Heilfasten ist eine Form des Fastens, die zur „Entschlackung“ und Reinigung des Körpes dienen soll.

Ursprünge

Die Lehre des Heilfastens entspringt der Diätetiklehre, die sich bis in die griechische Antike des Hippokrates zurückverfolgen lässt. Hippokrates verstand unter Diätetik die gesamte Lebensführung eines Menschen und deren Zusammenhang mit Krankheit und Gesundheit. Als Teil der hippokratischen Gesundheitslehre diente die Diätetik im Sinne des Erzielens von Ausgewogenheit bei Essen und Trinken als Ergänzung seiner Lehre über das ausgewogene Gleichmaß bei Arbeiten und Ruhen, Schlafen oder Wachen, Liebesleben und Enthaltsamkeit. Somit steht die Diätetik und auch das Heilfasten im Kontext der Elementen-, Qualitäten- und Säftelehre des Hippokrates, die in der römischen Zeit durch den Begründer der Säftepathologie, den römischen Leibarzt Galenos von Pergamon (130-200 n.Chr.), aufgegriffen und erweitert wurde.[1] Im Mittelalter verstand man unter Diät aber nicht nur die Einhaltung bestimmter Speiseregeln, sondern die Diätetik erstreckte sich auf die gesamte Lebensführung (Eckart 1998).

Formen

In der heutigen Zeit gibt es jedoch nicht die hippokratische Lehre der Diata alleine, sondern vielmehr eine Vielzahl unterschiedlich strenger Diätenlehren, die von allgemeinen Ernährungstipps (jahreszeitlich erhöhter Konsum von frischem Obst und Gemüse) über ausschließliche Roh-/Frischkostdiäten und Tee- oder Säftediäten bis hin zur strengsten Form - der harten Fastenkur. Man unterscheidet diverse Kurz- und Langzeitdiäten, die mit Namen wie Maximilian Oskar Bircher-Benner, Werner Kollath, Are Waerland, Zabel, Krauß, Pirlet, Warning, Anemueller, Max Otto Bruker, Howard Hay, Otto Buchinger oder Johann Georg Schnitzer verbunden sind.[2]

Nach Lützner unterscheidet man zusätzlich noch so genannte intensivdiätetische Maßnahmen.[3]

  • Das eigentliche Heilfasten als strengste Form der Diätetik. Auf feste Nahrung wird komplett verzichtet. Es wird aber reichlich Flüssigkeit (Wasser, Kräutertees, Molke, Saft, Gemüsebrühe, Brottrunk) eingenommen. Solche Fastenkuren werden gern als 'Heilfasten' bezeichnet, wobei das Heilfasten nach Otto Buchinger (eine niederkalorische Trink-Kur von etwa zehn bis max. 40 Tagen), die Rohsäftekur nach Heun oder die Molke-Trinkkur (die bis zu Hippokrates zurückverfolgt werden kann) zu nennen sind. Allen diesen Formen ist ein Merkmal gemeinsam: der Leidensaspekt bzw. der Verzicht bei Zufuhr nur geringer Mengen an Kalorien (Buchinger: etwa 250 Kcal pro Tag).
  • Rohkost/Frischkost nach Bircher-Benner. Es werden unverarbeitete Pflanzenfermente, Vitamine und niederkalorische Nahrungsmittel in hohen Mengen zugeführt.
  • Franz Xaver Mayr-Kur: Sie beginnt mit einem Teefasten, danach erfolgt eine Milch-Semmel-Kur. Kennzeichnend ist eine Kauschulung und die Darmpflege mit Einläufen zur sogenannten Entschlackung.
  • Schroth-Kur: sie zeichnet sich durch Trocken- und Trinktage aus. Es wird Trockengebäck verzehrt und Schwitzpackungen werden eingesetzt.

