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[[image:AntonMesmer.jpg|Franz Anton Mesmer|thumb]]
 
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Die '''Magnetfeldtherapie''' oder Magnettherapie ist eine [[alternativmedizin]]ische Behandlungsmethode, bei der die Patienten einem Magnetfeld ausgesetzt werden. Zu unterscheiden sind die hier gemeinten Therapieverfahren von der wissenschaftlichen transkraniellen Magnetstimulation.
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Die '''Magnetfeldtherapie''' oder Magnettherapie ist eine [[pseudomedizin]]ische Behandlungsmethode, bei der die Patienten einem schwachen Magnetfeld ausgesetzt werden. Zu unterscheiden sind die hier gemeinten Therapieverfahren von der wissenschaftlichen transkraniellen Magnetstimulation<ref>siehe Artikel in der deutschen Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Transkranielle_Magnetstimulation</ref>.
    
Prinzipiell ist zu unterscheiden zwischen der Anwendung von:
 
Prinzipiell ist zu unterscheiden zwischen der Anwendung von:
*statischen Magnetfeldern (meist durch Permanentmagneten)
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*statischen Magnetfeldern (meist durch Permanentmagneten), siehe [[Mesmerismus]]
 
*magnetischen Wechselfeldern
 
*magnetischen Wechselfeldern
   
==Geschichtliches==
 
==Geschichtliches==
 
Die unsichtbare Kraft des Magnetsteins hat in Menschen allen geschichtlich überlieferten Epochen in Staunen versetzt. Anmerkungen finden sich u.a. bei Homer, Pythagoras, Thales und Plinius, der bereits im ersten Jahrhundert v.Chr. beschrieb, dass das Eisen der einzige Stoff ist, der von jenem Stein eine Kraft annimmt, sie längere Zeit behält und selbst anderes Eisen anzieht. Erst im 13.&nbsp;Jahrhundert ist ein Zuwachs an wissenschaftlicher Erkenntnis zu verzeichnen: Der französische Physiker Petrus Peregrinus unterscheidet die gegensätzliche Polung der Magneten und beschreibt ihre Ausrichtung im erdmagnetischen Feld: Der ganze Stein erhält seine Kraft vom ganzen Himmel.
 
Die unsichtbare Kraft des Magnetsteins hat in Menschen allen geschichtlich überlieferten Epochen in Staunen versetzt. Anmerkungen finden sich u.a. bei Homer, Pythagoras, Thales und Plinius, der bereits im ersten Jahrhundert v.Chr. beschrieb, dass das Eisen der einzige Stoff ist, der von jenem Stein eine Kraft annimmt, sie längere Zeit behält und selbst anderes Eisen anzieht. Erst im 13.&nbsp;Jahrhundert ist ein Zuwachs an wissenschaftlicher Erkenntnis zu verzeichnen: Der französische Physiker Petrus Peregrinus unterscheidet die gegensätzliche Polung der Magneten und beschreibt ihre Ausrichtung im erdmagnetischen Feld: Der ganze Stein erhält seine Kraft vom ganzen Himmel.
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In den letzten Jahren werden zunehmend Geräte angepriesen, die mit Magnetfeldern eine therapeutische Wirkung zu erzielen vorgeben. Um diese Geräte zu beurteilen, muss man sich über die physikalischen Grundlagen informieren. Man muss wissen, was Magnetismus ist und ob bzw. wie er im menschlichen Organismus von Bedeutung ist.
 
In den letzten Jahren werden zunehmend Geräte angepriesen, die mit Magnetfeldern eine therapeutische Wirkung zu erzielen vorgeben. Um diese Geräte zu beurteilen, muss man sich über die physikalischen Grundlagen informieren. Man muss wissen, was Magnetismus ist und ob bzw. wie er im menschlichen Organismus von Bedeutung ist.
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==Physikalische Hintergründe des Magnetismus==
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==Physikalische und biologische Hintergründe==
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===Magnetismus===
 
Elektrischer Strom und Magnetismus hängen zusammen, denn ein elektrischer Strom ist immer von einem Magnetfeld umgeben. Dieses Magnetfeld wiederum kann dadurch nachgewiesen werden, da es eine Magnetnadel ablenken kann (Kampke und Walcher, 1982). Jede Kompassnadel, die ins Erdmagnetfeld gehalten wird, richtet sich nach der Lage des magnetischen (nicht des geographischen!) Nord- bzw. Südpols gemäß des Verlaufs der magnetischen Feldlinien aus.
 
