Feuerlauf

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Leidenfrost-Effekt: Mann greift in einen Strahl mit glühendem Eisenerz ohne sich dabei zu verletzen

Der Feuerlauf (oder Feuerlaufen) über glühende Kohlen ist ein beliebter Trick von Eso-, Selbstfindungs- oder Tschakka-Seminaren, um den Teilnehmern zu suggerieren, sie könnten mit dem entsprechenden Willen oder der entsprechenden Einstellung alles erreichen. Häufig wird diese Prozedur bei Veranstaltungen zelebriert, die das Selbstbewusstsein oder das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken sollen.

Auch im Psychosektor ist Feuerlaufen als eine Art der spirituell verbrämten Mutprobe häufig zu finden und hat mittlerweile zu einem neuen Beruf geführt, dem diplomierten Mental- und Feuerlauftrainer. Mit Hilfe des scheinbar unmöglichen Feuerlaufs soll dem Kunden gezeigt werden, dass man unter Verwendung bestimmter Philosophien oder Lehren scheinbar unüberwindliche Hindernisse bewältigen kann. Der Feuerlauf ist für den Geübten in der Regel leicht zu bewältigen, da er hat nichts Magisches an sich hat. Es werden jedoch in Feuerlaufkreisen regelmäßig abschreckende Horrorgerüchte als Nocebo verbreitet - etwa, dass Nichtinitierten nach einem Feuerlauf schwere Krankheiten und ein baldiger Tod drohe.

Mystische Wundervorgänge als Basis des Feuerlaufs sowie darauf beruhende übernatürliche Heilwirkungen gelten heute allgemein als widerlegt. Ein Resümee von Forschern laut SPIEGEL: Ein schadloses Überqueren der Holzkohlenglut [...] sei auch ohne Vorbereitungszeremoniell, ohne jegliche psychophysische Ausnahmezustände, ohne Verknüpfung mit religiösen Glaubensinhalten und barfuß in normaler Alltagsverfassung möglich.[1] Trancezustände können zusätzlich eine Herabsetzung der Schmerzempfindlichkeit bewirken.

Der Feuerlauf

Ein Glutteppich von 4-6 m Länge, der aus abgebrannter Holzkohle mit einer Temperatur von (gemessenen) ca. 240 bis 450 °C besteht, muss zügig, aber nicht hastig überlaufen werden. Die Füße berühren dabei nur sehr kurz die Kohlen. Der Feuerläufer sollte allerdings während der Prozedur nicht stolpern oder zu lange auf einer Stelle verweilen, um keine Verbrennungen zu erleiden. Die Füße sollten hierfür gut durchblutet, also bereits vor dem Feuerlauf möglichst warm sein. Ob die Füße vor einem Feuerlauf trockengerieben werden sollen, ist in Feuerlaufkreisen umstritten.

Behauptungen und Tatsachen

Bei Motivations- und Selbsterfahrungsseminaren wird fälschlicherweise oft behauptet, es gebe keine wissenschaftliche Erklärung für das Phänomen und Feuerlaufen sei nur möglich, wenn man sich in einem bestimmten Zustand befinde (Meditation, Trance). Es soll suggeriert werden, dass die Macht der Gedanken menschliches Gewebe immun gegen Hitze mache, so dass es nicht verbrennen könne. Tatsächlich sind es grundlegende physikalische Faktoren und keine „übernatürlichen Kräfte“, welche die Nichtverletzung der Feuerläufer erklären.

Die normal mit Hornhaut bedeckte Fußsohle kann bei der relativ kurzen Bodenberührung während des Feuerlaufes von etwa einer halben Sekunde nicht überhitzt werden. Meist trägt auch Schweiß zu einer Kühlung des Fußes bei.

