Fred Singer

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Siegfried Frederick Singer (geb. 27. September 1924 in Wien), kurz Fred Singer, ist ein US-amerikanischer ehemaliger Atmosphärenphysiker und heute bekannte Persönlichkeit in der Klimaleugnerszene. Er entwickelte unter anderem Satellitenkameras, die zur Messung der Konzentration von Ozon in der Stratosphäre eingesetzt werden, und Messsysteme zur Untersuchung der kosmischen Strahlung. Singer war bis etwa 1970 ein in der Forschung produktiver Wissenschaftler, ging anschließend aber dazu über, als „Händler des Zweifels“ für verschiedene Interessenverbände aus der Industrie diverse Umweltprobleme zu leugnen, die weit außerhalb seines Fachgebietes lagen. Unter anderem leugnet er die Gesundheitsgefahren des Tabakrauchens, die Existenz des Ozonloches und der menschengemachten globalen Erwärmung, der Gefahren von Saurem Regen und Giftmüll.[1][2] Singers Beiträge werden in der Fachwelt einhellig als unwissenschaftlich abgelehnt.[3]

Biografie

Im Alter von 16 Jahren emigrierte Singer 1940 von Österreich in die USA. Zunächst studierte er Elektrotechnik an der Ohio State University, wo er 1943 den College-Abschluss B.E.E. erwarb. In Princeton studierte er dann Physik mit dem Abschluss eines A.M. im Jahhr 1944. Im gleichen Jahr nahm er die US-amerikanische Staatsbürgerschaft an und trat in den Militärdienst ein, wo er in der Minenabwehr-Entwicklung der US-Navy eingesetzt wurde. Von 1946 bis 1950 arbeitete er mit am Raketenprogramm der Johns Hopkins University zur Untersuchung der oberen Atmosphäre. 1948 schloss er seine Promotion in Physik an der Princeton University ab. Als wissenschaftlicher Verbindungsmann des US-Office of Naval Research in der amerikanischen Botschaft in London beobachtete er zwischen 1950 und 1953 die Forschung in Europa in den Bereichen Kern-, Weltraum- und Geophysik. 1953 wurde er Professor für Physik an der University of Maryland und Direktor des dortigen Zentrums für Atmosphären- und Weltraumphysik. 1962 wechselte er als Direktor in die Abteilung für Wettersatelliten im US-Handelsministerium (heute bei NOAA) und kehrte 1964 in die Wissenschaft zurück als Gründungsdekan des Fachbereichs Umwelt- und Planetenwissenschaft an der University of Miami. Von 1967 bis 1971 arbeitete er erneut in der Bundesadministration, bis 1970 im US-Innenministerium als Deputy Assistent Secretary in der Abteilung für Wasserversorgung, die damals auch für die Atmosphären- und Ozeanographie-Aktivitäten zuständig war. 1970 bis 1971 war er Deputy Assistant Administrator (Policy) in der US-Bundes-Umweltbehörde EPA. 1971 übernahm er die Professur für Umwelt-Wissenschaften an der University of Virginia, wo er 1994 emeritierte.[4]

Ebenso arbeitete Singer auch für eine Vielzahl von durch die Fossilenergieindustrie finanzierter konservativer Think Tanks, für die er die Erkenntnisse der Klimaforschung abstritt.[5] 1990 gründete er das Science and Environmental Policy Project (SEPP), eine Klimaleugnerorganisation, die sich selbst als unabhängiges Bildungsprojekt für Umweltfragen beschreibt und Sorgen vor Umweltgefahren als übertrieben darstellt. Er gilt dort neben Frederick Seitz, der Anfang 2008 verstarb, als führender Kopf, auch Richard Lindzen beteiligt sich. Als Berater war er für verschiedene Konzerne tätig, darunter Exxon, Shell, Ford, Sunoco und Lockheed Martin.[6]