Elektrischer Strom und Magnetismus hängen zusammen, denn ein elektrischer Strom ist immer von einem Magnetfeld umgeben. Dieses Magnetfeld wiederum kann dadurch nachgewiesen werden, da es eine Magnetnadel ablenken kann (Kampke und Walcher, 1982). Jede Kompassnadel, die ins Erdmagnetfeld gehalten wird, richtet sich nach der Lage des magnetischen (nicht des geographischen!) Nord- bzw. Südpols gemäß des Verlaufs der magnetischen Feldlinien aus.
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Das Magnetfeld der Erde entsteht dadurch, dass im heißen Erdinneren Lava strömt und dies zu elektrischen Strömen (Elektronenfluss) führt. Elektrischer Strom bedingt die Bildung von Magnetfeldern. Da die Ströme nicht konstant an der gleichen Stelle verharren, sondern sich die Richtungen mit der Zeit verlagern, kann es sowohl zur Abschwächung oder Zunahme des Erdmagnetfeldes wie auch zu einer Richtungsänderung kommen. Seit einigen Jahrtausenden schwächt sich das Erdmagnetfeld zunehmend ab, was zur Zunahme kosmischer Strahlung auf der Erdoberfläche führt, weil geladene Teilchen aus dem Weltraum etwas leichter bis zur Erdoberfläche vordringen können.
 
Das Magnetfeld der Erde entsteht dadurch, dass im heißen Erdinneren Lava strömt und dies zu elektrischen Strömen (Elektronenfluss) führt. Elektrischer Strom bedingt die Bildung von Magnetfeldern. Da die Ströme nicht konstant an der gleichen Stelle verharren, sondern sich die Richtungen mit der Zeit verlagern, kann es sowohl zur Abschwächung oder Zunahme des Erdmagnetfeldes wie auch zu einer Richtungsänderung kommen. Seit einigen Jahrtausenden schwächt sich das Erdmagnetfeld zunehmend ab, was zur Zunahme kosmischer Strahlung auf der Erdoberfläche führt, weil geladene Teilchen aus dem Weltraum etwas leichter bis zur Erdoberfläche vordringen können.
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==Magnetismus und elektrischer Strom==
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===Magnetismus und elektrischer Strom===
 
Da elektrische Ströme, die z.B. in Stromkabeln fließen, ebenso ein Magnetfeld um sich herum aufbauen, kann man deren Magnetfeld natürlich auch mit (stabförmigen) Magneten nachweisen. Man kann bekanntlich nicht nur mit Eisenfeilspänen die Feldlinien demonstrieren, sondern man kann ganz einfach mit einer Kompassnadel die Feldlinien, die um ein stromdurchflossenes Kabel entstehen, nachfahren. Magnetische Feldlinien sind stets geschlossen und umschlingen die stromführende Quelle, die das Magnetfeld erzeugt. Je nach Art des stromführenden Leiters sieht das Feld ein wenig anders aus. Im Inneren einer langen, geraden und von elektrischem Strom durchflossenen Spule herrscht ein annähernd homogenes Magnetfeld, d.h. es liegen parallele Feldlinien vor, was eine räumlich konstante magnetische Felddichte bedeutet. Außerhalb der Spule wird das magnetische Feld inhomogen und sehr schnell schwächer.
 
Da elektrische Ströme, die z.B. in Stromkabeln fließen, ebenso ein Magnetfeld um sich herum aufbauen, kann man deren Magnetfeld natürlich auch mit (stabförmigen) Magneten nachweisen. Man kann bekanntlich nicht nur mit Eisenfeilspänen die Feldlinien demonstrieren, sondern man kann ganz einfach mit einer Kompassnadel die Feldlinien, die um ein stromdurchflossenes Kabel entstehen, nachfahren. Magnetische Feldlinien sind stets geschlossen und umschlingen die stromführende Quelle, die das Magnetfeld erzeugt. Je nach Art des stromführenden Leiters sieht das Feld ein wenig anders aus. Im Inneren einer langen, geraden und von elektrischem Strom durchflossenen Spule herrscht ein annähernd homogenes Magnetfeld, d.h. es liegen parallele Feldlinien vor, was eine räumlich konstante magnetische Felddichte bedeutet. Außerhalb der Spule wird das magnetische Feld inhomogen und sehr schnell schwächer.
    
