Hummel-Paradoxon

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typische Hummel-Paradoxon Verbreitung
Dunkle Erdhummel

Das Hummel-Paradoxon ist ein alter wissenschaftlicher Scherz aus den 1930er Jahren über die vermeintlich wissenschaftlich bewiesene Unfähigkeit von Hummeln (Bombus) fliegen zu können. Der Studentenulk kursierte Anfang der 1930er Jahre unter Studenten des renommierten Aerodynamikers Ludwig Prandtl an der Universität Göttingen, wurde jedoch unkritisch von der Presse aufgenommen.[1]

Das ursprünglich als Scherz und Studentenulk gedachte Hummel-Paradoxon mutierte allerdings im Lauf der Zeit zu einem Paradebeispiel verschiedenster Verschwörungstheorien um angebliche Sinnlosigkeit wissenschaftlicher Arbeit.

Das Hummel-Paradoxon war auch Leitmotiv in der Literatur. Ein Barry Siskind schrieb dazu das Buch Bumblebees Can't Fly und der Autor Robert Cormier The Bumblebee Flies Anyway.

Der Hummelflug

Natürlich können Hummeln fliegen und zwar im Einklang mit Gesetzen der Physik. Hummeln erreichen eine Geschwindigkeit von knapp 11 km/h und schlagen dabei etwa 130 Mal in der Sekunde mit den Flügeln. Die Hummel benötigt eine bestimmte Thoraxtemperatur, um fliegen zu können.[2]

Der Scherz

Erdhummel mit Pollenhöschen im Anflug auf einen Blütenstand des Spitzwegerich

Der ursprüngliche wissenschaftliche Scherz besagte, dass nach den Gesetzen der Aerodynamik Hummeln nicht fliegen können. Der Legende nach fragte eines Abends in einer Gaststätte ein Biologe einen Aerodynamiker, warum eine Biene oder Hummel eigentlich fliegen könne. Die Antwort des Aerodynamikers soll nach einer kurzen Berechnung auf einem Bierdeckel oder einer Serviette in etwa gelautet haben: Die Hummel hat 0,7 cm² Flügelfläche und wiegt 1,2 Gramm. Nach den Gesetzen der Aerodynamik ist es unmöglich, bei diesem Verhältnis zu fliegen.

Dazugedichtet wurden meist noch abschließende Sätze wie: Die Hummel kümmert das nicht und sie fliegt trotzdem. oder Da die Hummel die Gesetze der Aerodynamik nicht kennt, fliegt sie dennoch.

Der Aerodynamiker soll seine Berechnungen nach der Erkenntnis, dass er die Flügel der Hummel fälschlicherweise als steif angenommen hatte, nochmals überdacht haben. Aus der späteren Antwort ließ sich aber wohl keine Schlagzeile machen. Es ist umstritten, wer dieser Aerodynamiker war. In einigen Quellen wird vermutet, dass es sich um den Schweizer Gasdynamiker Jacob Ackeret (1898–1981) handelte. Eventuell war es auch André Saint-Lagué, ein Assistent des französischen Entomologen Antoine Magnan. Letzterer erwähnt eine ähnlich lautende Behauptung seines Assistenten zum Flug der Insekten 1934 in seinem Buch Le Vol des Insectes.

Tatsächlich gibt kein Hummelflug-Paradoxon. Die Aerodynamik eines Flugzeuges und die einer Hummel unterscheiden sich nicht nur durch die Bewegung der Flügel, auch die Größen- und Geschwindigkeitsverhältnisse sind ganz andere, und damit gelten andere Reynoldszahlen. Theorien hierzu wurden schon in den 1930er Jahren entwickelt. Insbesondere die von der Strömungsforschung untersuchten Wirbel spielten dabei eine entscheidende Rolle. Der experimentelle Nachweis wurde 1996 erbracht, als Charles Ellington von der Universität Cambridge Versuche zum Insektenflug vornahm: Durch den Flügelschlag werden Wirbel erzeugt, die der Hummel den nötigen Auftrieb verschaffen. Die Existenz dieser Wirbel ließ sich mit optischen Mitteln nachweisen.

Die Unsinnigkeit der Hummel-Legende lässt sich auch am Beispiel des Hubschraubers verdeutlichen. Wäre das erwähnte „Gesetz“ für alle fliegenden Objekte relevant, könnte u.a. auch ein Hubschrauber nicht fliegen. Eine Flügelfläche von 0,7 cm² im Verhältnis zu einem Gewicht von 1,2 g entspricht einer Flügelfläche von 0,583 cm² pro Gramm Gewicht. Ein moderner Hubschrauber wie der Eurocopter EC120B wiegt 1.715 kg. Um das Verhältnis von Gewicht zu Flügelfläche der Hummel zu erreichen, würde er eine Flügelfläche von knapp 100 m² benötigen. Das Verhältnis also noch viel „ungünstiger“ als bei der Hummel.

Siehe auch

Weblinks

Quellennachweise

Dieser Text ist teilweise oder vollständig der deutschen Wikipedia entnommen