Krebsdiät nach Coy: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Krebsdiät nach Coy''' (''Ernährung nach Coy'', ''TKTL1-Ernährungstherapie'' oder ''Tavarlin-Kost'') ist ein diätetisches Behandlungskonzept im Sinne einer [[Krebsdiät|Anti-Krebs-Ernährung]] des promovierten Biologen, Bestsellerautors und Medizingeschäftsmannes (Vorstand Tavarlin AG) Johannes Coy aus Darmstadt. Aufmerksamkeit erfuhr die umstrittene Methode insbesondere durch eine groß aufgemachte Berichterstattung in einer Artikelserie der Bild-Zeitung im September 2009<ref>Bildzeitung: ''Dr. Johannes Coy erklärt, wie Sie wirksam Krebs vorbeugen'', ''Der Tagesplan für die Anti-Krebs-Ernährung''. 3.9.2009</ref> sowie unkritischen Jubelartikeln mit Nennung von Prominenten in Bunte<ref>''Sensationell: Die Anti-Krebsernährung. Entziehen Sie Krebszellen den Treibstoff !'', Bunte, Heft 38 vom 10.9.2009</ref>, Gong<ref>''Die besten Lebensmittel gegen Krebs'' - ''Richtig essen stoppt Krebs'', Gong, 4.9.2009</ref> und Bella.  
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Die '''Krebsdiät nach Coy''' (''Ernährung nach Coy'', ''TKTL1-Ernährungstherapie'' oder ''Tavarlin-Kost'') ist ein diätetisches Behandlungskonzept im Sinne einer [[Krebsdiät|Anti-Krebs-Ernährung]] des promovierten Biologen, Bestsellerautors und Medizingeschäftsmannes (Vorstand Tavarlin&nbsp;AG) Johannes Coy aus Darmstadt. Aufmerksamkeit erfuhr die umstrittene Methode insbesondere durch eine groß aufgemachte Berichterstattung in einer Artikelserie der Bild-Zeitung im September 2009<ref>Bildzeitung: ''Dr. Johannes Coy erklärt, wie Sie wirksam Krebs vorbeugen'', ''Der Tagesplan für die Anti-Krebs-Ernährung''. 3.9.2009</ref> sowie unkritischen Jubelartikeln mit Nennung von Prominenten in Bunte<ref>''Sensationell: Die Anti-Krebsernährung. Entziehen Sie Krebszellen den Treibstoff !'', Bunte, Heft 38 vom 10.9.2009</ref>, Gong<ref>''Die besten Lebensmittel gegen Krebs'' - ''Richtig essen stoppt Krebs'', Gong, 4.9.2009</ref> und Bella.  
  
 
Ein wissenschaftlicher Nachweis einer Wirksamkeit bei Krebserkrankungen liegt für diese Methode bis heute nicht vor. Ebenso liegt keine Empfehlung einer Fachgesellschaft zu dieser Methode vor.
 
Ein wissenschaftlicher Nachweis einer Wirksamkeit bei Krebserkrankungen liegt für diese Methode bis heute nicht vor. Ebenso liegt keine Empfehlung einer Fachgesellschaft zu dieser Methode vor.
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Laut Coy spreche für seine Methode die angebliche Beobachtung, dass Inuit, die über Fleisch und Fisch viele Omega-3-Fettsäuren aber kaum Kohlenhydrate verzehrten, nicht an Krebs, Alzheimer, Diabetes oder Herzinfarkt sterben würden. Krebs in seiner aggressiven Form, als metastasierender Krebs, komme laut Coy daher hauptsächlich ''nur beim Menschen mit westlicher Lebensweise'' und einigen von ihm gefütterten Haustieren vor. Bei allen anderen Lebewesen stelle Krebs kein entscheidendes Problem dar und der Tod durch Krebs beschränke sich im Wesentlichen auf wenige Lebewesen: den Menschen mit "westlicher Lebensweise", den Hund, die Hauskatze und im Labor gehaltene Tiere, die der Mensch füttert (Labormaus, Laborratte).  
 
Laut Coy spreche für seine Methode die angebliche Beobachtung, dass Inuit, die über Fleisch und Fisch viele Omega-3-Fettsäuren aber kaum Kohlenhydrate verzehrten, nicht an Krebs, Alzheimer, Diabetes oder Herzinfarkt sterben würden. Krebs in seiner aggressiven Form, als metastasierender Krebs, komme laut Coy daher hauptsächlich ''nur beim Menschen mit westlicher Lebensweise'' und einigen von ihm gefütterten Haustieren vor. Bei allen anderen Lebewesen stelle Krebs kein entscheidendes Problem dar und der Tod durch Krebs beschränke sich im Wesentlichen auf wenige Lebewesen: den Menschen mit "westlicher Lebensweise", den Hund, die Hauskatze und im Labor gehaltene Tiere, die der Mensch füttert (Labormaus, Laborratte).  
  