Positionen

Singer ist bekannt dafür, bei einer Vielzahl wissenschaftlicher Themen eine dem aktuellen Forschungsstand entgegengesetzte Position einzunehmen. In einem Artikel in der englischen Zeitung The Guardian wird Singer als jemand beschrieben, der "Zeit seines Lebens die entgegengesetzte Meinung in praktisch jeder vorstellbaren wissenschaftlichen Disziplin vertreten hat - Saurer Regen, Nuklearer Winter, Radioaktiver Abfall, Atomkrieg, Rückgang der Ozonschicht, Passivrauchen, Rückgang amphibischer Lebewesen, und sogar bei den Vorteilen des Mindestlohns."[5] Aufgrund dieses jahrzehntelangen Abstreitens wissenschaftlicher Erkenntnisse zu Umwelt- und Gesundheitsfragenfragen gilt er als einer der bedeutendsten "Händler des Zweifels".[7]

Passivrauchen

Singer hält es für ungeklärt, ob und in welchem Maß Passivrauchen zu Lungenkrebs führen kann. Nach Auffassung der amerikanischen Umweltorganisation Tobacco Scam unterstützte er hierdurch die Tabakindustrie im Kampf gegen Beschränkungen des Rauchens.[8] Nach einem Bericht der Zeitung The Guardian soll Singer Teil einer Koalition aus Öl- und Tabakindustrie „gegen Überregulierung“ sein, welche die Glaubwürdigkeit der etablierten Wissenschaften zu diesem Thema in Frage stellen will.[9]

Ozonloch

Singer bezweifelt die Rolle von Chlorverbindungen wie FCKW beim Ozonabbau. Er weist stattdessen natürlichen Wasserstoffverbindungen, insbesondere Hydroxylradikalen, die Verantwortung zu.[10]

Unabhängig vom Ozonloch geht er davon aus, dass der Zusammenhang zwischen UV-Strahlung und Hautkrebs übertrieben dargestellt werde.

Globale Erwärmung

Singer zählt zu den aktivsten und unverblümtesten Klimaskeptikern (Contrarians), die den menschengemachten Klimawandel bestreiten[11] und wurde schon als "Taufpate der Klimawandelleugnung" bezeichnet.[12] Anders als andere Klimaleugner geht Singer zwar mittlerweile davon aus, dass das durch menschliche Wirtschaftsaktivitäten zusätzlich eingetragene Kohlenstoffdioxid den Treibhauseffekt verstärkt, hält diesen Effekt aber für nachrangig gegenüber natürlichen Veränderungen. Die globale Erwärmung sei noch nicht ausreichend verstanden, um aufwendige Umstrukturierungen zu begründen.[13] Bis etwa 2003 hatte Singer bestritten, dass es überhaupt eine messbare Erwärmung gebe; mittlerweile geht er von einem unaufhaltbaren, natürlichen Zyklus aus.[14] Ein wärmerer Planet sei ein Gewinn.[15] Im Dezember 2003 gründete er mit anderen Wissenschaftlern die „Nichtregierungskommission zum Klimawandel“ NIPCC.

Laut eines achtseitigen Memos, das der Presse zugespielt wurde, gab es in der Zentrale des American Petroleum Institute im April 1998 ein Treffen, auf dem unter Beteiligung von Fred Singer an PR-Strategien gearbeitet worden war, in der Öffentlichkeit gezielt Unsicherheit über den Stand der Klimaforschung zu verbreiten, um so Einfluss auf politische Entscheidungsträger zu nehmen. An dem Treffen waren auch Vertreter von Exxon und konservativen Think Tanks beteiligt.[16]

In einem der Presse zugespielten Budgetplan für 2012 vermerkt das Heartland Institute: „Unser aktuelles Budget schließt die Unterstützung von Personen mit hohem Bekanntheitsgrad ein, die regelmäßig den Aussagen der Alarmisten der Klimaerwärmung widersprechen“ – darunter Fred Singer mit 5000 Dollar pro Monat.[17]

