Judith von Halle

Judith von Halle (Bildquelle: John Wervenbos)

Judith von Halle (geb. 1972) ist eine Berliner Architektin, Autorin und Anthroposophin, die behauptet dass seit April 2004 auf ihrer Haut Stigmata zu beobachten seien. Sie behauptet, die Ereignisse um die Kreuzigung Christi, wie bei einer Zeitreise, körperlich zu erleben. Ferner kommt sie seit 2004 angeblich ohne jede Nahrung aus, genauso wie es der Anthroposoph Michael Werner ebenfalls behauptet. Von Halle behauptet auch - analog zum Hellseher Rudolf Steiner -, "Schauungen" zu erleben.

Von Halle hält regelmäßig Vorträge vor Mitgliedern der anthroposophischen Gesellschaft, wobei sie dabei mit verbundenen Handgelenken auftritt, als Zeichen ihrer vermeintlichen Stigmata.

Werke von Halle erscheinen seit 2009 im „Verlag für Anthoposophie“. Und der stellt sich im Internet folgendermassen vor:

„Der Verlag für Anthroposophie wurde 2009 gegründet, um ein Forum für Autoren zu schaffen, die mehr oder weniger von der repräsentativen anthroposophischen Szene ausgegrenzt werden. Der damals aktuelle und akute Anlass war gegeben durch das Auftreten einer außergewöhnlichen anthroposophischen Autorin – außergewöhnlich, weil sie eigene übersinnliche Erfahrungen in geisteswissenschaftlichen Darstellungen veröffentlicht hat: Judith von Halle. Nachdem die Autorin, ihre Vorträge und Publikationen am Goetheanum nicht mehr erwünscht waren, fanden ihre Bücher mitsamt ihrem Verleger ein neues Zuhause unter dem Dach der umgebauten Schreinerei am Blumenweg in Dornach; diese beherbergt auch die Freie Vereinigung für Anthroposophie Dornach, eine Vereinigung von Menschen, die innerhalb (und außerhalb) der Anthroposopischen Gesellschaft als «Gruppe auf sachlichem Feld» die spirituelle Arbeit und die geistigen Impulse Judith von Halles unterstützen, die sie in der lebendigen Erfassung und Pflege des Christus-Mysteriums im Sinne der Anthroposophie sieht.“

Am Goetheanum in Dornach hielt sie auch Vorträge im "Großen Saal".[1][2] Sie gilt in Teilen der Anthroposophieszene als eine "Neue Eingeweihte".

Anhänger von Judith von Halle sehen in ihr die Reinkarnation von Ita Wegman.[3] In ihren Werken gibt sie stattdessen versteckte Hinweise auf ihre letzte Inkarnation als Edith Maryon.

Kurzbiografie

Von Halle wurde 1972 geboren und stammt aus einer jüdischen Familie, wurde jedoch katholisch erzogen. In ihrer Kindheit soll sie hellsichtig gewesen sein. Nach dem Abitur studierte sie Ingenieurwissenschaften und wurde Architektin. Sie wurde Mitglied in der Berliner Anthroposophischen Gesellschaft und Mitarbeiterin des Rudolf-Steiner-Hauses in Berlin.

Angebliche Stigmata und Nahrungslosigkeit

In der Karwoche 2004 wurde von Halle an Händen und Füßen stigmatisiert.[4] Nacheinander zeigten sich diese Wundmale angeblich zunächst an den Innenflächen der Hände, dann an den Handrücken, einige Tage später an den Ober- und Unterseiten der Füße sowie unterhalb der rechten Brust. Sie entsprechen den Malen auf dem bekannten Auferstehungsbild von Matthias Grünewald (Isenheimer Altar). Die Stigmata bringt von Halle dabei als einen "äußeren Beweis" für eine esoterische "Durchdringung mit dem Auferstehungsleib" in Verbindung.

Ab Ostern 2004 soll auch eine angebliche Nahrungslosigkeit oder Essstörung aufgetreten sein (Umwandlung des physischen Leibes). Sie nehme nur Wasser zu sich und "lebe von der Auferstehungskraft" und der "Wirksamkeit des Geistes". "Feste irdische Speise" werde von ihrem "Leib" als Gift erlebt.[5] Aus anthroposophischen Kreisen wird von einer völligen Nahrungslosigkeit ohne Gewichtsverlust berichtet. In den letzten Jahren wird allerdings von Schwächeanfällen und Krankheiten von Halles berichtet. In der Anhängerschaft der Anthroposophie wurde bemängelt, dass Judith von Halle keine Beweise für die behaupteten Stigmata und ihre behauptete Nahrungslosigkeit liefere, etwa in Form von Fotographien.[6]

Judith von Halle ist nicht die einzige stigmatisierte Anthroposophin. Ein Richard Pollack, Miterbauer des ersten Goetheanums, berichtete ebenfalls über Stigmata. Rudolf Steiner soll diesem daraufhin eine "Meditation zur Überwindung der Stigmatisation" empfohlen haben.

