Inedia

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Magersüchtige

Inedia bezeichnet die vollständige Nahrungslosigkeit des Menschen, die laut Ansichten in Esoterikerkreisen auf Dauer dank einer Prana-Energie oder einer ungenau beschriebenen Lichtenergie überlebbar sei. Diese Annahmen widersprechen eklatant der Beobachtung, dass weltweit etwa 840 Milllionen Menschen durch den Hungertod bedroht sind. Erkenntnisse der Biologie und Medizin lassen auch keinen Zweifel daran, dass von außen zugeführte, chemisch gebundene Energie für das Leben notwendig ist, genauso wie die ausreichende Zufuhr an Trinkwasser.

Bereits in der Vergangenheit machten verschiedene Personen durch die Behauptung, ohne chemisch gebundene Nahrung auskommen zu können, auf sich aufmerksam. In keinem der Fälle gelang jedoch der Nachweis einer solchen Fähigkeit.

Die Nennung einer eigenen, angeblichen Nahrungslosigkeit weckt im Allgemeinen das Interesse der Medien und kann die Verbreitung eigener Überzeugungen fördern.

Bei einigen der angeblich Nahrungslosen liegt der Verdacht einer schweren Essstörung, wie Anorexia nervosa oder Bulimie, nahe. In anderen Fällen kann auch eine religiöse Wahnvorstellung besondere Ernährungsformen oder die Entwicklung von Stigmata fördern.

Dass eine Essstörung Triebkraft zahlreicher Nahrungsloser ist, wird dadurch plausibler, dass von diesen oft ein Übergewicht vor Beginn der angeblichen Nahrungslosigkeit bekannt ist.

Angeblich nahrungslose Personen

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  • Judith von Halle, eine Berliner Anthroposophin, behauptet ohne Nahrung auszukommen, ja sogar dass Nahrung wie Gift für sie wäre.
  • Therese Neumann aus Konnersreuth in Deutschland
  • Ellen Greve, genannt Jasmuheen (Australien)
  • Devraha Baba
  • Giri Bala (Indien)
  • Zinaida Baranova, eine Russin die seit 2000 nahrungslos sein soll
  • Ram Bahadur Bomjon (Palden Dorje)
  • Wiley Brooks (USA)
  • Juergen Buche
  • Caribala Dassi
  • Vasanta Ejma
  • Xu Fan aus China soll neun Jahre ohne Nahrung gelebt haben
  • Maria Furtner (1821-1884) die Wassertrinkerin von Frasdorf (Deutschland)
  • Prahlad Jani, ein indischer Yogi, der seit 74 Jahren (Stand 2010) nichts mehr gegessen haben soll
  • Hira Ratan Manek ein 63jähriger Ingenieur aus Gujarati (Indien) mit angeblichen 411 Tagen der Nahrungslosigkeit
  • Alexandrina Maria da Costa (Portugal)
  • Margit Martius aus Schweden
  • Ann Moore
  • Barbara Moore (England)
  • Sahajmuni Maharaj (ein Jain Mönch) soll 1995 201 Tage lang gefastet haben
  • Judah Mehler
  • Swami Narein
  • Maria d'Oignies aus Toulouse
  • Martha Robin (geb 1902 in Frankreich /Chateauneuf de Galaure) verliess nie ihren Geburtsort. Seit 1928 nahrungslos. Nahrung soll sie stets erbrochen haben. Schlaflosigkeit.
  • Balayogini Sarasvati, aus Amma in Indien. Soll nur von Wasser gelebt haben
  • Christopher Schneider (deutscher Heilpraktiker und Geistheiler)
  • Danalak Shumi
  • Vona Tansey
  • Evelyn Torrence (Evelyn Levy aus Brasilien-Florida) sowie Ehemann Steven Torrence
  • Sunyogi Umasankar soll von Sonnenlicht leben. Vom 17.8.1996 bis zum 7.12.1996 soll er nahrungslos gewesen sein
  • Will van Meer. Der Holländer lebt in Montana USA und soll mindestens 2 Jahre nahrungslos gewesen sein
  • Katharina von Siena
  • Niklaus von Flüe
  • Joachim M. Werdin
  • Michael Werner, anthroposophischer Chemiker
  • Buszia Wucher aus Rheinbach

Viele dieser Personen gaben bekannt, sich durch Licht oder Prana zu ernähren.

