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[[image:SternArtikelHeilpraktiker01.jpg|Stern Artikel über Heilpraktiker in Deutschland|300px|thumb]] [[image:SternArtikelHeilpraktiker02.jpg|Stern Artikel über Heilpraktiker in Deutschland, siehe Weblinks|300px|thumb]]
 
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'''Heilpraktiker''' (HP) ist in Deutschland eine Bezeichnung für Personen, die auch ohne medizinische Ausbildung kranke Menschen behandeln dürfen. Zur Ausübung genügt ein Hauptschulabschluss, ein Mindestalter von 25 Jahren, ein ärztliches Attest, ein polizeiliches Führungszeugnis und ein Test beim Gesundheitsamt, mit dem überprüft werden soll, ob der angehende HP eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellt. Dazu muss der Prüfling in einem schriftlichen Test mit Multiple-Choice-Verfahren (60 Fragen, von denen 45 richtig beantwortet sein müssen) und einer mündlichen Prüfung zeigen, dass er in der Lage ist, allgemeingefährdende Infektionskrankheiten und akute Krankheitszustände zu erkennen und entsprechende Patienten umgehend an ausgebildete Ärzte weiterzuleiten. In der Vorbereitungszeit auf den Test des Gesundheitsamts muss der künftige Heilpraktiker nie mit einem Patienten in Kontakt gekommen sein.
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'''Heilpraktiker''' (HP) ist in Deutschland eine Bezeichnung für Personen, die ohne medizinische Ausbildung kranke Menschen behandeln dürfen. Zur Ausübung genügen ein Hauptschulabschluss, ein Mindestalter von 25 Jahren, ein ärztliches Attest, ein polizeiliches Führungszeugnis und ein Test beim Gesundheitsamt, mit dem überprüft werden soll, ob der angehende HP eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellt. Dazu muss der Prüfling in einem schriftlichen Multiple-Choice-Test (mit 60 Fragen, von denen 45 richtig beantwortet sein müssen) und einer mündlichen Prüfung zeigen, dass er in der Lage ist, allgemeingefährdende Infektionskrankheiten und akute Krankheitszustände zu erkennen, um entsprechende Patienten umgehend an ausgebildete Ärzte weiterzuleiten. Weiterhin werden Grundlagen der Hygiene und der Differentialdiagnose abgefragt.
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Eine Stichprobe im Rhein-Main-Gebiet ergab, dass ca. 53 % der Anwärter auf den Heilpraktikerschein die (beliebig oft wiederholbaren) Tests nicht bestehen.<ref>U. Heudorf et al.: ''Heilpraktiker und öffentliches Gesundheitswesen. Gesetzliche Grundlagen sowie Erfahrungen aus den überprüfungen der Heilpraktikeranwärter und der infektionshygienischen Überwachung von Heilpraktikerpraxen im Rhein-Main-Gebiet 2004–2007. Bundesgesundheitsblatt 2010: 53: 245-57</ref> Eine Prüfung, wie und nach welchem Konzept ein zukünftiger HP seine Kunden zu heilen plant, gibt es nicht. In Deutschland fehlt eine gesetzliche Definition des Berufs Heilpraktiker. Es gibt dazu weder eine Rechtsverordnung noch ein Standesrecht. Eine Berufsordnung existiert zwar, ist aber nicht rechtlich bindend. Auch eine Ausbildungsordnung fehlt. Heilpraktiker-Anwärter müssen weder einen Eignungsnachweis erbringen noch ein Praktikum im Gesundheitsbereich absolvieren. Das bedeutet, dass Heilpraktiker vor dem Test des Gesundheitsamts nie mit Patienten in Kontakt gekommen sein müssen.
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Ca. 53 % der Anwärter auf den Heilpraktikerschein (Stichprobe Rhein-Main-Gebiet) bestehen die beliebig oft wiederholbaren Tests nicht.<ref>U. Heudorf et al.: ''Heilpraktiker und öffentliches Gesundheitswesen. Gesetzliche Grundlagen sowie Erfahrungen aus den überprüfungen der Heilpraktikeranwärter und der infektionshygienischen Überwachung von Heilpraktikerpraxen im Rhein-Main-Gebiet 2004–2007. Bundesgesundheitsblatt 2010: 53: 245-57</ref> Weiterhin werden Grundlagen der Hygiene und der Differentialdiagnose abgefragt. Eine Prüfung, wie und nach welchem Konzept ein zukünftiger HP seine Kunden zu heilen plant, gibt es nicht. In Deutschland fehlt eine gesetzliche Definition des Berufs Heilpraktiker. Es gibt weder eine dazugehörige Rechtsverordnung, noch ein Standesrecht. Es existiert zwar eine Berufsordnung, die aber nicht rechtlich bindend ist. Ebenso fehlt eine Ausbildungsordnung, die Inhalt und Ziele der Ausbildung regeln würde. Heilpraktiker-Anwärter benötigen weder einen Eignungsnachweis noch ein absolviertes Praktikum im Gesundheitsbereich.
   