Traubenzucker soll nach Coys Sichtweise der einzig "effektive" Energielieferant der Krebszellen sein; so könnten Krebszellen angeblich nicht auf die Energiereserven von Körperfett zurückgreifen, weil [[Mitochondrienmedizin|"die Mitochondrien abgeschaltet" oder "funktionsuntüchtig"]] geworden seien. Tumorzellen sollen nach dieser Theorie ihren Energiebedarf durch die Zuckervergärung ohne Sauerstoffverbrauch (unter Bildung von Milchsäure) decken. Bei der Vergärung werden aus einem Molekül Glukose jedoch nur 2 Moleküle ATP gebildet, bei der vollständigen Oxidation mit Sauerstoff entstehen aus einem Molekül Glukose jedoch 36 Moleküle ATP. Die Vergärung ist demnach weniger effektiv. Eine entsprechende Hypothese war bereits in den 1920ern von [[Warburg Hypothese|Otto Warburg]] (1883 -1970) geäussert worden, aber eine praktische Anwendung konnte daraus nicht abgeleitet werden. Zahlreiche neuere Forschungsergebnisse widersprechen außerdem inzwischen dieser Darstellung <ref name="DKS">http://www.krebsgesellschaft.de/download/stellungnahme_anti_tktl1_-_diaet_18_03_10.pdf</ref>.
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Traubenzucker soll nach Coys Sichtweise der einzig "effektive" Energielieferant der Krebszellen sein; so könnten Krebszellen angeblich nicht auf die Energiereserven von Körperfett zurückgreifen, weil [[Mitochondrienmedizin|"die Mitochondrien abgeschaltet" oder "funktionsuntüchtig"]] geworden seien. Tumorzellen sollen nach dieser Theorie ihren Energiebedarf durch die Zuckervergärung ohne Sauerstoffverbrauch (unter Bildung von Milchsäure) decken. Bei der Vergärung werden aus einem Molekül Glukose jedoch nur 2&nbsp;Moleküle ATP gebildet, bei der vollständigen Oxidation mit Sauerstoff entstehen aus einem Molekül Glukose jedoch 36&nbsp;Moleküle ATP. Die Vergärung ist demnach weniger effektiv. Eine entsprechende Hypothese war bereits in den 1920ern von [[Warburg-Hypothese|Otto Warburg]] (1883 - 1970) geäußert worden, aber eine praktische Anwendung konnte daraus nicht abgeleitet werden. Zahlreiche neuere Forschungsergebnisse widersprechen außerdem inzwischen dieser Darstellung <ref name="DKS">http://www.krebsgesellschaft.de/download/stellungnahme_anti_tktl1_-_diaet_18_03_10.pdf</ref>.
  