In der klassischen Naturheilkunde hat die Diätetiklehre einen bedeutenden Stellenwert. De facto jedoch ist sie ein Abbild der frühchristlichen und mittelalterlichen Säftelehre, die mit naturwissenschaftlich längst überholten Wirkprinzipien arbeitet. Nach Lützner sind folgende Prinzipien zu unterscheiden:[4]

  • Ableitung, Ausleitung, Ausscheidung
  • Entstauung, Entlastung, Entschlackung, Entgiftung
  • Umstimmung nervaler Steuerungsmechanismen, geweblicher Reaktionsweisen und zentraler Regelkreise
  • Provokation körpereigener Abwehrfunktionen ("Erstverschlimmerung", Fiebererzeugung)
  • Reiz-Reaktions-Prinzip
  • Funktionstraining
  • Lebensordnung

Bei keiner dieser Formen des Fastens konnte nachgewiesen werden, dass dem Körper Giftstoffe, „Schlacken“ und andere schädliche Stoffe entzogen werden.

Physiologische Vorgänge beim Hungern

 
Beginn eines wiss. Fastenversuchs
 
Zustand nach 31 Tagen des kontrollierten Fastens
 
Blutzucker und Ketonkörper während einer Fastenperiode bei einem zuvor normal Ernährten

Für den menschlichen Organismus - wie für eine ganze Reihe anderer (Säugetier-)Arten - ist der Umstand, längere Zeit keine flüssige oder feste Nahrung zu sich nehmen zu können, in Vergangenheit stets eine Normalität gewesen. Erst in neuerer Zeit, und dies auch nur in den Industrieländern und nicht mit Kriegen oder gewalttätigen Auseinandersetzungen überzogenen Gebieten, spielt das Ernährungs- und Hungerproblem eine zunehmend geringere Rolle. In den Wohlstandsstaaten der westlichen Hemisphäre ist die Ernährungslage so gut, dass ein erheblicher Teil der Bevölkerung sogar an Übergewicht leidet.

Setzt man den menschlichen Organismus auf eine Nulldiät und achtet dabei darauf, stets eine ausreichende Zufuhr von Flüssigkeit, Vitaminen und Mineralien zu gewährleisten, ist der Körper gezwungen, seinen täglichen Energiebedarf ausschließlich durch körpereigene Energiereserven zu decken. Ein arbeitender erwachsener Mensch mit einem Körpergewicht von etwa 70 kg hat in Ruhe einen täglichen Energiebedarf von 5.700-6.700 kJ, dem ein Arbeitsumsatz bei normaler körperlicher Aktivität von weiteren 3.300 kJ zugerechnet werden muss.[5] Wird der Energiebedarf nicht gedeckt, kommt es bei gleichbleibender körperlicher Aktivität zu Gewichtsverlust, der sich in verschiedenen Schritten vollzieht.

In der Medizin werden verschiedene Phasen des Hungerstoffwechsels unterschieden:([3])