Dieses Dipol-Feld &ndash; also ein Feld mit magnetischem Nord- und Südpol &ndash; verliert seine Dichte mit der dritten Potenz des Abstandes zur Spule. Wenn man den Abstand von der Spule also z.B. verzehnfacht, ist das Magnetfeld nur noch 1/1.000 so stark.
 
Dieses Dipol-Feld &ndash; also ein Feld mit magnetischem Nord- und Südpol &ndash; verliert seine Dichte mit der dritten Potenz des Abstandes zur Spule. Wenn man den Abstand von der Spule also z.B. verzehnfacht, ist das Magnetfeld nur noch 1/1.000 so stark.
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Die Feldstärke in einer zyliderförmigen stromdurchflossenen Spule hängt ab von:
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Die Feldstärke in einer zylinderförmigen stromdurchflossenen Spule hängt ab von:
 
*ihrer Länge&nbsp;L, gemessen in Meter,
 
*ihrer Länge&nbsp;L, gemessen in Meter,
 
*der Anzahl&nbsp;N der Spulenwindungen,
 
*der Anzahl&nbsp;N der Spulenwindungen,
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Möchte man beispielsweise die Stromstärke berechnen, die notwendig wäre, um im Inneren einer 10&nbsp;cm langen Spule mit 1.000&nbsp;Windungen ein Magnetfeld mit der Stärke des Erdmagnetfeldes (B&nbsp;&asymp;&nbsp;50&nbsp;&micro;T) zu erzeugen, so erhält man nach dieser Formel eine Stromstärke von rund 4&nbsp;mA. Man kann ein solches Magnetfeld also mit vergleichsweise niedrigem technischen Aufwand erzeugen. Es stellt sich die Frage, ob und in welcher Weise Magnetfelder im menschlichen Organismus von Bedeutung sind.
 
Möchte man beispielsweise die Stromstärke berechnen, die notwendig wäre, um im Inneren einer 10&nbsp;cm langen Spule mit 1.000&nbsp;Windungen ein Magnetfeld mit der Stärke des Erdmagnetfeldes (B&nbsp;&asymp;&nbsp;50&nbsp;&micro;T) zu erzeugen, so erhält man nach dieser Formel eine Stromstärke von rund 4&nbsp;mA. Man kann ein solches Magnetfeld also mit vergleichsweise niedrigem technischen Aufwand erzeugen. Es stellt sich die Frage, ob und in welcher Weise Magnetfelder im menschlichen Organismus von Bedeutung sind.
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==Hat der Mensch ein "Biofeld"?==
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===Hat der Mensch ein "Biofeld"?===
Diese Frage lässt sich mit Jein beantworten. Magnetfelder entstehen, wenn elektrische Ladungen (positive oder negative) verschoben werden. Im menschlichen Organismus fließen aber keine elektrischen Ströme im Sinne eines Elektronenflusses, außer, wenn man in eine Steckdose fasst oder sich elektrostatisch aufgeladen hat und den Strom dann bei Erdung mit einem elektrischen Leiter schmerzhaft abgibt.
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Diese Frage lässt sich mit Jein beantworten. Magnetfelder entstehen, wenn elektrische Ladungen (positive oder negative) verschoben werden. Im menschlichen Organismus fließen aber keine elektrischen Ströme im Sinne eines Elektronenflusses, außer, wenn man in eine Steckdose fasst oder sich elektrostatisch aufgeladen hat und den Strom dann bei [[Erdung]] mit einem elektrischen Leiter schmerzhaft abgibt.
    
Was jedoch im menschlichen Organismus auftritt, ist das Verschieben von Ionen. Dieses geschieht ständig bei der Nervenimpulsübertragung. Die menschlichen Nervenzellen leiten zu übermittelnde Informationen mittels eines Natrium-Ionen-Bolus weiter. Man kann sich deshalb die Zelle als eine Art Schlauch vorstellen, in dem die Informationen durch Wasserdruckwellen fortgeleitet werden.
 