Laut Coy seien Diabetiker aufgrund der hohen Blutzuckerwerten auch für Krebs anfälliger. Ählich argumentiert die alternativmedizinische [[Insulinpotenzierte Therapie]] (IPT, Insulin Potentation Therapy) welche jedoch nicht diätetisch, sondern durch den Einsatz von überdosiertem Insulin eine Unterzuckerung (Hypoglykämie) des gesamten Körpers bewirken will, die sich nach Angaben der Befürworter dieser Methode auch auf Tumorzellen auswirke. Diese würden durch die therapeutische Hypoglykämie quasi ausgehungert. Des Weiteren soll Traubenzucker sogar als krebsauslösende Substanz dienen und Auslöser anderer Krankheiten wie die der Multiplen Sklerose sein. Belege für diese Aussenseitermeinung gibt es nicht. Zwar ergaben epidemiologische Untersuchungen tatsächlich ein erhöhtes Krebsrisiko bei Diabetikern, dies stand aber nach derzeitigem Wissen im Zusammenhang mit bestimmten Insulinpräparaten, während andere Insuline oder Diabetesmedikamente das Krebsrisiko gar nicht oder nur gering erhöhten, und manchmal sogar das Krebsrisiko von Diabetikern senkten.<ref>Chang CH et al., PloS one 2011.</ref><ref>Wilson C, Nature reviews 2011</ref><ref>Buchs AE et al, Metabolism: clinical and experimental 2011</ref>. Andere Autoren führen die höhere Entdeckungsrate von Krebs bei Diabetikern auf die engmaschige medizinische Betreuung und Kontrolluntersuchungen zurück, die im Rahmen des Diabetes durchgeführt werden - so werden die meisten Krebserkrankungen von Diabetikern innerhalb der ersten Monate nach Erstdiagnose des Diabetes entdeckt<ref>Johnson JA et al., Diabetologica 2011</ref>
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Laut Coy seien Diabetiker aufgrund der hohen Blutzuckerwerten auch für Krebs anfälliger. Ählich argumentiert die alternativmedizinische [[Insulinpotenzierte Therapie]] (IPT, Insulin Potentation Therapy) welche jedoch nicht diätetisch, sondern durch den Einsatz von überdosiertem Insulin eine Unterzuckerung (Hypoglykämie) des gesamten Körpers bewirken will, die sich nach Angaben der Befürworter dieser Methode auch auf Tumorzellen auswirke. Diese würden durch die therapeutische Hypoglykämie quasi ausgehungert. Des Weiteren soll Traubenzucker sogar als krebsauslösende Substanz dienen und Auslöser anderer Krankheiten wie die der Multiplen Sklerose sein. Belege für diese Außenseitermeinung gibt es nicht. Zwar ergaben epidemiologische Untersuchungen tatsächlich ein erhöhtes Krebsrisiko bei Diabetikern, dies stand aber nach derzeitigem Wissen im Zusammenhang mit bestimmten Insulinpräparaten, während andere Insuline oder Diabetesmedikamente das Krebsrisiko gar nicht oder nur gering erhöhten, und manchmal sogar das Krebsrisiko von Diabetikern senkten.<ref>Chang CH et al., PloS one 2011.</ref><ref>Wilson C, Nature reviews 2011</ref><ref>Buchs AE et al, Metabolism: clinical and experimental 2011</ref>. Andere Autoren führen die höhere Entdeckungsrate von Krebs bei Diabetikern auf die engmaschige medizinische Betreuung und Kontrolluntersuchungen zurück, die im Rahmen des Diabetes durchgeführt werden - so werden die meisten Krebserkrankungen von Diabetikern innerhalb der ersten Monate nach Erstdiagnose des Diabetes entdeckt<ref>Johnson JA et al., Diabetologica 2011</ref>
  
 
==Bedeutung von TKTL1 in der Coy-Diät==
 
==Bedeutung von TKTL1 in der Coy-Diät==
[[image:TKTL1.jpg|Quelle:<ref>http://www.dermatologie-frankfurt.de/docs/coy_et_al_clin_lab_2005.pdf</ref>|thumb]] Um herauszufinden, ob eine bestimmte Tumorart für seine Ernährungsempfehlung empfindlich sei, muss ein von Coy entwickelter Test (siehe unten) durchgeführt werden, der anzeigen soll, ob das TKTL1-Gen im Tumorgewebe aktiv ist oder nicht. Das von Coy im Jahr 1995 selbst entdeckte TKTL1-Gen (Transketolase-like 1), wird von Befürworten sowohl für die Entwicklung einer Krebszelle hin zu einer besonderen agressiven Form als auch für die Metatstasierung verantwortlich gemacht. TKTL-1 aktive Tumorzellen sollen nach dieser Theorie ihren Energiebedarf durch die weniger effektive Zuckervergärung ohne Sauerstoffverbrauch (unter Bildung von Milchsäure) decken.
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[[image:TKTL1.jpg|Quelle:<ref>http://www.dermatologie-frankfurt.de/docs/coy_et_al_clin_lab_2005.pdf</ref>|thumb]] Um herauszufinden, ob eine bestimmte Tumorart für seine Ernährungsempfehlung empfindlich sei, muss ein von Coy entwickelter Test (siehe unten) durchgeführt werden, der anzeigen soll, ob das TKTL1-Gen im Tumorgewebe aktiv ist oder nicht. Das von Coy im Jahr 1995 selbst entdeckte TKTL1-Gen (Transketolase-like 1), wird von Befürworten sowohl für die Entwicklung einer Krebszelle hin zu einer besonderen aggressiven Form als auch für die Metastasierung verantwortlich gemacht. TKTL-1 aktive Tumorzellen sollen nach dieser Theorie ihren Energiebedarf durch die weniger effektive Zuckervergärung ohne Sauerstoffverbrauch (unter Bildung von Milchsäure) decken.
  
