Globale Elite

Naive Vorstellung einer "globalen Elite", die die Geschicke der Welt beeinflusse, in der Sicht des Verschwörungstheoretikers und Zeichners David Dees
Geheime Weltverschwörung durch amerikanische Politiker, die sich angeblich im Bohemian Grove treffen. (Bild David Dees)

Die Globale Elite (manchmal auf Elite abgekürzt, oder auch globalists, brotherhood) ist ein verbreitetes Feindbild vieler moderner Verschwörungstheorien. Diese vermeintliche internationale Gruppe, zu der willkürlich führende Personen aus der Politik und Wirtschaft gezählt werden, spielt die Rolle des Antagonisten und Erzfeindes. Charakterliche Eigenschaften, Ideale, Werte und Absichten, die der globalen Elite axiomatisch unterstellt werden, bilden für den Verschwörungstheoretiker eine selbstverständliche Grundlage für die von der Elite organisierten Verschwörungen.

Struktur und Zusammensetzung

Die globale Elite setzt sich nach Vorstellungen der Verschwörungstheoretiker aus weltweit führenden Vertretern der Politik und Wirtschaft (v.a. des Finanzwesens, sog. Hochfinanz), des Adels, aller möglichen Geheimgesellschaften wie Illuminati oder Freimaurer sowie internationaler Organisationen wie der Trilateralen Kommission [1] oder des Federal Reserve System zusammen. Eine besondere Rolle nimmt hier die Bilderberger-Konferenz ein: Die bloße Anwesenheit bei dieser Konferenz reicht aus, damit die jeweilige Person zur Elite gezählt wird - selbstverständlich unter Unterstellung sämtlicher ihrer Ziele. Immer wieder wird die angeblich dynastische Zusammensetzung der Elite betont.

Die Elite wird als monolithisch dargestellt, agiere immer geschlossen und immer nur im Sinne der ihr unterstellten Ziele. Meinungsunterschiede und Machtkämpfe unter einzelnen Gruppierungen innerhalb der Elite gebe es nicht. Gerade da die so genannte Elite seit vielen Jahrzehnten bestehen soll, ist dies sehr unwahrscheinlich, denn ein derartig stabiler Zustand ist in keiner menschlichen Organisation bekannt. Trotz z.B. mehrerer Generationen seit der Entstehung der Bilderberger gebe es in der Elite keinen Generationswechsel und keinerlei Kursschwankungen. Die Leitung der Elite wird zumeist oligarchisch dargestellt, die Spitzenpositionen belegten dabei zumeist Juden.

Eigenschaften und Absichten

Der Elite werden stets folgende Eigenschaften unterstellt: Egoismus, Skrupellosigkeit, Gier[2][3]. Obwohl die Elite ohnehin angeblich totale Kontrolle über die weltweite Politik und Wirtschaft hat, strebe sie nach immer mehr Macht[4]; dieses Paradoxon wird nirgends erklärt, wenn man von Verweisen auf die angebliche immanente Machtgeilheit der Eliten absieht. Hin und wieder (vor allem von Verschwörungstheoretikern mit christlichem Hintergrund) werden Ideale der Elite mit den Idealen des säkularen Humanismus gleichgestellt, wobei letztere bis zur Unkenntlichkeit verdreht werden.

Ziel der Elite sei die fortschreitende Globalisierung bis hin zur Bildung einer Weltregierung und der Schaffung einer Neuen Weltordnung.[5] Dazu gehören:

  • Abschaffung der Demokratie (man bedenke, dass die Freimaurer laut Darstellung vieler Verschwörungstheoretiker die Französische Revolution, die die Grundlagen der modernen Demokratie bildete, maßgeblich gelenkt haben; in einigen Texten werden diese beiden Unterstellungen sogar im gleichen Zuge zitiert[6])
  • Bildung eines totalitären Weltstaates
  • Zwangsimplantierung von Chips bei der Bevölkerung
  • Bevölkerungsreduktionsprogramme

und andere Schreckensvisionen. Hierbei wird nie erklärt, warum die Elite nicht mit der heutigen Situation zufrieden ist, wo sie doch ohnehin unbegrenzte Macht ausübe und zu den Wohlhabendsten der Welt gehöre; genauso wenig wie es der Elite eigentlich nützen soll, die erwähnten Umwälzungen voranzutreiben.

Nutzung des Begriffs

 
Gesprayte Parolen auf den Georgia Guidestones als verhasstes vermeintliches Symbol einer "globalen Eleite"

Der Begriff "globale Elite" taucht nahezu ausnahmslos bei NWO-Verschwörungstheoretikern und Truthern auf, so z.B. infokrieg.tv, Alles Schall und Rauch und vielen anderen. Einige Artikel sind vollständig angeblichen Plänen der Elite gewidmet; dabei fehlen in der Regel jegliche Belege, die die Realität solcher Pläne stützen sollen. Manche Autoren halten angebliche Reden eines Vertreters der Eliten (am besten auf streng geheimen Konferenzen[7]) für einen ausreichenden Beleg, andere berufen sich auf selbsternannte Insider wie Nick Rockefeller.

Typisch für ein Feindbild wird die Elite als grundsätzlich böswillig dargestellt. Sie agiere letzten Endes aus niederen Beweggründen, bedingt durch die eigene Bosheit. Jede Aktion der Elite bedeute Schlimmes für die "guten Menschen", an der Elite gebe es keinen einzigen positiven Zug. Die Elite habe außerdem der Menschheit "den Krieg erklärt"[8], so dass alle Aktionen gegen sie als Widerstand zu verstehen seien.

Gründe für die Begriffswahl

Obwohl unter der angeblichen Elite oder zumindest ihrer Führung in den meisten Fällen Juden verstanden werden, hat dieser Begriff das zuvor existierende Feindbild Weltjudentum bis auf einige am weitesten rechts liegende Seiten vollständig abgelöst. Dies stellt einen Versuch dar, sich dem Vorwurf des Antisemitismus zu entziehen, der anders als etwa zu Beginn des 20. Jhd. heute nicht mehr salonfähig ist. Ein weiterer Grund ist der Versuch, durch die Gegenüberstellung der reichen und trotzdem gierigen Elite und des "einfachen Volkes" sozialen Neid für eigene Zwecke zu instrumentalisieren. Das hilft außerdem, Adepten außerhalb der rechten Szene anzuwerben, ohne sie zumindest am Anfang mit dem antisemitischen Vokabular zu konfrontieren.

Siehe auch

Quellenverzeichnis