Was jedoch im menschlichen Organismus auftritt, ist das Verschieben von Ionen. Dieses geschieht ständig bei der Nervenimpulsübertragung. Die menschlichen Nervenzellen leiten zu übermittelnde Informationen mittels eines Natrium-Ionen-Bolus weiter. Man kann sich deshalb die Zelle als eine Art Schlauch vorstellen, in dem die Informationen durch Wasserdruckwellen fortgeleitet werden.
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==Schematischer Aufbau von Nervenzellen==
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===Schematischer Aufbau von Nervenzellen===
 
Allein im Gehirn findet man etwa 25&nbsp;Milliarden Nervenzellen. Diese haben einen Durchmesser bis 100&nbsp;µm und eine Oberfläche bis zu 27.000&nbsp;µm<sup>2</sup>. Eine einzelne Nervenfaser hat 6.000&nbsp;bis 200.000&nbsp;Kontaktstellen und kann eine Länge bis zu einem Meter erreichen.
 
Allein im Gehirn findet man etwa 25&nbsp;Milliarden Nervenzellen. Diese haben einen Durchmesser bis 100&nbsp;µm und eine Oberfläche bis zu 27.000&nbsp;µm<sup>2</sup>. Eine einzelne Nervenfaser hat 6.000&nbsp;bis 200.000&nbsp;Kontaktstellen und kann eine Länge bis zu einem Meter erreichen.
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Für den Patienten kann man in Sachen "Magnetfeldtherapie" bisher eine grobe Leitlinie geben. Es gibt zwar die technische Möglichkeit, mit sehr dichten Magnetfeldern neurologische Effekte durch das Auslösen von Nervenimpulsen (sog. magnetisch evozierten Potentialen) zu bewirken, jedoch befinden sich diese Geräte in nur wenigen Universitäten auf der Welt. Dementsprechend ist auch die Liste der Gerätehersteller, die man bei http://www.biomag.helsinki.fi/tms/provide.html nachlesen kann, begrenzt. Alle diese Geräte fallen in die seriöse Rubrik der so genannten nicht-invasiven, schmerzfreien, kortikalen Stimulation mit Magnetfeldern. Die Geräte sind ausgesprochen teuer und stehen mit Sicherheit nicht in der Praxis eines Heilpraktikers oder Arztes.
 
Für den Patienten kann man in Sachen "Magnetfeldtherapie" bisher eine grobe Leitlinie geben. Es gibt zwar die technische Möglichkeit, mit sehr dichten Magnetfeldern neurologische Effekte durch das Auslösen von Nervenimpulsen (sog. magnetisch evozierten Potentialen) zu bewirken, jedoch befinden sich diese Geräte in nur wenigen Universitäten auf der Welt. Dementsprechend ist auch die Liste der Gerätehersteller, die man bei http://www.biomag.helsinki.fi/tms/provide.html nachlesen kann, begrenzt. Alle diese Geräte fallen in die seriöse Rubrik der so genannten nicht-invasiven, schmerzfreien, kortikalen Stimulation mit Magnetfeldern. Die Geräte sind ausgesprochen teuer und stehen mit Sicherheit nicht in der Praxis eines Heilpraktikers oder Arztes.
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==Pulsierende Magnetfeldtherapie zu Heilzwecken ist bis heute unbewiesen==
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==Studienlage zur Wirksamkeit von Permanentmagneten==
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Für die Anwendung von Permanentmagneten in Form von Armbändern und am Körper zu tragenden Permanentmagneten gibt es keinen Nachweis einer Wirksamkeit, die über den Placeboeffekt hinausginge.<ref>Pittler MH, Brown EM, Ernst E. Static magnets for reducing pain: systematic review and meta-analysis of randomised trials. CMAJ 2007, 177: 7; 736-742</ref><ref>Leonard Finegold, Bruce L Flamm: Magnet therapy. BMJ  2006;332:4 (7.1.2006), doi:10.1136/bmj.332.7532.4</ref><ref>National Center for Complementary and Alternative Medicine. National Institutes of Health Research Report. Questions and answers about using magnets to treat pain. http://nccam.nih.gov/health/magnet/magnet.htm</ref><ref>Stewart J. Richmonda, Sally R. Brownb, Peter D. Campionc, Amanda J.L. Porterd, Jennifer A. Klaber Moffette, David A. Jacksone, Valerie A. Featherstonec and Andrew J. Taylord: Therapeutic effects of magnetic and copper bracelets in osteoarthritis: A randomised placebo-controlled crossover trial. Complementary Therapies in Medicine. August 2009. doi: 10.1016/j.ctim.2009.07.002</ref>
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Eine Untersuchung über die Anwendung von Magneten zur Linderung postoperativer Schmerzen zeigte keine Wirksamkeit von Magneten.<ref>Cepeda MS, Carr DB, Sarquis T, et al. Static magnetic therapy does not decrease pain or opioid requirements: a randomized double blind trial. Anesth Analg 2007;104:290–4</ref>
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==Pulsierende Magnetfeldtherapie==
 