 
===Enzyme Transketolase und Transketolase-like-1===
 
===Enzyme Transketolase und Transketolase-like-1===
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===EDIM TKTL1 Bluttest===
 
===EDIM TKTL1 Bluttest===
Der EDIM-TKTL1-Bluttest soll Aufschluß darüber geben, ob beim Patienten das Enzym TKTL1 nachweisbar ist. Befürworter glauben, mit diesem Test "besonders aggressive Krebszellen" erkennen und frühzeitig Hinweise auf Rezidive erhalten zu können. In Frankfurt a. M. bietet (offenbar als einziges Labor in Deutschland) eine "Gemeinschaftspraxis Pathologie Franfurt a. M." einen TKTL1 - Nachweis an.
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Der EDIM-TKTL1-Bluttest soll Aufschluss darüber geben, ob beim Patienten das Enzym TKTL1 nachweisbar ist. Befürworter glauben, mit diesem Test "besonders aggressive Krebszellen" erkennen und frühzeitig Hinweise auf Rezidive erhalten zu können. In Frankfurt&nbsp;a.M. bietet (offenbar als einziges Labor in Deutschland) eine "Gemeinschaftspraxis Pathologie Franfurt&nbsp;a.M." einen TKTL1-Nachweis an.
  
 
In einer Stellungnahme zur "anti TKTL1-Diät" vom März 2010 schreibt die Deutsche Krebsgesellschaft: ''"Die Funktionen der TKTL1 bei einer Tumorerkrankung sind nicht geklärt [..] Die TKTL1 ist nicht tumorspezifisch und ist auch in Normalgeweben nachweisbar."'' Im Text heißt es weiter: ''"Die scheinbare enzymatische Aktivität des Proteins TKTL 1 ist nur in einem indirekten, gekoppelten Assay [..] beschrieben, nicht jedoch wie für Enzyme üblich durch den eindeutigen direkten analytischen Nachweis [..] Ein Nachweis von aktivierten Makrophagen (z.B. TKTL1 (EDIM Test)), [..] ist ein unspezifischer Hinweis, mit dem kein sicherer Rückschluss weder auf einen vorhandenen Tumor noch auf bestimmte Tumoreigenschaften möglich ist."''<ref name="DKS"/>
 
In einer Stellungnahme zur "anti TKTL1-Diät" vom März 2010 schreibt die Deutsche Krebsgesellschaft: ''"Die Funktionen der TKTL1 bei einer Tumorerkrankung sind nicht geklärt [..] Die TKTL1 ist nicht tumorspezifisch und ist auch in Normalgeweben nachweisbar."'' Im Text heißt es weiter: ''"Die scheinbare enzymatische Aktivität des Proteins TKTL 1 ist nur in einem indirekten, gekoppelten Assay [..] beschrieben, nicht jedoch wie für Enzyme üblich durch den eindeutigen direkten analytischen Nachweis [..] Ein Nachweis von aktivierten Makrophagen (z.B. TKTL1 (EDIM Test)), [..] ist ein unspezifischer Hinweis, mit dem kein sicherer Rückschluss weder auf einen vorhandenen Tumor noch auf bestimmte Tumoreigenschaften möglich ist."''<ref name="DKS"/>
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Johannes Coy (geb. 15. Dezember 1963) studierte Biologie in Tübingen und arbeitete von 1990 bis 2001 am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. 1995 entdeckte er das Enzym TKTL1.
 
Johannes Coy (geb. 15. Dezember 1963) studierte Biologie in Tübingen und arbeitete von 1990 bis 2001 am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. 1995 entdeckte er das Enzym TKTL1.
  
2001 wurde Coy für die Biotech-Firma mtm laboratories AG im Bereich der Entwicklung neuer Krebsfrüherkennungstests tätig. 2004 wechselte er als Leiter der Onkologie zur R-Biopharm AG nach Darmstadt. 2003 gründete Coy die Firma Tavartis GmbH zur Entwicklung von Krebsdiagnostika. 2006 gründet Coy das pharmazeutische Unternehmen Tavargenix GmbH, das ein Anti-TKTL1-Medikament zur Therapie von Krebserkrankungen entwickelte. 2008 gründete er mit Investoren die Tavarlin AG, die Tests zum TKTL-Nachweis und weitere Produkte wie Lebensmittel anbietet.
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2001 wurde Coy für die Biotech-Firma mtm laboratories&nbsp;AG im Bereich der Entwicklung neuer Krebsfrüherkennungstests tätig. 2004 wechselte er als Leiter der Onkologie zur R-Biopharm&nbsp;AG nach Darmstadt. 2003 gründete Coy die Firma Tavartis GmbH zur Entwicklung von Krebsdiagnostika. 2006 gründet Coy das pharmazeutische Unternehmen Tavargenix GmbH, das ein Anti-TKTL1-Medikament zur Therapie von Krebserkrankungen entwickelte. 2008 gründete er mit Investoren die Tavarlin&nbsp;AG, die Tests zum TKTL-Nachweis und weitere Produkte wie Lebensmittel anbietet.
  
