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'''Magie''' (von griechisch ''μαγεία'', ''mageía'' für ''Zauberei'', ''Gaukelei, Blendwerk'' – aus dem altpersischen ''Magusch'', der Bezeichnung der zoroastrischen Priester) ist die angebliche Beeinflussung von Ereignissen, Menschen und Gegenständen auf übernatürliche Art und Weise. Der Magier versucht, diese Beeinflussung der von ihm angenommenen übernatürlichen Kräfte, [[Geist]]er oder [[Dämon]]en mit Hilfe von Ritualen, Beschwörungsformeln oder ähnlichen Praktiken vorzunehmen. Die Abgrenzung zum [[Schamanismus]] ist umstritten.
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'''Magie''' (von griechisch ''μαγεία'', ''mageía'' für ''Zauberei'', ''Gaukelei, Blendwerk'' – aus dem altpersischen ''Magusch'', der Bezeichnung der zoroastrischen Priester) ist die angebliche Beeinflussung von Ereignissen, Menschen und Gegenständen auf übernatürliche Art und Weise. Der Magier versucht, diese Beeinflussung der von ihm angenommenen übernatürlichen Kräfte, Geister oder Dämonen mit Hilfe von Ritualen, Beschwörungsformeln oder ähnlichen Praktiken vorzunehmen. Die Abgrenzung zum [[Schamanismus]] ist umstritten.
    
==Weiße Magie und Schwarze Magie==
 
==Weiße Magie und Schwarze Magie==
 
Im Zusammenhang mit Magie ist eine Unterteilung in [[Schwarze Magie]] und einer gegensätzlichen "Weißen Magie" geläufig.
 
Im Zusammenhang mit Magie ist eine Unterteilung in [[Schwarze Magie]] und einer gegensätzlichen "Weißen Magie" geläufig.
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Zum volkstümlichen Verständnis der Magie gehören – in Abgrenzung zum Aberglauben – dem Wesen nach die bewusste Zauberhandlung und das magische Ritual. Grundlage der volkstümlichen Magie ist der Analogiezauber. Hier wird nach dem magischen Grundsatz vorgegangen, Gleiches mit Gleichem zu bewirken. So werden etwa Warzen in abnehmendem Mond besprochen, damit sie, wie der Mond, schwinden. Oder eine Puppe wird statt einer realen Person behandelt oder misshandelt. Der Hintergrund dieser Magie ist zudem der [[Hermetik|hermetische]] Grundsatz: „Wie oben, so unten; wie innen, so außen; wie im Großen, so im Kleinen.“ Damit ist gemeint, dass alle Wesen und Dinge über Sphären miteinander verbunden sind und durch Zauberhandlungen wechselseitig beeinflusst werden können. Beim Analogiezauber geht man also davon aus, dass eine Einwirkung in der einen Sphäre gleiches in einer anderen Sphäre bewirken kann.
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Zum volkstümlichen Verständnis der Magie gehören – in Abgrenzung zum Aberglauben – dem Wesen nach die bewusste Zauberhandlung und das magische Ritual. Grundlage der volkstümlichen Magie ist der Analogiezauber. Hier wird nach dem magischen Grundsatz vorgegangen, Gleiches mit Gleichem zu bewirken. So werden etwa Warzen in abnehmendem Mond besprochen, damit sie, wie der Mond, schwinden. Oder eine Puppe wird statt einer realen Person behandelt oder misshandelt. Der Hintergrund dieser Magie ist zudem der hermetische Grundsatz: „Wie oben, so unten; wie innen, so außen; wie im Großen, so im Kleinen.“ Damit ist gemeint, dass alle Wesen und Dinge über Sphären miteinander verbunden sind und durch Zauberhandlungen wechselseitig beeinflusst werden können. Beim Analogiezauber geht man also davon aus, dass eine Einwirkung in der einen Sphäre gleiches in einer anderen Sphäre bewirken kann.
    
Mit ''Weiße Magie'' ist dabei eine Form der Magie gemeint, deren Ziele Schutz und Heilung sind. Dazu zählen insbesondere folgende Zauberpraktiken: Abwehrzauber, Gesund- oder Heilzauber, Fruchtbarkeitszauber, Glückszauber, Liebeszauber, Schutzzauber, Totenzauber, [[Wahrsagen]], Wetterzauber.
 
Mit ''Weiße Magie'' ist dabei eine Form der Magie gemeint, deren Ziele Schutz und Heilung sind. Dazu zählen insbesondere folgende Zauberpraktiken: Abwehrzauber, Gesund- oder Heilzauber, Fruchtbarkeitszauber, Glückszauber, Liebeszauber, Schutzzauber, Totenzauber, [[Wahrsagen]], Wetterzauber.
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Dieser Magie steht die so genannte ''Schwarze Magie'' unterschiedlicher Schadenszauber und Verwünschungen gegenüber. Andere Formen der schwarzen Magie sind nicht auf Schaden ausgerichtet, sondern entsprechen dem [[Pfad zur linken Hand|Linkshändigen Pfad]].
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Dieser Magie steht die so genannte ''Schwarze Magie'' unterschiedlicher Schadenszauber und Verwünschungen gegenüber. Andere Formen der schwarzen Magie sind nicht auf Schaden ausgerichtet, sondern entsprechen dem Linkshändigen Pfad.
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Unter anderem durch die [[Wicca]]bewegung, einem neuheidnischen Hexenkult, fand die volkstümliche Weiße Magie wieder Zulauf. Hierdurch wurden auch in Vergessenheit geratene Rituale erneut belebt.
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Unter anderem durch die Wiccabewegung, einem neuheidnischen Hexenkult, fand die volkstümliche Weiße Magie wieder Zulauf. Hierdurch wurden auch in Vergessenheit geratene Rituale erneut belebt.
    
Anleitungen zu Praktiken der Weißen wie der Schwarzen Magie wurden einerseits sicherlich mündlich tradiert, vielfach aber auch schriftlich weitergegeben, wie die reichhaltige, bis in die Antike zurückreichende Überlieferung der Zauberbücher zeigt.
 
