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→‎Moderne Homöopathiestudien: Sprachliche Glättung
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===Moderne Homöopathiestudien===
 
===Moderne Homöopathiestudien===
Allgemein muß bei Untersuchungen zur Homöopathie zwischen Studien mit niedrig potenzierten (weniger verdünnten) Mitteln und hoch potenzierten Mitteln unterschieden werden, da niedrig potenzierte Mittel ausreichend viel Wirkstoff enthalten können um klassische pharmakologische Wirkungen oder sogar Giftwirkungen zu bewirken, die dann auch dem Masse-Wirkungsgesetz unterliegen, es kommt also zu einer dosisabhängigen Wirkung mit steigender Wirkung bei steigender Dosis. Bei der Homöopathie soll diese Dosis-Wirkungsbeziehung in dieser Weise bekanntlich nicht vorhanden sein. Daher beziehen sich zahlreiche Studien lediglich auf Hochpotenzanwendungen. Eine besondere Rolle spielen so genannte Meta-Analysen, die die zur Verfügung stehenden Studien ihrer Zeit auf ihre Qualität hin untersuchen und die qualitativ hochwertigen Veröffentlichungen zum Thema Homöopathie zusammenfassend auswerten. Im 20. und 21. Jahrhundert sind mehrere Meta-Studien zur Homöopathie erschienen.
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Allgemein muß bei Untersuchungen zur Homöopathie zwischen Studien mit niedrig potenzierten (weniger verdünnten) Mitteln und hoch potenzierten Mitteln unterschieden werden, da niedrig potenzierte Mittel ausreichend viel Wirkstoff enthalten können, um klassische pharmakologische Wirkungen oder sogar Vergiftungserscheinungen zu bewirken. Dann gilt auch das Masse-Wirkungsgesetz, d.h. es kommt mit zunehmender Dosis zu einer stärkeren Wirkung. In der Homöopathie soll diese Dosis-Wirkungsbeziehung angeblich keine Gültigkeit haben, was der Grund sein mag, warum zahlreiche Studien lediglich Hochpotenzanwendungen zum Gegenstand haben. Eine besondere Rolle spielen so genannte Meta-Analysen, welche die zur Verfügung stehenden Studien ihrer Zeit auf ihre Qualität hin untersuchen und die qualitativ hochwertigen Veröffentlichungen zum Thema Homöopathie zusammenfassend auswerten. Im 20. und 21. Jahrhundert sind mehrere Meta-Studien zur Homöopathie erschienen.
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1997 werteten Klaus Linde und Kollegen von der Universität München 185 Studien und Veröffentlichungen aus, in denen homöopathische Mittel gegen ein Placebo bewertet wurden. Von den Arbeiten waren 89 randomisiert und verblindet, teilweise aber nur einfach-verblindet. Unter den analysierten Arbeiten finden sich auch simple Doktorarbeiten, unveröffentlichte Studien sowie in unbekannten ausländischen Zeitschriften veröffentlichte Arbeiten, die in Deutschland nicht ausleihbar oder einsehbar sind. Drei der von Linde bewerteten Studien betreffen ein Arzneimittel ([[Heel|Traumeel]]), das nicht als Homöopathikum, sondern als Phytopharmakon zu klassifizieren ist, da es im Wesentlichen aus homöopathischen Urtinkturen ohne Potenzierung besteht. (siehe auch Kritik an dieser Studie [http://www.gwup.org/ueber-uns-uebersicht/regionalgruppen/1029-ist-homoeopathie-mehr-als-placebo]) Danach kam Linde zu der Schlussfolgerung:  
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1997 werteten Klaus Linde und Kollegen von der Universität München 185 Studien und Veröffentlichungen aus, in denen homöopathische Mittel gegen ein Placebo bewertet wurden. Von den Arbeiten waren 89 randomisiert und verblindet, teilweise aber nur einfach-verblindet. Unter den analysierten Arbeiten finden sich auch einfache Doktorarbeiten, unveröffentlichte Studien sowie in unbekannten ausländischen Zeitschriften veröffentlichte Arbeiten, die in Deutschland nicht ausleihbar oder einsehbar sind. Drei der von Linde bewerteten Studien betreffen das Arzneimittel  
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[[Heel|Traumeel]], das nicht als Homöopathikum, sondern als Phytopharmakon zu klassifizieren ist, da es im Wesentlichen aus homöopathischen Urtinkturen ohne Potenzierung besteht (siehe auch Kritik an dieser Studie [http://www.gwup.org/ueber-uns-uebersicht/regionalgruppen/1029-ist-homoeopathie-mehr-als-placebo]). Linde kam zu dieser Schlussfolgerung:  
 
:''[...] Die Ergebnisse unserer Meta-Analyse sind nicht vereinbar mit der Hypothese, dass die klinischen Effekte der Homöopathie vollständig auf einen Placeboeffekt zurückzuführen sind. Allerdings fanden wir auch keine genügenden Hinweise darauf, dass Homöopathie für irgendeine spezifische Erkrankung wirkt [...]''
 
