Gabriel-Chip: Unterschied zwischen den Versionen

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Der '''Gabriel-Chip''' ist ein Scharlatanerieprodukt aus dem Bereich der [[Elektrosmog-Schutzprodukte]]. Er besteht aus einer aluminiumbedampften, selbstklebenden Plastikfolie, die zum Preis von 30&nbsp;bis 50&nbsp;Euro eine höchst heilsame Wirkung auf den Geldbeutel des Herstellers hat<ref>http://wiso.zdf.de/ZDFde/inhalt/12/0,1872,3990476,00.html?dr=1</ref> und vor dem so genannten [[Elektrosmog]] schützen soll.
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Der '''Gabriel-Chip''' ist ein Scharlatanerieprodukt aus dem Bereich der [[Elektrosmog-Schutzprodukte]]. Er besteht aus einer aluminiumbedampften, selbstklebenden Plastikfolie, die zum Preis von 30&nbsp;bis 60&nbsp;Euro vor dem so genannten [[Elektrosmog]] schützen soll.
  
Hergestellt wird sie nach einem patentierten Verfahren (AT&nbsp;409&nbsp;930&nbsp;B),<ref>http://www.joern.de/Gabrielwie.htm</ref> was aber über die Wirksamkeit nichts aussagt: Diese wird zur Patenterteilung nicht überprüft; Patente werden auch ohne einen Nachweis der Wirksamkeit eines Verfahrens erteilt. Deswegen darf, trotz der vorgeblichen Messbarkeit der behaupteten Wirkung, der folgende Hinweis auf der Webseite des Anbieters<ref>http://www.gabriel-chip.de</ref> nicht fehlen:
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Die Chips werden von der 2002 gegründeten Gabriel-Tech GmbH in Kelkheim (Taunus) verkauft. Geschäftsführer Gerd Lehmann (geb. 1946) betreibt an gleicher Anschrift außerdem die Firma GL Verleih Arbeitsbühnen GmbH. Der Erfinder des Chips, der Österreicher Franz Gabriel (1930 - 2009), hatte mit dem Vertrieb zuletzt nichts mehr zu tun. Hergestellt werden die Chips nach einem patentierten Verfahren (AT&nbsp;409&nbsp;930&nbsp;B),<ref>http://www.joern.de/Gabrielwie.htm</ref> was aber über die Wirksamkeit nichts aussagt; Patente werden auch ohne einen Nachweis der Wirksamkeit eines Verfahrens erteilt.
''Rechtliche Hinweise zum Gabriel-Chip:''
 
''Beim Gabriel-Chip handelt es sich nicht um ein Arzneimittel nach dem Arzneimittelgesetz beziehungsweise auch nicht um ein Medizinprodukt nach dem Medizinproduktgesetz. Zusätzlich wollen und müssen wir darauf hinweisen, dass weder das Wirkprinzip, noch die Herstellungstechnologie, noch eine positive Wirkung auf das gesundheitliche Wohlbefinden bisher allgemein wissenschaftlich gesichert bzw. anerkannt sind. Ab dem Kaufdatum gewähren wir daher innerhalb von 6&nbsp;Wochen eine uneingeschränkte Rückgabegarantie.''
 