Anleitungen zu Praktiken der Weißen wie der Schwarzen Magie wurden einerseits sicherlich mündlich tradiert, vielfach aber auch schriftlich weitergegeben, wie die reichhaltige, bis in die Antike zurückreichende Überlieferung der Zauberbücher zeigt.
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Sowohl im Bereich weißmagischer als auch im Bereich schwarzmagischer Praxis existierten historisch Steigerungen der magischen Rituale zu Techniken, die es ermöglichen sollten, sich mit göttlichen Wesen in Verbindung zu setzen oder sie sich zu Dienste zu machen; zum Beispiel die (spät)antike [[Theurgie]] oder die (spät)mittelalterliche [[Ars Goetia]].
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Sowohl im Bereich weißmagischer als auch im Bereich schwarzmagischer Praxis existierten historisch Steigerungen der magischen Rituale zu Techniken, die es ermöglichen sollten, sich mit göttlichen Wesen in Verbindung zu setzen oder sie sich zu Dienste zu machen; zum Beispiel die (spät)antike Theurgie oder die (spät)mittelalterliche Ars Goetia.
    
==Geschichte der Magie==
 
==Geschichte der Magie==
 
===Antike===
 
===Antike===
Die frühesten schriftlichen Quellen der Magie reichen bis in die Zeit der mesopotamischen, sumerischen und altägyptischen Hochkulturen zurück. Auch aus der Steinzeit wurden Hinterlassenschaften wie Höhlenmalereien, Artefakte oder Steinkreise der Megalithkulturen entdeckt, die als Hilfsmittel zur Durchführung magischer, dem [[Schamanismus]] heutiger Zeit nicht unähnlicher Handlungen und Zeremonien gedeutet werden.
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Die frühesten schriftlichen Quellen der Magie reichen bis in die Zeit der mesopotamischen, sumerischen und altägyptischen Hochkulturen zurück. Auch aus der Steinzeit wurden Hinterlassenschaften wie Höhlenmalereien, Artefakte oder Steinkreise der Megalithkulturen entdeckt, die als Hilfsmittel zur Durchführung magischer, dem Schamanismus heutiger Zeit nicht unähnlicher Handlungen und Zeremonien gedeutet werden.
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Ähnlich weit reichen die magisch-[[Mythologie|mythologischen]] Überlieferungen insbesondere des nordisch-europäischen, römischen, griechischen und hebräischen Kulturkreises zurück.
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Ähnlich weit reichen die magisch-mythologischen Überlieferungen insbesondere des nordisch-europäischen, römischen, griechischen und hebräischen Kulturkreises zurück.
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Ein erster Gipfel rationaler Auseinandersetzung mit magischen Praktiken beginnt in der griechischen Antike. Der Bund der Pythagoreer bereitete hierfür den Boden. Denker wie Platon und Aristoteles unterzogen [[Theurgie]]<ref>http://www.textlog.de/2127.html</ref> und antike griechische [[Theologie]] bis in die Ethik hinein philosophischer Betrachtung.<ref>Platon: Phaidros; Aristoteles: Nikomachische Ethik.</ref>
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Ein erster Gipfel rationaler Auseinandersetzung mit magischen Praktiken beginnt in der griechischen Antike. Der Bund der Pythagoreer bereitete hierfür den Boden. Denker wie Platon und Aristoteles unterzogen Theurgie<ref>http://www.textlog.de/2127.html</ref> und antike griechische Theologie bis in die Ethik hinein philosophischer Betrachtung.<ref>Platon: Phaidros; Aristoteles: Nikomachische Ethik.</ref>
    
===Mittelalter===
 
===Mittelalter===
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Paracelsus, der Alchemist und Erneuerer der Naturheilkunde, lehnte die auf Aristoteles zurückgehende Scholastik und die damit verbundene streng überlieferte Medizin der Tradition Galenus ab. Mit unbändiger Wissbegierde lernte er Heilkunde von Menschen aller Gesellschaftsschichten. Magie bedeutete für ihn Heilung: ''„Aber magische Operation, gleich wie die Wissenschaft der [[Kabbala]], entspringt nicht aus Geistern oder Zauberei, sondern aus dem natürlichen Lauf der subtilen Natur.“'' (Volumen medizinae Paramirum).
 
Paracelsus, der Alchemist und Erneuerer der Naturheilkunde, lehnte die auf Aristoteles zurückgehende Scholastik und die damit verbundene streng überlieferte Medizin der Tradition Galenus ab. Mit unbändiger Wissbegierde lernte er Heilkunde von Menschen aller Gesellschaftsschichten. Magie bedeutete für ihn Heilung: ''„Aber magische Operation, gleich wie die Wissenschaft der [[Kabbala]], entspringt nicht aus Geistern oder Zauberei, sondern aus dem natürlichen Lauf der subtilen Natur.“'' (Volumen medizinae Paramirum).
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Als Wechselwirkungen des Christentums mit magischen Aktivisten kamen im Mittelalter spezifisch christianisierte Formen der Magie auf. Die Zauberbücher, welche [[Dämonologie]] oder [[Engel|Angelologie]] lehrten, verbreiteten magische Praktiken, die mit christlichen Elementen durchsetzt waren. So sollte der Magier Fasten, Beten und die Dreieinigkeit anrufen, damit er göttliche Macht erhielt, um Dämonen zu bezwingen.
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Als Wechselwirkungen des Christentums mit magischen Aktivisten kamen im Mittelalter spezifisch christianisierte Formen der Magie auf. Die Zauberbücher, welche Dämonologie oder Angelologie lehrten, verbreiteten magische Praktiken, die mit christlichen Elementen durchsetzt waren. So sollte der Magier Fasten, Beten und die Dreieinigkeit anrufen, damit er göttliche Macht erhielt, um Dämonen zu bezwingen.
    
Zur Zeit der Christianisierung waren es hauptsächlich Provinzialsynoden, die sich mit magischen Praktiken befassten. Dabei ging man selbstverständlich von der realen Wirkung der Magie aus.
 