:''[...] Die Ergebnisse unserer Meta-Analyse sind nicht vereinbar mit der Hypothese, dass die klinischen Effekte der Homöopathie vollständig auf einen Placeboeffekt zurückzuführen sind. Allerdings fanden wir auch keine genügenden Hinweise darauf, dass Homöopathie für irgendeine spezifische Erkrankung wirkt [...]''
Diese mittlerweile alte Studie wurde lange Zeit von Anhängern der Homöopathie zitiert, um auf die vermeintliche Wirksamkeit der Homöopathie zu verweisen. Doch was in Homöopathenkreisen ungern zugegeben wird: Linde revidierte seine Meinung inzwischen. In einem Brief an die Fachzeitschrift Lancet erklärte er 2005 ''"Unsere Meta-Analyse von 1997 wurde unglücklicherweise von Homöopathen als Beleg dafür missbraucht, dass die Wirksamkeit ihrer Therapie bewiesen sei. Wir stimmen zu, dass die Homöopathie höchst unplausibel ist, und dass die Belege aus placebokontrollierten Studien nicht überzeugend sind."'' 2012 bestätigte dies Linde gegenüber der Süddeutschen Zeitung, dass er das noch immer so sieht. Allerdings schränkte er zugleich ein: ''"Angesichts der vielen positiven Befunde halte ich die Wirksamkeit nicht für völlig ausgeschlossen."''<ref>http://www.sueddeutsche.de/wissen/umstrittenes-heilverfahren-homoeopathie-missbrauchte-studien-1.1267699</ref> 2001 erschien eine Metastudie über die Wirksamkeit der Homöopathie, die auf methodische Schwächen in Veröffentlichungen hinwies.<ref>Linde, K.; Jonas, WB; Melchart, D; Willich, S (2001), "The methodological quality of randomized controlled trials of homeopathy, herbal medicines and acupuncture", International Journal of Epidemiology 30 (3): 526–31, doi:10.1093/ije/30.3.526, PMID 11416076</ref>
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Diese mittlerweile alte Studie wurde lange Zeit von Anhängern der Homöopathie zitiert, um die vermeintliche Wirksamkeit der Homöopathie zu belegen. Doch was in Homöopathenkreisen ungern zugegeben wird: Linde revidierte seine Meinung inzwischen. In einem Brief an die Fachzeitschrift Lancet erklärte er 2005: ''"Unsere Meta-Analyse von 1997 wurde unglücklicherweise von Homöopathen als Beleg dafür missbraucht, dass die Wirksamkeit ihrer Therapie bewiesen sei. Wir stimmen zu, dass die Homöopathie höchst unplausibel ist, und dass die Belege aus placebokontrollierten Studien nicht überzeugend sind."'' 2012 wiederholte Linde diesen Standpunkt gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Allerdings schränkte er ein: ''"Angesichts der vielen positiven Befunde halte ich die Wirksamkeit nicht für völlig ausgeschlossen."''<ref>http://www.sueddeutsche.de/wissen/umstrittenes-heilverfahren-homoeopathie-missbrauchte-studien-1.1267699</ref> 2001 erschien eine Metastudie über die Wirksamkeit der Homöopathie, die auf methodische Schwächen der Untersuchungen hinwies.<ref>Linde, K.; Jonas, WB; Melchart, D; Willich, S (2001), "The methodological quality of randomized controlled trials of homeopathy, herbal medicines and acupuncture", International Journal of Epidemiology 30 (3): 526–31, doi:10.1093/ije/30.3.526, PMID 11416076</ref>
Eine Veröffentlichung aus dem Jahr 2002 zeigte, dass qualitativ bessere Studien weniger positive Effekte zum Vorschein brachten. Eine Unterscheidung zum Placeboeffekt konnte nicht erkannt werden.<ref>Ernst, E. (2002), "A systematic review of systematic reviews of homeopathy", British Journal of Clinical Pharmacology 54 (6): 577–82, doi:10.1046/j.1365-2125.2002.01699.x, PMC 1874503, PMID 12492603</ref> Im Jahre 2005 erschienen mehrere Metaanalysen zum Thema Homöopathie. Die Autoren Caulfield (et al) berichten über einen [[Publication Bias]] in zahlreichen Veröffentlichungen mit großen Unterschieden der berichteten Ergebnisse zwischen etablierten Fachjournalen und Zeitschriften aus dem alternativmedizinischen Bereich.<ref>Caulfield, Timothy; Debow, Suzanne (2005), "A systematic review of how homeopathy is represented in conventional and CAM peer reviewed journals", BMC Complementary and Alternative Medicine 5: 12, doi:10.1186/1472-6882-5-12, PMC 1177924, PMID 15955254</ref> Eine 2005 erschienene Studie auf Basis von 110 placebokontrollierten Homöopathiestudien kam zum Ergebnis, dass die Wirkungen der Homöopathie nicht vom Placeboeffekt unterscheidbar sind. Die Studie belegte: Je genauer der Test-Aufbau nach wissenschaftlichen Kriterien, desto geringer die Effekte homöopathischer Behandlungen in den jeweiligen Studien. Das Ergebnis wurde im August 2005 in der anerkannten Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlicht.<ref>Shang A, Huwiler-Müntener K, Nartey L, Jüni P, Dörig S, Sterne JA, Pewsner D, Egger M. (2005), "Are the clinical effects of homoeopathy placebo effects? Comparative study of placebo-controlled trials of homoeopathy and allopathy", The Lancet 366 (9487): 726–732, doi:10.1016/S0140-6736(05)67177-2, PMID 16125589</ref> Lapidar forderten die Herausgeber von Lancet die Homöopathen auf, endlich offen zu bekennen, dass ihre Methode ein Placebo sei. Die Schweizer Regierung schloss Homöopathie aus der Kassen-Erstattung aus und die Stiftung Warentest bewertete die Homöopathie als „zur Behandlung von Krankheiten ungeeignet“. Eine 2006 erschienene Metaanaylse konnte keinen klinischen Nutzen für die Homöopathie bei der (komplementären) Behandlung von Nebenwirkungen bei bestrahlten und mit Chemotherapie behandelten Krebspatienten erkennen.<ref>Milazzo, S; Russell, N; Ernst, E (2006), "Efficacy of homeopathic therapy in cancer treatment", European Journal of Cancer 42 (3): 282–9, doi:10.1016/j.ejca.2005.09.025, PMID 16376071</ref> Eine Studie aus dem Jahr 2007 konnte keine Empfehlung zur Homöopathiebehandlung beim ADH-Syndrom, Asthma und weiteren Krankheiten aus vorhandenen Studien ableiten.<ref>Altunc, U.; Pittler, M. H.; Ernst, E. (2007), "Homeopathy for Childhood and Adolescence Ailments: Systematic Review of Randomized Clinical Trials", Mayo Clinic Proceedings 82 (1): 69–75, doi:10.4065/82.1.69, PMID 17285788</ref>
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Eine Veröffentlichung aus dem Jahr 2002 zeigte, dass qualitativ bessere Studien weniger Hinweise auf eine Wirksamkeit der Homöopathie ergeben. Eine über den Placeboeffekt hinausgehende Wirkung konnte nicht nachgewiesen werden.<ref>Ernst, E. (2002), "A systematic review of systematic reviews of homeopathy", British Journal of Clinical Pharmacology 54 (6): 577–82, doi:10.1046/j.1365-2125.2002.01699.x, PMC 1874503, PMID 12492603</ref> Im Jahre 2005 erschienen mehrere Metaanalysen zum Thema Homöopathie. Die Autoren Caulfield (et al) berichten über einen [[Publication Bias]] in zahlreichen Veröffentlichungen mit großen Unterschieden der berichteten Ergebnisse zwischen etablierten Fachjournalen und Zeitschriften aus dem alternativmedizinischen Bereich.<ref>Caulfield, Timothy; Debow, Suzanne (2005), "A systematic review of how homeopathy is represented in conventional and CAM peer reviewed journals", BMC Complementary and Alternative Medicine 5: 12, doi:10.1186/1472-6882-5-12, PMC 1177924, PMID 15955254</ref> Eine 2005 erschienene Studie auf Basis von 110 placebokontrollierten Homöopathiestudien kam zum Ergebnis, dass die Wirkungen der Homöopathie nicht vom Placeboeffekt unterscheidbar sind. Die Studie belegte: Je besser der Test-Aufbau wissenschaftlichen Kriterien genügt, desto geringer die Effekte homöopathischer Behandlungen in den jeweiligen Studien. Das Ergebnis wurde im August 2005 in der anerkannten Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlicht.<ref>Shang A, Huwiler-Müntener K, Nartey L, Jüni P, Dörig S, Sterne JA, Pewsner D, Egger M. (2005), "Are the clinical effects of homoeopathy placebo effects? Comparative study of placebo-controlled trials of homoeopathy and allopathy", The Lancet 366 (9487): 726–732, doi:10.1016/S0140-6736(05)67177-2, PMID 16125589</ref> Lapidar forderten die Herausgeber von Lancet die Homöopathen auf, endlich offen zu bekennen, dass ihre Methode ein Placebo sei. Die Schweizer Regierung schloss Homöopathie aus der Kassen-Erstattung aus und die Stiftung Warentest bewertete die Homöopathie als „zur Behandlung von Krankheiten ungeeignet“. Eine 2006 erschienene Metaanalyse konnte keinen klinischen Nutzen der Homöopathie für bestrahlte und mit Chemotherapie behandelte Krebspatienten im Rahmen einer komplementären Behandlung von Nebenwirkungen erkennen.<ref>Milazzo, S; Russell, N; Ernst, E (2006), "Efficacy of homeopathic therapy in cancer treatment", European Journal of Cancer 42 (3): 282–9, doi:10.1016/j.ejca.2005.09.025, PMID 16376071</ref> Eine Studie aus dem Jahr 2007 konnte keine Empfehlung zur Homöopathiebehandlung beim ADH-Syndrom, Asthma und weiteren Krankheiten aus vorhandenen Studien ableiten.<ref>Altunc, U.; Pittler, M. H.; Ernst, E. (2007), "Homeopathy for Childhood and Adolescence Ailments: Systematic Review of Randomized Clinical Trials", Mayo Clinic Proceedings 82 (1): 69–75, doi:10.4065/82.1.69, PMID 17285788</ref>
    