[[image:magnet.jpg|Typischer Artikel in BILD-Zeitung zur Magnetfeldtherapie|300px|thumb]]
 
[[image:magnet.jpg|Typischer Artikel in BILD-Zeitung zur Magnetfeldtherapie|300px|thumb]]
Heutzutage werden in vielen Praxen Magnetfeldgeräte empfohlen, die gegen diverse Leiden helfen sollen. Die Indikation reicht von Entzündungen, Osteoporose, Arthritis bzw. rheumatischen Leiden bis hin zu Asthma und menopausalen Beschwerden. Diese Geräte (z.B. [[Bemer]]) erzeugen sehr schwache, pulsierende Magnetfelder. In der Alternativmedizin heißen solche Behandlungen auch [[PEMF|PEMF oder PEMFT]] (Pulsed Electromagnetic Field Therapy). Häufig sind die Geräte so aufgebaut, dass eine Extremität oder der ganze Körper in eine große Spule gelegt wird. Verbreitet sind außerdem Magnetspulen, die in Decken oder Kissen eingenäht sind, welche auf die zu behandelnden Körperpartien gelegt werden. Diese Modelle werden auch oft für die Behandlung von Tieren beworben.
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Heutzutage werden in vielen Praxen Magnetfeldgeräte empfohlen, die gegen diverse Leiden helfen sollen. Die Indikation reicht von Entzündungen, Osteoporose, Arthritis bzw. rheumatischen Leiden bis hin zu Asthma und menopausalen Beschwerden. Diese Geräte erzeugen schwache, pulsierende Magnetfelder (bzw. magnetische Wechselfelder). In der Alternativmedizin heißen solche Behandlungen auch [[PEMF|PEMF oder PEMFT]] (Pulsed Electromagnetic Field Therapy). Häufig sind die Geräte so aufgebaut, dass eine Extremität oder der ganze Körper in eine große Spule gelegt wird, so beispielsweise bei der Extrakorporalen Magnetotransduktions-Therapie (EMTT). Verbreitet sind außerdem Magnetspulen, die in Decken oder Kissen eingenäht sind, welche auf die zu behandelnden Körperpartien gelegt werden. Diese Modelle werden auch oft für die Behandlung von Tieren beworben. Glaubwürdige Wirksamkeitsnachweise für die angepriesenen Magnetfeldtherapiegeräte liegen bis heute nicht vor. Auch ist physikalisch und biologisch nicht plausibel, wie die schwachen Magnetfelder überhaupt einen Effekt auf Zellebene haben sollen, wie behauptet wird.
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Glaubwürdige Wirksamkeitsnachweise für die angepriesenen Magnetfeldtherapiegeräte liegen bis heute nicht vor. Auch ist physikalisch und biologisch nicht plausibel, wie die schwachen Magnetfelder überhaupt einen Effekt auf Zellebene haben sollen, wie behauptet wird. Zwar finden sich immer wieder einschlägige Publikationen in der Fachliteratur, aber bei genauer Analyse des Studiendesigns ist häufig zu erkennen, dass der Versuchsaufbau so angelegt war, dass das gewünschte therapeutische Ergebnis auch eintreten konnte. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Deutschland hat 1992 die Magnetfeldtherapiegeräte folgerichtig als nicht erstattungsfähig eingestuft. Behandlungen mit diesen Geräten sind daher von den Patienten selbst zu tragen.
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==Juristische Aspekte==
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Das Oberlandesgericht Koblenz hat mit seinem Urteil vom 24.10.2006 unter dem (Az. 3 HK O 71/05 und 4 U 1768/05) entschieden, dass eine Werbung für Geräte, mit denen eine Magnetfeldtherapie durchgeführt werden könne, als irreführend einzustufen ist. Das Gericht stellt klar, dass einer bestimmten Therapie oder Methode in der Außendarstellung und Werbung eine Wirksamkeit nur dann beigelegt werden darf, wenn diese Wirksamkeit in der Medizin auch tatsächlich überwiegend anerkannt ist. Einzelne Gutachten oder sonstige Veröffentlichungen in der Fachliteratur genügen folglich nicht, um einer Methode ihre Wirksamkeit zu attestieren.
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==Gesetzgebung eröffnet Grauzone==
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===Gesetzgebung eröffnet Grauzone===
 
