Ziel des Vereins Homöopathen ohne Grenzen e.V. (HOG) ist die Verbreitung der Homöopathie in Krisen- und Kriegsgebieten und anderen Regionen mit schlechter medizinischer Versorgung, was durch Behandlungsangebote und die Ausbildung von Homöopathen in den betreffenden Ländern erreicht werden soll. Der Verein hatte 2009 nach eigenen Angaben über 190 Mitglieder.

Der Verein

Erste Vorsitzende ist die Heilpraktikerin Elisabeth von Wedel (geb. 1963). Die zweite Vorsitzende Ursel Leßmann (geb. 1948) ist ebenfalls seit Anfang der 1980er Jahre Heilpraktikerin, davor habe sie als Röntgenassistentin gearbeitet. Um Kenntnisse in Homöopathie zu erlangen, habe sie zunächst Vorlesungen von Otto Eichelberger (1918 - 2005) besucht, diese aber als zu schwierig empfunden. Daraufhin habe sie Seminare bei Ravi Roy belegt, später auch bei Georgos Vithoulkas.

HOG ging aus einem im Jahr 1996 gestarteten Projekt hervor, dem Homöopathie-Forum in Mostar, in welchem traumatisierte Menschen in Bosnien-Herzegowina homöopathisch behandelt wurden sowie Ärzten und Laien die Homöopathie beigebracht werden sollte. Zu der Zeit seien Kontakte zu "internationalen Sektionen der Homöopathen ohne Grenzen" geknüpft worden, was ein Jahr später zur Gründung des HOG e.V. Sektion Deutschland führte. Mit "internationalen Sektionen der Homöopathen ohne Grenzen" ist vermutlich Homeopaths World Wide (HWW) gemeint, eine Art übergeordnete Organisation, deren Vorsitzende ebenfalls Elisabeth von Wedel ist. Als Mitgliedsvereine werden genannt: Homöopathen ohne Grenzen e.V. Deutschland, Homeopaten zonder Grenzen Nederland, Homéopathes autour du monde Suisse, Homéopathes sans frontières France, Organization of Classical Homeopathy Armenia und Homéopathes sans frontière Madagascar. HWW ist nicht zu verwechseln mit Homeopaths Without Borders (HWB), einem US-amerikanischem Verein mit ähnlicher Zielsetzung.[1]

Projekte (Auswahl)

  • Mostar in Bosnien-Herzegowina, homöopathischen Behandlung kriegstraumatisierter Menschen, 1996-2000
  • Ausbildung von Homöopathen in Sarajevo, 2003-2007, als Fortsetzung des Mostar-Projekts
  • Sri Lanka, Tsunami-Hilfe-Projekt 2004 und weitere Reisen nach Sri Lanka 2010-2012. In "Laienausbildungen" sollen dabei "Ersthelfer die Grundlagen homöopathischer Erster Hilfe erlernen und in ihren Dörfern anwenden."[2]
  • Hilfe für die Erdbebenopfer in Bam, Iran, 2004. Dieses Projekt verlief für HOG offenbar weniger befriedigend, weil die Homöopathie vor Ort nicht auf das erhoffte Interesse stieß, nicht zuletzt weil es eine funktionierende echte medizinische Versorgung gab.[3]
  • Projekte zur Ausbildung von Homöopathen in Honduras[4] und Togo
  • Durchführung einer Grundausbildung für Homöopathen in Mazedonien
  • Kenia (Insel Lamu), Heranführen von Hebammen an die Anwendung homöopathischer Mittel. Da die meisten der Teilnehmerinnen Analphabeten seien, hat HOG eine Unterrichtsmethode mit Hilfe von "Schauspiel, Gesang" und eigens angefertigten "Symbolkarten" entwickelt.[5] 2013 wurde eine Broschüre mit dem Titel Homeopathic self help for acute diseases ("Homöopathische Selbsthilfe bei akuten Erkrankungen") vorgestellt, in der ebenfalls mit Bildern sowie in Englisch und Swahili 19 besonders gängige homöopathische Mittel behandelt werden. Das Heft werde im Rahmen eines sechstägigen Kurses verteilt. HOG ist seit 2003 in Kenia tätig. Als Grund wurde u.a. eine extrem hohe Mutter- und Säuglingssterblichkeit in Kenia genannt.[6]
  • Betrieb einer Art Dorfklinik in Sierra Leone.[7] Eines der Hauptziele dieses Projekts sei die Bekämpfung der Malaria. HOG verbreitet dazu Anekdoten von erstaunlichen Heilungen, die beleglos auf die Gabe von Globuli zurückgeführt werden.[8] Vorangegangen war Anfang 2010 eine "Erkundungsfahrt" von drei Heilpraktikerinnen.[9] Dabei seien an einem nicht genannten Ort "auf dem Land" täglich rund 60 Menschen behandelt worden. Das Vorhaben wird nach Angaben vom Verein Sierra Leone Baden-Württemberg e.V. von dieser Organisation durchgeführt.[10] Bei einem Besuch im April 2011 wurde ein Homöopathie-Kursus fur Krankenpflegersonal angehalten.[11]
  • Anfang 2015 kündigte HOG das "erste nationale Projekt" an.[12] Dabei sollen Flüchtlinge in Deutschland behandelt werden, die an Traumata leiden. Diese psychiatrische Tätigkeit könne von HOG heleistet werden, da "HomöopathInnen mit viel Praxiserfahrung, speziell in der Behandlung von Traumata" zu Verfügung stünden. Ansonsten soll das nötige Fachwissen in einem zweitägigen Seminar beim Zentrum für Psychotraumatologie e.V. in Kassel vermittelt werden. Darüber stünnden "in der Homöopathie aber vor allem etliche Arzneien zur Verfügung, die ausgesprochen wirkungsvoll in der Verarbeitung traumatischer Erlebnisse sein können".[13] Das Projekt werde zusammen mit der Organisation klassisch homöopathisch arbeitender Heilpraktiker e.V. stattfinden.

