George Soulié de Morant[1]

George Soulié de Morant (2. Dezember 1878, Paris, als Georges Soulié - 10. Mai 1955, Paris) war ein französischer Diplomat, Buchautor, Übersetzer und Medizininteressierter. Er gilt als früher Befürworter der Akupunktur im Westen, insbesondere Europa. Soulié de Morant wird häufig als erste Person genannt, die die Akupunktur in Frankreich eingeführt hätte (bzw. in Europa). Dies entspricht jedoch nicht den Tatsachen. Soulié de Morant war aber offenbar die erste Person, die eine Ausbildung in Akupunktur in Frankreich anbot.

Vorgänger bei der Einführung der Akupunktur waren Berlioz (Vater des bekannten Komponisten) im Jahre 1910 und der Arzt Jules Cloquet. Der Arzt Trousseau hatte 1858 über die Traditionelle Chinesische Medizin und Akupunktur veröffentlicht, und ein Konsul Dabry hatte 1863 ein Buch über die TCM ins Französische übersetzt.

Dennoch gilt Soulié de Morant als bekannter französischer Vertreter der Akupunktur dank etwa 60 Veröffentlichungen zu diversen Themen aus dem Bereich der TCM (Puldiagnostik, Organuhr).

Zahlreiche Missverständnisse über die Akupunktur sind auf widersprüchliche oder fehlerhafte Angaben von Soulié de Morant zurückzuführen. Diese finden sich teilweise noch heute in Veröffentlichungen, die sich auf ihn beziehen.

Kurzbiografie

George Soulié de Morant wurde 1878 in Paris geboren (wo er 1955 auch starb). In seiner Kindheit soll er in Frankreich die chinesische Sprache möglicherweise durch einen jesuitischen Pater gelernt haben, als er eine von Jesuiten geführte Schule (St. Ignace) besuchte. Nach sehr viel wahrscheinlicheren Angaben hatte er chinesische Sprachkenntnisse von einem Chinesen namens Tin Tun Ling erworben, den er bei der Tochter von Théophile Gauthier kennenlernte.[2] Ursprünglich wollte er Medizin studieren, gab dieses Vorhaben nach dem Tod seines Vater aber wieder auf. Er wurde im Alter von 19 (oder 20, oder 21) Jahren Bankangestellter und seine Bank (Compagnie industrielle de Madagascar) entschied im Jahr 1901 (nach anderen Angaben bereits 1899), ihn nach China zu entsenden. Dank seiner Sprachkenntnisse gelang es ihm, für den französischen diplomatischen Dienst in China tätig zu werden. Dort soll er zuerst Vizekonsul, später Konsul am Konsulat in Shanghai und Konsul am Konsulat Kunming (Yunnan Fu) gewesen sein. Nach Angaben aus dem Jahr 2007 seiner Tochter Tochter Evelyne (geb. 1914) träfe dies jedoch nicht zu: Soulié de Morant wäre in China niemals Konsul oder Vizekonsul gewesen. Erst als er aus dem auswärtigen Dienst ausschied, erhielt er ehrenhalber den Titel "Konsul". Erst ab 1925 ist auf seinen Büchern der Hinweis "Consul de France" zu sehen. Im diplomatischen Dienst versah Soulié de Morant offenbar lediglich den Dienst als "1. Dolmetscher". In Shanghai soll er auch die Funktion eines "Richters" am französisch-chinesischen Gericht in Shanghai ausgeübt haben. Unter den Büchern, die Soulié de Morant schrieb, behandelte eines aus dem Jahre 1925 das Thema "Exterritorialité et Intérèts étrangers en Chine". Im Werk steht, wer für Frankreich in dem Gerichtshof saß: un français [...] généralement le 1er interprète du consulat (also: ein Franzose [...] üblicherweise der 1. Dolmetscher). Dass er 1903 Übersetzer für dieses Gericht wurde, wird auch aus anderer Quelle bestätigt.[3] Auf den Webseiten eines Enkels sind alte Fotografien seines Großvaters zu sehen. Darunter auch zwei, die Soulié de Morant als den "Konsul" von Yunnan Fu zeigen sollen (einmal nur von hinten).

Während einer Cholera-Epidemie in Peking im Jahr 1905 (nach anderen Angaben 1901) soll Soulié de Morant mit chinesischen Akupunkteuren gemeinsam Patienten behandelt haben. Nach anderen Angabe habe er aber lediglich einem "Dr. Yang" zugesehen, wie dieser Cholera-Patienten akupunktierte (am Arm, Punkt GI 10 auf dem "Dickdarm-Meridian"). Dieser Dr. Yang soll ihn anschließend in die Akupunktur eingewiesen haben. Die Bezirksregierung von Yunnan soll nach eigenen Angaben ihm aus diesem Grund angeblich ein Diplom als "Akupunktur-Mediziner" erteilt haben. Aufzeichnungen der "History of Chinese Medicine" von Wong und Wu zeigt jedoch, dass 1901 keine Cholera-Epidemie in Peking bekannt war.[4] Auch ist fraglich, ob Soulié de Morant je in China selbst Kranke behandelt hat, da in späteren Veröffentlichen lediglich davon die Rede ist, dass Akupunkturbehandlungen beobachtet worden seien.

1918 (andere Angaben: 1910 oder 1928) kehrte Soulié de Morant nach Frankreich zurück, über den Zeitpunkt der Rückkehr liegen unterschiedliche Angaben vor.[5] Bereits während Ferienaufenthalten in Frankreich berichtete er in über die Akupunktur. Ein chinesisches Diplom als Akupunkteur wurde jedoch in Frankreich von der zuständigen Ärztekammer nicht anerkannt. Ihm gelang es jedoch mit Hilfe der drei Homöopathen Marcel, Martiny und Ferreyroles eine eigene Praxis am Hôpital Bichat zu führen, allerdings unter der Verantwortung des Arztes Flandrin. Dort begann er Schüler in Akupunktur auszubilden. Zu seinen ersten Schülern gehörten Lavergne, Sauvageot und Bonnet-Lemaire, die selbst später Akupunkteure ausbildeten. Seine Ausbildungskurse stießen auf Kritik seitens französischer Ärzte, die zur Schließung seiner Praxis führten. Sein Ruf als Diplomat schützte ihn jedoch vor einer Anklage wegen illegaler Ausübung ärztlicher Tätigkeiten. Nach Schließung seiner Praxis wendete er sich verstärkt seiner publizistischen Tätigkeit zu und verfasst sein "Précis de la vraie acuponcture chinoise", das 1934 erschien. Sein späteres Werk, "L'Acuponcture Chinoise" erschien erst nach seinem Tod 1955.

Andere Werke von Soulié de Morant befassen sich mit dem Land China und seiner Kultur (Literatur, Musik), der Rolle der Jesuiten in China oder Konfuzius. Er hat auch Romane geschrieben sowie Aufsätze über internationales Recht und hat Texte aus dem Chinesischen übersetzt.

Werke

  • Essai sur la littérature chinoise (1924)
  • La Passion de Yang Kwé-Feï, favorite impériale d'après les anciens textes chinois (1924)
  • La Brise au Clair de Lune (1925)
  • Précis de la vraie acuponcture chinoise: doctrine, diagnostic, thérapeutique (Paris 1934) Volltext mit Abbildungen
  • L’Acuponcture Chinoise. Verlag Mercure de France, April 1932

Weblinks

Quellennachweise