Lenormandkarten: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Lenormandkarten''' sind Wahrsagekarten, die nach Marie Anne Adeláide Lenormand benannt sind.  Das "kleine", heute fast ausschließlich benutzte Lenormanddeck (36 Karten) erweist sich aber schon durch den biedermeierlichen Stil als Produkt des frühen 19. Jahrhunderts. Die "großen" Lenormandkarten (54 Karten) gehen vermutlich auf [[Tarot]]karten von [[Etteilla]] zurück, dessen Karten Marie Anne Lenormand benutzt hatte. Die Erstveröffentlichung der Karten erfolgte erst nach ihrem Tod.
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'''Lenormandkarten''' sind Wahrsagekarten, die nach Marie Anne Adeláide Lenormand benannt sind.  Das "kleine", heute fast ausschließlich benutzte Lenormanddeck (36 Karten) erweist sich schon durch den biedermeierlichen Stil als Produkt des frühen 19. Jahrhunderts. Die "großen" Lenormandkarten (54 Karten) gehen vermutlich auf [[Tarot]]karten von [[Jean-François Alliette|Etteilla]] zurück, dessen Karten Marie Anne Lenormand verwendete. Die Erstveröffentlichung der Karten erfolgte erst nach ihrem Tod.
  
 
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==Marie Anne Adélaide Lenormand==
 
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Marie Anne Adélaide Lenormand, gelegentl. Marie-Anne Le Normand (geb. 27. Mai 1772 in Alençon, Basse-Normandie; gest. 25. Juni 1843 in Paris) war eine französische Wahrsagerin.
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Marie Anne Adélaide Lenormand, gelegentlich auch Marie-Anne Le Normand (geb. 27. Mai 1772 in Alençon, Basse-Normandie; gest. 25. Juni 1843 in Paris) war eine französische Wahrsagerin.
  
In eine Kaufmannsfamilie geboren, wurde Lenormand in einer Klosterschule ihrer Heimatstadt von Benediktinerinnen erzogen. Zum Missfallen der Klosterschwestern beschäftigte sie sich auch mit dem Wahrsagen. Als sie im Jahre 1781 die Absetzung der Äbtissin voraussagte und diese Voraussage eintraf, wurde sie von der Schule verwiesen.
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In eine Kaufmannsfamilie geboren, wurde Lenormand in einer Klosterschule ihrer Heimatstadt von Benediktinerinnen erzogen. Zum Missfallen der Klosterschwestern beschäftigte sie sich auch mit dem Wahrsagen. Als sie im Jahre 1781 die Absetzung der Äbtissin voraussagte und diese Voraussage eintraf, wurde sie der Schule verwiesen.
  
1790 ließ sich Lenormand in Paris nieder und konnte sich bereits drei Jahre später, zusammen mit einer Wahrsagerin namens Madame Gilbert, mit einem Bureau für Wahrsagerei selbstständig machen. Ebenfalls 1790 traf Marie Anne Lennormand mit den drei einflussreichsten Männern der Revolution, Marat, Robespierre und Saint-Just zusammen, denen sie einen gewaltsamen Tod vorausgesagt haben soll. Eine Verhaftung durch den Wohlfahrtsausschuss schadete ihr nicht, sondern machte sie nur noch bekannter. Ab dem Jahre 1797 wohnte sie in der Rue de Tournon und betrieb dort professionell Wahrsagerei und hatte Kunden aus allen Gesellschaftsschichten. In den Jahren 1803 und 1809 wurde Marie Anne Lenormand wegen Hochverrates angeklagt und landete im Gefängnis, jedoch schienen die Anklagen nicht sehr ernsthaft gewesen zu sein, da sie beide Male nur kurz inhaftiert gewesen war.
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1790 ließ sich Lenormand in Paris nieder und konnte sich bereits drei Jahre später, zusammen mit einer Wahrsagerin namens Madame Gilbert, mit einem Büro für Wahrsagerei selbstständig machen. Ebenfalls 1790 traf Marie Anne Lenormand mit den drei einflussreichsten Männern der Revolution, Marat, Robespierre und Saint-Just, zusammen, denen sie einen gewaltsamen Tod vorausgesagt haben soll. Eine Verhaftung durch den Wohlfahrtsausschuss schadete ihr nicht, sondern machte sie nur noch bekannter. Ab dem Jahre 1797 wohnte sie in der Rue de Tournon, betrieb dort professionell Wahrsagerei und hatte Kunden aus allen Gesellschaftsschichten. In den Jahren 1803 und 1809 wurde Marie Anne Lenormand wegen Hochverrates angeklagt und saß im Gefängnis ein, jedoch scheinen die Anklagen nicht sehr ernsthaft gewesen zu sein, da sie beide Male nur kurz inhaftiert war.
  