Zur Zeit der Christianisierung waren es hauptsächlich Provinzialsynoden, die sich mit magischen Praktiken befassten. Dabei ging man selbstverständlich von der realen Wirkung der Magie aus.
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=====Magische Gegenstände und Texte=====
 
=====Magische Gegenstände und Texte=====
Zaubersprüche („incantationes“) wurden seit jeher für magische Praktiken verwendet. Nach damaliger Vorstellung erhielten Amulette oder die zur Zauberei erforderlichen Zutaten wie Kräuter, Wurzeln oder Steine ihre Wirkung oft erst durch Zaubersprüche, die beim Sammeln oder bei der Zubereitung gesprochen werden. Auf die Anwendung von Zaubersprüchen steht nach dem ''Decretum Gratiani'' grundsätzlich die Exkommunikation. Eine Ausnahme macht Gratian, wenn dazu das Glaubensbekenntnis oder das Vaterunser verwendet wird.<ref name="fr_3" /> Das führte dazu, dass solche Kräuter und Steine nur dann nützten, wenn sie unter Beachtung christlich-ritueller Vorschriften gesammelt und zubereitet wurden. Unter diesen Umständen wurden sie sogar als Amulette gegen Besessenheit toleriert.<ref name="he_11" /> Das ''Decretum Gratiani'' verbietet alle diese Mittel unter Berufung auf Augustinus, der alle Mittel, die die medizinische Wissenschaft nicht anerkennt, als nutzlose Zauberei verwarf. Sie wurden „Phylakterien“ genannt, wenn sie um den Hals gehängt werden, um bestimmte magische Wirkungen zu erzeugen.<ref name="he_13" /> Den dekretistischen Schriften sind einige Praktiken zu entnehmen. Es handelte sich nach dem Dekretisten Rufinus um Zettel mit geheimen Zeichen oder um die Stirn gespannte Plättchen mit zehn Worten des Alten Testaments. Offenbar spielte er auf die alte jüdische Praxis an, Textstellen der [[Tora]] bei Gebeten um den Oberarm gebunden oder auf der Stirn zu tragen Gebetsriemen).<ref name="he_12" /> Nach den französischen Dekretisten schrieb man um den Hals getragenen Zetteln, auf denen das Glaubensbekenntnis oder Vaterunser stand, heilende Wirkung zu, und man akzeptierte diesen Brauch. Die Bußsumme des Thomas von Chobham betont die Wirkmächtigkeit der „heiligen Worte“ und sieht deren Geheimnis in der richtigen Verbindung mehrerer Buchstaben oder Stimmen, eine Kunst, die in Vergessenheit geraten sei, aber, wenn sie jemand beherrsche, erlaubt sei, wenn keine Dämonen beteiligt würden. Auch bei den Amuletten unterscheidet Thomas zwischen erlaubten und verbotenen. Wer allerdings heilige Worte als Beschwörung verwende, um Kräutern eine Kraft zu verleihen, die ihnen nicht zukommt, begehe allerdings eine schwere Sünde. Wilhelm von Rennes nennt in seinem Kommentar zur ''Summa de casibus'' von Raimund von Penyafort als erlaubte Praktiken, wenn an Christi Himmelfahrt Zettel mit kurzen Texten beschrieben würden; es handele sich aber um verbotene Magie, wenn man glaube, die Zettel seien nur wirksam, wenn sie erst nach dem Vorlesen des Evangeliums oder nach der Messe geschrieben würden. Da es sich um eine Handreichung für Beichtväter handelt, war diese Übung offenbar weit verbreitet.<ref name="he_14" />
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Zaubersprüche („incantationes“) wurden seit jeher für magische Praktiken verwendet. Nach damaliger Vorstellung erhielten Amulette oder die zur Zauberei erforderlichen Zutaten wie Kräuter, Wurzeln oder Steine ihre Wirkung oft erst durch Zaubersprüche, die beim Sammeln oder bei der Zubereitung gesprochen werden. Auf die Anwendung von Zaubersprüchen steht nach dem ''Decretum Gratiani'' grundsätzlich die Exkommunikation. Eine Ausnahme macht Gratian, wenn dazu das Glaubensbekenntnis oder das Vaterunser verwendet wird.<ref name="fr_3" /> Das führte dazu, dass solche Kräuter und Steine nur dann nützten, wenn sie unter Beachtung christlich-ritueller Vorschriften gesammelt und zubereitet wurden. Unter diesen Umständen wurden sie sogar als Amulette gegen Besessenheit toleriert.<ref name="he_11" /> Das ''Decretum Gratiani'' verbietet alle diese Mittel unter Berufung auf Augustinus, der alle Mittel, die die medizinische Wissenschaft nicht anerkennt, als nutzlose Zauberei verwarf. Sie wurden „Phylakterien“ genannt, wenn sie um den Hals gehängt werden, um bestimmte magische Wirkungen zu erzeugen.<ref name="he_13" /> Den dekretistischen Schriften sind einige Praktiken zu entnehmen. Es handelte sich nach dem Dekretisten Rufinus um Zettel mit geheimen Zeichen oder um die Stirn gespannte Plättchen mit zehn Worten des Alten Testaments. Offenbar spielte er auf die alte jüdische Praxis an, Textstellen der Tora bei Gebeten um den Oberarm gebunden oder auf der Stirn zu tragen Gebetsriemen).<ref name="he_12" /> Nach den französischen Dekretisten schrieb man um den Hals getragenen Zetteln, auf denen das Glaubensbekenntnis oder Vaterunser stand, heilende Wirkung zu, und man akzeptierte diesen Brauch. Die Bußsumme des Thomas von Chobham betont die Wirkmächtigkeit der „heiligen Worte“ und sieht deren Geheimnis in der richtigen Verbindung mehrerer Buchstaben oder Stimmen, eine Kunst, die in Vergessenheit geraten sei, aber, wenn sie jemand beherrsche, erlaubt sei, wenn keine Dämonen beteiligt würden. Auch bei den Amuletten unterscheidet Thomas zwischen erlaubten und verbotenen. Wer allerdings heilige Worte als Beschwörung verwende, um Kräutern eine Kraft zu verleihen, die ihnen nicht zukommt, begehe allerdings eine schwere Sünde. Wilhelm von Rennes nennt in seinem Kommentar zur ''Summa de casibus'' von Raimund von Penyafort als erlaubte Praktiken, wenn an Christi Himmelfahrt Zettel mit kurzen Texten beschrieben würden; es handele sich aber um verbotene Magie, wenn man glaube, die Zettel seien nur wirksam, wenn sie erst nach dem Vorlesen des Evangeliums oder nach der Messe geschrieben würden. Da es sich um eine Handreichung für Beichtväter handelt, war diese Übung offenbar weit verbreitet.<ref name="he_14" />
    
