Krafttier ist ein Begriff für ein Geistwesen in Tierform, das in der Esoterik und im Neoschamanismus imaginiert wird. Es wird als spiritueller Wegbegleiter in Tiergestalt oder als Seelengefährte beschrieben.

Krafttiere werden in der Esoterik auch Helfertiere oder Geisttiere genannt, teilweise auch (unzutreffend) Totemtiere. Teilweise wird das Konzept des persönlichen Krafttiers auch mit Astrologie verbunden. Hier ist auch zu beobachten, dass Begriffe umgedeutet werden und manche Anbieter anstelle des Begriffs „Krafttier“ die Bezeichnung „Totemtier“ verwenden, die zwar einen indigenen nordamerikanischen Ursprung hat, da sie aus der Algonkin-Sprachfamilie kommt, dort jedoch eine mythologische Abstammung einer Ethnie oder einer Gruppe innerhalb einer Ethnie beschreibt. In der Esoterikszene wird dieser Begriff jedoch häufig als indigen bzw. schamanisch klingende Beschreibung des Geburtssternzeichens angewendet, vor allem bei Anbietern, die sich auf die angebliche indianische Astrologie des Plastikschamanen Vincent LaDuke alias Sun Bear beziehen, die keine indigenen Traditionen wiedergibt, sondern bewusst auf ein europäisches Publikum abgestellt wurde.

Ursprung der Krafttiere

Die Idee der Krafttiere wurde aus nordamerikanischen indigenen Religionen sowie aus den schamanistischen Kulturen Sibiriens und der Arktis übernommen, in denen Schutzgeister in Tiergestalt vorkommen. In der Mythologie dieser Völker werden Tiere zumeist als beseelt angesehen. Auch in südamerikanischen indigenen Kulturen existieren Hilfsgeister, die als Seelen verstorbener Ahnen, Pflanzen- oder Tiergeister gesehen werden. In Australien und Nordamerika sind die Schutzgeister überwiegend tiergestaltig.

Krafttiere in der Esoterik

Esoterikanbieter haben die Idee der Krafttiere aus den ursprünglichen indigenen Kulturen willkürlich in ihre Konzepte und Vermarktungsstrategien übernommen und dabei nach eigenen Vorstellungen geändert. Viele von ihnen berufen sich zwar auf den Schamanismus als Ursprung und Tradition der Krafttiere, sind aber nicht an einer Wiedergabe der ursprünglichen Inhalte interessiert. Die Berufung auf indigene Kulturen dient lediglich dem reinen Marketing. Entsprechend diesem uneinheitlichen, je nach Anbieter variierenden Konzept des Krafttiers gibt es unterschiedliche Formen von Krafttieren. So haben einige Anbieter neben persönlichen Krafttieren auch Helfertiere (sollen nur in besonderen Situationen in Erscheinung treten) und Partnertiere (sollen die Partnerschaft begleiten) ersonnen.

Auch in der Esoterik wird das Krafttier zumeist symbolisch als ein imaginäres Wesen verstanden, mit dem man auf geistig-spiritueller Ebene kommuniziert. Verschiedenen Krafttieren werden bestimmte Eigenschaften zugewiesen, die auf den jeweiligen Menschen, der dieses Krafttier für sich ausgewählt hat, übertragen werden.[1] Die so genannten Krafttiere werden im Traum erkannt oder imaginiert, tänzerisch und lautlich nachgeahmt und dienen als Begleiter und Ratgeber im Zusammenhang mit imaginativen Vorstellungen.

Das Symbol des jeweiligen Tieres wird zumeist so verstanden, dass die Verbindung zu dem Tier die jeweiligen symbolischen Eigenschaften auf den "Schamanen" überträgt oder dessen Eigenschaften personifiziert. Ein Wolf, der in einem Rudel lebt, wäre auch mit Empathie ausgestattet oder der Fuchs soll hohe Intelligenz bewirken. Die symbolischen Eigenschaften der Tiere sind in der Esoterik zumeist nicht nur auf tribale Religionen und Schamanismus bezogen, sondern speisen sich auch aus europäischen Überlieferungen wie z.B. Mythologie, Fabeln und Märchen. Wenn auch die Auswahl der angebotenen möglichen Krafttiere bzw. auch Krafttieressenzen variiert, wird in der Palette der genannten Tiere wiederum deutlich, dass ein Bezug auf indigene Kulturen nur oberflächlich vorhanden ist, da diese häufig auch Tiere enthalten, die in den entsprechenden Regionen gar nicht beheimatet sind, wie z.B. Elefant, Kamel, Esel, Huhn, Kobra, Kuh, Pferd, Schwein[2], oder imaginäre Tiere wie Einhörner und Drachen betreffen.

