Elektrosensible Frau mit Schutzanzug
Auf den Bauch einer werdenden Mutter aufgeklebter Sanafon-Chip zum vermeintlichen Schutz vor dem angeblich krank machenden elektromagnetischen Feld von Mobiltelefonen (Bild: sana mind ltd, Neu-Ulm)
Historisches Scharlataneriegerät "Nord/Süd Gleichrichter"

Im Umfeld von Mobilfunkkritikern, von Elektrosmogaktivisten und auf dem Esoterikmarkt tummeln sich viele Anbieter von so genannten Elektrosmog-Schutzprodukten, die auf unterschiedliche Weise vor den möglichen Auswirkungen elektromagnetischer Strahlung und so genanntem Elektrosmog schützen sollen.

Kategorien

Unterscheidbar sind zwei Bereiche:

  1. Ein Teil der Produkte funktioniert auf Basis nachvollziehbarer Wirkmechanismen. Dazu gehören funktionstüchtige Anzeigegeräte oder Messgeräte, die in der Lage sind, Feldstärken elektromagnetischer Felder anzuzeigen. Ein weiterer Bereich sind Abschirmvorrichtungen und feldabschirmende Materialien sowie die Netzfreischalter, die die Spannungsversorgung auf Leitungen nur bei Gebrauch freigeben. Bei allen derartigen Produkten lässt sich nicht nur ein plausibles oder wissenschaftlich nachgewiesenes Wirkprinzip erkennen, die Wirksamkeit selbst ist stets falsifizierbar durch Anwendung etablierter Messverfahren. Eine Stellungsnahme zu Abschirmmassnahmen ist dazu beim Bundesamt für Strahlenschutz erhältlich.[1] Die Frage nach der Sinnhaftigkeit solcher Produkte und nach der Kosten-Nutzen Relation ist immer im Einzelnen zu prüfen. Manche der Produkte können auch durchaus schädliche Wirkungen haben, etwa dann, wenn sie auf Grund eines Noceboeffekts den Kunden regelmäßig an die mögliche Anwesenheit elektromagnetischer Felder erinnern und so rein psychogen Effekte und Symptome setzen. So verlassen manche "Elektrosensible" ihren "geschützten" und abgeschirmten Wohnraum nur mit HF-Indikatorgeräten, die automatisch bei Anwesenheit eines HF-Feldes einen akustischen Alarm auslösen. Auch gibt es eine Fülle von HF-dichten Schutzanzügen, Tapeten oder Vorhängen, ferner Vorrichtungen, die Elektrosmog aus Steckdosen fernhalten sollen.
  2. Ein sehr großer Teil der Elektrosmog-Schutzprodukte (der insbesondere auf dem Esoterikmarkt beworben wird), wird mit angeblichen Wirkmechanismen angeboten, für die es physikalisch keine plausibel zu machende Erklärung gibt. Meist werden diese Produkte mit Begründungen aus der Esoterik angeboten sowie mit pseudowissenschaftlichen Erläuterungen. Da ein Einfluss der Erzeugnisse auf elektromagnetische Strahlung weder einleuchtet noch messbar ist, ist beispielsweise die "Erklärung" beliebt, dass die angebotenen Produkte nur die schädliche Komponente der Strahlung neutralisieren würden; diese sei aber einer physikalischen Messung nicht zugänglich.

Produkte

Elektrosmog-Aufkleber und "Chips"

Mit physikalisch nicht plausiblen Begründungen werden häufig und zahlreich Aufkleber angeboten, die an oder in Handys geklebt werden sollen, aber auch an anderen elektischen Geräten sowie an Möbeln angebracht werden sollen. Derartige Produkte sollen auf unbekannte Weise angebliche schädliche Einflüsse von Mobiltelefonen, Computern, Fernsehern usw. "neutralisieren" oder "aufheben". Beispiele: AlphaPrevent, AkuRy, Biophone und Bioguard, Bioschwing Handy Chip, Bioshield, eFilter, E-MuneChip, Energy bean, Feldprozessor, Gabriel-Chip, Harmony Chip, Holosave, Isis-Ray-Harmony-Chip, Life Power Products, LifeWave-Pflaster, memonizer, Neutralizer und Raysaver, Pen-Yang-Sticker, Phi-Lambda-Technology, Sanafon-Chip, iShield (Shuzi), GREEN 8 Balancell (Bauer Biotec, Wiesbaden), Resopoint-Aufkleber, Terra Energetic und Vita Chip.

Andere Bauformen

Viele Produkte, für die ganz ähnliche Wirkungen behauptet werden wie für die Chips und Aufkleber, haben die Form kleiner Behälter oder sind "Kristalle" bzw. geschliffene Glaskörper oder kleine Pyramiden. Beispiele: Atox Bio Computer, BIOPOL (hilft angeblich auch gegen Erdstrahlen und belebt Wasser), Coufal body guard, Fostac Sana Lea, Raymaster, "Biofeld-formende Geräte" von Rayonex, ZARO bioenergetische Kristalle oder die Menalit-Produkte des Schweizer Urs Surbeck.