Behandlung auch schwerer Krankheiten

Im Rahmen dieser Projekte werden auch gefährliche Krankheiten angeblich erfolgreich homöopathisch behandelt. Dabei wird die Homöopathie als Alternative, d.h. als ein Ersatz der evidenzbasierten Medizin dargestellt. Beispielsweise heißt es zu dem Projekt in Honduras:

"Seuchen, Dengue Fieber, AIDS und die damit verbundenen Infektionen sind die tagtäglichen Probleme, mit denen die Ärzte und Schwestern umgehen müssen, doch häufig fehlen die Mittel zu einer angemessenen Behandlung. Andererseits werden leichte Infekte mit massiven Antibiotika, die im Überfluss zur Verfügung stehen, behandelt. Die Homöopathie ist eine sinnvolle Alternative zu den massiven Medikationen der Schulmedizin. Die eigene Lebenskraft zu stärken nützt natürlich auch den Patienten, die unter einer HIV Infektion leiden. Die Therapie eines Kindes mit AIDS kostet normalerweise pro Monat 800,00 US Dollar und ist somit unerschwinglich. Die Kosten für eine Behandlung durch die Homöopathie liegen bei 30,00 US Dollar für ein Jahr. (Zum Vergleich: Der Monatslohn einer gutverdienenden Krankenschwester liegt bei ca. DM 350.- bei europäischen Preisen für Lebensmittel.)"

Zu einer "Erkundungsfahrt" in Sierra Leone teilt HOG mit:

"Wir sind 3 Frauen, behandeln am ersten Tag pro Person ca. 30 Patienten, und steigern uns auf fast 60 Patienten pro Tag. Fast alle haben Malaria, Flusskrankheiten, Leisten- und Hodenbrüche oder sind Opfer des Krieges, mit schwersten Verletzungen. Wir sehen Krankheiten mit heftigen Verläufen: Elefantiasis, Hautausschläge und Lähmungen, bedingt durch Gonorrhö, Ringwurm (eine Pilzerkrankung), Beschwerden durch Beschneidungen der Frauen und vieles mehr. Am 4. Tag kommen einige Patienten wieder, damit wir sehen können, was geholfen hat. Die Mittel wirken schnell und unglaublich gut. Fieber, Gelenkbeschwerden, Schmerzen verschwinden. Apathische Kinder werden munter. Eine Frau wurde wegen Steifheit eines Beines am 1. Tag herein getragen, und kam am 4. Tag zu Fuß zu uns. Es ist unglaublich, was unsere Kügelchen bewirken."[14]

Angaben zum "Hebammen-Projekt" in Kenia lassen erkennen, dass HOG auch hier die Behandlung von schweren Erkrankungen mit Homöopathie befürwortet:

"Häufigste Komplikationen sind Geburtsstillstand, Blutungen vor und nach der Entbindung, Brustentzündungen. Sterilität, Placenta Retention, Beschwerden rund um die Menses… Alle möglichen Beschwerden der Neugeborenen – Atemstörungen, Schleimrasseln durch Schlucken von Fruchtwasser, Schwäche, Verweigerung der Milch, Ikterus, Blaufärbung, Krämpfe… Auch Schlangenbisse, Hundebisse, Stiche von Rochen und sonstige Verletzungen werden von den Hebammen behandelt. Nach einigen spektakulären Erfolgen mit Arnika bei Blutungen und Ledum bei Schlangenbissen hat sich die „heilende Kraft der kleinen Kügelchen“ rasch in Lamu und Umgebung herum gesprochen. So besteht auch von offizieller Seite aus ein großes Interesse an weiterem vertieftem Unterricht und an einer Verbreitung der Homöopathie, nicht nur für Hebammen."[15]

2012 warb HOG für die Vorgehensweise des Homöopathen Jeremy Sherr, der in Tansania HIV-Infizierte und AIDS-Kranke homöopathisch behandelt und herausgefunden habe, "dass die AIDS-Erkrankung ein eigenständiges Miasma darstellt".[16]

2013 veröffentlichte HOG "aus gegebenem Anlass" ein Statement zur Behandlung bei HIV/AIDS.[17] Darin wird zumindest für HIV-Infektionen eingeräumt, dass es keinen Nachweis einer Wirksamkeit homöopathischer Behandlung gibt. HOG unterstütze deshalb "aktiv die antivirale Therapie in Ausbildung und Behandlung". Verwiesen wird auf die vereinseigene Ehtik-Richtlinie, wonach ein Patient "notfalls" an "die Schulmedizin" überwiesen werden müsse.[18]

Im Dezember 2014 verbreitete HOG seinen "Standpunkt zur homöopathischen Behandlung von Ebola-Patienten".[19] Darin wurde die vom Homöopathen-Lobbyverein Liga Medicorum Homoeopathica Internationalis organisierte Ebola-Mission von Homöopathen 2014 befürwortet. HOG bedauerte, dass die Behörden in Sierra Leone und Liberia eine homöopathische Behandlung von Ebola untersagen und strenge Kontrollen es unmöglich machen, dass HOG dennoch tätig werden konnte:

"Unsere bisherige Arbeit in Ländern wie Sierra Leone und Liberia hat uns gelehrt, wie außerordentlich schwierig sich eine Notfallintervention gestaltet, wenn Ausnahmezustand herrscht. Der internationale Verband Liga Medicorum Homoeopathica Internationalis (LMHI) hat dennoch ein humanitäres Projekt zur Bekämpfung von Ebola ins Leben gerufen. Doch bestätigten schon die Erfahrungen der ersten Delegation unsere Vermutungen: Auch wenn die Krankenhäuser und ihr Personal die Helfer sehr gerne homöopathisch arbeiten lassen würden, ist diesen Ärzten die Behandlung von an Ebola erkrankten Patienten untersagt. Grund: Die Behandlung ist schlichtweg nicht erlaubt. In Krisensituationen entscheidet die Weltgesundheitsorganisation WHO und sie verbietet die homöopathische Behandlung, selbst wenn sie vor Ort erwünscht ist. Die Kontrollen sind streng. Daher sind uns trotz unserer guten Kontakte in Westafrika die Hände gebunden."