[[Barbara Steffens]], Gesundheitsministerin in Nordrhein-Westpfalen, beschreibt die Situation wie folgt:  
 
[[Barbara Steffens]], Gesundheitsministerin in Nordrhein-Westpfalen, beschreibt die Situation wie folgt:  
 
:''..Das Gesetz (Bundesrecht) ''[gemeint ist das Heilpraktikergesetz]'' enthält keine Vorgaben, welches Grundwissen und welche Grundkompetenzen eine Heilpraktikerin oder ein Heilpraktiker haben muss. Es beschränkt sich im Wesentlichen auf die sogenannte Gefahrenabwehr. Obwohl die Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker ähnlich weitreichende Kompetenzen wie Ärztinnen und Ärzte haben, gibt. es - im Gegensatz zu den Pflege- und Gesundheitsfachberufen - für die Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker kein Berufsgesetz bzw. keine Ausbildungs- und Prüfungsordnung, durch die Ausbildungsinhalte- und -ziele, Ausbildungsdauer sowie Zugangsvoraussetzungen geregelt werden. Wie sich zukünftige Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker auf die Kenntnisüberprüfung vorbereiten, ist nicht durch den Gesetzgeber vorgegeben. Eine staatliche Anerkennung von Heilpraktiker-Schulen existiert nicht..''<ref>Zitat aus dem Bericht für den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales zum Thema Sektorale Heilpraktikerüberprüfung Podologie, an die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen Carina Gädecke MdL vom 23.6.2015, http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV16-3040.pdf</ref>
 
:''..Das Gesetz (Bundesrecht) ''[gemeint ist das Heilpraktikergesetz]'' enthält keine Vorgaben, welches Grundwissen und welche Grundkompetenzen eine Heilpraktikerin oder ein Heilpraktiker haben muss. Es beschränkt sich im Wesentlichen auf die sogenannte Gefahrenabwehr. Obwohl die Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker ähnlich weitreichende Kompetenzen wie Ärztinnen und Ärzte haben, gibt. es - im Gegensatz zu den Pflege- und Gesundheitsfachberufen - für die Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker kein Berufsgesetz bzw. keine Ausbildungs- und Prüfungsordnung, durch die Ausbildungsinhalte- und -ziele, Ausbildungsdauer sowie Zugangsvoraussetzungen geregelt werden. Wie sich zukünftige Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker auf die Kenntnisüberprüfung vorbereiten, ist nicht durch den Gesetzgeber vorgegeben. Eine staatliche Anerkennung von Heilpraktiker-Schulen existiert nicht..''<ref>Zitat aus dem Bericht für den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales zum Thema Sektorale Heilpraktikerüberprüfung Podologie, an die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen Carina Gädecke MdL vom 23.6.2015, http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV16-3040.pdf</ref>
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Heilpraktiker dürfen prinzipiell auch chirurgische Eingriffe vornehmen; da sie jedoch keine rezeptlichtigen Betäubungs- und Narkosemittel einsetzen dürfen, sind chirurgische Eingriffe rechtlich gesehen für Heilpraktiker nicht durchführbar. Heilpraktiker gehören nicht zu den sogenannten Katalogberufen nach § 203 StGB (Verletzung von Privatgeheimnissen) und sind daher nicht an die Verschwiegenheitspflicht (so genannte Schweigepflicht) gebunden.
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Theoretisch dürfen Heilpraktiker sogar chirurgische Eingriffe vornehmen; weil sie keine rezeptpflichtigen Betäubungs- und Narkosemittel einsetzen dürfen, scheitet dies in der Praxis dennoch an juristischen Hürden. Heilpraktiker gehören nicht zu den sogenannten Katalogberufen nach § 203 StGB (Verletzung von Privatgeheimnissen) und sind daher nicht an die Verschwiegenheitspflicht (so genannte Schweigepflicht) gebunden.
    
Tätigkeiten, die keiner Heilpraktikererlaubnis unterliegen, sind beispielsweise die sogenannten Wohlfühlmassagen am gesunden Menschen.
 
Tätigkeiten, die keiner Heilpraktikererlaubnis unterliegen, sind beispielsweise die sogenannten Wohlfühlmassagen am gesunden Menschen.
    