In den folgenden Jahren wurde Marie Anne Lenormand immer berühmter, selbst die französische Kaiserin Joséphine und der Kaiser von Russland Alexander I., den sie auf dem Aachener Kongress 1818 besuchte, zogen sie zu Rate.
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In den folgenden Jahren wurde Marie Anne Lenormand immer berühmter, selbst die französische Kaiserin Joséphine und Zar Alexander I. von Russland, den sie auf dem Aachener Kongress 1818 besuchte, zogen sie zu Rate.
  
Nach dem Tod des Thronerben am 14. Februar 1820 und mit der damit verbundenen Änderung der Politik Ludwigs XVIII. emigrierten viele politische Gegner nach Brüssel, unter ihnen auch Marie Anne Lenormand. Auch in Brüssel wurde sie verhaftet, diesmal unter der Anklage der Spionage. Mehrmals legte Marie Anne Lenormand Berufung ein, die jedoch immer abgelehnt wurden. Erst als einige ihrer Anhänger öffentlich Druck ausübten, kam es zu einer neuen Verhandlung, diesmal lautete das Urteil Hexerei, trotzdem wurde Marie Anne Lenormand aus der Haft entlassen. Im Jahre 1830, nach der Julirevolution zog sich Marie Anne Lenormand in ihr Privatleben zurück und legte nur noch für ihre Freunde die Karten und genoss ihren Reichtum. Am 25. Juni 1843 starb sie durch den Kunstfehler eines Arztes.
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Nach dem Tod des Thronerben am 14. Februar 1820 und mit der damit verbundenen Änderung der Politik Ludwigs XVIII. emigrierten viele politische Gegner nach Brüssel, unter ihnen auch Marie Anne Lenormand. Auch in Brüssel wurde sie verhaftet, diesmal unter der Anklage der Spionage. Mehrmals legte Marie Anne Lenormand Berufung ein, die jedoch jedes Mal abgelehnt wurde. Erst als einige ihrer Anhänger öffentlich Druck ausübten, kam es zu einer neuen Verhandlung; diesmal lautete das Urteil Hexerei, trotzdem wurde Marie Anne Lenormand aus der Haft entlassen. Nach der Julirevolution im Jahre 1830 zog sich Marie Anne Lenormand ins Privatleben zurück, legte nur noch für ihre Freunde die Karten und genoss ihren Reichtum. Am 25. Juni 1843 starb sie durch den Kunstfehler eines Arztes.
  
 
==Die Karten==
 
==Die Karten==
Das "Grand jeu de Mlle Lenormand" erschien 2 Jahre nach ihrem Tod im Jahre 1843 und wurde zusammen mit einer Kollektion von 5 Büchern verkauft. Die Verfasserin benutzte das Pseudonym "Mme la comtesse de ***" und der Verlag gab keinen Namen, sondern nur eine Adresse "46 rue Vivienne". Das Spiel hatte 54 Karten, darin enthalten eine weibliche und eine männliche Karte für den Konsultanten. Der Inhalt der 5 Bücher war recht umfassend, Astrologie, Chiromantie und andere Orakelformen wurden behandelt.
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Das "Grand jeu de Mlle Lenormand" erschien 1845, zwei Jahre nach ihrem Tod, und wurde zusammen mit einer Kollektion von fünf Büchern verkauft. Die Verfasserin benutzte das Pseudonym "Mme la comtesse de ***" und der Verlag gab keinen Namen, sondern nur die Adresse "46 rue Vivienne" an. Das Spiel umfasste 54 Karten, darin enthalten eine weibliche und eine männliche Karte für den Konsultanten. Der Inhalt der fünf Bücher war recht umfassend; Astrologie, Chiromantie und andere Orakelformen wurden behandelt.  
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Die Kartenbilder des großen Spiels, des "astromythologischen Decks", zeigen Szenen aus der griechischen Mythologie, Sternbilder, Geomantie, 22 Buchstaben (Kabbala), 7 Talismane, Skatkarten und jeweils eine Blume (Blumensprache).  
 