Zugleich stellte sich bei ihr wieder die Hellsichtigkeit ihrer Kindheit ein. Diese vorgebliche Fähigkeit verdanke sie vorherigen Inkarnationen, erläuterte sie. Von Halle behauptet auch, "Zeitreisen" durchführen zu können. Judith von Halle schreibt in einem Geleitwort zu ihren Büchern die „Zeitreise“ zum Golgathageschehen folgendermassen:

“Es handelt sich dabei also nicht um sogenannte Visionen oder reine Schauungen, auch nicht um Imaginationen, sondern um das Durchleben des tatsächlich auf der Erde Geschehenen..So kann beispielsweise auch die Sprache gehört, der Boden unter den Füssen, Kälte oder Wärme gefühlt werden..

Laut Basler "Spatz-Zeitung" habe sich im "Falle" von Judith von Halle ein Streit entzündet: (Zitat) "Schwindlerin oder Seherin? Seit Ostern 2004 trägt Judith von Halle angeblich die Wundmale Christi, isst nichts mehr und unternimmt geistige Zeitreisen. Bei den Anthroposophen hat sich an dem Fall ein Streit entzündet, der die Bewegung spalten könnte."[7]

Fähigkeiten

Von Halle behauptet, nach dem Einstellen der Nahrungsaufnahme ihre Sinneswahrnehmungen geschärft zu haben wie bei einem Raubtier und seitdem über bestimmte Wunderfähigkeiten zu verfügen. Neben ihren angeblichen Stigmata und ihrer angeblichen Nahrungslosigkeit könne sie beispielsweise über ihren "Geruchssinn" feststellen, ob ein "erhöhter Eisengehalt" im Blut eines anderen Menschen vorliege. Geringste Mengen von "irdischer Nahrung" würden sie in einen Zustand der Bewusstlosigkeit bringen, etwa geringste Mengen Alkohol in Zahnpasta. Auch können sie über hunderte Meter Entfernung hören, was gesprochen würde und erfühlen, “was in einem fremden Organismus durch den Ernährungsprozess vor sich geht, was vor vielen Stunden gegessen wurde, woher die Nahrungsmittel stammten, welche Beschaffenheit sie hatten, wie sie verarbeitet wurden”.

Absurde Behauptungen zu Gesundheitsthemen

Im Herbst 2009 behauptete von Halle in einem Vortrag, dass die Infektionskrankheit AIDS die Folge des Glaubens sei, dass der Mensch "vom Affen abstamme". Wer allerdings die Behauptung aufgestellt haben soll, dass der Mensch "vom Affen" abstamme, erläutert sie nicht. Die Krankheit Demenz sei die Folge eines "fehlgeleiteten Zeitgeistes".[8] In ihrem Buch "Die Coronavirus-Pandemie - Anthroposophische Gesichtspunkte", erschienen im Mai 2020, macht die Autorin einen Materialismus als Ursache der weltweiten Coronavirus Pandemie aus, die sich vom chinesischen Wuhan aus ausbreitete.

Kontroversen in der Anthroposophieszene um JVH

Die Aktivitäten von Halles lösten Kontroversen in der Anthroposophieszene aus und führten zu fristlosen Entlassungen und Arbeitsgerichtsprozessen in Berlin. Von Halle und ihrem Mentor Peter Tradowski und einigen anderen Mitstreitern wurden die Verträge mit dem „Berliner Arbeitszentrum“ gekündigt.

Um unabhängig von der Berliner anthroposophischen Landesgesellschaft und dem "Arbeitszentrum Berlin" die Aktivitäten von Judith von Halle und mit ihr sympathisierende Personen (Deutschlehrer Peter Tradowsky und andere) zu fördern, wurde im Frühjahr 2006 der "Verein zur Förderung der anthroposophischen Arbeit Berlin e.V." gegründet. Eine Interessengemeinschaft um von Halle und Tradowsky gründete auch eine "Freie Vereinigung für Anthroposophie" „Morgenstern“ mit angeschlossener Webseite.[9] Die Vereinigung richtete in Dornach in der Schweiz, wohin von Halle später übersiedelte, eine Niederlassung ein. Zudem wurde der Verlag für Anthroposophie gegründet, der zahlreiche Bücher von Judith von Halle publiziert.

