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Lourdes-Wasser in kleinen Plastikmadonnen mit Schraubverschluss(*)

Lourdes ist ein katholischer und weltweit einer der meistbesuchten Wallfahrtsorte in Südwestfrankreich in der Nähe der spanischen Grenze. An einer dortigen Quelle soll Kranken angeblich Heilung widerfahren.

Am 11. Februar 1858 war die kränkliche, ungebildete und aus bitterarmen Verhältnissen stammende Müllerstochter Bernadette Soubirous mit ihrer Schwester und einer Freundin beim Holzsammeln, als sie an der Grotte Massabielle eine Erscheinung hatte. Die Grotte, in der sich sonst nur Schweinehirten unterstellten, sei "bis zum Rand gefüllt mit dem rosig stetigen Licht einer Sonne gefüllt, die sich verbirgt". In diesem Licht erschien Bernadette "eine sehr junge Dame", "wie aus der Tiefe der Welt gerade hier an den Tag getreten". Die Vision widerfuhr Bernadette insgesamt 18-mal.

Durch die behaupteten Wundereigenschaften des Quellwassers aus der Grotte soll es zu angeblich unerklärlichen Heilungen von chronischen Krankheiten gekommen sein, die schnell zahlreiche Pilger anlockten. Seitdem etablierte sich in eine regelrechte Pilger-Industrie aus Reiseveranstaltern, Hotels, Hospitälern, Restaurants, Devotionalien- und Souvenirgeschäften.

Derzeit pilgern jährlich vier bis sechs Millionen Besucher nach Lourdes, Tausende nehmen, im festen Glauben an eine mögliche Heilung ihrer Krankheiten, Verletzungen oder Altersbeschwerden, jährlich an Bädern im Quellwasser teil. Untersuchungen konnten allerdings keine außergewöhnliche Mineralstoffzusammensetzung des Quellwassers feststellen, es hat im allgemeinen Sprachgebrauch Trinkwasserqualität.

Mögliche Ursache von religiösen Visionen

Religiöse Visionen wie Marienerscheinungen und extreme Religiosität sind ungewöhnlich häufig mit einer bestimmten Form der Epilepsie assoziiert. In solchen Fällen sind die Anfälle meist auf den linken Schläfenlappen des Gehirns begrenzt und äußern sich nur selten in Krämpfen oder Bewusstlosigkeit.

Die Betroffenen haben vielmehr das Gefühl einer göttlichen Gegenwart, verfallen in Verzweiflung oder auch in Ekstase. Häufig ist ihre gesamte Persönlichkeit verändert, sie sind arrogant, ich-bezogen, humorlos und sehen selbst in den trivialsten Dingen kosmische Zusammenhänge. Auch sensorische Störungen wie Lichteindrücke und akustische Wahrnehmungen während der Anfälle sind typisch. Das sind alles auch Phänomene, wie sie auch viele Religionsstifter oder stark religiöse Persönlichkeiten der Geschichte beschreiben. So hatte der spätere Apostel Paulus beispielsweise eine Lichterscheinung und hörte die Stimme Jesu; Mohammed ließ sich den Koran von einem Engel diktieren und auch Johanna von Orleans handelte auf Befehl einer göttlichen Stimme.[1]

Siehe auch: Neurotheologie

Kritik an den Wunderheilungen

Von den Wunderheilungen in Lourdes erkannte die katholische Kirche 67 offiziell an. Kritiker weisen darauf hin, dass diese Heilungen bei weitem nicht immer vollständig und dauerhaft sind und viele dieser Heilungen als Spontanheilung erklärt werden, die auch ohne den Besuch einer Wallfahrtsstätte auftreten können. Angesichts der großen Besucherzahlen ist schon rein statistisch mit einem gewissen Anteil unter den Besuchern zu rechnen, die einen derartigen Krankheitsverlauf haben bzw. falsch diagnostiziert wurden oder ähnliches. Die Heilungen haben keinerlei statistische Signifikanz.

Der Report „Lourdes cures and their medical assessment“ aus dem Jahr 1984 befasste sich kritisch mit dem Thema Wunderheilungen in Lourdes. Der Autor St. John Downling untersuchte darin beispielsweise den Fall einer 26-jährigen Patientin, die 1954 in Lourdes eine wundersame Heilung des Budd-Chiari-Syndromes (einer Lebererkrankung) erfuhr, die 1963 von einer kirchlichen, ärztlichen Kommission anerkannt wurde. Die Patientin starb 1970 an den Folgen ihres neu ausgebrochenen Leidens.

Der Religionskritiker Richard Dawkins merkte passenderweise an, dass die Wahrscheinlichkeit, sich durch eine Waschung in der Quelle eine Infektion von einem der anderen Besucher zu holen, weit größer ist, als eine Heilung zu erfahren.

Schwindel mit Leitungswasser, das als "Lichtwasser" beworben wird

 
Angeklagte vermeintliche Betrügerin Enza Maria Ciccolo

In Italien wurde im Februar 2012 bekannt, dass es einer 71-jährigen Biologin und "Aurikulomedizinerin" mit Namen Enza Maria Ciccolo gelang, gewöhnliches Leitungswasser für 200 Euro pro Liter zu verkaufen, indem sie es als vermeintliches Heilwasser aus Lourdes bzw. Fatima (Portugal) oder Medjugorie (Bosnien-Herzegowina) bezeichnete. Ciccolo besitzt keine ärztliche Approbation. Das Wasser wurde über Niederlassungen verkauft, die als "Arztpraxen" bezeichnet wurden und Werbung dazu wurde im Internet verbreitet. Das Konzept nannte sich "Le Acque a Luce bianca" (Die Wässer mit weißem Licht). Beworben wurde das Schwindelwasser damit, dass es etwa gegen Krebs helfe oder zu einer heilsamen "Harmonisierung der Materie" führe. Etwa 500 Patienten fielen auf den Trick herein. Das Schwindelprodukt wurde als "Acqua del Momento" (Wasser des Augenblicks) bezeichnet, das mehrmals täglich einzunehmen sei, und sollte "7 Frequenzen" aus Lourdes und Fatima enthalten.[2][3] Nach der Anzeige von Patienten leitete die Staatsanwaltschaft Ancona Ermittlungen gegen Ciccolo und 38 Helfer ein. Die Biologin soll mittlerweile Immobilien im Wert von drei Millionen Euro besitzen.[4]

Im deutschsprachigen Raum werden die Schwindelprodukte von Enza Maria Ciccolo weiterhin (Stand Februar 2012) als Lichtwasser angeboten.

Weblinks

Quellennachweise