 
Coy ist ehrenamtlich für die Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik e.V. in Aachen tätig.
 
Coy ist ehrenamtlich für die Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik e.V. in Aachen tätig.
  
==Tavarlin AG==
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==Tavarlin&nbsp;AG==
Die Firma Tavarlin AG in Darmstadt ist Anbieter von Produkten zur Krebsdiät nach Coy. Angeboten werden KH-armes Brot, Fette, Büffel-Salami, Kakao-Kekse, Kakao-Creme, Erdbeermarmelade, Bierwurst, Nusskuchen und weitere Produkte. Die Tavarlin AG wurde im November 2007 durch Johannes Coy zusammen mit privaten Investoren gegründet, um bestimmte passende Produkte und eine proprietäre Diagnostik zu vermarkten.
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Die Firma Tavarlin&nbsp;AG in Darmstadt ist Anbieter von Produkten zur Krebsdiät nach Coy. Angeboten werden KH-armes Brot, Fette, Büffel-Salami, Kakao-Kekse, Kakao-Creme, Erdbeermarmelade, Bierwurst, Nusskuchen und weitere Produkte. Die Tavarlin AG wurde im November 2007 durch Johannes Coy zusammen mit privaten Investoren gegründet, um bestimmte passende Produkte und eine proprietäre Diagnostik zu vermarkten.
  
 
==Patente==
 
==Patente==

Version vom 7. Juni 2012, 23:10 Uhr

Bild-Titel vom 1. September 2009

Die Krebsdiät nach Coy (Ernährung nach Coy, TKTL1-Ernährungstherapie oder Tavarlin-Kost) ist ein diätetisches Behandlungskonzept im Sinne einer Anti-Krebs-Ernährung des promovierten Biologen, Bestsellerautors und Medizingeschäftsmannes (Vorstand Tavarlin AG) Johannes Coy aus Darmstadt. Aufmerksamkeit erfuhr die umstrittene Methode insbesondere durch eine groß aufgemachte Berichterstattung in einer Artikelserie der Bild-Zeitung im September 2009[1] sowie unkritischen Jubelartikeln mit Nennung von Prominenten in Bunte[2], Gong[3] und Bella.

Ein wissenschaftlicher Nachweis einer Wirksamkeit bei Krebserkrankungen liegt für diese Methode bis heute nicht vor. Ebenso liegt keine Empfehlung einer Fachgesellschaft zu dieser Methode vor.

Methode

Titel eines Buchs von Coy

Die "Ernährungsweise nach Coy" entspricht einer Öl- und proteinreichen Diät mit möglichst geringem Anteil an Kohlenhydraten. Nach Coy soll der erhöhte Zuckerverbrauch von Krebszellen diese angreifbar machen - und zwar durch das Meiden von Lebensmitteln, die durch die Verdauung viel Traubenzucker zur Verfügung stellen. Laut Coy solle seine Methode zu einer Art "Aushungerung"[4] von Krebszellen beitragen. Coy behauptet, dadurch sowohl einen Schutzeffekt vor Krebs als auch eine Wirksamkeit bei bereits eingetretener Krebskrankheit zu erzielen. Durch die Anwendung seiner Methode ließen sich außerdem die Streuung von Tumorzellen (Metastasierung) und eine körperliche Auszehrung (Kachexie) der Patienten verhindern, sowie Nebenwirkungen der Chemotherapie mildern.

Die Ernährungsempfehlung ähnelt der ketogenen Ernährung, der "Glyx-Diät", Öl-Eiweißkost nach Budwig und "low carb"-Diäten wie die Atkins-Diät oder die Montignac-Methode, die meist zur Gewichtsreduktion bei Übergewicht angewandt werden. Eine Ähnlichkeit zeigt sich auch zur so genannten Steinzeitdiät. Etwa 60 bis 70 Gramm Kohlenhydrate pro Tag werden in der Coy-Diät als Obergrenze angesehen. Verboten sind insbesondere Nudeln, Kartoffeln, Bananen, oder Käse. Empfohlen wird dagegen Fleisch und Fisch, was wiederum im Gegensatz zu vielen anderen Ernährungsempfehlungen bei Krebs steht.