Die Kartenbilder des großen Spiels, des "astromythologischen Decks", zeigen Szenen aus der griechischen Mythologie, Sternbilder, Geomantie, 22 Buchstaben (Kabbala), 7 Talismane, Skatkarten und jeweils eine Blume (Blumensprache).  
 
Eine Variation der Karten (diesmal mit 55 Karten) wurde ca. 1850 in Deutschland von dem Verlag J.F. Aug. Reiff unter dem Namen "Wahrsage-Karten der berühmten Mlle Le Normand" produziert.
 
Eine Variation der Karten (diesmal mit 55 Karten) wurde ca. 1850 in Deutschland von dem Verlag J.F. Aug. Reiff unter dem Namen "Wahrsage-Karten der berühmten Mlle Le Normand" produziert.
  
Ebenfalls ca. 1850 erschien das "Petit Lenormand" mit 36 Karten. Dieser Spieltypus wurde niemals in Frankreich produziert, fand aber Gestaltung bei Kartenmachern in Deutschland, Österreich, Belgien und in der Schweiz. Detlev Hoffmann hat 1972 nachgewiesen, dass das Spiel auf "Das Spiel der Hofnung, mit einer neuen Figurenkarten von 36 illum. Blättern. 2. verbesserte Auflage" (erschienen ca. 1800 bei G.P.J. Bieling in Nürnberg) zurückgeht, wobei dieses Spiel nur in der Zweitverwendung als Wahrsagespiel gedacht und eigentlich ein Rennspiel mit 2 Würfeln war, bei dem die Karten in der Reihenfolge von 1-36 ausgelegt und bespielt wurden (einzelne Zellen hatten glückliche oder unglückliche Bedeutung wie bei anderen Rennspielen). Symbole und Ziffern waren die gleichen wie beim "kleinen Lenormond", jedes Symbol war mit einem Miniatur-Kartenblatt (entweder das Ansbauer Blatt oder Bayrisch-Pariser Blatt) ergänzt. Bei dem im Anhang beschriebenen Wahrsagesystem wurden nur 32 Blatt verwendet.  
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Ebenfalls ca. 1850 erschien das "Petit Lenormand" mit 36 Karten. Dieser Spieltypus wurde niemals in Frankreich produziert, fand aber Anklang bei Kartenmachern in Deutschland, Österreich, Belgien und in der Schweiz. Detlev Hoffmann wies 1972 nach, dass das Spiel auf "Das Spiel der Hofnung, mit einer neuen Figurenkarten von 36 illum. Blättern. 2. verbesserte Auflage" (erschienen ca. 1800 bei G.P.J. Bieling in Nürnberg) zurückgeht, wobei dieses Spiel nur in der Zweitverwendung als Wahrsagespiel gedacht und eigentlich ein Rennspiel mit zwei Würfeln war, bei dem die Karten in der Reihenfolge von 1-36 ausgelegt und bespielt wurden (einzelne Zellen hatten glückliche oder unglückliche Bedeutung wie bei anderen Rennspielen). Symbole und Ziffern waren die gleichen wie beim "kleinen Lenormond", jedes Symbol war mit einem Miniatur-Kartenblatt (entweder das Ansbauer-Blatt oder Bayrisch-Pariser Blatt) ergänzt. Bei dem im Anhang beschriebenen Wahrsagesystem wurden nur 32 Blatt verwendet.  
 
    
 
    
 
Jede der Karten enthält neben Bildsymbolen, meist in biedermeierlicher Gestaltung (z. B. Reiter, Haus, Blumenstrauß usw.), auch die Abbildung einer üblichen Spielkarte im Kleinformat mit den französischen Farben. In einigen Ausgaben ist das Kartenbild durch einen Vers ersetzt, der den Kern der Kartenaussage formulieren soll.  
 