Früher gaben Homöopathen an, ihre Methode sei so auf den einzelnen Patienten individualisiert zugeschnitten, dass man sie gar nicht klinisch überprüfen könne. Als später deutlich wurde, dass der Weg zur Anerkennung ihrer Medizin nur über den klinischen Nachweis gehen kann, kam es zu einer Kursänderung und man bemühte sich, den Erfolg homöopathischer Behandlung mit klinischen Studien zu belegen. Veröffentlicht wurden viele Tests mit positiven Ergebnissen – so kamen zum Beispiel im Jahr 1995 merkwürdigerweise nur ein Prozent aller in alternativen Fachzeitschriften publizierten Untersuchungen zu einem negativen Ergebnis.
 
Früher gaben Homöopathen an, ihre Methode sei so auf den einzelnen Patienten individualisiert zugeschnitten, dass man sie gar nicht klinisch überprüfen könne. Als später deutlich wurde, dass der Weg zur Anerkennung ihrer Medizin nur über den klinischen Nachweis gehen kann, kam es zu einer Kursänderung und man bemühte sich, den Erfolg homöopathischer Behandlung mit klinischen Studien zu belegen. Veröffentlicht wurden viele Tests mit positiven Ergebnissen – so kamen zum Beispiel im Jahr 1995 merkwürdigerweise nur ein Prozent aller in alternativen Fachzeitschriften publizierten Untersuchungen zu einem negativen Ergebnis.
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Nachdem sich die Homöopathie nicht replizierbar in kontrollierten, randomisierten und doppelt verblindeten Studien nachweisen lies, kam es wiederum zu einer Kehrtwendung mancher Homöopathieanhänger: Ein derartiges Studiendesign wäre nicht in der Lage, die tatsächlichen Wirkungen der Homöopathie wiederzugeben. Gefordert wurde ein Abkehr von der ''evidence based medicine'' (EBM) hin zur Neuerfindung einer [[Cognitive based medicine]] (CBM) bzw. zu reinen Outcome-Studien.
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Nachdem sich die Wirksamkeit der Homöopathie mit kontrollierten, randomisierten und doppelt verblindeten Studien nicht replizierbar nachweisen ließ, kam es wiederum zu einer Kehrtwendung mancher Homöopathieanhänger: Ein derartiges Studiendesign wäre nicht in der Lage, die tatsächlichen Wirkungen der Homöopathie zu erfassen. Gefordert wurde die Abkehr von der ''evidence based medicine'' (EBM) hin zur Neuerfindung einer [[Cognitive based medicine]] (CBM) bzw. zu reinen Outcome-Studien.
    
==Homöopathische Arzneimittelprüfung==
 
==Homöopathische Arzneimittelprüfung==
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