===Neuzeit===
 
===Neuzeit===
In der Renaissance wurden die [[Hermetik|hermetischen Schriften]] wiederentdeckt. Magier praktizierten davon inspiriert eigene Varianten neuplatonischer Zeremonialmagie. Der Mathematiker, Geograph, Entwickler von Navigationsinstrumenten, Astrologe, Mystiker und Alchemist [[John Dee]] war der wohl bedeutendste christliche Engelsmagier. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern entwickelte er seine Engelsmagie in aller Öffentlichkeit. Daraus entstand eine ihm offenbarte Version der Henochischen Sprache. Dees Privatbibliothek war die größte Bibliothek Englands. Ihr Bestand ist heute Kern der British Library. Auch Anthony Graftons Untersuchungen zu neuzeitlichen Magiern zufolge sei Magie keineswegs, wie es das Vorurteil will, Antipode, sondern eher der Vorläufer von Aufklärung.
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In der Renaissance wurden die hermetischen Schriften wiederentdeckt. Magier praktizierten davon inspiriert eigene Varianten neuplatonischer Zeremonialmagie. Der Mathematiker, Geograph, Entwickler von Navigationsinstrumenten, Astrologe, Mystiker und Alchemist John Dee war der wohl bedeutendste christliche Engelsmagier. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern entwickelte er seine Engelsmagie in aller Öffentlichkeit. Daraus entstand eine ihm offenbarte Version der Henochischen Sprache. Dees Privatbibliothek war die größte Bibliothek Englands. Ihr Bestand ist heute Kern der British Library. Auch Anthony Graftons Untersuchungen zu neuzeitlichen Magiern zufolge sei Magie keineswegs, wie es das Vorurteil will, Antipode, sondern eher der Vorläufer von Aufklärung.
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Zu Beginn des 18.&nbsp;Jahrhunderts fand wieder eine verstärkte Hinwendung zu innerseelischen, [[Okkultismus|okkultistischen]], [[Mystik|mystischen]], magischen und [[Esoterik|esoterischen]] Themen statt. Herausragende Erscheinungen dieser Zeit waren [[Alessandro Cagliostro|Cagliostro]]<ref>KIEFER, Klaus H. (Hrsg.): Cagliostro. Dokumente zu Aufklärung und Okkultismus. München: Beck 1991, 740 S.</ref> und [[Franz Anton Mesmer]] mit seiner [[Animalischer Magnetismus|Lehre vom animalischen Magnetismus]], welche der späteren [[Hypnotherapie]] den Boden bereitete und die Entwicklung des [[Spiritismus]]. Besonders in initiatorischen [[Rosenkreuzer|Rosenkreuzer-Orden]] wird der zeremoniellen Magie ein beachtlicher Stellenwert zugewiesen.
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Zu Beginn des 18.&nbsp;Jahrhunderts fand wieder eine verstärkte Hinwendung zu innerseelischen, [[Okkultismus|okkultistischen]], [[Mystik|mystischen]], magischen und [[Esoterik|esoterischen]] Themen statt. Herausragende Erscheinungen dieser Zeit waren Alessandro Cagliostro<ref>KIEFER, Klaus H. (Hrsg.): Cagliostro. Dokumente zu Aufklärung und Okkultismus. München: Beck 1991, 740 S.</ref> und Franz Anton Mesmer mit seiner Lehre vom animalischen Magnetismus, welche der späteren Hypnotherapie den Boden bereitete und die Entwicklung des [[Spiritismus]]. Besonders in initiatorischen [[Rosenkreuzer|Rosenkreuzer-Orden]] wird der zeremoniellen Magie ein beachtlicher Stellenwert zugewiesen.
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Die Romantik mit ihrer Hinwendung zum Unbewussten ging aus der Klassik und ihrer Tendenz zum apollinisch Verstandesmäßigen hervor. Damit entwickelten sich Autoren wie der Maler, Arzt und Naturphilosoph Carl Gustav Carus, der zu den Vorgängern [[Parapsychologie|parapsychologischer]] Forscher zählt. Insbesondere exotische Spiritualität fand vermehrt Beachtung, da der Kolonialismus die westliche Welt mit indischer und ägyptischer [[Mythologie]] bekannt machte, was seinen Niederschlag in den magischen Texten des 18.&nbsp;und 19.&nbsp;Jahrhunderts fand.
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Die Romantik mit ihrer Hinwendung zum Unbewussten ging aus der Klassik und ihrer Tendenz zum apollinisch Verstandesmäßigen hervor. Damit entwickelten sich Autoren wie der Maler, Arzt und Naturphilosoph Carl Gustav Carus, der zu den Vorgängern [[Parapsychologie|parapsychologischer]] Forscher zählt. Insbesondere exotische Spiritualität fand vermehrt Beachtung, da der Kolonialismus die westliche Welt mit indischer und ägyptischer Mythologie bekannt machte, was seinen Niederschlag in den magischen Texten des 18.&nbsp;und 19.&nbsp;Jahrhunderts fand.
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Im 19.&nbsp;Jahrhundert wurden magische Organisationen wie der [[Hermetic Order of the Golden Dawn|Golden Dawn]] gegründet mit kulturell bedeutsamen Persönlichkeiten wie William Butler Yeats und [[Algernon Blackwood]] als Mitglieder.
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Im 19.&nbsp;Jahrhundert wurden magische Organisationen wie der Hermetic Order of the Golden Dawn gegründet mit kulturell bedeutsamen Persönlichkeiten wie William Butler Yeats und Algernon Blackwood als Mitglieder.
    