Weblinks

Quellenverzeichnis

  1. Shaw D: Homeopaths Without Borders practice exploitation not humanitarianism. BMJ 2013;347:f5448
  2. http://homoeopathenohnegrenzen.de/projekte/sri-lanka/konzept/ Aufruf am 28. Oktober 2012
  3. http://homoeopathenohnegrenzen.de/projekte/bam/uebersicht/ Zu dem Projekt im Erdbebengebiet von Bam (Iran) heißt es: "Die schulmedizinische Versorgung der Bevölkerung war garantiert, wenn auch die Situation für die Menschen noch weit entfernt von einer Normalität war. An eine homöopathische Ausbildung von Ärzten in Bam war nicht zu denken; die niedergelassenen Ärzte waren überlaufen und hatten überhaupt keine Zeit und wenig Interesse, sich mit Homöopathie zu befassen. So konnten wir am Ende Nothilfe bei der Bevölkerung von Bam leisten und doch immerhin über 300 Patienten homöopathisch begleiten."
  4. http://www.homoeopathenohnegrenzen.de/projekte/honduras/projekt-honduras-im-detail/
  5. http://homoeopathenohnegrenzen.de/projekte/kenia/hebammen-projekt/
  6. Kleine Kügelchen, die Hoffnung nach Afrika bringen. Augsburger Allgemeine, 5. Juni 2010
  7. Homöopathie gegen Malaria in Sierra Leone. rbb Inforadio, Sendung "Weltsichten" vom 05.05.2011 13:45 Uhr
  8. Alexander Göbel: Mit Milchzuckerkugeln gegen Malaria. tagesschau.de, 30. Mai 2011 (siehe dazu auch Marcus Anhäuser: Naiver Medizinjournalismus auf tagesschau.de. medien-doktor.de, 3. Juni 2011. An unauffälliger Stelle auf ihrer Homepage distanzierte sich HOG später von der Aussage des ARD-Berichts, man würde Malaria homöopathisch behandeln: "Entgegen der Aussage des Artikels behandeln „Homöopathen ohne Grenzen“ weder Malaria noch Aids oder sonstige lebensbedrohliche Infektionskrankheiten. Auch wird keiner der für „Homöopathen ohne Grenzen“ tätigen Ärzte oder Heilpraktiker ein Heilversprechen abgeben." (HOG: Über uns, Aufruf am 6. Juni 2011)
  9. Globulis für Sierra Leone. Neue Westfälische, 30. März 2010
  10. http://www.verein-sierra-leone.de/Projekte/projekte.html Aufruf am 2. Juni 2011. Zitat: Gesundheitserziehung. Seit Februar 2010 sind wir dank der Zusammenarbeit mit dem Verein „Homöopathen ohne Grenzen“ in der Lage, in der Region Gesundheitsausbildung und Behandlungen durchzuführen. Ehrenamtliche Mitarbeiter von "Homöopathen ohne Grenzen" kümmern sich um die Krankheiten der Dorfbewohner Dies geschieht in Abstimmung mit dem sierra-leonischen Gesundheitsministerium, das für die nächsten 5 Jahre einen Schwerpunkt insbesondere zur Bekämpfung der sehr hohen Säuglings-, Kinder- und Müttersterblichkeit gesetzt hat. In den kommenden Jahren werden unsere ehrenamtlichen Helfer 2- bis 3-mal pro Jahr Schulungen in Erster Hilfe und in Gesundheitsmaßnahmen durchführen.
  11. http://homoeopathenohnegrenzen.de/projekte/sierra-leone/reiseberichte/reisebericht-april-2011/
  12. Erstes nationales Projekt der Homöopathen ohne Grenzen. ECO-news, 03. Februar 2015
  13. http://homoeopathenohnegrenzen.de/serviceseiten/news/neues-projekt-von-hog-und-hia-homoeopathie-fuer-fluechtlinge-in-deutschland/ Aufruf am 31. März 2015
  14. HOG Projekt Sierra Leone. Reisebericht von Anette Schultz, Barbara Böttcher und Renate Blum
  15. http://homoeopathenohnegrenzen.de/projekte/kenia/hebammen-projekt/ Aufruf am 23. März 2015
  16. "Gibt es „Genius epidemicus“- Arzneien für HIV/AIDS? Jeremy Sherr ist vor Jahren mit seiner Frau Camilla und den drei gemeinsamen Kindern nach Tansania gezogen, um dort die Menschen mit HIV/Aids zu behandeln. Auf Grund seiner langjährigen Erfahrung mit dieser Erkrankung kommt er zu dem Schluss, dass die AIDS-Erkrankung ein eigenständiges Miasma darstellt. Entsprechend Hahnemanns Vorgehensweise bei der Entwicklung des miasmatischen Konzeptes stellt er Symptomenreihen zusammen und sucht die geeigneten homöopatischen Arzneien." http://homoeopathenohnegrenzen.de/aktuelles/africa-congress/hiv-aids-miasma/ Aufruf am 28. Oktober 2012
  17. http://homoeopathenohnegrenzen.de/ueber-uns/behandlung-bei-hivaids/ Aufruf am 18. September 2013
  18. http://homoeopathenohnegrenzen.de/fileadmin/formulare/Ethikrichtlinien_fuer_HOG-03-2012.pdf abgerufen am 18. September 2013. Der fragliche Artikel 4.2 lautet: "HOG-Mitglieder halten sich an die Gesetze, die im Land gültig sind, vor allem was Infektionskrankheiten betrifft. Über allem steht aber die Sorgfaltspflicht, notfalls muss ein/e PatientIn in eine Klinik oder an die Schulmedizin überwiesen werden, wenn die Schwere der Erkrankung es erfordert und durch Homöopathie allein keine Hilfe zu erwarten ist oder die Kenntnisse des Behandlers nicht ausreichen. Auch über diese Fälle ist eine Niederschrift anzufertigen."
  19. http://homoeopathenohnegrenzen.de/serviceseiten/news/standpunkt-zur-homoeopathischen-behandlung-von-ebola-patienten/ Aufruf am 2. April 2015