  • Absorptive Phase (Nüchternphase), die sich nach der Nahrungsaufnahme bis zur 3. Stunde erstreckt. Durch Nahrung aufgenommener Traubenzucker wird rasch innerhalb von etwa 30 Minuten verbraucht, durch Einwirkung des Hormons Insulin wird Traubenzucker (Glucose) in die Muskeln aufgenommen. Gleichzeitig wird Glykogen ("Stärke") in den Glykogenspeichern des Menschen (Leber, Muskel) gespeichert und Speicherfett in den Fettdepots gespeichert. Es findet eine Zunahme der Eiweißsynthese statt.
  • Postabsorptive Phase, für den Zeitraum 3 bis 9 Stunden nach der letzten Nahrungsaufnahme. In diesem Zeitraum findet eine Umkehr der Glykogeneinlagerung statt: Die Stärke aus den Speichern wird nun genutzt und zu Traubenzucker zurückverwandelt.
  • Hungerphasen:
    • Frühe Hungerphase, mit Beginn 24 Stunden nach Nahrungsaufnahme. 24 Stunden nach der letzten Nahrungsaufnahme ist der aus der letzten Nahrung stammende Traubenzucker längst verbraucht und die Glykogenspeicher sind entleert. Etwa 2 bis 3 Tage nach Nahrungsentzug beginnt die Konzentration von Ketonkörpern im Blut (Ketonämie) anzusteigen. Allerdings gibt es auch Menschen, die auf Grund einer bestimmten Ernährungsweise eine beständig erhöhte Ketonämie aufweisen. (Ketogene Ernährung)
    • Adaptierte Hungerphase, ab 5 Tagen der Nahrungslosigkeit. Dieser Zeitraum ist durch Energieeinsparungsmechanismen und den Fettabbau gekennzeichnet. Täglich werden etwa 150 g Triglyceride (Körperfett) aus dem Fettgewebe zu Fettsäuren und Glycerin abgebaut. Es beginnt die Phase der Hungeradaptation, also der Anpassung des Organismus an die fehlende Nahrungszufuhr. In den Muskeln findet eine vermehrte ß-Oxidation von Fettsäuren zu Acetyl-CoA statt, die im Citratcyclus zur ATP-Gewinnung genutzt wird. Ketonkörper erscheinen vermehrt im Blut. Diese stammen aus der ß-Oxidation von Fettsäuren. Die Hungeradaptation führt zur Glucoseeinsparung; statt eines Glukosebedarfs von anfänglich 5 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag, sinkt der Bedarf im Hungerzustand auf etwa 2 bis 3 Gramm ab. Zu einem späteren Zeitpunkt wird sogar nur noch etwa 1 Gramm pro kg und Tag benötigt. Der Mensch lebt nun sozusagen "auf Sparflamme". Allgemein ein Zustand, der unfreiwillig Millionen Menschen in unterschiedlicher Ausprägung in Hungergebieten der Welt betrifft. In den späten Hungerphasen kommt es zum gefährlichen Abbau von Eiweißen. Der Mensch verfügt im Durchschnitt über etwa 12 kg Eiweiße, von denen er im Hungerzustand 50 bis 80 Gramm pro Tag verlieren kann. Den größten Substanzverlust erleidet dabei die Leber, die um bis zu 40% ihres Gewichts verlieren kann. Es können sich Hungerödeme durch Wasseransammlung im Gewebe bilden, als Zeichen des Eiweißmangels. Der Eiweißverlust wirkt sich auch auf das Immunsystem aus: Es kann zu häufigeren Infekten kommen. Durch die vermehrte Synthese von Ketonkörpern kann eine metabolische Azidose entstehen, eine bestehende Gicht-Erkrankung macht sich nun bemerkbar. In der Hungerphase sinkt die Körpertemperatur als Zeichen der Senkung des Grundumsatzes etwas ab, Fastende verspüren dann auch den Bedarf sich wärmer anzuziehen.

Das Körpergewicht sinkt deutlich, dies jedoch in Abhängigkeit zur vorangehenden Ernährungsweise. Zu Beginn kann der Gewichtsverlust (auch durch Wasserverluste) bei gut ernährten oder übergewichtigen Menschen bis zu einem Kilogramm pro Tag betragen, später verringert sich der Verlust auf 200 bis 500 Gramm pro Tag. Nach einer Woche sinkt das Körpergewicht eines zuvor normal Ernährten um etwa 13%, nach einem Monat um etwa 21%.

Pseudo-Argumente aus der Fasten-Szene

Die große Szene der Fasten-Befürworter propagiert verschiedene Fastenkuren mit bestimmten Schlagworten. Das Buch von Dr. med. H. Lützner listet eine Reihe dieser Phrasen auf, deren Inhalt auf der Basis medizinischen Wissens analysiert werden müssen, um ihre Unsinnigkeit zu demonstrieren. Dies deshalb, weil u.a. dieser ärztliche Autor in den 1970er Jahren Facharzt für Innere Medizin und Chefarzt einer mit der Buchinger-Diät arbeitenden Klinik am Bodensee war und in Büchern über Fasten eindeutige medizinische Unwahrheiten und Falschinformationen verbreitete. Damit stand er zwar in einer langen ärztlichen Tradition, was jedoch die naturwissenschaftlichen Falschinformationen nicht entschuldigt, denn diese biochemischen und physiologischen Erkenntnisse sind seit Jahrzehnten bekannt.