Jede der Karten enthält neben Bildsymbolen, meist in biedermeierlicher Gestaltung (z. B. Reiter, Haus, Blumenstrauß usw.), auch die Abbildung einer üblichen Spielkarte im Kleinformat mit den französischen Farben. In einigen Ausgaben ist das Kartenbild durch einen Vers ersetzt, der den Kern der Kartenaussage formulieren soll.  
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#Sarg (entspricht Karo Neun im Skatblatt) - Grundbedeutung: Ende, Krankheit
 
#Sarg (entspricht Karo Neun im Skatblatt) - Grundbedeutung: Ende, Krankheit
 
#Blumenstrauß (entspricht Pik Dame im Skatblatt) - Grundbedeutung: Geschenk, Einladung, Hoffnung, Zufriedenheit
 
#Blumenstrauß (entspricht Pik Dame im Skatblatt) - Grundbedeutung: Geschenk, Einladung, Hoffnung, Zufriedenheit
#Sense (entspricht Karo Bube im Skatblatt) - Grundbedeutung: Gefahr, Selbständiges Handeln
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#Sense (entspricht Karo Bube im Skatblatt) - Grundbedeutung: Gefahr, selbständiges Handeln
 
#Rute (entspricht Kreuz Bube im Skatblatt) - Grundbedeutung: Streit, Kommunikation
 
#Rute (entspricht Kreuz Bube im Skatblatt) - Grundbedeutung: Streit, Kommunikation
 
#Vögel (entspricht Karo Sieben im Skatblatt) - Grundbedeutung: Alltagssorgen, Aufregung, als Zahl: zwei
 
#Vögel (entspricht Karo Sieben im Skatblatt) - Grundbedeutung: Alltagssorgen, Aufregung, als Zahl: zwei
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== Sach- und Personenkarten ==
 
== Sach- und Personenkarten ==
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Die Lenormandkarten unterscheidet man in Sach- und Personenkarten. Personenkarten sind beispielsweise die Dame (Karte Nr. 29), der Herr (Karte Nr. 28), das Kind (Karte Nr. 13). Sachkarten sind das Buch (Karte Nr. 26), der Ring (Karte Nr. 25) usw. Des Weiteren gibt es auch solche, die sowohl Personen als auch Gegenstände repräsentieren. Dazu zählt z.B. der Bär (Karte Nr. 15) – er steht als Personenkarte für eine ältere Person, Chef, Anwalt oder Unternehmer; als Sachkarte gesehen steht er für Besitz, Stärke und Kraft.
  
Die Lenormandkarten unterscheidet man in Sach- und Personenkarten. Die Personenkarten sind beispielsweise die Dame (Karte Nr. 29), der Herr (Karte Nr. 28), das Kind (Karte Nr. 13). Sachkarten sind das Buch (Karte Nr. 26), der Ring (Karte Nr. 25) usw. Des Weiteren gibt es auch solche, die sowohl Personen als auch Sachen repräsentieren. Dazu zählt z. B. der Bär (Karte Nr. 15) – er steht als Personenkarte für eine ältere Person, Chef, Anwalt oder Unternehmer. Als Sachkarte gesehen, steht er für Besitz, Stärke und Kraft.
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Situationen können ebenfalls mit den Lenormandkarten dargestellt werden, wobei die Situationskarten unter die Sachkarten gezählt werden. So drückt die Sonne (Karte Nr. 31) Energie und Glück aus, die Wolken (Karte Nr. 6) bedeuten unter anderem Unklarheiten.
Situation können ebenfalls mit den Lenormandkarten dargestellt werden, wobei die Situationskarten unter die Sachkarten gezählt werden. So drückt die Sonne (Karte Nr. 31) Energie und Glück aus, die Wolken (Karte Nr. 6) bedeuten unter anderem Unklarheiten.
 
  
 
== Deutung ==
 
== Deutung ==
 
 
Die oben aufgeführten Bedeutungen entsprechen der Grundbedeutung der jeweiligen Karte; je nach Zusammenhang sind weiterführende Interpretationen möglich. Bei einer Legung werden die Bedeutungen der einzelnen Karten durch die umliegenden beeinflusst oder gar negiert.
 
Die oben aufgeführten Bedeutungen entsprechen der Grundbedeutung der jeweiligen Karte; je nach Zusammenhang sind weiterführende Interpretationen möglich. Bei einer Legung werden die Bedeutungen der einzelnen Karten durch die umliegenden beeinflusst oder gar negiert.
  

Aktuelle Version vom 17. Juli 2015, 14:33 Uhr

Einige Lenormandkarten

Lenormandkarten sind Wahrsagekarten, die nach Marie Anne Adeláide Lenormand benannt sind. Das "kleine", heute fast ausschließlich benutzte Lenormanddeck (36 Karten) erweist sich schon durch den biedermeierlichen Stil als Produkt des frühen 19. Jahrhunderts. Die "großen" Lenormandkarten (54 Karten) gehen vermutlich auf Tarotkarten von Etteilla zurück, dessen Karten Marie Anne Lenormand verwendete. Die Erstveröffentlichung der Karten erfolgte erst nach ihrem Tod.