Außerdem empfiehlt Coy die Einnahme ungehärteter Pflanzenöle wie Lein-, Hanf- oder Rapsöl sowie die Ernährung mit Kaltwasserfischen wie Hering, Makrele oder Lachs. Auf diese Weise sollen vermehrt ungesättigte Omega-3-Fettsäuren aufgenommen werden. Coy geht bei der Darstellung seiner Methode selten darauf ein, dass tumorwachstumsfördernde Omega-6-Fettsäuren mit einer ölreichen Diät ebenfalls vermehrt aufgenommen werden. Auch vergorene Lebensmittel mit viel Milchsäure und wenig Kohlenhydraten seien hilfreich, da sie den Gärungsstoffwechsel von Tumorzellen hemmen sollen. Diese Überlegung scheint auch die Basis über angebliche krebshemmende Eigenschaften des diätetischen Lebensmittels Avemar zu sein.

Rationale der Coy-Diät

Laut Coy spreche für seine Methode die angebliche Beobachtung, dass Inuit, die über Fleisch und Fisch viele Omega-3-Fettsäuren aber kaum Kohlenhydrate verzehrten, nicht an Krebs, Alzheimer, Diabetes oder Herzinfarkt sterben würden. Krebs in seiner aggressiven Form, als metastasierender Krebs, komme laut Coy daher hauptsächlich nur beim Menschen mit westlicher Lebensweise und einigen von ihm gefütterten Haustieren vor. Bei allen anderen Lebewesen stelle Krebs kein entscheidendes Problem dar und der Tod durch Krebs beschränke sich im Wesentlichen auf wenige Lebewesen: den Menschen mit "westlicher Lebensweise", den Hund, die Hauskatze und im Labor gehaltene Tiere, die der Mensch füttert (Labormaus, Laborratte).

Traubenzucker soll nach Coys Sichtweise der einzig "effektive" Energielieferant der Krebszellen sein; so könnten Krebszellen angeblich nicht auf die Energiereserven von Körperfett zurückgreifen, weil "die Mitochondrien abgeschaltet" oder "funktionsuntüchtig" geworden seien. Tumorzellen sollen nach dieser Theorie ihren Energiebedarf durch die Zuckervergärung ohne Sauerstoffverbrauch (unter Bildung von Milchsäure) decken. Bei der Vergärung werden aus einem Molekül Glukose jedoch nur 2 Moleküle ATP gebildet, bei der vollständigen Oxidation mit Sauerstoff entstehen aus einem Molekül Glukose jedoch 36 Moleküle ATP. Die Vergärung ist demnach weniger effektiv. Eine entsprechende Hypothese war bereits in den 1920ern von Otto Warburg (1883 - 1970) geäußert worden, aber eine praktische Anwendung konnte daraus nicht abgeleitet werden. Zahlreiche neuere Forschungsergebnisse widersprechen außerdem inzwischen dieser Darstellung [5].

Laut Coy seien Diabetiker aufgrund der hohen Blutzuckerwerten auch für Krebs anfälliger. Ählich argumentiert die alternativmedizinische Insulinpotenzierte Therapie (IPT, Insulin Potentation Therapy) welche jedoch nicht diätetisch, sondern durch den Einsatz von überdosiertem Insulin eine Unterzuckerung (Hypoglykämie) des gesamten Körpers bewirken will, die sich nach Angaben der Befürworter dieser Methode auch auf Tumorzellen auswirke. Diese würden durch die therapeutische Hypoglykämie quasi ausgehungert. Des Weiteren soll Traubenzucker sogar als krebsauslösende Substanz dienen und Auslöser anderer Krankheiten wie die der Multiplen Sklerose sein. Belege für diese Außenseitermeinung gibt es nicht. Zwar ergaben epidemiologische Untersuchungen tatsächlich ein erhöhtes Krebsrisiko bei Diabetikern, dies stand aber nach derzeitigem Wissen im Zusammenhang mit bestimmten Insulinpräparaten, während andere Insuline oder Diabetesmedikamente das Krebsrisiko gar nicht oder nur gering erhöhten, und manchmal sogar das Krebsrisiko von Diabetikern senkten.[6][7][8]. Andere Autoren führen die höhere Entdeckungsrate von Krebs bei Diabetikern auf die engmaschige medizinische Betreuung und Kontrolluntersuchungen zurück, die im Rahmen des Diabetes durchgeführt werden - so werden die meisten Krebserkrankungen von Diabetikern innerhalb der ersten Monate nach Erstdiagnose des Diabetes entdeckt[9]

Bedeutung von TKTL1 in der Coy-Diät

Quelle:[10]