  
Der unterstellte Wirkmechanismus des Gabriel-Chip ist auch dem deutschen Marken- und Patentamt nicht bekannt. "Welche Art von Informationen auf die Folie aufgebracht werden oder wie diese wirkt, ist nicht Gegenstand der Erfindung", bestätigt Eva Franke, Sprecherin des Patentamts Berlin.<ref>http://wiso.zdf.de/ZDFde/inhalt/12/0,1872,3990476,00.html?dr=1</ref> Das Amt für Natur- und Umweltschutz im österreichischen Linz prüfte den Gabriel-Chip nach einer eigens dafür geschaffenen Messmethode. Der ehemalige Leiter des Amtes, [[Walter Medinger]], erklärte den Gabriel-Chip von Amts wegen für wirksam. Merkwürdig nur, dass Walter Medinger gleichzeitig Vorstand eines Vereins namens ''Gabriel-Forschungsgesellschaft'' war. Die amtliche Bestätigung fand bei der Stadtverwaltung Linz aber keinen Beifall und Walter Medinger ist seither nicht mehr im Amt. Er ging nach Graz und gründete dort gemeinsam mit einem Wolfgang Homann (der ebenfalls für den Hersteller des Gabriel-Chip tätig war) als kaufmännischem Leiter eine Firma mit dem anspruchsvollen Namen [[International Institute for Research on Electromagnetic Compatibility]] (IIREC). Hauptgeschäftsfeld des IIREC: Gutachten für alle erdenklichen Anhänger, Aufkleber, Folien, Kästchen etc. zum Schutz vor Strahlen und zur „Entstörung" der Umgebung. Gleichzeitig brachten Medinger und Homann auch ein Buch auf den Markt, das mit dem peinlichen Titel „Rechtsherum tanzt die Natur" den eingebildeten „rechtsdrehenden Wellen" des Gabriel-Chips zur Anerkennung verhelfen sollte.  
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==Aussagen zur Wirksamkeit==
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Der unterstellte Wirkmechanismus des Gabriel-Chip ist auch dem deutschen Marken- und Patentamt nicht bekannt. "Welche Art von Informationen auf die Folie aufgebracht werden oder wie diese wirkt, ist nicht Gegenstand der Erfindung", bestätigte das Patentamt Berlin gegenüber der ZDF-Sendung WiSo.<ref>http://wiso.zdf.de/ZDFde/inhalt/12/0,1872,3990476,00.html?dr=1 (nicht mehr verfügbar)</ref> Das Amt für Natur- und Umweltschutz im österreichischen Linz prüfte den Gabriel-Chip nach einer eigens dafür geschaffenen Messmethode. Der ehemalige Leiter des Amtes, [[Walter Medinger]], erklärte den Gabriel-Chip von Amts wegen für wirksam. Medinger war gleichzeitig Vorstand eines Vereins namens "Gabriel-Forschungsgesellschaft". Die amtliche Bestätigung fand bei der Stadtverwaltung Linz aber keine Zustimmung und Medinger ist seither nicht mehr im Amt. Er ging nach Graz und gründete dort gemeinsam mit Wolfgang Homann (der ebenfalls für den Hersteller des Gabriel-Chip tätig war) als kaufmännischem Leiter die Firma [[International Institute for Research on Electromagnetic Compatibility]] (IIREC).
  
Der Erfinder des Chips, Franz Gabriel, hat mit dem Vertrieb des Produkts anscheinend nichts mehr zu tun. In einem Fax schreibt er, dass die Firma Gabriel-Tech weder von ihm mit Chips beliefert werde, noch habe sie eine Lizenz von ihm erhalten.
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Das ARD-Magazin ''Ratgeber Technik'' ließ 2004 den Gabriel-Chip neben ähnlichen Produkten vom Bundesamt für Strahlenschutz testen. Bei der Messung der [https://de.wikipedia.org/wiki/Spezifische_Absorptionsrate spezifischen Absorptionsrate] konnte keine Minderung der vom Kopf absorbierten Strahlung gemessen werden, sondern eine Zunahme.<ref>http://web.archive.org/web/20060114075324/http://www.ndrtv.de:80/ratgebertechnik/data/20040418.pdf</ref>
  