  • Der fastende Körper entledigt sich seiner Stoffwechselreste und seiner seit Jahren angehäuften Stoffwechselschlacken durch alle Öffnungen und Poren (Lützner 1972, S. 33).

Im menschlichen Körper bleiben im Zytoplasma der Zellen nur ganz bestimmte 'Schlacken' liegen. Es handelt sich dabei um Lipofuscin, eine gelb-braune Eiweiß-Lipoid-Verbindung und um intrazelluläre Pigmente. Lipofuscin entsteht als Abfallprodukt der Tätigkeit von 'Verdauungsvakuolen' (sog. Lysosomen) im Zellinneren. Manche Stoffe können im Organismus nicht chemisch zerkleinert und weiterverwertet werden. Sie können auch nicht ausgeschieden werden. Die Zellen speichern diesen Abfall in kleinen Organellen, die man Lipofuscingranula nennt. Diese Granula verschwinden nicht durch Hungern, Flüssigkeitsaufnahme, Erbrechen oder Durchfall. Intrazelluläre Pigmente entstehen entweder dadurch, dass im Zellplasma Melanin produziert und nicht mehr abgebaut wird - die klassische 'Sonnenbräune', die sich mit steigendem Lebensalter auch als persistierende Sommersprossen, Leberflecken oder Alterspigment zeigt. Ebenso können Kohlepartikel (Bergbau, Stahlwerker) oder Farbpigmente (Tätowierungen) in die Zellen aufgenommen und dort nicht weiter chemisch zerlegt werden. Diese Pigmente werden nicht ausgeschieden, sondern ebenso wie Lipofuscin auf die 'zelleigene' Abfallhalde geworfen. Andere 'Schlacken' wie Fettvakuolen in Fettzellen oder glycogenhaltige Vakuolen in Muskel- oder Lebergewebe sind eigentlich keine Schlacken, sondern vielmehr Speicherreserven, die permanent umgebaut, neu organisiert und verstoffwechselt werden. Wer meint, man nehme einmal Fett auf, dass dann letztlich jahrzehntelang in einer Fettzelle eingelagert wird, befindet sich im Irrtum. Eine "Aktivierung" des Fettgewebes und der Glycogenreserven passiert ständig und bedarf keiner Fastenkur.

  • Alle Schleusen des Körpers sind während des Fastens geöffnet [...]. Der Urin ist zeitweise recht dunkel und riecht penetrant (Lützner 1972, S. 33-34).

Damit wird souffliert, dass 'Schlacken' über den Urin abgegeben würden. Das ist eindeutig falsch. Im Urin wird nach mehrtägigem Fasten zunehmend das Endprodukt der Ketonkörperverbrennung - das Aceton - ausgeschieden. Das ist der eigentliche Grund für den unangenehmen Geruch und die Farbänderungen. Je nach Heftigkeit des Dauerfastens und einer zu geringen Wasseraufnahme kann es auch zu einer mehr oder weniger klinisch auffälligen, bakteriellen Besiedelung des Harnleitersystems kommen. Stoffwechselprodukte der Bakterien können dann ebenfalls zu Veränderungen des Harngeruchs und der Harnfarbe führen. Im Einzelfall kann es zu Urogenitalinfektionen mit Blut im Urin kommen, weil die Körperabwehr durch übermäßiges Fasten geschwächt wird und Bakterien die Nierenepithelien beschädigt haben.

  • Allerhand Ekeldüfte lassen ahnen, was da alles über die Haut mit dem Schweiß in die Wäsche abwandert (Lützner 1972, S. 34).