Zu Krafttieren gibt es in der Esoterikzsene ein breites Spektrum von Angeboten, beispielsweise Krafttier-Orakel mittels spezieller Karten ähnlich dem Tarot, Krafttieressenzen (so genannte Power Animal Remedies, beispielsweise Einhornessenzen), Amulette usw. Diese werden flankiert von Online-Angeboten zur Bestimmung des persönlichen Krafttiers.

Der Einsatz des Krafttiers bei diversen Esoterikanbietern

Kein Anbieter, der sich dieses Konzeptes bedient, begrenzt sich auf den Verkauf indianischer Spiritualität. Statt dessen wird mit einer breiten Palette weiterer Angebote kombiniert, darunter z.B.:

Daneben erscheint eine Vielzahl weiterer esoterischer Konzepte, die in keinem ethnischen Zusammenhang stehen wie: Besprechen, Quantum-Healing, Kinesiologie, Remote Viewing, Drachen, Heilsteine, Cranio-Sakrale-Therapie, Radiästhesie, Tarot, Homöopathie, Tierkommunikation, Astrologie, Familienaufstellen, Unternehmensberatung, Lichtarbeit, Engel, so genannte lemurische Heiltechniken, energetische Wirbelsäulenausrichtung, Tensegrity nach Carlos Castaneda, Channeln, Astralreisen, Pendeln, Baumhoroskop, Bachblüten, Kryon, Magie etc.

Nicht wenige Anbieter kombinieren beliebig über ein breites Feld der aufgeführten Palette hinweg[3].

Auch Anbieter, die eine Ausbildung bei einem indianischen „Schamanen“ behaupten, reichern ihr Angebot mit Konzepten an, die aus anderen Kulturkreisen stammen.[4]

Einige dieser Angaben sind schwer überprüfbar, da die Lehrer verstorben sind, wie z.B. Archie Fire Lame Deer, John Pope alias Rolling Thunder und Vincent LaDuke alias Sun Bear. Zum Teil werden jedoch bereits die angeblichen Ethnien dieser Lehrer unkorrekt wiedergegeben, wie zB „Susquachannock“ anstatt Susquehannock[5] (hier kommt zudem hinzu, dass die Ethnie der Susquehannock nie in Florida ansässig war und weiterhin seit ca. 200 Jahren nicht mehr besteht), oder „Chactow“ anstatt Choctaw[6], was deutlich eine weitgehende Unwissenheit dieser Anbieter bezüglich indigener Ethnien und Spiritualität aufzeigt.

Weitere Anbieter nennen ihre Lehrer gar nicht oder nur vage, z.B. „Don Juan“ von den Shuar[7], oder berufen sich auf eine angebliche „Tradition der mexikanischen Curanderos“[8].

Das Angebot von ausgewählten Einzelheiten indigener Spiritualität lässt sich ebenfalls verbinden mit einer deutlichen Betonung so genannter keltisch-germanischer Wurzeln und der Eigendarstellung “Germanisches Blut in meinen Adern durch meine Mutter“, wobei auffallend ist, dass diese Anbieterin ihre Webseite mit einem Lakota-Namen bezeichnet (Si Tanka bedeutet soviel wie „Großer Fuß“) - allerdings hat die Anbieterin den Namen, den sie sich beigelegt hat, inzwischen zu „Tanka“ verkürzt und deutet diesen als germanisch um - und die auf der Seite aufgeführten Links deutlich den indigenen amerikanischen Bereich betonen, wobei beliebig seriöse Personen und Projekte zwischen eindeutige Plastikschamanenseiten gestellt werden.[9] Diese Anbieterin versuchte offenbar auch vergebens, sich in der so genannten Hobbyisten- bzw. Indianistik-Szene zu etablieren[10], wo die Anbieterin sich als Kritikerin der Übernahme indigener Spiritualität gerieren wollte und als ebensolche „enttarnt“ wurde, woraufhin sie sich aus dem Forum abmeldete. Als durchaus exotisch darf dagegen die Kombination mit einer behaupteten Ausbildung als ägyptischer Priester gelten.[11]

Das indianische Outfit, zumeist den Plainskulturen nachgeahmt, als Berufskleidung ist ebenfalls zu beobachten[12], oder auch die Erwähnung einer indigenen Abstammung[13]. Zwar formuliert dieser Anbieter inzwischen auf seiner Webseite recht vage; es lassen sich im Internet aber noch Foreneinträge aus früheren Jahren finden, in denen ein Großvater aus der Ethnie der Chickasaw behauptet wird.[14] In diesem Fall wird durch die Verkürzung verschleiert, dass der Anbieter Zeremonien und Praktiken verkauft, die bei den Chickasaw völlig unbekannt waren und sind, da diese zu einem anderen Kulturkreis gehören, wodurch andererseits die Authentizität bei unbedarften Klienten eher noch gesteigert wird. Zudem suggeriert der vage gehaltene Hinweis auf eine indigene Abstammung eine nicht gegebene kulturelle Anbindung und wird vom Anbieter somit als verkaufsförderndes Argument eingesetzt.