Neben dem Tarot sind die Lenormand die beliebtesten Karten zur Weissagung mittels Kartenlegen.

Marie Anne Adélaide Lenormand

Lenormand.jpg

Marie Anne Adélaide Lenormand, gelegentlich auch Marie-Anne Le Normand (geb. 27. Mai 1772 in Alençon, Basse-Normandie; gest. 25. Juni 1843 in Paris) war eine französische Wahrsagerin.

In eine Kaufmannsfamilie geboren, wurde Lenormand in einer Klosterschule ihrer Heimatstadt von Benediktinerinnen erzogen. Zum Missfallen der Klosterschwestern beschäftigte sie sich auch mit dem Wahrsagen. Als sie im Jahre 1781 die Absetzung der Äbtissin voraussagte und diese Voraussage eintraf, wurde sie der Schule verwiesen.

1790 ließ sich Lenormand in Paris nieder und konnte sich bereits drei Jahre später, zusammen mit einer Wahrsagerin namens Madame Gilbert, mit einem Büro für Wahrsagerei selbstständig machen. Ebenfalls 1790 traf Marie Anne Lenormand mit den drei einflussreichsten Männern der Revolution, Marat, Robespierre und Saint-Just, zusammen, denen sie einen gewaltsamen Tod vorausgesagt haben soll. Eine Verhaftung durch den Wohlfahrtsausschuss schadete ihr nicht, sondern machte sie nur noch bekannter. Ab dem Jahre 1797 wohnte sie in der Rue de Tournon, betrieb dort professionell Wahrsagerei und hatte Kunden aus allen Gesellschaftsschichten. In den Jahren 1803 und 1809 wurde Marie Anne Lenormand wegen Hochverrates angeklagt und saß im Gefängnis ein, jedoch scheinen die Anklagen nicht sehr ernsthaft gewesen zu sein, da sie beide Male nur kurz inhaftiert war.

In den folgenden Jahren wurde Marie Anne Lenormand immer berühmter, selbst die französische Kaiserin Joséphine und Zar Alexander I. von Russland, den sie auf dem Aachener Kongress 1818 besuchte, zogen sie zu Rate.

Nach dem Tod des Thronerben am 14. Februar 1820 und mit der damit verbundenen Änderung der Politik Ludwigs XVIII. emigrierten viele politische Gegner nach Brüssel, unter ihnen auch Marie Anne Lenormand. Auch in Brüssel wurde sie verhaftet, diesmal unter der Anklage der Spionage. Mehrmals legte Marie Anne Lenormand Berufung ein, die jedoch jedes Mal abgelehnt wurde. Erst als einige ihrer Anhänger öffentlich Druck ausübten, kam es zu einer neuen Verhandlung; diesmal lautete das Urteil Hexerei, trotzdem wurde Marie Anne Lenormand aus der Haft entlassen. Nach der Julirevolution im Jahre 1830 zog sich Marie Anne Lenormand ins Privatleben zurück, legte nur noch für ihre Freunde die Karten und genoss ihren Reichtum. Am 25. Juni 1843 starb sie durch den Kunstfehler eines Arztes.

Die Karten

Das "Grand jeu de Mlle Lenormand" erschien 1845, zwei Jahre nach ihrem Tod, und wurde zusammen mit einer Kollektion von fünf Büchern verkauft. Die Verfasserin benutzte das Pseudonym "Mme la comtesse de ***" und der Verlag gab keinen Namen, sondern nur die Adresse "46 rue Vivienne" an. Das Spiel umfasste 54 Karten, darin enthalten eine weibliche und eine männliche Karte für den Konsultanten. Der Inhalt der fünf Bücher war recht umfassend; Astrologie, Chiromantie und andere Orakelformen wurden behandelt.

Die Kartenbilder des großen Spiels, des "astromythologischen Decks", zeigen Szenen aus der griechischen Mythologie, Sternbilder, Geomantie, 22 Buchstaben (Kabbala), 7 Talismane, Skatkarten und jeweils eine Blume (Blumensprache). Eine Variation der Karten (diesmal mit 55 Karten) wurde ca. 1850 in Deutschland von dem Verlag J.F. Aug. Reiff unter dem Namen "Wahrsage-Karten der berühmten Mlle Le Normand" produziert.