Breatherianismus

Anhänger des Breatherianismus halten sich für atemernährt und glauben, Energie durch den Atem gewinnen zu können.

Liquidarier

Unter denjenigen, die angeben sich kalorienfrei zu ernähren, finden sich auch die sogenannten Liquidarier, die kalorienhaltige Flüssigkeiten zu sich nehmen. Der Übergang zum sogenannten Saftfasten oder zur parenteralen Ernährung (künstliche Infusionen von zuckerhaltigen Lösungen in der Intensivmedizin) ist hier fließend.

Sonderformen der Enährungslosigkeit

  • Lichtfasten, Ernährung durch "Licht" oder Prana
  • Sungazing oder Sonnenschauen, eine gefährliche Methode bei der der Anwender über lange Zeit (bis zu einer Stunde) bei geöffneten Augen in das Sonnenlicht blickt, in der Hoffnung sich auf diese esoterische Weise zu "ernähren". Augenschäden und Blindheit können die Folge sein.
  • Sokushinbutsu (siehe weiter unten)
  • Hungerstreik und Selbsttötung durch Nahrungsentzug und Wasserentzug

Wissenschaftliche Einwände

Bislang konnte das behauptete Phänomen der Inedia nie in einer kontrollierten wissenschaftlichen Untersuchung nachgewiesen werden. Bei allen bislang veröffentlichen Untersuchungen gab es prinzipiell Täuschungsmöglichkeiten, bzw. wurden diese sogar genau bekannt. Mehrere Untersuchungen aus Indien ließen den Beobachteten jeweils die Möglichkeit offen entweder über Nacht nach Hause zu gehen (Beispiel: Ram Bahadur Bomjon) oder stundenlang Besucher während des Untersuchungszeitraumes zu empfangen. Die Studien wurden zudem häufig von den selben Untersuchern durchgeführt, die gleichzeitig auch als Befürworter des Breatherianismus oder bestimmten religiös motivierten Fastenformen gelten. Mehrere der Personen, die von sich behaupteten, sich nicht herkömmlich ernähren zu können, wurden in flagranti dabei beobachtet wie sie Nahrung zu sich nahmen.

Fakten zum absoluten Fasten / Nulldiät

Magersüchtige

Ein gesunder erwachsener Mensch übersteht 21 Tage der Nahrungslosigkeit, erst recht wenn dabei wie beim Saftfasten in meist unbekannter Menge kalorienhaltige Fruchtsäfte getrunken werden. Nach Aussagen von Experten kann ein gesunder Erwachsener etwa 50-80 Tage der Nahrungslosigkeit bei ausreichender Wasserzufuhr überstehen, bei adipösen Menschen kann sich dieser Zeitraum auch weiter verlängern. Aus Beobachtungen an Hungerstreikenden (Holger Meins, Bobby Sands) ist bekannt, dass diese nach 50 bis 60 Tagen der Nahrungslosigkeit am Hungertod verstarben. Der Ire Terence MacSwiney starb nach 74 Tagen des Hungerstreiks in britischer Haft.

Der völlige Entzug von Trinkwasser kann bei niedrigen Temperaturen von gesunden Erwachsenen etwa maximal 10 Tage überlebt werden, wie bei Schiffbrüchigen beobachtet wurde. Das Guiness Buch der Rekorde verzeichnet ein Überleben ohne Wasser mit 18 Tagen.

Die amerikanische Komapatientin Terri Schiavo, der durch Gerichtsbeschluss Wasser und Nahrung entzogen wurden, starb nach 13 Tagen durch Verdursten.

