Die Ketogene Diät entspricht einer Ernährungsweise, bei der auf Kohlenhydrate in der Ernährung ganz oder teilweise verzichtet wird. Bei dem Verzicht auf Kohlenhydrate bildet der Körper zur Energiegewinnung aus Fettsäuren die so genannten Ketonkörper, die den Energiebedarf des Körpers, insbesondere des Gehirns, decken können. Es handelt sich um eine fettreiche, kohlenhydratarme und proteinarme Ernährungsweise bei der biochemisch ein Fastenzustand nachgeahmt wird. Im Gegensatz zum Fasten bezieht hier der Körper seinen Energiebedarf nicht aus Körperfett, sondern aus Nahrungsfett.

Obwohl die ketogene Diät zumeist bei Menschen mit Wunsch einer Gewichtsreduktion populär ist, sie unbelegt zum "Bodybuilding" beworben wird und als Wundertherapie bei Krebs gepriesen wird, ist diese Diät gleichzeitig eine tatsächliche Therapieoption bei bestimmten Erkrankungen. So ist diese Diät bei den beiden Erbkrankheiten Glukosetransporter(GLUT1)-Defekt und Pyruvatdehydrogenase-Mangel die Therapie der Wahl. Bei einigen Formen der kindlichen Epilepsie lassen sich bei einem Teil der Kinder Anfallsfreiheit und Besserung der Symptomatik erreichen.

Die Diät

Bei der ketogenen Diät soll das Gewichtsverhältnis von Fett einerseits zu Protein und Kohlenhydraten andererseits pro Mahlzeit beispielsweise "4 : 1" entsprechen (4 g Fett : 1 g Protein / Kohlenhydrate)

Statt Kohlenhydrate werden hauptsächlich Eiweiße und Fette aufgenommen. In einer Umstellungsphase gewinnt der Körper seine Energieträger aus dem Depotfett. Die Nahrung muss individuell berechnet werden und zumindest in der Umstellungsphase und Anfangsphase ärztlich überwacht werden.

Verwendet werden häufig so genannte mittelkettige Triglyzeride (MCT-Diät) als auch langkettige Triglyzeride (LCT-Diät).

Nebenwirkungen

Ob die ketogene Diät das Arterioskleroserisiko steigert ist nach Expertenmeinung unklar, da Studienergebnisse zu widersprüchlichen Ergebenissen gekommen sind.[1][2][3] Die Verwendung von mittelkettigen Triglyzeride (MCT-Diät) führt häufig zu gastrointestinalen Beschwerden mit Erbrechen oder Durchfall. Bei der Nahrungsumstellung auf die ketogene Ernährung kann es zu Unterzuckerungen (Hypoglykämien) und "überschießenden" Ketosen kommen. Als mittelfristige Nebenwirkungen der ketogenen Diät sind Obstipation, Nierensteine, und Hypercholesterinämie beschrieben worden. In Einzelfällen wurden EKG-Veränderungen (Verlängerung des QT-Intervalls), Veränderungen der Thrombozytenfunktion, Optikus-Neuropathie, Störungen der neutrophilen Granulozytenfunktion und Pankreatitis berichtet. Das Wachstum der Kinder unter ketogener Diät scheint möglicherweise leicht beeinträchtigt zu werden.[4]

Ketogene Diät zur Behandlung einiger Formen der kindlichen Epilepsie

Die ketogene Diät wird als Therapieverfahren bei Kindern bei bestimmten Formen einer medikamentenresistenten Epilepsie (z.B. Lennox-Gastaut Syndrom[5], Ohtahara-Syndrom oder Blitz-Nick-Salaam Epilepsie / BNS-Epilepsie / West-Syndrom) eingesetzt. Hier hat sich diese Ernährungsweise trotz der hohen Belastung (teilweise stationärer Krankenhausaufenthalt) und der langen Dauer der Ernährungseinschränkungen für die Kinder bewährt. Der genaue Wirkmechanismus ist hier jedoch trotz umfangreicher Forschung noch weitgehend unklar.

Eine Langzeitstudie (20 Jahre Laufzeit) aus Argentinien bei 216 Kindern mit verschiedenen bestimmten Epilepsieformen zeigte im Jahre 2011, dass 65% der Kinder die ketogene Diät bis zum Therapieende durchhielten. 20,5% der Kinder wurde anfallsfrei, bei 36% kam es zu einer Besserung der Symptomatik.[6] Zur Behandlung des medikamentös-resistenten West-Syndroms bei Kindern liegen nur fünf retrospektive EK3-Untersuchungen mit fünf oder mehr Patienten vor (Stand 2010).[7][8][9][10][11] In rund einem Drittel (Durchschnittswert aller fünf genannten Studien) der behandelten Kinder konnte eine Anfallsfreiheit oder deutliche Besserung nach sechs Monaten der ketogenen Diät beobachtet werden. Eine Leitlinie (AWMF) zur ketogenen Diät bei bestimmten Formen der Epilepsie wird für das Jahr 2013 erwartet (Therapieoption bei pharmakoresistenten Epilepsien im Kindesalter und Störungen des zerebralen Energiestoffwechsels[12]).