Auch diese Behauptung impliziert, dass 'Schlacken' durch den Schweiß ausgeschieden werden - sie ist ebenso unzutreffend wie die Urinausscheidung derselben. Der schlechte Körpergeruch resultiert auch aus einer Steigerung der Acetonausscheidung. Sie ist bei weitem geringer als jene über den Urin, kann aber nachgewiesen und mit der Nase wahrgenommen werden. Je nach Länge des Fastens - und damit Beschädigung der Körperabwehr - kann es zu einer Veränderung der bakteriellen Hautflora mit Überwiegen bestimmter Keime kommen, die sich in den Ausführungsgängen von Schweiß- oder Talgdrüsen wohl fühlen. Deren Zersetzungsprodukte erzeugen zusätzlich Körpergeruch.

  • Durch die Lungen [...], durch die Schleimhäute der oberen Luftwege [...], über die Scheide [...], über den Mund (Lützner 1972, S. 34-35).

Über diese Öffnungen sollen ebenfalls 'Schlacken' ausgeschieden werden. Der schlechte Mundgeruch und Atem erklärt sich ebenfalls über die Acetonausscheidung, denn Aceton wird in geringen Mengen (analog zu getrunkenem Alkohol) abgeatmet. Das erzeugt Geruch, der durch Zähneputzen oder Gurgeln nicht beseitigt wird. Eine Tafel Schokolade oder ein bisschen Traubenzucker hingegen können Abhilfe schaffen, weil die Acetonproduktion recht schnell eingestellt wird. Übelriechender Scheidenausfluss ist meist auf eine hungerbedingte Funktionseinschränkung des Abwehrsystems zurückzuführen. Der Organismus fährt nach einer gewissen Zeit die Produktion von unspezifischen, gegen Bakterien gerichteten Antikörpern zurück, die in die vaginale Schleimhaut ausgeschieden werden. Dadurch gewinnen zunehmend Keime die Oberhand, deren Stoffwechselprodukte mit dazu beitragen, Farbe, Konsistenz und Geruch des Vaginalsekrets zu verändern.

Hungereuphorie

Der Organismus ist darauf angewiesen, auch in einer Hungersituation handlungsfähig zu bleiben. Dies sichert ihm die Möglichkeit, auf die Suche nach Nahrungsmitteln zu gehen. Im Paläolithikum z.B. war dies notwendig, da der menschliche Organismus es sich nicht leisten konnte, sich bereits nach 1-2 Tagen Nahrungskarenz zum Sterben niederzulegen. Der Körper musste in der Lage sein, zu jagen oder weite Strecken zum Nahrungssammeln zurückzulegen. Deshalb steht dem Körper die Möglichkeit zur Verfügung, mittels körpereigener 'Stimmungsaufheller' - den endogenen Dynorphinen - sowohl die Schmerzempfindung beim Hungern zu reduzieren als auch die Wachsamkeit durch den Einsatz von Stresshormonen auf hohem Niveau zu halten. Eine Studie von Gorozhanin und Lobkov an gesunden Freiwilligen, die eine 14-tägige Fastenkur absolvierten, zeigte dies eindeutig.[6] Im Urin und im Blutplasma fanden sich hohe Spiegel von Adrenalin. Der ACTH-Spiegel stieg rasant an, Cortisol und STH, Aldosteron, T3, Glucagon und auch das hormonelle Glückshormon ß-Endorphin waren vermehrt nachzuweisen. Dieser körperliche Glücksstress war sogar noch eine gewisse Zeit nach Beendigung der Fastenkur erkennbar. So war beispielsweise der ß-Endorphinspiegel zwei Wochen nach Fastenende zwar gesunken, lag aber immer noch deutlich über der Norm.