Der Boom der Geräte u.a. in Deutschland ist auf eine geschickt ausgenutzte Rechtslage zurückzuführen, die den Geräteanbietern den Schutz des Gesetzgebers bieten. Dazu reicht es aus, wenn Hersteller ein technisch sicheres Gerät auf den Markt bringen, es als Klasse&nbsp;IIa-Gerät einstufen und von privatwirtschaftlich arbeitenden Begutachtungsfirmen bewerten lassen. Das verliehene CE-Prüfsiegel garantiert lediglich die technische Sicherheit des Gerätes, nicht aber dessen Wirksamkeit. Für ein Medizinprodukt der Klasse&nbsp;IIa ist kein Wirksamkeitsnachweis erforderlich, obwohl im Medizinproduktegesetz vorgeschrieben ist, dass nur Geräte auf den Markt gelangen dürfen, die ihre Wirksamkeit bewiesen haben. Der deutsche Gesetzgeber hat jedoch auf dem Verordnungswege Ausnahmetatbestände geschaffen, die es ermöglichen, technisch sichere Geräte ohne Wirksamkeitsnachweis in Verkehr zu bringen, die nicht als seriös gelten können.
 
Der Boom der Geräte u.a. in Deutschland ist auf eine geschickt ausgenutzte Rechtslage zurückzuführen, die den Geräteanbietern den Schutz des Gesetzgebers bieten. Dazu reicht es aus, wenn Hersteller ein technisch sicheres Gerät auf den Markt bringen, es als Klasse&nbsp;IIa-Gerät einstufen und von privatwirtschaftlich arbeitenden Begutachtungsfirmen bewerten lassen. Das verliehene CE-Prüfsiegel garantiert lediglich die technische Sicherheit des Gerätes, nicht aber dessen Wirksamkeit. Für ein Medizinprodukt der Klasse&nbsp;IIa ist kein Wirksamkeitsnachweis erforderlich, obwohl im Medizinproduktegesetz vorgeschrieben ist, dass nur Geräte auf den Markt gelangen dürfen, die ihre Wirksamkeit bewiesen haben. Der deutsche Gesetzgeber hat jedoch auf dem Verordnungswege Ausnahmetatbestände geschaffen, die es ermöglichen, technisch sichere Geräte ohne Wirksamkeitsnachweis in Verkehr zu bringen, die nicht als seriös gelten können.
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==Urteil gegen "Magnetic Cell Regeneration" (MCR) wegen Irreführung==
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===Urteil gegen "Magnetic Cell Regeneration" (MCR) wegen Irreführung===
Das Landgericht Freiburg (Az.&nbsp;12&nbsp;0&nbsp;103/01) verurteilte am 12.&nbsp;November 2001 eine Vertriebsfirma wegen unlauterer Werbung. Man hatte ein Gerät, das niederfrequente Magnetfelder nutzte, auf der Messeveranstaltung Sani-Medical im Juni 2001 in Freiburg mit Aussagen wie "auf uraltem Wissen basierend" und als [[Ganzheitlichkeit|ganzheitlich]] alternative, aber auch kombinierbare Therapieform beworben. Das MCR-Gerät wurde auch wie folgt beworben: ''"MCR regelmäßig angewandt baut Alltagsstress ab und neutralisiert schädliche Umwelteinflüsse. Die aktive Regeneration der Körperzellen ist ein wichtiger Faktor bei der Vorbeugung gegen Immunschwäche-Symptome. MCR hilft die körpereigenen Energien zu aktivieren und stellt eine zeitgemäße Vorsorge für die ganze Familie dar!"'' Als Anwendungsgebiete wurden degenerative Erkrankungen, Rheuma/Arthrose, Wund- und Knochenheilung, Asthma/Bronchitis, Hauterkrankungen wie Neurodermitis und Psoriasis, Schmerzen, Herz- und Kreislauferkrankungen, Blutdruckbeschwerden, Regelbeschwerden, Allergien, Schlafstörungen, Durchblutungsstörungen u.a. proklamiert. Das entsprechende Gerät kostete 2.500&nbsp;Euro und wurde im Raum Freiburg angeboten.