Um herauszufinden, ob eine bestimmte Tumorart für seine Ernährungsempfehlung empfindlich sei, muss ein von Coy entwickelter Test (siehe unten) durchgeführt werden, der anzeigen soll, ob das TKTL1-Gen im Tumorgewebe aktiv ist oder nicht. Das von Coy im Jahr 1995 selbst entdeckte TKTL1-Gen (Transketolase-like 1), wird von Befürworten sowohl für die Entwicklung einer Krebszelle hin zu einer besonderen aggressiven Form als auch für die Metastasierung verantwortlich gemacht. TKTL-1 aktive Tumorzellen sollen nach dieser Theorie ihren Energiebedarf durch die weniger effektive Zuckervergärung ohne Sauerstoffverbrauch (unter Bildung von Milchsäure) decken.

Enzyme Transketolase und Transketolase-like-1

Das Enzym Transketolase (TKT) ist ein Enzym, das eine Rolle im Zuckerstoffwechsel, in der DNA- und in der RNASynthese spielt. Es katalysiert einen Reaktionschritt, bei dem eine Ketolgruppe von Xylulose-5-phosphat auf ein Aldol überträgt (beispielsweise Ribose-5-phosphat). Diese Reaktion verbindet die Glykolyse mit dem biochemischen Pentosephosphatweg. Mutationen am TKT-Gen führen zum Mangel an Transketolase-Aktivität, was zusammen mit Mangel an ihrem Coenzym Thiamin (Vitamin B1) zum Wernicke-Korsakow-Syndrom bei Alkoholikern führt. Das Enzym TKTL-1 kommt in mindestens drei verschiedenen Isoenzymformen im menschlichen Körper vor und ist mit dem Enzym Transketolase (siehe Citratzyklus) verwandt.

EDIM TKTL1 Bluttest

Der EDIM-TKTL1-Bluttest soll Aufschluss darüber geben, ob beim Patienten das Enzym TKTL1 nachweisbar ist. Befürworter glauben, mit diesem Test "besonders aggressive Krebszellen" erkennen und frühzeitig Hinweise auf Rezidive erhalten zu können. In Frankfurt a.M. bietet (offenbar als einziges Labor in Deutschland) eine "Gemeinschaftspraxis Pathologie Franfurt a.M." einen TKTL1-Nachweis an.

In einer Stellungnahme zur "anti TKTL1-Diät" vom März 2010 schreibt die Deutsche Krebsgesellschaft: "Die Funktionen der TKTL1 bei einer Tumorerkrankung sind nicht geklärt [..] Die TKTL1 ist nicht tumorspezifisch und ist auch in Normalgeweben nachweisbar." Im Text heißt es weiter: "Die scheinbare enzymatische Aktivität des Proteins TKTL 1 ist nur in einem indirekten, gekoppelten Assay [..] beschrieben, nicht jedoch wie für Enzyme üblich durch den eindeutigen direkten analytischen Nachweis [..] Ein Nachweis von aktivierten Makrophagen (z.B. TKTL1 (EDIM Test)), [..] ist ein unspezifischer Hinweis, mit dem kein sicherer Rückschluss weder auf einen vorhandenen Tumor noch auf bestimmte Tumoreigenschaften möglich ist."[5]

Rezeption

Thema bei Gong
Thema bei Bunte

Der SWR äußerte sich im September 2009 kritisch zur Krebsdiät nach Coy. Im Internet konnte in der (inzwischen gelöschten) Zusammenfassung gelesen werden:[11]

In seinem Buch "Die neue Anti-Krebs-Ernährung" stellt der Krebsforscher Johannes Coy ein Ernährungskonzept vor, das angeblich vor Krebs schützen soll. Die Grundannahme: Möglichst wenig Kohlenhydrate in der Ernährung senken das Risiko an Krebs zu erkranken. Auf der "roten Liste" stehen unter anderem Nudeln, Kartoffeln, Bananen, Käse und Nüsse. Um seine Seriosität zu belegen, beruft sich Coy auf das renommierte Krebsforschungszentrum in Heidelberg, für das er selbst einige Jahre gearbeitet hat. Aber dort will man nichts von Coy und seiner neuen Anti-Krebs-Diät wissen: Was die größte deutsche Boulevardzeitung da – wieder mal – schreibt, hat mit dem Krebsforschungszentrum und seriöser Forschung nichts zu tun. Eine schlichte Internet-Recherche zeigt: Hinter der neuen, vermeintlichen Anti-Krebs-Diät stecken ganz simple finanzielle Interessen.