Professor Jiri Silny vom Forschungszentrum für elektro-magnetische Umweltverträglichkeit in Aachen untersuchte 2006 den Gabriel-Chip. Er bewies mittels Geomagnetometer, dass ein eingeschaltetes Handy ohne Chip und eines mit Chip die gleiche Einwirkung auf das Magnetfeld der Erde hat. Die von Gabriel-Tech behauptete ''Neuordnung eines Erdmagnetfeldes'' ist nicht zu sehen. "Dieser Chip hat keinen Einfluss auf das Erdmagnetfeld. Das ist physikalisch auch nicht zu erwarten. Deshalb kann auch keine gesundheitliche Verbesserung erwartet werden", sagt Silny.
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Jiri Silny, der damalige Leiter des Forschungszentrums für Elektromagnetische Umweltverträglichkeit der RWTH Aachen untersuchte 2004 für das ZDF-Magazin ''WiSo'' den Gabriel-Chip. Er belegte mittels eines Geomagnetometers, dass ein eingeschaltetes Handy ohne Chip und eines mit Chip die gleiche Einwirkung auf das Magnetfeld der Erde hat (nämlich keine). Eine von Gabriel-Tech behauptete "Neuordnung eines Erdmagnetfeldes" sei nicht feststellbar gewesen.
  
Um die etwaige Wirksamkeit des Gabriel-Chip zu untermauern, beruft sich der Hersteller ausgerechnet auch auf die Kanadierin [[Hulda Clark]], die bislang durch [[pseudomedizin]]ische Äußerungen zu ihrem [[Zapper]] auffiel.<ref>http://www.gabriel-chip.de/gabrielchip/fakten/fakten.php</ref>
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Um die etwaige Wirksamkeit des Gabriel-Chip zu untermauern, beruft sich der Hersteller auch auf die Kanadierin [[Hulda Clark]], die durch ein [[pseudomedizin]]isches Gerät, dem [[Zapper]], bekannt wurde.
  
Eine Kooperation ging die Gabriel Gruppe<ref>Gabriel-Tech GmbH, Am Stegskreuz 8, DE-65719 Hofheim am Taunus</ref> mit der Firma ROM Elektronik aus Deisenhausen<ref>ROM Elektronik GmbH, Am Grund 13, DE 86489 Deisenhausen </ref> von [[Robert Mayr]] ein. Mayr bezeichnet sich als "Professor für Elektrosmog und Geobiologie" an einem "Instituto Tecnico Central" in Bogotá" (Kolumbien). Mayr ist
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Eine Kooperation ging die Gabriel-Gruppe<ref>Gabriel-Tech GmbH, Am Stegskreuz 8, DE-65719 Hofheim am Taunus</ref> mit der Firma ROM Elektronik aus Deisenhausen<ref>ROM Elektronik GmbH, Am Grund 13, DE 86489 Deisenhausen </ref> von [[Robert Mayr]] ein. Mayr bezeichnet sich als "Professor für Elektrosmog und Geobiologie" an einem Instituto Tecnico Central in Bogotá (Kolumbien). Mayr ist auch zweiter Vorsitzender des mobilfunkkritischen Bundesverband Elektrosmog e.V. Ein weiterer Kooperationspartner ist die Firma iMB Ingenieurbüro Michael Baacke aus D-85649 Brunnthal.
auch zweiter Vorsitzender des mobilfunkkritischen "Bundesverband Elektrosmog e.V.".  
 