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Das Landgericht Freiburg (Az.&nbsp;12&nbsp;0&nbsp;103/01) verurteilte am 12.&nbsp;November 2001 eine Vertriebsfirma wegen unlauterer Werbung. Man hatte ein Gerät, das niederfrequente Magnetfelder nutzte, auf der Messeveranstaltung Sani-Medical im Juni 2001 in Freiburg mit Aussagen wie "auf uraltem Wissen basierend" und als [[Ganzheitlichkeit|ganzheitlich]] alternative, aber auch kombinierbare Therapieform beworben. Als Anwendungsgebiete wurden degenerative Erkrankungen, Rheuma/Arthrose, Wund- und Knochenheilung, Asthma/Bronchitis, Hauterkrankungen wie Neurodermitis und Psoriasis, Schmerzen, Herz- und Kreislauferkrankungen, Blutdruckbeschwerden, Regelbeschwerden, Allergien, Schlafstörungen, Durchblutungsstörungen u.a. proklamiert.
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Das Gericht untersagte der Firma die unlautere, irreführende Werbung. Allerdings bedeuten solche Urteile nicht, dass die Geräte vom Markt verschwinden. Sie können weiterhin verkauft werden, nur muss die Werbung vorsichtiger formuliert werden. Unwirksames darf verkauft, es darf nur nicht irreführend beworben werden.
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Das Gericht untersagte der Firma die unlautere, irreführende Werbung. Allerdings bedeutet das nicht, dass nun das Gerät vom Markt verschwunden ist. Es kann weiterhin verkauft werden, nur muss die Werbung vorsichtiger formuliert werden. Dieses Urteil zeigt die Konzeptionslosigkeit des deutschen und europäischen Rechtssystems im Bereich unwirksamer Medizingeräte. Unwirksames darf verkauft, es darf nur nicht irreführend beworben werden. Vom Standpunkt des Verbraucherschutzes ist dies nicht als ausreichend anzusehen.
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===Kein Verkauf von Magnetschmuck in der Apotheke===
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Laut einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom September 2013 darf "Magnetschmuck" nicht in Apotheken verkauft werden.<ref>BVerwG, Urteil vom 19. September 2013, Az. 3 C 15.12</ref> Diese Produkte erfüllten nicht die Voraussetzungen apothekenüblicher Waren. Für diese gelte: "Das Produkt muss objektiv geeignet sein, die menschliche Gesundheit positiv zu beeinflussen". Bei Magnetschmuck sei dies nicht der Fall. Eine behauptete positive Wirkung auf die menschliche Gesundheit lasse sich nicht nachvollziehen.
    
==Umsatzzahlen==
 
==Umsatzzahlen==
In den USA wurde für das Jahr 2006 der Umsatz mit Magneten zu Heilzwecken auf 300&nbsp;Millionen US-Dollar geschätzt, und der weltweite Umsatz auf eine Milliarde US-Dollar.<ref>Leonard Finegold, Bruce L Flamm: Magnet therapy. BMJ  2006;332:4 (7.1.2006), doi:10.1136/bmj.332.7532.4</ref>
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In den USA wurde für das Jahr 2006 der Umsatz mit Magneten zu Heilzwecken auf 300&nbsp;Millionen US-Dollar und der weltweite Umsatz auf eine Milliarde US-Dollar geschätzt.<ref>Leonard Finegold, Bruce L Flamm: Magnet therapy. BMJ  2006;332:4 (7.1.2006), doi:10.1136/bmj.332.7532.4</ref>
 