Ebenfalls ca. 1850 erschien das "Petit Lenormand" mit 36 Karten. Dieser Spieltypus wurde niemals in Frankreich produziert, fand aber Anklang bei Kartenmachern in Deutschland, Österreich, Belgien und in der Schweiz. Detlev Hoffmann wies 1972 nach, dass das Spiel auf "Das Spiel der Hofnung, mit einer neuen Figurenkarten von 36 illum. Blättern. 2. verbesserte Auflage" (erschienen ca. 1800 bei G.P.J. Bieling in Nürnberg) zurückgeht, wobei dieses Spiel nur in der Zweitverwendung als Wahrsagespiel gedacht und eigentlich ein Rennspiel mit zwei Würfeln war, bei dem die Karten in der Reihenfolge von 1-36 ausgelegt und bespielt wurden (einzelne Zellen hatten glückliche oder unglückliche Bedeutung wie bei anderen Rennspielen). Symbole und Ziffern waren die gleichen wie beim "kleinen Lenormond", jedes Symbol war mit einem Miniatur-Kartenblatt (entweder das Ansbauer-Blatt oder Bayrisch-Pariser Blatt) ergänzt. Bei dem im Anhang beschriebenen Wahrsagesystem wurden nur 32 Blatt verwendet.

Jede der Karten enthält neben Bildsymbolen, meist in biedermeierlicher Gestaltung (z. B. Reiter, Haus, Blumenstrauß usw.), auch die Abbildung einer üblichen Spielkarte im Kleinformat mit den französischen Farben. In einigen Ausgaben ist das Kartenbild durch einen Vers ersetzt, der den Kern der Kartenaussage formulieren soll.

Das kleine Deck mit 36 Karten ist im deutschsprachigen Raum verbreiteter.