  
==Gabriel - Berater==
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Unterstützung zur Vermarktung der fragwürdigen Gabriel-Produkte liefert auch der Verein "Geophysikalische Forschungsgruppe" GFG e.V. aus Bad Honnef eines Thomas Schreier.<ref>Geophysikalische Forschungsgruppe e.V., Thomas Schreier, Drieschweg 9, D-53604 Bad Honnef<br>www.gfgev.com</ref>
Mittlerweile werden kostenpflichtige Kurse zum "Gabriel Berater" angeboten. So bietet die Firma Gabriel-Tech GmbH aus Hofheim am Taunus derartige Kurse für 2460,- Euro an.<ref>Gabriel-Tech GmbH, Am Stegskreuz 8, D-65719 Hofheim am Taunus<br>Geschäftsführer: Gerd Lehmann</ref> Auch die in Großbritannien angemeldete Firma Gabriel Deutschland LTD von Martin Kronisch und Wilbert Kronisch<ref>GABRIEL DEUTSCHLAND LTD, Suite F 1st Floor, New City Chambers 36 Wood Street, Wakefield West Yorkshire WF1 2HB, Great Britain<br>Companies House: Cardiff, Great Britain. Director: Martin Kronisch</ref> bietet an der deutschen Niederlassung in Sehnde<ref>Gabriel Deutschland LTD, Im Buchenkamp 13, D-31319 Sehnde</ref> derartige Kurse an. Ebenfalls in Sehnde findet sich die Firma Energy Concept GmbH<ref>Energy Concept GmbH, Vor dem Berge 18, D-31319 Sehnde<br>Geschäftsführung: Wilbert Kronisch</ref>, die Gabriel Chips anbietet.
 
  
Die wenige Tage dauernden Kurse erlauben es den Kursabsolventen den markenrechtlich geschützten Begriff "Gabriel Berater" zu nutzen um kostenpflichtige Dienstleistungen wie "Gabriel Beratung" anbieten zu können.
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Kritik an dem Gabriel-Chip durch einen Blogger versuchte die Firma Gabriel-Tech GmbH per einstweiliger Verfügung und Unterlassungsklage zu unterbinden.<ref>https://gabrielachipsy.wordpress.com (mittlerweile offline)</ref>
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Der Hersteller wirbt auf seiner Webseite mit zahlreichen wissenschaftlichen Studien, die die Wirksamkeit des Aufklebers belegen sollen. Darunter befindet sich eine angebliche Doppelblind-Studie der Universität Mainz, die die Effekte anhand von EEG-Messungen untersucht haben will. Genaue Angaben zur Studie, wie etwa Studienleiter und Institut, werden nicht gemacht. Die Studie soll auch nicht publiziert worden sein. Ähnlichkeiten zu einer Untersuchung des [[AkuRy]]-Chips sind sehr auffällig.
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==Gabriel-Berater==
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Mittlerweile werden kostenpflichtige Kurse zum "Gabriel-Berater" angeboten. So bietet die Firma Gabriel-Tech solche Kurse für 2.460,- Euro an. Auch die in Großbritannien angemeldete Firma Gabriel Deutschland LTD von Martin Kronisch und Wilbert Kronisch<ref>GABRIEL DEUTSCHLAND LTD, Suite F 1st Floor, New City Chambers 36 Wood Street, Wakefield West Yorkshire WF1 2HB, Great Britain<br>Companies House: Cardiff, Great Britain. Director: Martin Kronisch</ref> offeriert an der deutschen Niederlassung in Sehnde<ref>Gabriel Deutschland LTD, Im Buchenkamp 13, D-31319 Sehnde</ref> derartige Kurse. Ebenfalls in Sehnde findet sich die Firma Energy Concept GmbH<ref>Energy Concept GmbH, Vor dem Berge 18, D-31319 Sehnde<br>Geschäftsführung: Wilbert Kronisch</ref>, die Gabriel-Chips anbietet.
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Die wenige Tage dauernden Kurse erlauben den Kursabsolventen, den markenrechtlich geschützten Begriff "Gabriel-Berater" zu nutzen, um kostenpflichtige Dienstleistungen wie "Gabriel-Beratung" anbieten zu können. Die Gabriel-Berater wollen dabei den Kunden glaubhaft machen, sie könnten "Mobilfunknetze entstören", "Kraftfahrzeuge entstören", Räumlichkeiten oder Arbeitsplätze "entstören" oder [[Hifi-Voodoo|HIFI-Anlagen "optimieren"]]. Die Scharlatanerie einer so genannten "Hifi-Optimierung" wird mit 60 Euro teuren Chips bewerkstelligt, die am zur Stereoanlage gehörenden Sicherungskasten angeklebt werden sollen. Zuvor werden noch für 250 bis 350 Euro eine "Gabriel-Objekt-Beratung" und ein "Mesurement Home-Service" [sic] durchgeführt (plus Anfahrtkosten).
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Messergebnisse werden auf eigens erfundene und wissenschaftlich unbekannte "Gabriel-Richtwerte" sowie so genannte [[Baubiologie|"Baubiologische Richtwerte"]] der Firma [[Institut für Baubiologie und Ökologie|Institut für Baubiologie + Ökologie (IBN) GmbH]]<ref>Institut für Baubiologie + Ökologie (IBN) GmbH, Holzham 25, D-83115 Neubeuern</ref> bezogen. Diese "baubiologischen Richtwerte" sind Erfindungen der Firma IFN. Die "Gabriel-Richtwerte" sind im Prinzip verzehnfachte IFN-Werte "für Schlafplätze".<ref>http://www.prospekte.gabriel-technologie.de/DEFlyA4_GOB.pdf</ref>
  