Anfang des 20.&nbsp;Jahrhunderts erlebte die Magie eine Renaissance durch das Wirken des Magiers [[Aleister Crowley]], einem Mitglied der Golden Dawn und des 1903 gegründeten magischen Ordens [[Ordo Templi Orientis]]. Die nationalsozialistische Ideologie griff auf magische und okkulte Traditionen zurück: nordische Mythologie, germanische [[Runen]] und keltische Symbole. [[Ariosophie|Ariosophen]] schufen ideologische Voraussetzungen für den Genozid des 3.&nbsp;Reichs. Einer ihrer Initiatoren war der Reichsführer-SS und Reichsinnenminister Heinrich Himmler, ein bekennender Okkultist und Esoteriker, der sich für die [[Reinkarnation]] Heinrich&nbsp;I. (919 - 936) hielt. <ref>James Webb: ''Das Zeitalter des Irrationalen -
 
Anfang des 20.&nbsp;Jahrhunderts erlebte die Magie eine Renaissance durch das Wirken des Magiers [[Aleister Crowley]], einem Mitglied der Golden Dawn und des 1903 gegründeten magischen Ordens [[Ordo Templi Orientis]]. Die nationalsozialistische Ideologie griff auf magische und okkulte Traditionen zurück: nordische Mythologie, germanische [[Runen]] und keltische Symbole. [[Ariosophie|Ariosophen]] schufen ideologische Voraussetzungen für den Genozid des 3.&nbsp;Reichs. Einer ihrer Initiatoren war der Reichsführer-SS und Reichsinnenminister Heinrich Himmler, ein bekennender Okkultist und Esoteriker, der sich für die [[Reinkarnation]] Heinrich&nbsp;I. (919 - 936) hielt. <ref>James Webb: ''Das Zeitalter des Irrationalen -
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===Gegenwart===
 
===Gegenwart===
Der Trend zur Esoterik und Magie der Gegenwart verstärkte sich durch Teilgruppen der Flowerpowerbewegung Amerikas als alternatives Weltmodell von Pazifisten nach dem Zweiten Weltkrieg.<ref>Einschlägige Literaturliste dieser Zeit in: Andreas Huettl und P.-R. König: ''Satan – Jünger, Jäger und Justiz'', 416 S., 65 Abb., Kreuzfeuer Verlag, ''2006'', ISBN 3-937611-01-0, S. 131f</ref> Dort entstand der Begriff [New-Age. Teile der Hippiekultur griffen dabei Disziplinen wie [[Astrologie]], [[Parapsychologie]] und [[Okkultismus|okkultistische]] Praktiken wie [[Tarot]] und [[Pendel (Esoterik)|Pendeln]] auf.<ref>Das Musical Jesus Christ Superstar spiegelt etliche derartige Interessen in seinem Text.</ref> Für die Praxis des Pendelns wurden damals und heute, wie in allen sonstigen inhomogenen soziologischen Gruppierungen auch, teilweise vollkommen unterschiedliche vom jeweiligen Bildungsstand des Anwenders abhängige Erklärungsmodelle herangezogen. Unter okkulten Vertretern der Pendelmagie findet man Anhänger des Geistermodells, wissenschaftlich Orientierte sehen hingegen den [[Carpenter-Effekt]] verantwortlich. Es gibt kein allgemeingültiges Verständnis vermeintlich magischer Phänomene unter Okkultisten. Phänomenologisch betrachtet lassen sich häufig integrative Denkleistungen beobachten, die dazu bereit sind, nach Möglichkeit über Verständnishorizonte zu blicken.<ref>''2.1 Eigenschaften, Bedingungen und Funktionsweise des archaischen Denkens'' in: Friedhart Klix: Erwachendes Denken – Geistige Leistungen aus evolutionspsychologischer Sicht, 405 S., Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg, 1993, S. 206</ref>
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Der Trend zur Esoterik und Magie der Gegenwart verstärkte sich durch Teilgruppen der Flowerpowerbewegung Amerikas als alternatives Weltmodell von Pazifisten nach dem Zweiten Weltkrieg.<ref>Einschlägige Literaturliste dieser Zeit in: Andreas Huettl und P.-R. König: ''Satan – Jünger, Jäger und Justiz'', 416 S., 65 Abb., Kreuzfeuer Verlag, ''2006'', ISBN 3-937611-01-0, S. 131f</ref> Dort entstand der Begriff [New-Age. Teile der Hippiekultur griffen dabei Disziplinen wie [[Astrologie]], Parapsychologie und okkultistische Praktiken wie [[Tarot]] und [[Pendeln]] auf.<ref>Das Musical Jesus Christ Superstar spiegelt etliche derartige Interessen in seinem Text.</ref> Für die Praxis des Pendelns wurden damals und heute, wie in allen sonstigen inhomogenen soziologischen Gruppierungen auch, teilweise vollkommen unterschiedliche vom jeweiligen Bildungsstand des Anwenders abhängige Erklärungsmodelle herangezogen. Unter okkulten Vertretern der Pendelmagie findet man Anhänger des Geistermodells, wissenschaftlich Orientierte sehen hingegen den [[Carpenter-Effekt]] verantwortlich. Es gibt kein allgemeingültiges Verständnis vermeintlich magischer Phänomene unter Okkultisten. Phänomenologisch betrachtet lassen sich häufig integrative Denkleistungen beobachten, die dazu bereit sind, nach Möglichkeit über Verständnishorizonte zu blicken.<ref>''2.1 Eigenschaften, Bedingungen und Funktionsweise des archaischen Denkens'' in: Friedhart Klix: Erwachendes Denken – Geistige Leistungen aus evolutionspsychologischer Sicht, 405 S., Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg, 1993, S. 206</ref>
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[[Wicca]] ist eine neuzeitliche [[Naturreligion]], die magische Techniken praktiziert. Bereiche, in denen Magie oder magisches Denken Einzug genommen haben, sind beispielsweise das neurolinguistische Programmieren ([[NLP]]) und [[Positiv Denken|positives Denken]], bestimmte psychotherapeutische Praktiken, [[Schamanismus]], [[Medium|Channeling]], die [[Kabbala]], [[Tarot]] und der Kontakt mit [[Engel]]n. Auch der [[Neopaganismus]] beinhaltet Formen der Magie, meist in Form von Naturmagie und viele religiöse Riten lassen noch ihre Herkunft aus magischem Denken erahnen. Carl Gustav Jung sieht seine Psychologie in einem engen Verhältnis zu magischen Traditionen und nennt „magisch“ nur ein anderes Wort für „psychisch“.<ref>Jolande Jacobi: Die Psychologie von C.G. Jung, S. 271</ref>
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Wicca ist eine neuzeitliche Naturreligion, die magische Techniken praktiziert. Bereiche, in denen Magie oder magisches Denken Einzug genommen haben, sind beispielsweise das neurolinguistische Programmieren ([[NLP]]) und [[Positiv Denken|positives Denken]], bestimmte psychotherapeutische Praktiken, Schamanismus, Channeling, die Kabbala, Tarot und der Kontakt mit [[Engel]]n. Auch der [[Neopaganismus]] beinhaltet Formen der Magie, meist in Form von Naturmagie und viele religiöse Riten lassen noch ihre Herkunft aus magischem Denken erahnen. Carl Gustav Jung sieht seine Psychologie in einem engen Verhältnis zu magischen Traditionen und nennt „magisch“ nur ein anderes Wort für „psychisch“.<ref>Jolande Jacobi: Die Psychologie von C.G. Jung, S. 271</ref>
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Bis heute versuchen rechtsextreme Gruppierungen wie das [[Thule-Seminar]] um [[Pierre Krebs]] mit Themen rund um die Magie wie [[Esoterik]], [[Okkultismus]] und [[Neopaganismus]] für ihre Weltanschauung zu werben.<ref>Zu Okkultismus siehe [http://www.politische-bildung-brandenburg.de/extrem/glossar/okkultismus.htm Quelle: Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung]; zu Esoterik, Magie und Rechtsextremismus vgl. Andreas Klump (Referent im Bundesministerium des Innern): [http://www.extremismus.com/texte/esorex.htm Rechtsextremismus und Esoterik - Verbindungslinien, Erscheinungsformen, offene Fragen]'', Berlin 2001 (abgerufen 17.&nbsp;Februar 2009)</ref>
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Bis heute versuchen rechtsextreme Gruppierungen wie das [[Thule-Seminar]] um Pierre Krebs mit Themen rund um die Magie wie [[Esoterik]], [[Okkultismus]] und [[Neopaganismus]] für ihre Weltanschauung zu werben.<ref>Zu Okkultismus siehe [http://www.politische-bildung-brandenburg.de/extrem/glossar/okkultismus.htm Quelle: Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung]; zu Esoterik, Magie und Rechtsextremismus vgl. Andreas Klump (Referent im Bundesministerium des Innern): [http://www.extremismus.com/texte/esorex.htm Rechtsextremismus und Esoterik - Verbindungslinien, Erscheinungsformen, offene Fragen]'', Berlin 2001 (abgerufen 17.&nbsp;Februar 2009)</ref>
    
