Grander-Wasser

Eine Flasche Granderwasser, die zu dem stolzen Preis von 12,10 € in den Handel kam
Laudatio des Projekts Psiram bei Verleihung des "Goldenen Brett 2019" für das Lebenswerk der Firma Grander in Wien am 13.12.2019
Grander-Wasserbeleber, für den Einbau in das Wasserleitungs-System
Ältere Darstellung mit eingezeichneten Feldlinien die an eine Magnetfeld erinnern sollen. Da Magnetfelder aber keine Rolle spielen sollen, wurden die Feldlinien später in Abbildungen nicht mehr gezeigt.
Aufgeschnittener Grander-Wasserbeleber älterer Bauart. In der Mitte die Bohrung für den Wasserdurchfluss, außen vier mit Granderwasser bzw. "Informationswasser" gefüllte Kammern
Stefanie Quelle bei Jochberg
Auszug Diplomarbeit Höbling 2004[1]
Scharlatanerieprodukt Grander Belebungsplatte

Grander-Wasser ist ein Produkt der Grander Firmengruppe aus Tirol (Österreich), welches seit dem Ende der siebziger Jahre mit ausschließlich positiven Wundereigenschaften beworben wird, die jedoch nie seriös nachgewiesen werden konnten. So soll das Grander-Wasser auf nicht plausibel erläuterte Weise benachbartes anderes Wasser in seinen Eigenschaften positiv beeinflussen, ohne direkt mit diesem Wasser in Kontakt zu treten. Auf dem Esoterikmarkt werden derartige Vorgänge als Wasserbelebung bezeichnet. Die Grander-Firmengruppe bietet nicht nur Geräte zur Selbstherstellung von Grander-Wasser an, sondern auch fertiges Granderwasser. So bot zum Beispiel die Handelskette SPAR Grander-Wasser für 12,10 € an.[2] SPAR Österreich wurde deswegen 2013 für den Preis "Das Goldene Brett" nominiert.[3]

Es ist inzwischen wissenschaftlich erwiesen, dass die Grander-Technologie zur „Belebung von Leitungswasser“ wirkungslos ist; sie darf laut einem Gerichtsurteil als „esoterischer Unfug“ bezeichnet werden.

Erfinder war der verstorbene Unternehmer Johann Grander (sen.), der von 1930 bis 2012 in der Gegend von Kitzbühel (Tirol) lebte. Der esoterisch-christlich inspirierte Johann Grander war zunächst Tankstellenpächter, bevor er auf die Geschäftsidee zum Grander-Wasser kam. Grander, der nach 7 Jahren die Grundschule verließ, galt in seinem Umfeld als Sonderling. Er wurde auch als Erfinder nicht funktionstüchtiger Magnetmotoren bekannt, die ohne Energiequelle im Sinne eines Perpetuum Mobile funktionieren sollten.

Grander-Produkte mit dem Buchstaben "G" sind markenrechtlich geschützt. Unter anderen Namen und Bezeichnungen finden sich inzwischen zahlreiche Produkte anderer Unternehmen.

Am 13. Dezember 2019 wurde der Negativpreis "Das goldene Brett" für das Lebenswerk an die Firma Grander verliehen. Ausschlaggebend für die Preisverleihung war das "magische, vorwissenschaftliche Weltbild" von Grander. Laudator war das Projekt Psiram. Das Goldene Brett vorm Kopf wird von der Gesellschaft für kritisches Denken vergeben – der Wiener Regionalgruppe der Gesellschaft zur Wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP), der größten Skeptikervereinigung im deutschen Sprachraum. Bilder von der Preisverleihung finden sich auf der Diskussionsseite dieses Artikels.

Grander Wasser

Das gemeinte Grander-Wasser entsteht in so genannten "Grander-Wasserbelebern". Es handelt sich dabei um Vorrichtungen, die in Leitungen der Trinkwasserversorgung eingebaut und vom Trinkwasser durchflossen werden. Diese Vorrichtungen weisen Kammern auf, die räumlich neben dem vom Wasser durchflossenen Rohr angeordnet sind. In ihnen soll sich eine Flüssigkeit befindet, die "informiertes Wasser" oder Informationswasser genannt wird. Offenbar ist damit Wasser aus der Stefanie Quelle in einem alten Stollen des stillgelegten Kupferbergwerks in Jochberg gemeint, welches sich neben der Firma Grander befindet.