 
==Weblinks==
 
==Weblinks==
* http://www.scienceblogs.de/kritisch-gedacht/2008/09/gabriel-chip.php
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* [http://www.scienceblogs.de/kritisch-gedacht/2008/09/gabriel-chip.php Ulrich Berger: Der Gabriel-Chip – eine österreichische Tragikomödie. Scienceblogs, 15. September 2008]
*[http://wiso.zdf.de/ZDFde/inhalt/12/0,1872,3990476,00.html?dr=1 WISO (ZDF) 9.&nbsp;März 2006]
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* [http://www.zeit.de/2004/11/C-Handychip Humbug fürs Handy. Zeit Online, 4. März 2004]
* http://www.zeit.de/2004/11/C-Handychip
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* [http://www.joern.de/Gabriel.pdf Humbug auf hoher Ebene. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1. Juli 2003]
* http://www.swr.de/infomarkt/gesund/-/id=2249166/nid=2249166/did=2331726/4y02ae/index.html
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* [https://www.traumsegler.de/der-gabriel-chip-eine-unruehmliche-geschaeftsidee/ Der Gabriel-Chip – eine unrühmliche Geschäftsidee? (aktualisiert 2. September 2017)]
*[http://www.joern.de/Gabriel.pdf FAZ: Humbug auf hoher Ebene]
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* [http://help.orf.at/stories/2845290/ Das Geschäft mit der Angst vor Handystrahlen. "Help", das Ö1-Konsumentenmagazin, 27. Mai 2017]
*[http://www.promed-ev.de/modules/newbb/viewtopic.php?viewmode=flat&topic_id=210&forum=43 Liste von Gabriel Chip Anbietern bei Promed e.V.]
+
* [https://www.medizin-transparent.at/waveex Waveex: dubioser Aufkleber gegen Handystrahlung. Medizin-Transparent.at, 27. April 2017]
  
 
==Quellennachweise==
 
==Quellennachweise==

Version vom 3. September 2017, 20:53 Uhr

Gabriel-Chip
Gabriel-Chip-Werbung
Messungen am Gabriel-Chip für das ZDF
Kooperationspartner Robert Mayr (ROM Elektronik)

Der Gabriel-Chip ist ein Scharlatanerieprodukt aus dem Bereich der Elektrosmog-Schutzprodukte. Er besteht aus einer aluminiumbedampften, selbstklebenden Plastikfolie, die zum Preis von 30 bis 60 Euro vor dem so genannten Elektrosmog schützen soll.

Die Chips werden von der 2002 gegründeten Gabriel-Tech GmbH in Kelkheim (Taunus) verkauft. Geschäftsführer Gerd Lehmann (geb. 1946) betreibt an gleicher Anschrift außerdem die Firma GL Verleih Arbeitsbühnen GmbH. Der Erfinder des Chips, der Österreicher Franz Gabriel (1930 - 2009), hatte mit dem Vertrieb zuletzt nichts mehr zu tun. Hergestellt werden die Chips nach einem patentierten Verfahren (AT 409 930 B),[1] was aber über die Wirksamkeit nichts aussagt; Patente werden auch ohne einen Nachweis der Wirksamkeit eines Verfahrens erteilt.