==Statistisches==
 
==Statistisches==
In Deutschland sind laut Statistischem Bundesamt (im Jahr 2014) 43.000 Heilpraktiker in Deutschland tätig. Von 1990 bis 2015 vervierfachte sich die Zahl der Heilpraktiker in Deutschland. Laut Branchenverbänden haben Heilpraktiker im Jahr 2009 in Deutschland mehr als 15 Millionen Behandlungen und Konsultationen ausgeführt.<ref>http://www.zeit.de/karriere/beruf/2013-01/beruf-heilpraktiker/seite-1</ref>
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In Deutschland waren 2014 laut Statistischem Bundesamt 43.000 Heilpraktiker tätig. Diese Anzahl vervierfachte sich von 1990 bis 2015. Laut Branchenverbänden haben Heilpraktiker im Jahr 2009 in Deutschland mehr als 15 Millionen Behandlungen und Konsultationen ausgeführt.<ref>http://www.zeit.de/karriere/beruf/2013-01/beruf-heilpraktiker/seite-1</ref>
    
==Geschichte==
 
==Geschichte==
Die historischen Wurzeln des Heilpraktikerberufs in Deutschland liegen in der Erfahrungs- und Laienheilkunde. Bis zum Jahr 1939 durfte im Deutschen Reich jeder, der sich zum Heilen berufen fühlte, seine Dienste anbieten. Eine qualifizierte medizinische Ausbildung war dazu nicht notwendig.
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Die historischen Wurzeln des Heilpraktikerberufs in Deutschland liegen in der Erfahrungs- und Laienheilkunde. Bis zum Jahr 1939 durfte im Deutschen Reich jeder, der sich zum Heilen berufen fühlte, seine Dienste anbieten. Eine qualifizierte medizinische Ausbildung war nicht notwendig.
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In den folgenden Jahren sollten medizinische Tätigkeiten jedoch in die Hände von staatlich ausgebildeten Ärzten gelegt werden. Die bis dahin tätigen Heilpraktiker durften allerdings ihre Tätigkeit weiter ausführen. Als gesetzliche Grundlage dafür trat das Heilpraktikergesetz in Kraft. Dadurch wurden im Gebiet des Deutschen Reichs tausende medizinische Therapeuten ohne ärztliche Ausbildung auf einen Schlag legalisiert. Neue Heiler sollten aber nur noch in Ausnahmefällen zulassen werden, so dass dieser Beruf aussterben sollte. Diese Übergangsregelung wurde in der Bundesrepublik Deutschland jedoch im Jahr 1957 dahingehend ausgelegt, dass jeder als Heilpraktiker zugelassen werden musste, der die Voraussetzungen dafür erfüllte, da ein Zulassungsverbot für Heilpraktiker als verfassungswidrig angesehen wurde und noch wird. In der DDR durften bereits tätige Heilpraktiker weiter ihre Tätigkeit ausüben. Neue Heilpraktiker wurden nicht mehr zugelassen, so dass hier im Jahr 1989 noch genau elf Heilpraktiker aktiv waren, allesamt solche, die schon vor der Staatsgründung der DDR als Heilpraktiker gearbeitet hatten.<ref>http://www.toxcenter.de/artikel/Heilpraktiker-ein-schnoedes-Hitlererbe.php</ref>
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In den folgenden Jahren gab es Bestrebungen, medizinische Tätigkeiten nur noch staatlich ausgebildeten Ärzten zu erlauben. Bereits praktizierende Heilpraktiker durften ihre Tätigkeit jedoch weiterhin ausüben. Als gesetzliche Grundlage trat das Heilpraktikergesetz in Kraft. Dadurch wurden im Gebiet des Deutschen Reichs tausende medizinische Therapeuten ohne ärztliche Ausbildung auf einen Schlag legalisiert. Neue Heiler sollten aber nur noch in Ausnahmefällen zulassen werden, um diesen Beruf allmählich aussterben zu lassen. Diese Übergangsregelung wurde in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1957 jedoch dahingehend ausgelegt, dass jeder als Heilpraktiker zugelassen werden musste, der die Voraussetzungen dafür erfüllte, da ein Zulassungsverbot für Heilpraktiker als verfassungswidrig angesehen wurde und noch immer wird. Auch in der DDR durften bereits tätige Heilpraktiker weiterhin praktizieren; neue Heilpraktiker wurden aber nicht mehr zugelassen, so dass dort im Jahr 1989 nur noch genau elf Heilpraktiker aktiv waren - allesamt solche, die schon vor der Staatsgründung der DDR als Heilpraktiker gearbeitet hatten.<ref>http://www.toxcenter.de/artikel/Heilpraktiker-ein-schnoedes-Hitlererbe.php</ref>
    
==Psiram-Kommentar zum Thema Heilpraktiker==
 
==Psiram-Kommentar zum Thema Heilpraktiker==
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==Siehe auch==
 
==Siehe auch==
 
*[[Humanenergetiker]] (Österreich)
 
*[[Humanenergetiker]] (Österreich)
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*[[Naturheilpraktiker]] (Schweiz)
    
==Literatur und Zeitungsartikel==
 
==Literatur und Zeitungsartikel==
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