Dadurch soll das Wasser in seiner "Struktur" verändert werden und besondere, positive Eigenschaften erlangen. Angeblich soll auch ein Trinkglas mit Granderwasser durch Informationsübertragung das Wasser in einem daneben stehenden Glas so verändern können, dass es die Eigenschaften des Granderwassers übernimmt. Ein Grander-Wasserbeleber für den Hausgebrauch kostet rund 1000 €. Wasserbeleber für Schwimmbäder sollen knapp 50.000 € kosten.

Hinweise für die Wirksamkeit von Granderwasser gibt es nicht. Verbraucherschützer und Wissenschaftler haben mehrfach auf die Wirkungslosigkeit hingewiesen. Auch sind bereits Gerichtsurteile wegen "Irreführung der Konsumenten" ergangen. Charakteristisch für die Kommunikationspolitik des Grander-Unternehmens ist die Vorgehensweise, die beworbenen Wirkungen nie direkt anzuführen, sondern ausschließlich indirekt über ausgewählte Kundenrückmeldungen, sogenannte Testimonials, herauszustellen. Beispiele dieser Kundenreferenzen sind über mehrere Branchen hinweg ersichtlich.[4]

Grander Schmuck

Neben dem Grander-Wasser werden auch für 129 € Schmuckanhänger mit "Swarovski-Steinen" verkauft, die in kleinen Glasampullen "Informationswasser" enthalten.

Die behaupteten Wunderwirkungen

In der Werbung zum Produkt Grander-Wasser wird behauptet, dass dieses eine entgiftende Wirkung habe. Hierzu urteilte die österreichische Bundesanstalt für Wassergüte in ihrem Gutachten 1993 wörtlich: :„Granderwasser hat keinerlei entgiftende Wirkung. Anders lautende Behauptungen, wie die zuvor von Grander-Vertretern getroffene Aussage (Zitat Gutachten: ‚Das Gerät »Wasserbelebung 380« bewirkt laut Angabe der Vertreter der Umwelt-Vertriebs-Organisation eine Entgiftung von kontaminierten Wässern‘) sind falsch.“

Auch findet sich die Behauptung, dass mit Grander-Wasser begossene Pflanzen besser wachsen würden. Die Autoren Hintermann und Basler schrieben 1998 dazu:

„Granderwasser hat keinen Einfluss auf das Pflanzenwachstum, ebensowenig wie andere ‚esoterische‘ Verfahren.“ ... „Weder das Versuchsgerät ‚Flexibler Wasserbeleber’ der Firma Innutec (Grander) noch der physikalische Wasseraufbereiter Aquavital erzielte die versprochenen Resultate.“[5]

Zur Glaubhaftmachung der Grander-Produkte wird auch auf den Amerikaner Gerald Pollack und sein "EZ-Wasser" verwiesen.

Gesetzeslage und Gerichtsurteile

Im dem Verfahren 4 R 1/06f urteilte das Oberlandesgericht Wien am 17. August 2006, dass die Bezeichnung "aus dem Esoterik-Milieu stammender, parawissenschaftlicher Unfug" für Granderwasser sachlich begründet ist, ebenso wie der Vorwurf, dass "Menschen, die an gefährlichen Krankheiten wie etwa Borreliose oder Krebs leiden, möglicherweise leichtgläubig auf dringend notwendige medizinische Behandlung verzichten und auf die Wirkung des Wunderwassers vertrauen". Betrug dürfe man dem Unternehmen jedoch nicht unterstellen, befand das Gericht, da die Käufer ein Rücktrittsrecht hätten.[6]

In der Schweiz ist es seit 1999 verboten, mit einer therapeutischen Wirkung des Wassers zu werben. Auch in Deutschland gilt Wasser als Lebensmittel und darf nach dem LFGB-Gesetz (Lebensmittel- und Futtergesetzbuch) nicht mit unbelegten gesundheitsbezogenen Angaben beworben werden. Im Jahr 2005 wurde in Neuseeland die Vertriebsfirma für Grander-Wasser zu einer Strafe und Schadensersatz von umgerechnet 72.000 € verurteilt. Die Richterin bezeichnete die entsprechenden Produkte als Quacksalberei und Pseudowissenschaft.[7] Von der Website Granders sind mittlerweile alle Behauptungen, die eine therapeutische Wirkung des Wassers versprechen, entfernt worden.