Aussagen zur Wirksamkeit

Der unterstellte Wirkmechanismus des Gabriel-Chip ist auch dem deutschen Marken- und Patentamt nicht bekannt. "Welche Art von Informationen auf die Folie aufgebracht werden oder wie diese wirkt, ist nicht Gegenstand der Erfindung", bestätigte das Patentamt Berlin gegenüber der ZDF-Sendung WiSo.[2] Das Amt für Natur- und Umweltschutz im österreichischen Linz prüfte den Gabriel-Chip nach einer eigens dafür geschaffenen Messmethode. Der ehemalige Leiter des Amtes, Walter Medinger, erklärte den Gabriel-Chip von Amts wegen für wirksam. Medinger war gleichzeitig Vorstand eines Vereins namens "Gabriel-Forschungsgesellschaft". Die amtliche Bestätigung fand bei der Stadtverwaltung Linz aber keine Zustimmung und Medinger ist seither nicht mehr im Amt. Er ging nach Graz und gründete dort gemeinsam mit Wolfgang Homann (der ebenfalls für den Hersteller des Gabriel-Chip tätig war) als kaufmännischem Leiter die Firma International Institute for Research on Electromagnetic Compatibility (IIREC).

Das ARD-Magazin Ratgeber Technik ließ 2004 den Gabriel-Chip neben ähnlichen Produkten vom Bundesamt für Strahlenschutz testen. Bei der Messung der spezifischen Absorptionsrate konnte keine Minderung der vom Kopf absorbierten Strahlung gemessen werden, sondern eine Zunahme.[3]

Jiri Silny, der damalige Leiter des Forschungszentrums für Elektromagnetische Umweltverträglichkeit der RWTH Aachen untersuchte 2004 für das ZDF-Magazin WiSo den Gabriel-Chip. Er belegte mittels eines Geomagnetometers, dass ein eingeschaltetes Handy ohne Chip und eines mit Chip die gleiche Einwirkung auf das Magnetfeld der Erde hat (nämlich keine). Eine von Gabriel-Tech behauptete "Neuordnung eines Erdmagnetfeldes" sei nicht feststellbar gewesen.

Um die etwaige Wirksamkeit des Gabriel-Chip zu untermauern, beruft sich der Hersteller auch auf die Kanadierin Hulda Clark, die durch ein pseudomedizinisches Gerät, dem Zapper, bekannt wurde.

Eine Kooperation ging die Gabriel-Gruppe[4] mit der Firma ROM Elektronik aus Deisenhausen[5] von Robert Mayr ein. Mayr bezeichnet sich als "Professor für Elektrosmog und Geobiologie" an einem Instituto Tecnico Central in Bogotá (Kolumbien). Mayr ist auch zweiter Vorsitzender des mobilfunkkritischen Bundesverband Elektrosmog e.V. Ein weiterer Kooperationspartner ist die Firma iMB Ingenieurbüro Michael Baacke aus D-85649 Brunnthal.

Unterstützung zur Vermarktung der fragwürdigen Gabriel-Produkte liefert auch der Verein "Geophysikalische Forschungsgruppe" GFG e.V. aus Bad Honnef eines Thomas Schreier.[6]

Kritik an dem Gabriel-Chip durch einen Blogger versuchte die Firma Gabriel-Tech GmbH per einstweiliger Verfügung und Unterlassungsklage zu unterbinden.[7]

Der Hersteller wirbt auf seiner Webseite mit zahlreichen wissenschaftlichen Studien, die die Wirksamkeit des Aufklebers belegen sollen. Darunter befindet sich eine angebliche Doppelblind-Studie der Universität Mainz, die die Effekte anhand von EEG-Messungen untersucht haben will. Genaue Angaben zur Studie, wie etwa Studienleiter und Institut, werden nicht gemacht. Die Studie soll auch nicht publiziert worden sein. Ähnlichkeiten zu einer Untersuchung des AkuRy-Chips sind sehr auffällig.