==Praktiken der Magie==
 
==Praktiken der Magie==
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Insbesondere bedient sich die Magie verschiedener psychisch-geistiger Techniken, hat aber bis jetzt keinen Nachweis erbracht, dass sie eine reale Außenwirkung hat, und stellt somit ein eher kulturelles oder soziales Phänomen dar, das auf metaphysischen Annahmen und Glauben basiert. Von der Naturwissenschaft werden die behaupteten Wirkweisen demgemäß zumeist als Illusion bezeichnet oder ins Reich der [[Mentaltraining|Autosuggestion]] und der Psychologie verwiesen.
 
Insbesondere bedient sich die Magie verschiedener psychisch-geistiger Techniken, hat aber bis jetzt keinen Nachweis erbracht, dass sie eine reale Außenwirkung hat, und stellt somit ein eher kulturelles oder soziales Phänomen dar, das auf metaphysischen Annahmen und Glauben basiert. Von der Naturwissenschaft werden die behaupteten Wirkweisen demgemäß zumeist als Illusion bezeichnet oder ins Reich der [[Mentaltraining|Autosuggestion]] und der Psychologie verwiesen.
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Magische Techniken und Praktiken sind beispielsweise Ritualmagie und Zeremonialmagie, Naturmagie, Schutzmagie, [[Sigillenmagie]], [[Schamanismus|Neoschamanismus]], [[Planetenmagie]], [[Mentalmagie]], die Arbeit mit [[Atavismus|Atavismen]], Annahme von Gottformen, [[Inkantation]], [[Invokation]] und [[Beschwörung]], [[Sexualmagie]], [[Astralmagie]] ([[Visualisierung]], [[Imagination]], [[Astralprojektion]] und [[Astralreise]]n), [[Wahrsagen]], Willensschulung und Geistesschulung durch [[Mentaltraining|Mentaltechniken]], [[Trance|Tranceschulung]], Konzentration, Meditation, Energie- und Atemübungen ([[Pranayama]]).
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Magische Techniken und Praktiken sind beispielsweise Ritualmagie und Zeremonialmagie, Naturmagie, Schutzmagie, Sigillenmagie, Neoschamanismus, Planetenmagie, Mentalmagie, die Arbeit mit Atavismen, Annahme von Gottformen, Inkantation, Invokation und Beschwörung, Sexualmagie, Astralmagie (Visualisierung, Imagination, Astralprojektion und Astralreisen), [[Wahrsagen]], Willensschulung und Geistesschulung durch [[Mentaltraining|Mentaltechniken]], Tranceschulung, Konzentration, Meditation, Energie- und Atemübungen (Pranayama).
    
