-Medizinalrat Dr. P. Rehfeldt (1929): "Die Gerson-Herrmannsdorfersche Diät zur Heilung der Tuberkulose steht augenblicklich im Vordergrund des Interesses für die Behandlung der Tuberkulose. Leider ist diese sowohl theoretisch wie praktisch noch völlig ungeklärte und in ihren Wirkungen und Folgen noch unübersehbare Behandlungsmethode aus den medizinischen Fachblättern in die gesamte populäre Presse übergegangen. Die Tageszeitungen, die illustrierten Blätter, Frauenzeitungen usw. haben ihrem Leserkreise die günstigen Wirkungen der kochsalzfreien Ernährung zur Heilung der Tuberkulose, vor allem auch der Lungentuberkulose, als bereits feststehende Tatsache gebracht und einen Optimismus bei den Kranken und ihren Angehörigen erweckt [...], der zu ernster Sorge berechtigt."[2]

Baemeister und Rehfeld (1929) kritisierten vor allem die hohe Dosis an Phosphorlebertran. Die eingenommene Phosphormenge pro Tag (0,025 g) lag um ein Vielfaches über der damals angenommenen, sicheren Höchstmenge (0,001 g): Es handelte sich also um sehr große Mengen eines stark wirkenden Giftes, welche über Monate einem tuberkulosekranken Patienten verabreicht werden sollten. [3]

Wird Phosphor dem Organismus zugeführt, kann dies zu Gewichtszunahme führen. In den 1930er Jahren wurde dies gerade im Bereich der TBC-Behandlung als "Behandlungserfolg" fehlinterpretiert. Nur weil der ursprünglich abgemagerte Patient zeitweise an Gewicht zunahm, bedeutete dies noch lange keinen Heilungserfolg.

Baemeister und Rehfeldt (1929) veröffentlichten eine umfangreiche Einzelfallbeschreibung eines 26-jährigen Akademikers, der seine hauptsächlich einseitige Lungentuberkulose 3 Monate lang bei den Autoren hatte behandeln lassen. [3] Danach hatte er die Gerson-Diät ausprobiert, litt bereits nach wenigen Tagen an heftigen Durchfällen und entwickelte am 11. Tag ein juckendes, papulöses Exanthem an Gesicht, Rumpf und Extremitäten. Dieses verschwand, als der Phosphorlebertran abgesetzt wurde. Zwei Tage später begann er wieder mit der Lebertraneinnahme und erlitt 6 Tage später einen anaphylaktischen Schock. Daraufhin unterblieb naheliegenderweise die Lebertraneinnahme, so dass sich der Patient langsam wieder erholte. Am 6. Tag nach diesem schweren Ereignis war er wieder bewusstseinsklar, litt aber unter Gedächtnisstörungen. Baemeister und Rehfeldt (1929) führten diese Komplikationen auf eine kontinuierliche Phosphorvergiftung zurück. Sie meinten: "Zusammenfassend müssen wir mit allem Nachdruck darauf hinweisen, daß wir die angegebene Dosierung des Phosphorlebertrans - besonders auf lange Zeit hinaus gegeben - für eine ernste Gefährdung der Kranken halten und vor der Verwendung so hoher Dosen nachdrücklich warnen. Wir halten dabei den Phosphorlebertran [...] für einen bedeutsamen Faktor in der ganzen Diätbehandlung der Tuberkulose, durch dessen Wirkung eine Reihe der erzielbaren Erfolge auch ohne Diät erklärt werden können."

Aufgeschreckt durch die Kritik von Baemeister und Rehfeldt (1929) versuchte sich Gerson (1930) in Schadenbegrenzung. In dem entsprechenden Beitrag reduzierte er plötzlich die Empfehlung des Lebertrans deutlich oder verzichtete sogar vollständig darauf. Er schob die angebliche Wirksamkeit seiner Diät auf Chlorentziehung und Überschüttung mit Vitaminen und Mineralsalzen.

Erneut kritisierten Baemeister und Rehfeldt (1930) Gersons Ausführungen. Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag.

Die Therapie bleibt in der Familie

Als Dr. Gerson 1959 starb, übernahm seine Tochter, die Ärztin Charlotte Gerson-Strauss, seine Therapie und propagierte diese u.a. im Hospital de Baja California - einem umgebauten Motel im mexikanischen Tijuana.

Tijuana liegt sehr nahe an der Grenze zu den USA und entwickelte sich auf Grund der laxen Rechtsvorschriften und miserablen Kontrollinstanzen des Gesundheitsbereichs in Mexiko, dessen Polizei- und Justizapparat zudem nicht selten korrupt ist, zu einem El Dorado für Anbieter fragwürdiger Therapieverfahren.

Gerson-Strauss verlangte für ihre Saft- und Einlauf-Kur von Krebspatienten bis zu 4.000 US-Dollar pro Behandlungswoche. Dabei mussten die Patienten bei Aufnahme in die Klinik ein Formular unterschreiben, dass das propagierte Verfahren keinerlei Anspruch auf Wirksamkeit, auch nicht bei Krebs, erhebe. [4]

Quellenverzeichnis

  1. 1,0 1,1 Sauerbruch F, Herrmannsdorfer A, Gerson M: Über Versuche, schwere Formen der Tuberkulose durch diätetische Behandlung zu beeinflussen. Münch Med Wschr, 73(2), 47-51, 1926
  2. Baemeister A, Rehfeldt P: Phosphorlebertran und die Gerson-Herrmannsdorfersche Diät zur Heilung der Tuberkulose. Münch Med Wschr, Nr.49, 2050-2053, 1929
  3. 3,0 3,1 Referenzfehler: Es ist ein ungültiger <ref>-Tag vorhanden: Für die Referenz namens Baemeister wurde kein Text angegeben.
  4. Anonymous: Questionable Methods of cancer management: "Nutritional" therapies. CA Cancer J Clin, 43, 309-319, 1993