Die 36 Karten des kleinen Decks im Einzelnen

  1. Reiter (entspricht Herz Neun im Skatblatt) - Grundbedeutung: Gute Nachricht, (Neu-)Anfang
  2. Klee (entspricht Karo Sechs im Skatblatt) - Grundbedeutung: Glück, Zeitfaktor: Schnell
  3. Schiff (entspricht Pik Zehn im Skatblatt) - Grundbedeutung: Reise, auch Ereignisse auf sich zukommen lassen
  4. Haus (entspricht Herz König im Skatblatt) - Grundbedeutung: Stabilität, Haus, Familie, Autorität (auch als Personenkarte)
  5. Baum (entspricht Herz Sieben im Skatblatt) - Grundbedeutung: Gesundheit, Leben, Zeitfaktor: lange
  6. Wolken (entspricht Kreuz König im Skatblatt) - Grundbedeutung: Unklarheiten, Schwierigkeiten
  7. Schlange (entspricht Kreuz Dame im Skatblatt) - Grundbedeutung: Verwicklungen, List, Verführung
  8. Sarg (entspricht Karo Neun im Skatblatt) - Grundbedeutung: Ende, Krankheit
  9. Blumenstrauß (entspricht Pik Dame im Skatblatt) - Grundbedeutung: Geschenk, Einladung, Hoffnung, Zufriedenheit
  10. Sense (entspricht Karo Bube im Skatblatt) - Grundbedeutung: Gefahr, selbständiges Handeln
  11. Rute (entspricht Kreuz Bube im Skatblatt) - Grundbedeutung: Streit, Kommunikation
  12. Vögel (entspricht Karo Sieben im Skatblatt) - Grundbedeutung: Alltagssorgen, Aufregung, als Zahl: zwei
  13. Kind (entspricht Pik Bube im Skatblatt) - Grundbedeutung: Neuanfang, auch Naivität, Kind
  14. Fuchs (entspricht Kreuz Neun im Skatblatt) - Grundbedeutung: Betrug, Lügen
  15. Bär (entspricht Kreuz Zehn im Skatblatt) - Grundbedeutung: Personenkarte, oft der Chef, ältere oder offizielle Person, auch Stärke, Macht, Besitz
  16. Sterne (entspricht Herz Sechs im Skatblatt) - Grundbedeutung: Klarheit, Eingebung, das große Glück
  17. Storch (entspricht Herz Dame im Skatblatt) - Grundbedeutung: Veränderungen, eine Reise machen, umziehen, Jobwechsel, Flexibilität.
  18. Hund (entspricht Herz Zehn im Skatblatt) - Grundbedeutung: männliche Personenkarte, auch Treue, Freundschaft, Zeitfaktor: dauerhaft
  19. Turm (entspricht Pik Sechs im Skatblatt) - Grundbedeutung: oft Behörde oder Amt, auch Einsamkeit oder Trennung, als Personenkarte: Person in führender Position.
  20. Park (entspricht Pik Acht im Skatblatt) - Grundbedeutung: Öffentlichkeit, Publikum, Kundschaft, Treffen
  21. Berg (entspricht Kreuz Acht im Skatblatt) - Grundbedeutung: Blockade oder Hindernis, Hemmungen, Frust
  22. Weg (entspricht Karo Dame im Skatblatt) - Grundbedeutung: Eine Entscheidung steht an, Wahl.
  23. Mäuse (entspricht Kreuz Sieben im Skatblatt) - Grundbedeutung: etwas «nagt» an einem, Verlust, Diebstahl.
  24. Herz (entspricht Herz Bube Dame im Skatblatt) - Grundbedeutung: Liebe, Glück, Partnerschaft.
  25. Ring (entspricht Kreuz Ass im Skatblatt) - Grundbedeutung: Partnerschaft, Ehe, auch Verträge oder Abmachung.
  26. Buch (entspricht Karo Zehn im Skatblatt) - Grundbedeutung: Geheimnis oder Verschlossenheit, Bildung
  27. Brief (entspricht Pik Sieben im Skatblatt) - Grundbedeutung: Nachricht, Telefonat, E-Mail, auch Oberflächlichkeit.
  28. Herr (entspricht Herz Ass im Skatblatt) - Grundbedeutung: Fragesteller oder Herzensmann
  29. Dame (entspricht Pik Ass im Skatblatt) - Grundbedeutung: Fragestellerin oder Herzensdame
  30. Lilie (entspricht Pik König im Skatblatt) - Grundbedeutung: Harmonie, Sexualität, Familie
  31. Sonne (entspricht Karo Ass im Skatblatt) - Grundbedeutung: Wärme, Energie, Kreativität
  32. Mond (entspricht Herz Acht im Skatblatt) - Grundbedeutung: Seelenspiegel, Gefühle, Intuition
  33. Schlüssel (entspricht Karo Acht im Skatblatt) - Grundbedeutung: Sicherheit, Erfolg, Erfüllung.
  34. Fische (entspricht Karo König im Skatblatt) - Grundbedeutung: Finanzen, Besitz, Psyche
  35. Anker (entspricht Pik Neun im Skatblatt) - Grundbedeutung: Arbeit, Beruf, fleißig sein, sich festlegen.
  36. Kreuz (entspricht Kreuz Sechs im Skatblatt) - Grundbedeutung: Schicksal, Belastung, Bürde, Karma

Sach- und Personenkarten

Die Lenormandkarten unterscheidet man in Sach- und Personenkarten. Personenkarten sind beispielsweise die Dame (Karte Nr. 29), der Herr (Karte Nr. 28), das Kind (Karte Nr. 13). Sachkarten sind das Buch (Karte Nr. 26), der Ring (Karte Nr. 25) usw. Des Weiteren gibt es auch solche, die sowohl Personen als auch Gegenstände repräsentieren. Dazu zählt z.B. der Bär (Karte Nr. 15) – er steht als Personenkarte für eine ältere Person, Chef, Anwalt oder Unternehmer; als Sachkarte gesehen steht er für Besitz, Stärke und Kraft.

Situationen können ebenfalls mit den Lenormandkarten dargestellt werden, wobei die Situationskarten unter die Sachkarten gezählt werden. So drückt die Sonne (Karte Nr. 31) Energie und Glück aus, die Wolken (Karte Nr. 6) bedeuten unter anderem Unklarheiten.

Deutung

Die oben aufgeführten Bedeutungen entsprechen der Grundbedeutung der jeweiligen Karte; je nach Zusammenhang sind weiterführende Interpretationen möglich. Bei einer Legung werden die Bedeutungen der einzelnen Karten durch die umliegenden beeinflusst oder gar negiert.

Weblinks

Dieser Text ist teilweise oder vollständig der deutschen Wikipedia entnommen