Ein früh anzutreffendes Element magischer Praktiken waren Buchstaben und unverständliche Zauberworte. Dazu gehört insbesondere die Magie des Namens. Es geht dabei um eine Kommunikation zwischen dem Magier und dem Göttlichen. Dem magischen Gelingen dieser Kommunikation liegt die Vorstellung zu Grunde, dass eine wesenhafte Beziehung zwischen dem Namen und dem Träger des Namens besteht. Wer den Namen eines Dämons oder Gottes kennt, beherrscht auch diesen Dämon oder Gott.<ref>Theodor Hopfner: Griechisch-ägyptischer Offenbarungszauber. 2 Bände. H. Haessel Verlag Leipzig 1921/1924; Nachdruck Hakkert, Amsterdam 1983/1990, ISBN 90-256-0716-0, Bd. I §§ 706, 759 ff.</ref> Daher ist es wichtig, den richtigen Namen zu treffen. Den Grundsätzen des Wortzaubers entspricht die Tendenz zum verdunkelten und dunklen Wort. Die geheimnisvolle Macht der Zauberformeln liegt gerade in ihrer Unverständlichkeit.<ref>Iamblichos (4. Jh.) schrieb in „De Mysteriis“, dass die bedeutungslosen Wörter und Namen eine nur den Göttern verständliche Bedeutung zukomme. Gerade der Umstand, dass die Namen dem menschlichen Verstand unzugänglich und unverständlich bleiben, mache sie erhabener, heiliger und ehrwürdiger, als dass wir schwachen Menschen sie erfassen könnten. Zitiert nach Hopfner Bd. I § 718.</ref> Der mächtigste Schriftzauber in der Antike war die Alphabetreihe. Daneben gab es die Kontraktionen, beim Alphabet ΑΩ, bei den ''nomina sacra'' der erste und letzte Buchstabe, das Anagramm, Palindrome und glossolalische Vokal- und Konsonantenreihen.<ref>Klaus Düwel: Zur Auswertung der Brakteatinschriften. Runenkenntnis und Runeninschriften als Oberschichten-Merkmale. In: Karl Hauck (Hrsg.): Der historische Horizont der Götterbilsamulette aus der Übergangsepoche von der Spätantike zum Frühmittelalter. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1992, ISBN 3-525-82587-0,  S. 37 f.</ref> Reiches Material bieten dafür die Inschriften auf den nordischen Goldbrakteaten.
 
Ein früh anzutreffendes Element magischer Praktiken waren Buchstaben und unverständliche Zauberworte. Dazu gehört insbesondere die Magie des Namens. Es geht dabei um eine Kommunikation zwischen dem Magier und dem Göttlichen. Dem magischen Gelingen dieser Kommunikation liegt die Vorstellung zu Grunde, dass eine wesenhafte Beziehung zwischen dem Namen und dem Träger des Namens besteht. Wer den Namen eines Dämons oder Gottes kennt, beherrscht auch diesen Dämon oder Gott.<ref>Theodor Hopfner: Griechisch-ägyptischer Offenbarungszauber. 2 Bände. H. Haessel Verlag Leipzig 1921/1924; Nachdruck Hakkert, Amsterdam 1983/1990, ISBN 90-256-0716-0, Bd. I §§ 706, 759 ff.</ref> Daher ist es wichtig, den richtigen Namen zu treffen. Den Grundsätzen des Wortzaubers entspricht die Tendenz zum verdunkelten und dunklen Wort. Die geheimnisvolle Macht der Zauberformeln liegt gerade in ihrer Unverständlichkeit.<ref>Iamblichos (4. Jh.) schrieb in „De Mysteriis“, dass die bedeutungslosen Wörter und Namen eine nur den Göttern verständliche Bedeutung zukomme. Gerade der Umstand, dass die Namen dem menschlichen Verstand unzugänglich und unverständlich bleiben, mache sie erhabener, heiliger und ehrwürdiger, als dass wir schwachen Menschen sie erfassen könnten. Zitiert nach Hopfner Bd. I § 718.</ref> Der mächtigste Schriftzauber in der Antike war die Alphabetreihe. Daneben gab es die Kontraktionen, beim Alphabet ΑΩ, bei den ''nomina sacra'' der erste und letzte Buchstabe, das Anagramm, Palindrome und glossolalische Vokal- und Konsonantenreihen.<ref>Klaus Düwel: Zur Auswertung der Brakteatinschriften. Runenkenntnis und Runeninschriften als Oberschichten-Merkmale. In: Karl Hauck (Hrsg.): Der historische Horizont der Götterbilsamulette aus der Übergangsepoche von der Spätantike zum Frühmittelalter. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1992, ISBN 3-525-82587-0,  S. 37 f.</ref> Reiches Material bieten dafür die Inschriften auf den nordischen Goldbrakteaten.
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Die moderne westliche Magie arbeitet hierbei oft nicht mit auf diesen Kulturkreis beschränkten Systemen und Praktiken, sondern bezieht auch Symbole und Systeme anderer Kulturen mit ein, so sind insbesondere die ägyptischen, griechischen und germanischen Götter und Göttinnen beliebt oder auch beispielsweise die [[Tattva]]s, Symbole der Elemente aus dem indischen Kulturkreis, Techniken des indischen [[Yoga]] und die [[Kabbala]], die hebräischen Ursprungs ist. Die nicht dogmatische Magie kann mit allen Formen von Symbolik und Mythologie aus allen Kulturen in Kontakt treten, denn unterschiedliche Schulen der Magie zeichnen sich dadurch aus, dass der Magier mit Symbolsystemen arbeitet, die sowohl kulturell tradiert als auch individuell erfahren und erarbeitet sein können.
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Die moderne westliche Magie arbeitet hierbei oft nicht mit auf diesen Kulturkreis beschränkten Systemen und Praktiken, sondern bezieht auch Symbole und Systeme anderer Kulturen mit ein, so sind insbesondere die ägyptischen, griechischen und germanischen Götter und Göttinnen beliebt oder auch beispielsweise die Tattvas, Symbole der Elemente aus dem indischen Kulturkreis, Techniken des indischen [[Yoga]] und die Kabbala, die hebräischen Ursprungs ist. Die nicht dogmatische Magie kann mit allen Formen von Symbolik und Mythologie aus allen Kulturen in Kontakt treten, denn unterschiedliche Schulen der Magie zeichnen sich dadurch aus, dass der Magier mit Symbolsystemen arbeitet, die sowohl kulturell tradiert als auch individuell erfahren und erarbeitet sein können.
    