Weitere Anbieter geben als Lehrer Personen an, die bei Plastikschamanen gelernt haben und ihrerseits als Ausbilder auf dem Esoterikmarkt tätig sind, wie z.B. Helmut Christof, der langjährig beim Deer Tribe war[15] oder nennen und verlinken u.a. Personen, deren Seiten nicht mehr aktiv sind.[16] Ebenfalls zu finden sind Anbieter, die sich zwar auf andere Kulturkreise berufen wie z.B. Kuba und Ecuador, ihre Webseiten jedoch mit Begriffen oder Namen aus der Sprache der Lakota benennen wie „tunkashila“ (d.h. Großvater)[17] oder Si Tanka (=Großer Fuß).[18] Andere haben im Laufe der Jahre die Namen ihrer Lehrer von den Webseiten entfernt[19], die sich aber auf anderen, offenbar nicht mehr gepflegten Seiten bzw. Blogs durchaus noch finden lassen[20]; zudem verwendet auch dieser Anbieter einen Namen aus der Sprache der Lakota in unorthodoxer Schreibweise („Wanageeska“ = Wanagi Ska = White Spirit).[21].

Eine weitere Anbieterkategorie verwendet das Konzept des Krafttiers darüber hinaus völlig ohne Bezug zu indigenen Kulturen wie z.B. die über eine breite Themenpalette veröffentlichende Autorin Jeanne Ruland.[22]

Literatur

  • Arthur Cotterell (Hrsg.): Mythologie. Götter, Helden, Mythen. Parragon, 2004
  • Mircea Eliade: The Encyclopedia of Religion. New York 1987
  • Mircea Eliade: Schamanismus und archaische Ekstasetechnik. Frankfurt am Main 1980

Quellennachweise

  1. dayalemoon.de/themen/krafttiere.htm: "Dein persönliches Krafttier ist das Tier, das dich ein Leben lang begleitet, dich führt und dir zur Seite steht, jeder hat mehrere Krafttiere, du besitzt die Gaben und Fähigkeiten des Tieres, die du in deinem Leben entwickeln solltest, manchmal ist auch deine Bestimmung des Lebens heraus zu lesen".)
  2. vgl. z.B. www.sawanta.de/globuli-essenzen/krafttier-essenzen/krafttier-essenzen.html abgerufen 23.11.2012
  3. wie z.B. eliphaz.de/, www.shantila.de, www.schamaninatonka.de, www.kondor.de, www.jasra.de, www.thomas-raschke.de, sitanka.beepworld.de, www.mikota.org, www.margit-eres.de, www.schamanische-heilbegleitung.de, www.wakandas.de/?page_id=63, www.myriam-tonga.de, reiki-schamane.com abgerufen 25.11.2012
  4. vgl z.B. www.ganz-sein-muenchen.de/, www.kdfnet.de, www.mikota.org, www.umane.de, www.schamaninatonka.de, abgerufen 25.11.2012
  5. www.schamaninatonka.de abgerufen 25.11.2012
  6. reiki-schamane.com abgerufen 25.11.2012
  7. www.tunkashila.eu abgerufen 25.11.2012
  8. www.margit-eres.de abgerufen 25.11.2012
  9. sitanka.beepworld.de abgerufen 25.11.2012
  10. vgl. www.cherokee-indianer.de/wbb/thread.php?postid=75858 abgerufen 26.11.2012
  11. www.schamanische-heilbegleitung.de abgerufen 25.11.2012
  12. vgl z.B. www.kdfnet.de, www.umane.de abgerufen 25.11.2012
  13. vgl z.B. www.ganz-sein-muenchen.de/ abgerufen 25.11.2012
  14. siehe z.B. www.heiler-forum.net/index.php?page=Thread&threadID=8420&pageNo=4 abgerufen 26.11.2012
  15. z.B. www.haus-regenbogen.net abgerufen 25.11.2012
  16. vgl z.B. www.jasra.de abgerufen 25.11.2012
  17. www.tunkashila.eu abgerufen 25.11.2012
  18. vgl. sitanka.beepworld.de abgerufen 25.11.2012
  19. www.medizinkreis.de/ abgerufen 25.11.2012
  20. siehe zb wamerge.worldangels.de/users/medizinkreis abgerufen 26.11.2012
  21. www.medizinkreis.de abgerufen 25.11.2012
  22. www.shantila.de oder www.thomas-raschke.de abgerufen 25.11.2012