Dem damaligen US-Präsidenten Obama warf Singer angesichts dessen Klimaschutzbemühungen vor, einen "regulatorischen Anti-Energie-Dschihad" zu führen und "Fanatiker vom weit links stehenden Rand zu begünstigen, die sich als Umweltschützer ausgeben" würden.[12]

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • (Hg.): Die Natur, nicht menschliche Aktivität, bestimmt das Klima. TvR Medienverlag, Jena 2008, ISBN 978-3-940431-08-0.
  • The density spectrum and latitude dependence of extensive cosmic ray air showers. Princeton University, 1949. (Dissertation)

Weblinks

Quellennachweise

  1. Naomi Oreskes, Erik M. Conway: Die Machiavellis der Wissenschaft. Das Netzwerk des Leugnens. Wiley-VCH, Weinheim 2014, u. a. S. 347.
  2. James Lawrence Powell: The Inquisition of Climate Science. New York 2012, S. 54–58.
  3. https://climatefeedback.org/evaluation/wall-street-journal-commentary-grossly-misleads-readers-about-science-of-sea-level-rise-fred-singer/ |titel=Wall Street Journal commentary grossly misleads readers about science of sea level rise |zugriff=2018-05-21 |sprache=en |werk=climatefeedback.org |datum=2018-05-18
  4. Biografie in den S. Fred Singer Papers, 1953-1989 des Smithsonian Institution Research Information System
  5. 5,0 5,1 Yes, EVs are green and global warming is raising sea levels. In: The Guardian, 21. Mai 2018. Abgerufen am 21. Mai 2018.
  6. The EPA and the science of environmental tobacco smoke |url=http://tobaccodocuments.org/nysa_ti_s3/TI10841120.html |wayback=20080511144301 |archiv-bot=2018-04-10 19:38:14 InternetArchiveBot
  7. Vgl. Naomi Oreskes, Erik M. Conway: Die Machiavellis der Wissenschaft. Das Netzwerk des Leugnens. Wiley-VCH, Weinheim 2014.
  8. Derek Yach, Stella Aguinaga Bialous: Junking Science to Promote Tobacco |url=http://www.tobaccoscam.ucsf.edu/sites/default/files/pdf/9.6-JunkScience-Yach.pdf |wayback=20140201174848 |archiv-bot=2018-04-10 19:38:14 InternetArchiveBot, abgefragt am 8. Juni 2011
  9. The Guardian: The denial industry, von George Monbiot, 19. September 2006
  10. The hole truth on CFC http://www.entrepreneur.com/tradejournals/article/15352929.html, März 1994, abgefragt am 8. Juni 2011
  11. Aaron McCright, Dealing with climate change contrarians, in: Susanne C. Moser, Lisa Dilling (Hrsg.) Creating a Climate for Change. Communicating Climate Change and Facilitating Social Change. Cambridge University Press 2007, 200-212, S. 200 und insb. Fußnote 2.
  12. 12,0 12,1 Mark Romeo Hoffarth, Gordon Hodson | Titel=Green on the outside, red on the inside: Perceived environmentalist threat as a factor explaining political polarization of climate change | Sammelwerk=Journal of Environmental Psychology | Band=45 | Nummer= | Datum=2016 | Seiten=40-49 | DOI=10.1016/j.jenvp.2015.11.002
  13. Singers Kritik an der EPA, abgefragt am 8. Juni 2011
  14. Dennis T. Avery, S. Frederick Singer: Unstoppable Global Warming: Every 1,500 Years, Rowman & Littlefield Publishers, Inc. 2007, ISBN 978-0742551176
  15. Global Warming Denier: Fraud or 'Realist'? ABC-News vom 23. März 2008, abgerufen am 8. Juni 2011
  16. Newsweek: http://www.newsweek.com/id/32482/page/3 | wayback=20071023055701 | The Truth About Denial, von Sharon Begley, 13. August 2007
  17. Anita Blasberg und Kerstin Kohlenberg: „Die Klimakrieger“ – Die Zeit, 48/2012, Seite 17 ff.
Dieser Text ist teilweise oder vollständig der deutschen Wikipedia entnommen