Marshall-Protokoll

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Das Marshall-Protokoll (MP, engl. Marshall protocol) ist eine pseudomedizinisch-experimentelle Behandlungsmethode der Lyme-Borreliose und des chronischen Müdigkeitsyndroms (CFS) des australischen Elektrotechnik- und Bioingenieurs Trevor G. Marshall (geb. 1948 in Adelaide/Australien). Seine Methode beruht auf einer privaten Hypothese, nach der systemische Autoimmunerkrankungen das Resultat einer Besiedlung durch bestimmte Bakterien wäre.

Der Erfinder der Methode, Trevor Marshall, verbreitet diese bevorzugt im Internet und meldete dazu mehrere Domains für Interessierte an. Zu nennen sind beispielsweise sarcinfo.com, mpkb.org oder marshallprotocol.com. Auch gründete er 2004 in Kalifornien eine private Organisation mit dem Namen Autoimmunity Research Foundation, die der Verbreitung seiner Methode dient.

Eine Rezeption seitens der wissenschaftlichen Medizin blieb der Methode bislang (2015) versagt. Die Methode widerspricht teilweise Erkenntnissen der wissenschaftlichen Medizin. Wissenschaftliche Studien am Menschen fehlen völlig, es handelt sich daher um eine unerprobte und rein experimentelle Therapie. Tatsächliche Anwendungen ohne Zustimmung einer Ethikkommission stellen daher unerlaubte Menschenversuche dar, bei gleichzeitigem hohen Risiko unerwünschter Nebenwirkungen (wie Osteoporose, zu niedriger Blutdruck oder Nierenversagen, Bildung resistenter Bakterienstämme unter der langdauernden Antibiose und Bildung von Allergien).

Das alternativmedizinische Marshall-Protokoll steht im krassen Gegensatz zu anderen alternativmedizinischen Methoden wie dem SWISS protocol. Dies ist außerhalb der akademischen Medizin kein Einzelfall.

In medizinischen Datenbanken finden sich lediglich zwei Artikel eines Autors (der dänische Pulmologe Nils Milman) in skandinavischer Fachliteratur, die sich kritisch mit dem Marshall-Protokoll befassen und dieses verwerfen[1][2] (siehe dazu auch die Diskussionsseite dieses Artikels). Weitere Literatur entspricht nicht den Richtlinien wissenschaftlicher Veröffentlichungen (Beispiel: fehlendes Review, Eigenveröffentlichungen auf Webseiten wie mpkb.org und seiner Autoimmunity Research Foundation) und findet sich daher nicht in anerkannten Datenbanken. Ein Eintrag in der englischsprachigen Wikipedia zu Trevor Marshall wurde wegen Irrelevanz gelöscht. Es existiert lediglich ein Artikel in der französischsprachigen Wikipedia, der offenbar von einem Bewunderer von Marshall verfasst wurde. Einträge zum Marshall-Protokoll finden sich (Stand: 2015) erst gar nicht.

Methode

Das Marshall-Protokoll basiert auf einer Hypothese von Trevor Marshall aus den Jahren nach 2000, nach der Autoimmunerkrankungen (auch die Sarkoidose) und so genannte "Th1-Erkrankungen" mit dem Vitamin D-Haushalt des Menschen zusammen hingen und das Resultat einer Infektion mit bestimmten Bakterien (L-Form) seien. Zitat T. Marshall: "... all chronic inflammatory diseases share a single pathology.".

Das Protokoll sieht die mehrjährige Einnahme von Olmesartan-Medoxomil Tabletten (vier Stück pro Tag im 6-Stunden-Intervall) vor. Olmesartan-Medoxomil ist ein blutdrucksenkendes Mittel aus der Klasse der Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten. Erfolge der Therapie sollen laut Marshall erst nach ein- bis dreijähriger Anwendung seines Protokolls zu erwarten sein. Hinzu kommt die Eliminierung sämtlicher Vitamin D-Zufuhr; zusätzlich solle Sonnenbestrahlung und intensive Lichtbestrahlung vermieden werden. Des Weiteren soll der Patient eine niedrig dosierte Antibiotikabehandlung mit fünf verschiedenen Präparaten (Minocyclin, Azithromycin, Clindamycin, Cotrimoxazol und Demeclocyclin) durchführen. Bewährte Mittel in der Therapie der Sarkoidose wie Cortison, Azathioprin oder Methotrexat sollen dagegen gemieden werden.

Zitat:

“Take 4 doses of olmesartan medoxomil daily at regular intervals in order to activate the vitamin D receptors
Take different combinations of low doses of 5 different bacteriostatic antibiotics
Stop any medical treatment that weakens the immune function
Do not take vitamin D or nutrients that weaken the immune function
Patients whose skin does not tolerate sunlight exposure should protect themselves against direct sunlight and should not sunbathe”.

Trevor G. Marshall

Trevor Marshall studierte Elektrotechnik und machte im Jahre 1978 einen Ingenieursabschluss (Master degree) an der University of Adelaide (South Australia). Er unterrichtete danach am Institute of Technology in Lae, Papua New Guinea. Später erkrankte er an einer Sarkoidose, wandte sich Fragen der Medizin zu und studierte Biological Engineering ohne Medizinstudium.

1982 wanderte Marshall in die USA (Kalifornien) aus.

Während seiner Zeit als Dozent für Elektrotechnik machte Marshall die Beobachtung, dass sich seine Sarkoidose unter Sonnenbestrahlung verschlechterte. Er begann sich daher für die Rolle des Vitamin D zu interessieren, welches nach Sonnenbestrahlung in der Haut des menschlichen Körpers gebildet wird. 2001 interessierte sich Marshall für eine Theorie, nach der eine Sarkoidose bei gleichzeitiger Infektion oder Besiedelung durch Bakterien der Art Rickettsia helvetica vorkomme. Rickettsien sind nach ihrem Entdecker Howard Taylor Ricketts benannt und haben nichts mit Rachitis (engl. "rickets") zu tun, die bei Vitamin D-Mangel entstehen kann. Marshall entwickelte in der Folge eine eigene Hypothese zur Entstehung der Sarkoidose nach Rickettsieninfektion.

2004 formulierte Marshall eine Hypothese, nach der Autoimmunerkrankungen (und so genannte "Th1 - Erkrankungen") durch eine Fehlregulierung des Vitamin D bedingt seien und sich in Folge bestimmte Bakterien im menschlichen Körper vermehrten. Er entwickelte aus seiner Hypothese das Marshall-Protokoll zur Behandlung. Das Protokoll sieht die Eliminierung sämtlicher Vitamin D-Zufuhr vor. Vermieden werde solle Sonnenbestrahlung sowie intensive Lichtbestrahlung. Hinzu kommt eine niedrig dosierte Antibiotikabehandlung.

Weblinks

Quellennachweise

  1. Milman N., What is the Marshall Protocol--and should we use it? Scand J Infect Dis. 2011 Apr;43(4):319-20. doi: 10.3109/00365548.2010.538859. PMID: 21108540
  2. Milman N. What is Marshall Protocol--and how can we use it? Ugeskr Laeger. 2010 Jun 14;172(24):1852. Danish. PMID: 20575162