Um Judith von Halle scheint sich eine Art Anthroposophie-Interessengruppe zu bilden. Glaubt man Insidern, dann wird sie nicht nur von einzelnen prominenten Anthroposophen gefördert, sondern auch von Teilen der anthroposophienahen Industrie. Genannt werden dabei die Unternehmen Alnatura und Tegut.

Zitate

 
Goetheanum-Vortrag
  • Schauen Sie bitte nicht mich als einen Menschen an, an dem ein schier unerklär­liches Wunder wirkt. Bitte schauen Sie auf die geistigen Tatsachen, die diesem Phä­nomen zugrunde liegen. Jede Darstellung über die Ereignisse soll nicht meine Person in den Vordergrund rücken. Da sich diese Ereignisse an mir vollziehen, sind sie mit meinem Wesen verknüpft. Doch es ist stets Christus selbst, der Sie ganz persönlich – in Liebe – anspricht, wenn Sie sich mit diesem Stigmatisations‑Ereignis auseinanderset­zen, das innerhalb der Anthroposophi­schen Gesellschaft aufgetreten ist, indem Er durch Seine Gnade, durch die Lenkung und Stützung Ihres Karmas, Sie selbst zu Zeugen werden lässt von Seinem Gang durch die Erdenwelt, von Seiner Authenti­zität, von Seiner Allgegenwart.[10]
  • "Mein groesstes Anliegen ist aber hierbei, dass msan bei all diesen Darstellungen nicht meine Person im Vordergrund sieht, sondern das Wesen, das sich durch die Wundmale, durch die leibliche Umwandlung offenbart."
  • "Es tritt zwar etwas vor Sie hin - und ich erlaube mir zu sagen, das die geistige Welt eine solche, sichtbare Demonstration ihrer selbst nicht für die einzelne betroffene Person, sondern für die Umgebung dieser Person hinstellt"
  • "und bitte schenken Sie mir Glauben, wenn ich ihnen sage, das ChristusWesen spricht Sie ganz persönlich an..Ich will mich stets darum bemühen, sein Wirken an mir Ihnen als Seinen Liebesimpuls für alle Menschen ans Herz zu legen!"
  • "Sehen Sie bitte bei all diesen Ausführungen nicht meine Person im Vordergrund, sondern diejenige Wesenheit, die durch die Phänomene hindurch wirkt. Nehmen Sie mich bitte als ein Art "Studienmedium". Dem Christus-Wesen darf allerdings durchaus eine heilige Ehrfurcht gegenueber walten".

Werke

Werke von Judith von Halle erschienen im Verlag am Goetheanum (Dornach) und Verlag für Anthroposophie (Dornach).

  • Judith von Halle: Die Coronavirus-Pandemie - Anthroposophische Gesichtspunkte, Verlag für Anthroposophie, Mai 2020
  • Judith von Halle: Stoffes Sterben und Geist-Geburt, 2014
  • Judith von Halle: Die Templer Band 1: Der Gralsimpuls im Initiationsritus des Templerordens, 2012
  • Judith von Halle: Die Templer Band 2: Der Gralsimpuls im Initiationsritus des Templerordens, 2013
  • Judith von Halle: Anna Katharina Emmerick Eine Rehabilitation, 2013
  • Judith von Halle: Die Jünger Christi Vom Mysterienhintergrund der zwölf Apostel, 2012
  • Judith von Halle: Rudolf Steiner - Meister der weissen Loge - Zur okkulten Biographie Wer war der Christus-Diener Rudolf Steiner, 2011
  • Judith von Halle: Joseph von Arimathia, 2011
  • Judith von Halle: Krise und Chance - Die Freie Hochschule und ihre Bedeutung für das Karma der Anthroposophischen Gesellschaft, 2010
  • Judith von Halle: Die Christus-Begegnung der Gegenwart und der Geist des Goetheanums, 2010
  • Judith von Halle: Der Weihnachtsgedanke der Isis-Horus-Mythe, 2009
  • Judith von Halle: Die Demenzerkrankung, 2009
  • Judith von Halle: Vom Leben in der Zeitenwende und seinen spirituellen Hintergründen, 2009
  • Judith von Halle: Vom Mysterium des Lazarus und der drei Johannes, 2009
  • Judith von Halle: Der Abstieg in die Erdenschichten auf dem anthroposophischen Schulungsweg, 2009
  • Judith von Halle: Die Holzplastik des Goetheanum, 2008
  • Judith von Halle: Von Krankheiten und Heilungen, 2007
  • Judith von Halle: Das Abendmahl - Vom christlichen Kultus zur Transsubstantiation, 2006
  • Judith von Halle: Von den Geheimnissen des Kreuzweges und des Gralsblutes, 2006
  • Judith von Halle: Das Vaterunser - Das gesprochene Wort Gottes, 2006

Weblinks

Quellenangaben