Holz und die nur noch leicht glühende Kohle sind schlechte Wärmeleiter und haben eine geringe Wärmekapazität, ebenso die Asche, die die Glut umgibt, so dass die Wärme nur schlecht an den Fuß weiter gegeben werden kann. Deshalb kann Kohle Gegenstände, die sie berührt, nur langsam erhitzen, insbesondere Gegenstände aus Material mit hoher Wärmekapazität und niedriger Wärmeleitfähigkeit wie etwa Wasser, den Hauptbestandteil des menschlichen Körpers.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Kontaktzeit von Füßen und Glut: Idealerweise geht der Feuerläufer zügig über die Glut, so dass die Füße bei jedem Schritt den heißen Boden nur kurz (weniger als eine halbe Sekunde) berühren, wobei sich die dicke Hornhaut der Fußsohle nur auf maximal 100 °C erwärmt. So wie zu langsames Gehen die Gefahr von Verbrennungen erhöht, sollte man andererseits aber auch nicht schnell laufen oder gar rennen. Hierdurch würde das Körpergewicht zwangsläufig auf die Zehenspitzen und Fußballen verlagert, was zur Folge hätte, dass bei gleicher Masse (des Körpers) eine kleinere Fläche des Fußes mit den glühenden Kohlen in (intensiveren) Kontakt käme. Zudem ist in der Regel die Haut an und zwischen den Zehen aufgrund der geringeren Verhornung deutlich empfindlicher.

Wegen des Blockierens der Sauerstoffzufuhr während des Aufsetzens des Fußes auf das Glutbett wird die Verbrennung der Kohle kurzfristig unterbrochen, so dass in diesem Moment keine neue Hitze mehr entsteht. Durch den Wärmeaustausch der Glut mit dem Fuß fällt außerdem die Temperatur der Kohle unter den Flammpunkt, so dass die Verbrennung auch nach Ende des Kontaktes nicht sofort wieder einsetzt. Das bewirkt, dass der Feuerläufer "kalte Fußspuren" hinterlässt. Während eines Feuerlaufrituals, bei dem im Kreise über den Glutteppich getanzt wird, wird die Glut auch mit der Zeit ausgetreten, sodass Feuerläufer üblicherweise am Anfang schnell darüber tanzen und dann bei niedrigerer Temperatur immer längere Kontaktzeiten haben.

Leidenfrost-Effekt

Der sogenannte Leidenfrost-Effekt, also die Bildung eines schützenden Dampfpolsters zwischen Glut und Haut, spielt beim Feuerlaufen entgegen landläufiger Auffassung höchstens eine untergeordnete Rolle. Ein Leidenfrost-Effekt aus Fußschweiß reicht bei weitem nicht aus, um das Körpergewicht eines Menschen zu tragen.

Verbrennungen durch Feuerlaufen

Es kommt immer wieder zu schweren Verbrennungsunfällen bei Feuerläufen.[2] Ursache hierfür ist in der Regel, dass der Holzkohleteppich noch nicht ausreichend abgebrannt ist. Die Asche glüht zwar, brennt aber gleichzeitig weiterhin heiß ab. Somit entfällt die Dämmwirkung der äußeren Ascheschicht und Verbrennungen können die Folge sein.

Literatur

  • Was macht der Fakir auf dem Nagelbrett - Erklärungen für unerklärliche Phänomene, Georges Charpak und Henri Broch (S. 77 ff), Piper, 2002, ISBN 3-492-04518-9
  • Pankratz L., Fire walking and the persistence of charlatans, Perspect Biol Med. 1988 Winter;31(2):291-8
  • Christos Xenakis, Wolfgang Larbig, Eleftherios Tsarouchas und Theodoros Ballis, Zur Psychophysiologie des Feuerlaufes, European Archives of Psychiatry and Clinical Neuroscience, Vol 223, Number 4 / Dezember 1977 DOI 10.1007/BF00346508, Seiten 309-322
  • W. J. McCarthy & B. J. Leikind, 'Walking on Fire: Feat of Mind?' Psychology Today, Feb 1986, S.10.
  • W. J. McCarthy & B. J. Leikind, 'An Investigation of Firewalking' The Skeptical Inquirer, 10, 23 (1985).
  • J. Doherty, 'Hot Feat, Firewalkers of the World' Science Digest, August 1982, S.67.
  • Jonathan Sternfield, Firewalk: The Psychology of Physical Immunity. (Berkshire House, Stockbridge, MA, 1992).
  • Larissa Vilenskaya & Joan Steffy Firewalking: A New Look At An Old Enigma. (Bramble Co. Falls Village CT 1991)

Weblinks

Quellennachweise

  1. http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?id=13524883&top=SPIEGEL
  2. Sayampanathan SR, Ngim RC, Foo CL., Fire walking in Singapore: a profile of the burn patient, J R Coll Surg Edinb. 1997 Apr;42(2):131-4


Dieser Text ist teilweise oder vollständig der deutschen Wikipedia entnommen