Der Einsatz der ketogenen Diät zur Behandlung der Epilepsie wurde in den zwanziger bis dreissiger jahren des 20. Jahrhundert eingeführt, als die heutigen Antiepileptika noch nicht zur Verfügung standen. Phenytoin stand erst ab 1938 zur Verfügung, Valproinsäure erst ab den siebziger Jahren. Bevor wirksame Antiepileptika verfügbar wurden, wurden zahlreiche Diätkuren und Ernährungsweisen zur Behandlung der Epilepsie beworben. Bereits aus der Bibel und dem Altertum gibt es Berichte über den Verzicht auf Nahrung und Trinkwasser zur Behandlung der Epilepsie. Ein Bericht über die Anwendung einer "Entgiftung" und des Fastens auf die Epilepsie ist in einem Fachartikel französischer Forscher für das Jahr 1911 dokumentiert.[13]

Literatur

  • Nordli D. "The ketogenic diet: uses and abuses". Neurology. 2002 Jun 25;58(12 Suppl 7):S21-4
  • Nangia S, Caraballo RH, Kang HC, Nordli DR, Scheffer IE. Is the ketogenic diet effective in specific epilepsy syndromes? Epilepsy Res. 2012 Jul;100(3):252-7. doi: 10.1016/j.eplepsyres.2012.01.015

Weblinks

Quellennachweise

  1. Kwiterovich PO Jr, Vining EP, Pyzik P, Skolasky R Jr. Freeman JM. Effect of a high-fat ketogenic diet on plasma levels of lipids, lipoproteins, and apolipoproteins in children. JAMA. 2003 Aug 0;290(7):912-20.
  2. Klepper J, Scheffer H, Leiendecker B, Gertsen E, Binder S, Leferink M, Hertzberg C, Nake A, Voit T, Willemsen MA. Seizure control and acceptance of the ketogenic diet in GLUT1 deficiency syndrome: a 2- to 5-year follow-up of 15 children enrolled prospectively. Neuropediatrics. 2005 Oct;36(5):302-8
  3. Freeman JM, Kossoff EH, Hartman AL.The ketogenic diet: one decade later. Pediatrics. 2007 Mar;119(3):535-43. Review
  4. Vining EP, Pyzik P, McGrogan J, Hladky H, Anand A, Kriegler S, Freeman JM. Growth of children on the ketogenic diet. Dev Med Child Neurol. 2002 Dec;44(12):796-802
  5. Hartman AL. Does the effectiveness of the ketogenic diet in different epilepsies yield insights into its mechanisms? Epilepsia. 2008 Nov;49 Suppl 8:53-6. doi: 10.1111/j.1528-1167.2008.01835.x
  6. Caraballo R, Vaccarezza M, Cersósimo R, Rios V, Soraru A, Arroyo H, Agosta G, Escobal N, Demartini M, Maxit C, Cresta A, Marchione D, Carniello M, Paníco L. "Long-term follow-up of the ketogenic diet for refractory epilepsy: multicenter Argentinean experience in 216 pediatric patients.", Seizure. 2011 Oct;20(8):640-5. doi: 10.1016/j.seizure.2011.06.009
  7. Douglas R. Nordli, Maxine M. Kuroda, Joanne Carroll, Dorcas Y. Koenigsberger, Lawrence J. Hirsch, Harlan J. Bruner, William T. Seidel, Darryl C. De Vivo: "Experience With the Ketogenic Diet in Infants", Pediatrics, Vol. 108 No. 1 July 1, 2001, Seiten 129 -133 doi: 10.1542/peds.108.1.129 [1]
  8. Kossoff, E. H., P. L. Pyzik, et al. (2002). "Efficacy of the ketogenic diet for infantile spasms." Pediatrics 109(5): 7803
  9. Francois, L. L., V. Manel, et al. (2003). "Ketogenic regime as antiepileptic treatment: its use in 29 epileptic children." (fr) Arch Pediatr 10(4):3006
  10. Eun, S. H., H. C. Kang, et al. (2006). "Ketogenic diet for treatment of infantile spasms." Brain Dev 28(9): 56671
  11. Kang, H. C., Y. M. Lee, et al. (2007). "Safe and effective use of the ketogenic diet in children with epilepsy and mitochondrial respiratory chain complex defects." Epilepsia 48(1): 828
  12. http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/022-021_S1_Ketogene_Diaet_abgelaufen.pdf
  13. Guelpa G, Marie A. La lutte contre l’épilepsie par la désintoxication et par la rééducation alimentaire. Rev Ther Medico–Chirurgicale 1911;78:8–13