Risiken

Eine Fastenkur ist eine mit zunehmender Zeitdauer immer härter werdende Belastung für den Körper. Nicht nur an die Leber werden im Rahmen der Gluconeogenese und der Herstellung von Ketonkörpern aus freien Fettsäuren hohe Anforderungen gestellt. Auch die Nieren sind stark gefordert, denn die Ketonkörper erzeugen eine metabolische Azidose (also eine tatsächliche Übersäuerung), die kompensiert werden muss, um den pH des Blutes im Normbereich von 7,35-7,45 zu halten. Es kann bei Fastenkuren aufgrund eines erhöhten Natriumverlusts durch die Nieren zu Blutdruckabfall kommen, was erklärt, dass manche Fastenden beim Aufstehen Schwindelanfälle (sogenannte orthostatische Kreislaufprobleme) mit Durchblutungsproblemen des ZNS erleiden können. Es kann paradoxerweise wegen der Mangelernährung, die eine Unterversorgung mit Cholin und essentiellen Fettsäuren nach sich zieht, sogar zu einer (reversiblen) Leberverfettung kommen, weil die Leber mangels Emulgatoren wie Apolipoproteinen und Phospholipide Triacylglycerol nicht ausreichend auscheiden kann. Dieses wird dann in den Leberzellen (=Hepatozyten) angehäuft und kann bis zu 50% deren Trockenmasse ausmachen.

Die zu beobachtenden Eiweißverluste bei längerem Fasten werden von Anhängern des Heilfastens gerne umgedeutet und sollen demnach sogar einen therapeutischen Zweck erfüllen. Es herrscht hier die Vorstellung, dass selektiv "pathologisches" Eiweiß katabolisiert und ausgeschieden werde.

Neben Nährstoff- und Vitaminmangel kann Fasten zu einer Schädigung von Nieren oder Herz, zu Gichtanfällen oder Gallensteinen führen. Die von Fastenbefürworten angeführten "Schlacken", die "ausgeschwemmt" werden sollen, sind wissenschaftlich unbekannt.

Personen mit Leber- oder Nierenschäden, Problemen mit der Blutzuckerregulation oder mit Krebserkrankungen sollten grundsätzlich keine solch stark leber- und nierenbelastenden Hungerkuren beginnen. Besonders Krebskranke, denen in der Pseudomedizin oft harte Hungerdiäten wie die Breuß-Kur empfohlen werden, riskieren eine Verkürzung ihrer verbleibenden Lebenszeitspanne auf Kosten eines kurzfristigen, fasteninduzierten, hormonellen Endorphin-Glücksgefühls.

Unter einer Fastenperiode mit dem Zweck, ein bestehendes Übergewicht beeinflussen zu wollen, wurden auch Fälle einer durch das Fasten ausgelösten Zuckerkrankheit beobachtet.[7] Weitere mögliche Zwischenfälle betreffen die Bildung von Gallensteinen und Herzrhythmusstörungen.[8]

Quellennachweise

  1. Eckart WU: Geschichte der Medizin. Springer Verlag, Stuttgart, 3. Aufl., S.57 und 112, 1998
  2. Lützner H: Aktive Diätetik. Fasten, Intensivdiätetik, Ernährungstherapie. Hippokrates Verlag, Stuttgart, S.27ff, 1993
  3. Lützner H: Aktive Diätetik. Fasten, Intensivdiätetik, Ernährungstherapie. Hippokrates Verlag, Stuttgart, S.27ff, 1993
  4. Lützner H: Aktive Diätetik. Fasten, Intensivdiätetik, Ernährungstherapie. Hippokrates Verlag, Stuttgart, S.27ff, 1993
  5. Till U, Thielmann K: Pathobiochemie. VCH Verlag, Weinheim, 1989, S.278-280
  6. Gorozhanin VS, Lobkov VV: Hormonal and metabolic reactions in the human body during prolonged starvation. Kosm Biol Aviakosm Med, 24, 47-50, 1990
  7. Koffler M, Kisch ES, Starvation diet and very-low-calorie diets may induce insulin resistance and overt diabetes mellitus. J Diabetes Complications. 1996 Mar-Apr;10(2):109-12.
  8. http://www.apinchofhealth.com/resources/lowcarb/VLCD-Research.html