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==Studienlage zur Wirksamkeit von Permanentmagneten==
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Für die Anwendung von Permanentmagneten in Form von Armbändern und am Körper zu tragenden Permanentmagneten gibt es keinen Nachweis einer Wirksamkeit, die über den Placeboeffekt hinausginge.<ref>Pittler MH, Brown EM, Ernst E. Static magnets for reducing pain: systematic review and meta-analysis of randomised trials. CMAJ 2007, 177: 7; 736-742</ref><ref>Leonard Finegold, Bruce L Flamm: Magnet therapy. BMJ  2006;332:4 (7.1.2006), doi:10.1136/bmj.332.7532.4</ref><ref>National Center for Complementary and Alternative Medicine. National Institutes of Health Research Report. Questions and answers about using magnets to treat pain. http://nccam.nih.gov/health/magnet/magnet.htm</ref><ref>Stewart J. Richmonda, Sally R. Brownb, Peter D. Campionc, Amanda J.L. Porterd, Jennifer A. Klaber Moffette, David A. Jacksone, Valerie A. Featherstonec and Andrew J. Taylord: Therapeutic effects of magnetic and copper bracelets in osteoarthritis: A randomised placebo-controlled crossover trial. Complementary Therapies in Medicine. August 2009. doi: 10.1016/j.ctim.2009.07.002</ref>
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Eine Untersuchung über die Anwendung von Magneten zur Linderung postoperativer Schmerzen zeigte keine Wirksamkeit von Magneten.<ref>Cepeda MS, Carr DB, Sarquis T, et al. Static magnetic therapy does not decrease pain or opioid requirements: a randomized double blind trial. Anesth Analg 2007;104:290–4</ref>
      
==Literatur==
 
==Literatur==
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*Bruce L. Flamm. Magnet Therapy: Healing or Hogwash? Anesth Analg 2007;104:249-250. doi: 10.1213/01.ane.0000250925.20995.a1 [http://www.anesthesia-analgesia.org/cgi/content/full/104/2/249 Volltext (englisch)]
 
*Bruce L. Flamm. Magnet Therapy: Healing or Hogwash? Anesth Analg 2007;104:249-250. doi: 10.1213/01.ane.0000250925.20995.a1 [http://www.anesthesia-analgesia.org/cgi/content/full/104/2/249 Volltext (englisch)]
 
*Pittler MH, Brown EM, Ernst E. Static magnets for reducing pain: systematic review and meta-analysis of randomised trials. CMAJ 2007, 177: 7; 736-742 [http://www.pubmedcentral.nih.gov/articlerender.fcgi?tool=pubmed&pubmedid=17893349 Volltext (englisch)]
 
*Pittler MH, Brown EM, Ernst E. Static magnets for reducing pain: systematic review and meta-analysis of randomised trials. CMAJ 2007, 177: 7; 736-742 [http://www.pubmedcentral.nih.gov/articlerender.fcgi?tool=pubmed&pubmedid=17893349 Volltext (englisch)]
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*https://sp.ehs.cornell.edu/lab-research-safety/radiation/magnetic-safety/Documents/Magnetic_Safety_Manual.pdf
    
==Weblinks==
 
==Weblinks==
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*https://www.medizin-transparent.at/pemf-pulsierende-magnetfelder
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*http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/55956/Rheuma-Kupfer-und-Magnetarmbaender-in-Studie-ohne-Wirkung
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*Barrett S. Magnet therapy: a skeptical view. [http://www.quackwatch.org/04ConsumerEducation/QA/magnet.html Volltext (englisch)]
 
*Barrett S. Magnet therapy: a skeptical view. [http://www.quackwatch.org/04ConsumerEducation/QA/magnet.html Volltext (englisch)]
 
*http://nccam.nih.gov/health/magnet/magnet.pdf (englisch)
 
*http://nccam.nih.gov/health/magnet/magnet.pdf (englisch)
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<references/>
 
<references/>
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{{Paralex}}
   
[[category:Elektromedizin und Magnetfeldtherapien]]
 
[[category:Elektromedizin und Magnetfeldtherapien]]
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