Berichterstattung in der Boulevardpresse

Die Coy-Methode wurde in der Boulevardpresse mehrfach völlig unkritisch thematisiert, mit einem Höhepunkt der Berichterstattungen im Jahre 2009. Den staunenden Lesen wurde dabei vermittelt, dass man mit der Methode "Krebszellen vorsorglich aushungern", im Blut schwimmende "Zuckerjunkies" beseitigen und mit Hilfe der Coy-Methode eine "Krebszellen-Reinigungs-Kur [...] ohne Risiko und Nebenwirkungen" machen könne. Belege wurden dazu nicht genannt. Stattdessen finden sich Hinweise zum Anbieter entsprechender Bluttests.

Johannes Coy

Johannes Coy

Johannes Coy (geb. 15. Dezember 1963) studierte Biologie in Tübingen und arbeitete von 1990 bis 2001 am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. 1995 entdeckte er das Enzym TKTL1.

2001 wurde Coy für die Biotech-Firma mtm laboratories AG im Bereich der Entwicklung neuer Krebsfrüherkennungstests tätig. 2004 wechselte er als Leiter der Onkologie zur R-Biopharm AG nach Darmstadt. 2003 gründete Coy die Firma Tavartis GmbH zur Entwicklung von Krebsdiagnostika. 2006 gründet Coy das pharmazeutische Unternehmen Tavargenix GmbH, das ein Anti-TKTL1-Medikament zur Therapie von Krebserkrankungen entwickelte. 2008 gründete er mit Investoren die Tavarlin AG, die Tests zum TKTL-Nachweis und weitere Produkte wie Lebensmittel anbietet.

Coy ist ehrenamtlich für die Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik e.V. in Aachen tätig.

Tavarlin AG

Die Firma Tavarlin AG in Darmstadt ist Anbieter von Produkten zur Krebsdiät nach Coy. Angeboten werden KH-armes Brot, Fette, Büffel-Salami, Kakao-Kekse, Kakao-Creme, Erdbeermarmelade, Bierwurst, Nusskuchen und weitere Produkte. Die Tavarlin AG wurde im November 2007 durch Johannes Coy zusammen mit privaten Investoren gegründet, um bestimmte passende Produkte und eine proprietäre Diagnostik zu vermarkten.

Patente

Von Coy wurden im Zusammenhang mit dem TKTL-1 Enzym und Gen verschiedene Patente angemeldet.

  • EP 1972209, zu einem KH-armen "Drink" mit Milchsäurezusatz und ggf. Alkohol und ketogenen Aminosäuren. Angemeldet am 24.09.2008
  • US 2008/0095703 A1 vom 3.3.2006. "Method For Checking And Controlling The Mammalian Lactic Acid Fermentation"

Literatur

  • J. Hübner J, Münstedt K: Alternative Therapien in der Onkologie. Können sie die konventionelle Medizin ersetzen? Der Onkologe, Springer Berlin / Heidelberg. ISSN 0947-8965
  • Johannes F. Coy, Maren Franz: Die neue Anti-Krebs-Ernährung. Gräfe und Unzer
  • Johannes Coy, Maren Franz: Die neue Anti-Krebs-Ernährung: Wie Sie das Krebs-Gen stoppen. Gräfe & Unzer

Quellennachweise

  1. Bildzeitung: Dr. Johannes Coy erklärt, wie Sie wirksam Krebs vorbeugen, Der Tagesplan für die Anti-Krebs-Ernährung. 3.9.2009
  2. Sensationell: Die Anti-Krebsernährung. Entziehen Sie Krebszellen den Treibstoff !, Bunte, Heft 38 vom 10.9.2009
  3. Die besten Lebensmittel gegen Krebs - Richtig essen stoppt Krebs, Gong, 4.9.2009
  4. Coy J: Anti-Krebs Ernährung, Seite 9
  5. 5,0 5,1 http://www.krebsgesellschaft.de/download/stellungnahme_anti_tktl1_-_diaet_18_03_10.pdf
  6. Chang CH et al., PloS one 2011.
  7. Wilson C, Nature reviews 2011
  8. Buchs AE et al, Metabolism: clinical and experimental 2011
  9. Johnson JA et al., Diabetologica 2011
  10. http://www.dermatologie-frankfurt.de/docs/coy_et_al_clin_lab_2005.pdf
  11. Radio-Interview Werner Eckert - Johannes Coy, "Das Geschäft mit der gesunden Ernährung", "Treff nach drei", SWR4 1.1.2009 (inzwischen von den SWR-Webseiten gelöscht)