Ein engagierter Kritiker ist der Wiener Wissenschafter Erich Eder. Er wurde von der Grander-Vertriebsfirma wegen kritischer Aussagen zum Grander-Wasser verklagt. 2006 entschied schließlich das Oberlandesgericht (OLG) Wien, dass Eder das Wasser weiterhin als "esoterischen Unfug" bezeichnen darf.

Studien und Diplomarbeiten zu Granderwasser

Mit wissenschaftlicher Methodik durchgeführte Untersuchungen bestätigen keine der von Grander behaupteten Wirkungen. Marko Heckel und Peter Heinig vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Golm bei Potsdam überprüften die Eigenschaften von Wasser vor und hinter einem Grander-Zylinder und konnten keinen Unterschied feststellen.[8][9] Am Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik UMTEC an der Hochschule Rapperswil wurde 2005 die angebliche Verbesserung des Geschmacks des Wassers untersucht. Verblindete Versuchspersonen bemerkten jedoch keinen Unterschied zu normalem Leitungswasser.[10]

Zu Granderwasser liegen mittlerweile mehrere Studienergebnisse vor.[11] Im Jahr 2000 meinte ein Diplomand Unterschiede zwischen Granderwasser und Leitungswasser festgestellt zu haben; die Oberflächenspannung sei unterschiedlich.[12] Bei einem Nachversuch stellte sich als Ursache die Verwendung eines bestimmten Gartenschlauchs heraus.[13][14]

Im Jahre 2004 wurde an der TU Graz im Rahmen einer Diplomarbeit mit Unterstützung der Firma IPF Granderwasser mit Leitungswasser verglichen. Mit sieben verschiedenen Methoden wurde nach Unterschieden gesucht, jedoch keiner gefunden.[15] Aufgrund des negativen Ergebnisses wurde die Diplomarbeit für fünf Jahre gesperrt und konnte nicht eingesehen werden.[16]

Auch eine Arbeit aus dem Jahr 2006 konnte unter Verschluss gehalten werden, bis die gesetzlich mögliche Sperrfrist 2011 endete.[17] Die durchgeführten Untersuchungen zeigten keine Unterschiede zwischen Granderwasser und nicht "behandeltem" Wasser.[18]

Granderwasser in öffentlichen Einrichtungen

  • Die Stadt Bubesheim im schwäbischen Landkreis Günzburg gab 3000 Euro für eine Granderwasser-Wasserbelebungsanlage aus, die an den gemeinsamen Hauswasseranschluss von Rathaus und Kinderhaus eingebaut werden sollte. Laut der Augsburger Allgemeinen kam der Anstoß zur Nutzung des esoterischen Produkts aus den Reihen des Gemeinderats. Zitat: "Der Gemeinderat, der den Vorschlag gemacht hat, hat von positiven Erfahrungen im Bekanntenkreis mit dem Granderwasser berichtet."[19]
  • Im Winterthurer Schwimmbad Wolfensberg wurde 2009 für 47.000 Franken ein "Magnetgenerator" eingebaut, der das Wasser nach der Grander-Methode beleben soll. Von den Betreibern wurde behauptet, "im Schwimmbad sei in der Folgesaison weniger Frischwasser und weniger Chemie und Aufwand für die Reinigung nötig gewesen." Im Mai 2010 wurde der Betreiber des Bades, das von der Stadt Winterthur Zuschüsse von 125.000 SFr jährlich erhält, vom Chef des Sportamts aufgefordert, Rechenschaft darüber abzulegen, warum eine hohe Summe in dubiose Technik investiert wurde, ohne die Stadt zu informieren.[20]
  • Die Stadt Zug in der Schweiz hat 27 Wasserbelebungsanlagen der Firma Grander in Hallenbädern, Altersheimen und Schulhäusern installiert und dafür 130.000 Franken (etwa 119.000 €) ausgegeben.[21]
  • Die Firma U.V.O. gibt an, mehr als 120 öffentliche Bäder mit Grander-Produkten ausgerüstet zu haben.[22]