Gabriel-Berater

Mittlerweile werden kostenpflichtige Kurse zum "Gabriel-Berater" angeboten. So bietet die Firma Gabriel-Tech solche Kurse für 2.460,- Euro an. Auch die in Großbritannien angemeldete Firma Gabriel Deutschland LTD von Martin Kronisch und Wilbert Kronisch[8] offeriert an der deutschen Niederlassung in Sehnde[9] derartige Kurse. Ebenfalls in Sehnde findet sich die Firma Energy Concept GmbH[10], die Gabriel-Chips anbietet.

Die wenige Tage dauernden Kurse erlauben den Kursabsolventen, den markenrechtlich geschützten Begriff "Gabriel-Berater" zu nutzen, um kostenpflichtige Dienstleistungen wie "Gabriel-Beratung" anbieten zu können. Die Gabriel-Berater wollen dabei den Kunden glaubhaft machen, sie könnten "Mobilfunknetze entstören", "Kraftfahrzeuge entstören", Räumlichkeiten oder Arbeitsplätze "entstören" oder HIFI-Anlagen "optimieren". Die Scharlatanerie einer so genannten "Hifi-Optimierung" wird mit 60 Euro teuren Chips bewerkstelligt, die am zur Stereoanlage gehörenden Sicherungskasten angeklebt werden sollen. Zuvor werden noch für 250 bis 350 Euro eine "Gabriel-Objekt-Beratung" und ein "Mesurement Home-Service" [sic] durchgeführt (plus Anfahrtkosten).

Messergebnisse werden auf eigens erfundene und wissenschaftlich unbekannte "Gabriel-Richtwerte" sowie so genannte "Baubiologische Richtwerte" der Firma Institut für Baubiologie + Ökologie (IBN) GmbH[11] bezogen. Diese "baubiologischen Richtwerte" sind Erfindungen der Firma IFN. Die "Gabriel-Richtwerte" sind im Prinzip verzehnfachte IFN-Werte "für Schlafplätze".[12]

Weblinks

Quellennachweise

  1. http://www.joern.de/Gabrielwie.htm
  2. http://wiso.zdf.de/ZDFde/inhalt/12/0,1872,3990476,00.html?dr=1 (nicht mehr verfügbar)
  3. http://web.archive.org/web/20060114075324/http://www.ndrtv.de:80/ratgebertechnik/data/20040418.pdf
  4. Gabriel-Tech GmbH, Am Stegskreuz 8, DE-65719 Hofheim am Taunus
  5. ROM Elektronik GmbH, Am Grund 13, DE 86489 Deisenhausen
  6. Geophysikalische Forschungsgruppe e.V., Thomas Schreier, Drieschweg 9, D-53604 Bad Honnef
    www.gfgev.com
  7. https://gabrielachipsy.wordpress.com (mittlerweile offline)
  8. GABRIEL DEUTSCHLAND LTD, Suite F 1st Floor, New City Chambers 36 Wood Street, Wakefield West Yorkshire WF1 2HB, Great Britain
    Companies House: Cardiff, Great Britain. Director: Martin Kronisch
  9. Gabriel Deutschland LTD, Im Buchenkamp 13, D-31319 Sehnde
  10. Energy Concept GmbH, Vor dem Berge 18, D-31319 Sehnde
    Geschäftsführung: Wilbert Kronisch
  11. Institut für Baubiologie + Ökologie (IBN) GmbH, Holzham 25, D-83115 Neubeuern
  12. http://www.prospekte.gabriel-technologie.de/DEFlyA4_GOB.pdf