Der magische Umgang unterliegt in der traditionellen Magie genau vorgeschriebenen Regeln, Mustern und Ritualen, hat sich aber in neuzeitlichen westlichen Richtungen der Magie zu einer Art von ''Freistiltechnik zur Selbsterleuchtung'' entwickelt, die u.a. auf das antike Verständnis von [[Gnosis]] zurückgeht.
 
Der magische Umgang unterliegt in der traditionellen Magie genau vorgeschriebenen Regeln, Mustern und Ritualen, hat sich aber in neuzeitlichen westlichen Richtungen der Magie zu einer Art von ''Freistiltechnik zur Selbsterleuchtung'' entwickelt, die u.a. auf das antike Verständnis von [[Gnosis]] zurückgeht.
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Aus Sicht des praktizierenden Magiers dagegen kann die Abhängigkeit von Institutionen, Dogmen und Glaubenssätzen der christlichen Kirche, welche dem Gläubigen Schranken des Denkens und Verhaltens auferlegen, das Individuum seiner Freiheit berauben und in Kant'sche selbstverschuldete Unmündigkeit führen, die es abhalten, einen echten Bezug zum Göttlichen in sich selbst herzustellen, der nicht auf Glaube, sondern auf Erfahrung beruht.
 
Aus Sicht des praktizierenden Magiers dagegen kann die Abhängigkeit von Institutionen, Dogmen und Glaubenssätzen der christlichen Kirche, welche dem Gläubigen Schranken des Denkens und Verhaltens auferlegen, das Individuum seiner Freiheit berauben und in Kant'sche selbstverschuldete Unmündigkeit führen, die es abhalten, einen echten Bezug zum Göttlichen in sich selbst herzustellen, der nicht auf Glaube, sondern auf Erfahrung beruht.
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Da Magie ebenso als reine Technik betrachtet werden kann, muss sie nicht unbedingt eine religiöse Funktion erfüllen. Jedoch war die Praxis der Magie in älteren Kulturen Aufgabe der Priesterinnen und Priester. Dabei entfernte sich in westlichen und monotheistischen Kulturkreisen die Magie häufig von der Religion. Viele praktizierende Magier betrachten sich als Priester. Unter praktizierenden Magiern gibt es sogar die Lesart, Religionen, die sich auf eine nachweislich gestorbene Gründerfigur bezögen und diese anriefen, also evozierten und invozierten, seien nichts anderes als [[Totenbeschwörung|Nekromantenkulte]] (Geisterbeschwörung, [[Spiritismus]]).
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Da Magie ebenso als reine Technik betrachtet werden kann, muss sie nicht unbedingt eine religiöse Funktion erfüllen. Jedoch war die Praxis der Magie in älteren Kulturen Aufgabe der Priesterinnen und Priester. Dabei entfernte sich in westlichen und monotheistischen Kulturkreisen die Magie häufig von der Religion. Viele praktizierende Magier betrachten sich als Priester. Unter praktizierenden Magiern gibt es sogar die Lesart, Religionen, die sich auf eine nachweislich gestorbene Gründerfigur bezögen und diese anriefen, also evozierten und invozierten, seien nichts anderes als Nekromantenkulte (Geisterbeschwörung, [[Spiritismus]]).
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Christliche Magie und auch heidnisch-religiös orientierte Magie, [[Wicca]] (Hexentum), [[Asatru]] (germanischer Glaube), arbeiten in erster Linie mit der These „Es ist mein Wille, wenn es dein (Gott, Universum, unterschiedlichste Götter) Wille ist“. Der Magier ist in dieser Magie ein Bittender, der die Interessen seiner Mitmenschen im Auge hat und häufig als Heiler fungieren möchte.
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Christliche Magie und auch heidnisch-religiös orientierte Magie, Wicca (Hexentum), Asatru (germanischer Glaube), arbeiten in erster Linie mit der These „Es ist mein Wille, wenn es dein (Gott, Universum, unterschiedlichste Götter) Wille ist“. Der Magier ist in dieser Magie ein Bittender, der die Interessen seiner Mitmenschen im Auge hat und häufig als Heiler fungieren möchte.
    
===Religiöse Systeme und magische Praktiken===
 
===Religiöse Systeme und magische Praktiken===
Religiöse Systeme, in denen heutzutage noch magische Praktiken erscheinen, sind z. B. hinduistisches und [[Vajrayana|buddhistisches]] [[Tantra]], Daoismus, Bön, [[Voodoo]], Naturreligionen, [[Schamanismus]], [[Huna]], [[Neopaganismus]] und der Katholizismus ([[Exorzismus]]).
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Religiöse Systeme, in denen heutzutage noch magische Praktiken erscheinen, sind z. B. hinduistisches und buddhistisches Tantra, Daoismus, Bön, [[Voodoo]], Naturreligionen, Schamanismus, Huna, Neopaganismus und der Katholizismus ([[Exorzismus]]).
    
==Literatur==
 
==Literatur==
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{{Wikipedia}}
 
{{Wikipedia}}
[[category:Esoterik]]
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[[category:Magie]]
   
[[category:Okkultismus]]
 
[[category:Okkultismus]]
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