Elektroneuraltherapie nach Croon

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Die Elektroneuraltherapie nach Croon ist ein pseudomedizinisches Verfahren, das 1953 von dem deutschen Arzt Richard Croon (gest.1961) vorgestellt wurde. Das Verfahren wird mit ENTH abgekürzt, jedoch sollte es nicht mit einem in der seriösen Medizin verwendeten Begriff, der Epsin NH2-terminal homology (ENTH) domain verwechselt werden, die für Abläufe im Golgi-Apparat zuständig ist. Croon war Gründer des von ihm geleiteten Instituts für Elektroneural-Medizin in Bad Homburg. Dort existiert auch die Deutsche Gesellschaft für Elektrodiagnostik und Elektroneuraltherapie, die von einem Dr. med. Rolf Croon geleitet wird.

Darstellung der Reaktionsstellen in einem zeitgenössischen Zeitungsartikel (Hamburger Abenbdblatt vom 18. Oktober 1958)

Das von ihm ursprünglich entwickelte Gerät misst den Hautwiderstand und die Kapazität an 214 vorher definierten Hautarealen, deren Lokalisation der Akupunktur entlehnt ist. An den sich überwiegend am Rücken entlang der Wirbelsäule befindenden sog. Reaktionsstellen wird der elektrische Widerstand (in Ohm) gegenüber der umgebenden Haut sowie die Kapazität (in Picofarad, pF) gemessen. Die Messung geschicht mit Hilfe von Elektroden, die eine Wechselstromreizung im Bereich von 0.05 mA bei einer Frequenz von 9000 Hz ausführen.

Dr. Croon postulierte, allerdings ohne dafür jemals glaubwürdige, wissenschaftliche Beweise vorgelegt zu haben, dass man anhand der absoluten Widerstands-Messwerte und deren Verhältnis zueinander auf den Zustand des Menschen rückschließen könnte. Man soll mit dem Gerät eine Diagnose erstellen können, denn wenn die Werte von einer frei nach Croon definierten Norm abweichen, spräche dies für ein bestimmmtes Krankheitsbild.

Mit dem gleichen Gerät soll man die festgestellten, angeblichen Krankheiten auch behandeln können. Dazu werden Exponentialstromimpulse im Bereich bis 2 mA bei einer Frequenz zwischen 400 bis 1000 Hz eingesetzt. Diese Impulse leitet man als Reizstrom über die Elektroden auf die Reaktionspunkte. Damit sollen Wirbelsäulenleiden, rheumatische Erkrankungen, Arthrosen, Neuralgien, Durchblutungsstörungen, Kopfschmerzen, Erschöpfungszustände und Entwicklungshemmungen im Kindesalter geheilt werden. Belege für positive Veränderungen dieser mit seriösen Diagnoseverfahren z.T. exakt feststellbaren Erkrankungen hat Croon jedoch nicht geliefert.

Es ist offensichtlich, dass Croons Methode gar nichts wirklich heilt, sondern angeblich bestehende Erkrankungen mit seinem Wundergerät therapiert, wobei die Diagnose und die nachfolgende Therapie keinen Realitätsbezug haben. Die Behandlung dauert 15 bis 30 Minuten und wird zwei- bis sechsmal wöchentlich durchgeführt. Unangenehme Nebenwirkungen gibt es dabei nicht. Die Therapie wird so lange fortgeführt, bis sich die Werte (Hautwiderstand, Kapazität) normalisiert haben. Dies kann 20 bis 40 Behandlungen erfordern, wobei nach jeweils zehn Behandlungen die Werte kontrolliert werden.

Croon definiert eine Krankheit als eine Abweichung von seiner frei definierten "Norm" und eine Heilung als eine Rückkehr der Messwerte zurück in diese Norm. Am Ende ist der Patient nur Geld losgeworden. Schadensfälle unter der ENTH sind bis heute nicht bekannt geworden, weil das Gerät sowie die von ihm abgegebenen Stromstärken aus technischer Sicht harmlos sind. Ob die ENTH bei Metallimplantatträgern (z.B. Herzschrittmacher-Patienten) gefährlich ist, weil eventuell die Elektronik der Geräte gestört werden könnte, ist bis heute nicht geprüft worden. Man sollte sich keinesfalls auf eine ENTH-Diagnose alleine verlassen, sondern grundsätzlich seriöse Diagnoseverfahren zur Feststellung von Krankheiten wählen. Eine Wirkung oberhalb des Placeboniveaus ist bei der ENTH nicht anzunehmen.

Die ENTH hat etwa das pseudomedizinische Niveau der Elektroakupunktur nach Voll oder der Bioresonanz. Im Vergleich zu diesen neueren Verfahren ist sie nur noch wenig verbreitet.