Nahrungslosigkeit und der lebensnotwendige Kohlenstoff

unfreiwillig Hungernde

Pro Minute atmet der Mensch 5 Liter Atemluft ein und aus. Pro Tag atmet er dadurch etwa 1 kg CO2 aus, der darin enthaltene Kohlenstoff wiegt 270 Gramm. Dafür nimmt er zwingend Sauerstoff auf, ein Mensch kann ja ohne die Atmung nicht überleben. Bei Nahrungslosigkeit verliert also ein Mensch pro Tag 270 Gramm Kohlenstoff, den er auch nicht durch die Atmung oder andere Vorgänge aufnehmen kann. Im Monat sind das dann etwa 8 kg Kohlenstoff und in einem ganzen Jahr 98 kg, was mehr ist, als ein übliches menschliches Körpergewicht. Die CO2-Konzentration in der Einatmungsluft liegt bei nur 0,03%, was gegenüber der Konzentration in der Ausatmungsluft (4%) vernachlässigbar wenig ist (Verhältnis 0,7%), das Einatmen von Kohlenstoff zum Überleben ist also nicht möglich: der Kohlenstoff muss über die Ernährung (oder über Infusionen) zugeführt werden, weil die Bilanz negativ ist. Bei völliger Nahrungslosigkeit verliert ein Mensch analog zur negativen Kohlenstoffbilanz auch täglich Wasser durch (temperaturabhängige) Hautverdunstung und über seine Ausscheidungen. Die Folge der Nahrungslosigkeit ist jedem Falle eine messbare Gewichtsreduktion und ein konstant gehaltenes Körpergewicht ist nur mit Wasser und/oder Nahrungsaufnahme möglich. Ein dauerhaftes Überleben ohne Zufuhr von Wasser und geeigneter Nahrung ist daher nicht möglich und wurde bislang nie nachgewiesen.

Wasserbilanz

Über die persperatio insensibilis verliert der Mensch (temperaturabhängig) täglich etwa 800 ml Wasser über Haut und abgeatmeten Wasserdampf, andererseits bilden sich etwa 300 ml Wasser durch Oxidationsprozesse. Die Bilanz ist also negativ. Wasser muss daher über Getränke oder Nahrung aufgenommen werden.

Sokushinbutsu

Hambo Lama Itigelov

Als Sokushinbutsu (即身仏) wird in Japan ein fortgesetztes Fasten und Selbstvergiften zur Selbsttötung und Selbstmumifizierung bezeichnet, dass in der Vergangenheit von einigen buddhistischen Mönchen in Nordjapan (Präfektur Yamagata) vor ihrem Lebensende praktiziert wurde. Die Bezeichnung Sokushinbutsu bezieht sich sowohl auf den Sterbeprozess als auch auf die Mönche selbst. Die Angaben zu Sokushinbutsu sind von vielen Mythen begleitet, die es schwer machen, die eigentlichen Fakten von Legenden zu trennen.

Sokushinbutsu wurde vom japanischen Buddhisten Kobo Daishi eingeführt und ist heute in Japan per Gesetz verboten. Die Sokushibutsu waren Mitglieder der Shingon-Sekte und wurden gezielt lange Zeit auf ihren Sterbeprozess und Selbstmumifizierung vorbereitet. Etwa zwanzig Mönche sollen erfolgreich Sokushinbutsu durchgeführt haben und etwa sechs von ihnen werden öffentlich in Tempeln als Mumie ausgestellt. Zu ihnen gehört Hambo Lama Itigelov.

Den Sokushinbutsu-Mönchen wird nachgesagt, zu ihrem Lebensende, bis auf Piniennadeln, immer weniger gegessen und getrunken zu haben, um eigenes Körperfett abzubauen, um auszutrocknen und schließlich zu verhungern. Gleichzeitig nahmen sie Gifte zu sich. Bekannt ist, dass sie sich mit Arsen oder Brom vergifteten. Der Legende nach sollen allein die Vergiftung, der Wasserentzug und der geringe Restfettgehalt zu einer erfolgreichen Mumifizierung geführt haben. Dennoch ist ebenfalls bekannt, dass die Leichen nach ihrem Tod mit Salz zum Wasserentzug bedeckt wurden.

Literatur

  • Vandereycken, Walter: Hungerkünstler, Fastenwunder, Magersucht : eine Kulturgeschichte der Essstörungen. Dt. Taschenbuch-Verl., 1992. ISBN: 3423115246
  • Hori, Ichori ‘Self-Mummified Buddhas in Japan. An Aspect of the Shugen-Do (”Mountain Asceticism”) Sect’ History of Religions, Vol. 1, No. 2 (Winter, 1962), pp. 222-242.
  • Sharf, Robert H. ‘The Idolization of Enlightenment: On the Mummification of Ch’an Masters in Medieval China’ History of Religions, Vol. 32, No. 1 (Aug., 1992), pp. 1-31

Weblinks