Granderwasser als Thema an österreichischen Schulen

Die Pädagogische Hochschule Oberösterreich bot Anfang 2009 einen Fortbildungskurs für Lehrer in Sachen Granderwasser an, in dem Johannes Larch (Forschungsleiter der Firma Grander) Werbung für sein esoterisches Produkt machen durfte.[23]

Grander Firmengruppe

Zur Grander Firmengruppe gehören:

  • Grander GmbH (Produktion)
  • Grander Wasserbelebung GmbH (Vertrieb AT, DE)
  • Grander Italien (Vertrieb Italien)
  • Grander Export (Vertrieb Export)
  • IPF GmbH (Implosions Photonenfeld Forschung und Vertrieb GmbH)
  • Schaubergwerk Kupferplatte mit Stephanie-Quelle, aus der das Wasser für die abgefüllten Grander-Produkte stammt

Aktueller (Stand: 2019) Geschäftsführer ist Johann Grander (jr.) mit Unterstützung seiner Geschwister Johanna Grander, Stephanie Filzer und Heribert Grander.

Siehe auch

Weblinks


Videos

Quellenachweise

  1. Quelle: http://www.scienceblogs.de/kritisch-gedacht/2010/07/wie-die-granderwasserfirma-funf-jahre-lang-eine-wissenschaftliche-studie-unterdruckte.php
  2. https://www.derstandard.at/story/1381368177521/spar-verkauft-grander-wasser-um-1210-euro
  3. https://blog.gwup.net/2013/11/29/das-goldene-brett-2013-fur-rudiger-dahlke-und-die-homoopathen-ohne-grenzen/
  4. Profil des Herstellers mit Erfahrungsberichten und Anwenderaussagen über den Einsatz von Grander-Technologie in den Bereichen Hotellerie, Gastronomie und Gewerbe. Abruf: 03.11.2019
  5. https://homepage.univie.ac.at/erich.eder/wasser/hintermann1998.htm
  6. https://wasserschwindel.wordpress.com/wunder-oder-wucher/
  7. http://www.comcom.govt.nz/MediaCentre/MediaReleases/200506/livingwaterquackeryresultsin136000.aspx
  8. Skeptiker 3/2003
  9. http://homepage.univie.ac.at/erich.eder/wasser/potsdam-studie.pdf
  10. "Nicht alles auf dieser Welt lässt sich beweisen" [PDF Reprint] 20 Minuten Online, 21. Mai 2010
  11. http://homepage.univie.ac.at/erich.eder/wasser/
  12. Faißner K (2000): Physikalische und physikalisch-chemische Daten unter der Verwendung von belebtem und unbelebtem Wasser und der Einsatz der Grander-Wasserbelebung in Betrieben. Diplomarbeit (Sozial und Wirtschaftswissenschaften, Studium irregulare) an der TU Graz, 115 pp.
  13. http://homepage.univie.ac.at/erich.eder/wasser/faissner2000.htm
  14. http://www.gwup.org/component/content/article/87-Paratechnologien/758-oberflaechenspannungsaenderung-durch-grander-belebung-nicht-bestaetigt
  15. Hölbling Margit: Spektroskopische und magnetische Untersuchungen von Übergangsmetall- und Seltenerdionen in belebten und unbelebten Wässern. Diplomarbeit an der TU Graz, 2004
  16. http://www.scienceblogs.de/kritisch-gedacht/2010/07/wie-die-granderwasserfirma-funf-jahre-lang-eine-wissenschaftliche-studie-unterdruckte.php
  17. Maier, E. (2006): Solvatisierungseigenschaften unterschiedlich behandelter Wässer. Diplomarbeit, Technische Universität Graz [1].
  18. http://scienceblogs.de/kritisch-gedacht/2011/07/14/deja-vu-granderwasser/
  19. Rebekka Jakob: Granderwasser“ schmeckt nicht jedem Augsburger Allgemeine, 11. Februar 2010
  20. Zauberwasser in der Badi bringt Stadtrat zum Kochen TagesAnzeiger, 21. Mai 2010
  21. Zentraplus: Hokuspokus vom Tiroler Wurzelsepp – funktioniert er doch?. 31.10.2017
  22. http://www.gra-schwimmbaeder.com/ Aufruf am 10. September 2010
  23. http://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2008/11/10/granderwasser-im-schulunterricht/