Steckdosenzubehör

 
IT-Stecker nach Erich Körbler

Dazu gehören beispielsweise der Nord-Süd-Gleichrichter (ein historisches Konzept aus der Anfangszeit derartiger Produkte), der Körbler IT-Stecker (ein funktionsloses Produkt, das wie ein gewöhnlicher Netztecker aussieht, aber auf unbekannte Weise vor Elektrosmog schützen soll), der ähnlich aussehende Pen-Yang-Steckergenerator oder der MemonizerWorkstation oder Memonizer Combi.

Vor Elektrosmog schützende Armbanduhren

Auf dem Markt sind spezielle Armbanduhren mit Wunderwirkung wie die ISEE ENERGYWATCH, Tesla Uhr oder Shuzi-Armbanduhr.

Schutz durch Halsketten und Armbänder

verspricht die Firma Ampli5 den Kunden ihrer Wunder-Produkte.

Produkte nach Wilhelm Reichs Orgonlehre

Auch Produkte aus dem Umfeld der Wilhelm Reich-Anhänger sind dazuzuzählen, wie die so genannten Cloudbuster.

Vor Elektrosmog schützende Lebensmittel

 
Lauretana-Werbung

Mit esoterischen Begündungen wird auch ein angeblich "elektrosmog-resistentes" und "feinclusteriges" Mineralwasser (auch als Babywasser oder Fastenwasser bezeichnet) auf Naturkostmessen präsentiert, das mineralienarme Lauretana-Wasser mit Herkunft aus einer Quelle im entfernten Piemonte (Norditalien). Aufgrund seiner Mineralienarmut solle es eine entschlackende Wirkung haben und "Gifte und Schlackenstoffe" wie ein Schwamm aufsaugen und Zellen ausspülen können. Das Beste am Lauretana-Wasser sei aber, dass es "rechtsdrehende Energien" beinhalte, um "Blockaden im Meridiansystem zu lösen und damit Krankheiten vor[zu]beugen." Während alle anderen Flaschenwässer durch die Einwirkung eines Mobiltelefons in ihrer Struktur "destabilisiert" würden, "verstärke" sich die ideale Ausgangsstruktur von Lauretana "sogar noch". Dies habe an der Uni Stuttgart der Raumfahrtwissenschaftler Bernd Kröplin im Rahmen eines "Projektes Apollo" herausgefunden.

Vor Elektrosmog schützende Kosmetika

In der Werbung zum Kosmetikprodukt Expertise 3P (Expertise 3P Brume Ecran) des französischen Herstellers Clarins wird spekulativ vom Anbieter behauptet, dass die Anwendung von Mobiltelefonen oder auch von Computern zu einer vorzeitigen Hautalterung führe. Dieser könne entgegengewirkt werden, wenn man das Elektrosmogschutzkosmetikum anwende. Unter der Anwendung komme es nämlich zu "Magnetic Defence Complex", wodurch die Widerstandsfähigkeit der Haut gegenüber angeblich gesundheitsschädigenden Effekten künstlicher elektromagnetischer Wellen gestärkt werden soll. Das Produkt wird auf die Haut gesprüht, und kostet je nach Händler zwischen 33 und 41 Euro pro 100 ml.

In der Frauenzeitschrift Cosmopolitan wurde Expertise 3P folgendermassen beworben:

If you spend all day staring at a computer, or you’re a mobile phone addict Clarins Expertise 3P is a must-have.

Silikonpads und bion-pads

 
Werbung für Scharlatanerieprodukt "bion-pad" der deutschen Firma bion-tec aus Radolfzell (Bild: bion-tec, September 2012)

Als Silikonpads oder bion-pads werden auf dem Esoterikmarkt Silikon-haltige Auflagen angeboten, die alleine durch ihre körpernahe Anwesenheit den Käufer vor behaupteten schädlichen Wirkungen von Elektrosmog schützen sollen. Das Oberlandesgericht Karlsruhe untersagte im Jahre 2012 einem Esoterik-Anbieter in irreführender Weise für Silikonpads zu werben und in diesem Zusammenhang unbewiesene Behauptungen aufzustellen. "Die Werbeaussagen genügen nicht den strengen Anforderungen, die an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit gesundheitsbezogener Werbung zu stellen sind", heißt es im Urteil.

Homöopathie

Auch die Homöopathie wird zum Schutz vor Elektrosmog bemüht. So bietet das Pharmaunternehmen Homeda "Elektrosmog C30 Globuli an", die auf unbekannte Art vor Elektrosmog schützen sollen. Zum Mittel von Homeda gibt es auch einen kleinen Stoffbeutel mit eingesticktem Schriftzug "Homöopathie", der zu 99,9 Prozent Strahlung abschirme. Der Beutel soll die Globuli schützen, denn: "Wussten Sie schon, dass homöopathische Produkte durch Mobilfunkstrahlung negativ beeinflusst werden können?".[2]

Tests zu angeblichen Elektrosmog-Schäden

Im Bereich der Alternativmedizin werden verschiedene, nicht validierte und von den Krankenkassen nicht erstattungsfähige Verfahren angeboten, die angebliche "Elektrosmogschäden" mit einem Bluttest nachweisen sollen. So wird beispielsweise behauptet, dass die Anwesenheit elektromagnetischer Felder zu einem stapelförmigen Aneinanderhaften (Geldrollenbildung) von roten Blutkörperchen führe. Es wird versucht, dies mit dunkelfeldmikroskopischen Untersuchungen zu belegen.

Weblinks

Quellennachweise