Eiweißspeicherkrankheit

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Unter einer Eiweißspeicherkrankheit (Proteothesaurismose) wird in pseudomedizinischen Kreisen ein Krankheitsbild verstanden, das durch Eisweißablagerungen im Bindegewebe und an den Wänden der Blutgefäße verursacht werden soll. Das Konzept der Eiweißspeicherkrankheit wurde von Prof. Lothar Wendt in dem 40er Jahren des 20. Jahrhunderts aufgestellt und zusammen mit seinem Sohn Thomas Wendt weiter entwickelt [1]

Inhalt des Konzeptes ist, dass der Mensch durch seine Ernährung mit Fleisch und Fleischprodukten, sowie Milch und Milchprodukten ein Übermaß an Eiweißen zu sich nimmt („Eiweißmast“) und der Körper nur wenig tierische Produkte problemlos verarbeiten kann. Die Folge dieser „Eiweißmast“ sei eine Überlastung der Eiweißspeicher und eine Übersäuerung, die zu vielen Erkrankungen kommen, wie z.B. Arteriosklerose, Arthrose, Bluthochdruck, Diabetes Typ II, Gicht, Rheuma und sogar Krebs führen soll. Die Eiweißspeicherkrankheit soll angeblich etwa die Hälfte aller Todesfälle u.a. durch Krebs verursachen. So will Colin T. Campbell in seiner „China-Studie" nachgewiesen haben, dass tierische Eiweiße stark krebserregend sein sollen [2]. Schlussfolgernd daraus wird eine eiwißarme Ernährung mit völligem Verzicht auf tierische Eiweiße gefordert.

Vertreter aus dem pseudomedizinischen Bereich zur „Diagnose“ bieten auch gleich noch "Erfolgsmethoden" zur Heilung von dieser - nichtexistenten - Krankheit an. Eine „Therapie“ ist neben anderen Methoden der Entsäuerung, Entgiftung und Entschlackung z.B. das Eiweißfasten nach Prof. Lothar Wendt [3] [4]. Anhänger der Existenz einer Eiweißspeicherkrankheit kommen vor allem auch aus Veganerkreisen [5].

Die Existenz der Eiweißspeicherkrankheit wird von der medizinischen Wissenschaft abgelehnt [6]. Das Konzept dieser "Erkrankung" ist wissenschaftlich unplausibel. Eiweiße werden bei der Verdauung im Darm in ihre einzelnen Bausteine, die Aminosäuren zerlegt. Diese werden durch die Zellen der Darmschleimhaut (Mucosazellen) ins Pfortaderblut aufgenommen und gelangen so in alle Zellen, hauptsächlich in Leber und Niere. Hier stehen sie für den Aufbau körpereigener Eiweiße zur Verfügung, wobei es irrelevant ist, ob die Aminosäuren ursprünglich aus pflanzlichen oder tierischen Nahrungseiweißen stammen.

Diese körpereigenen Eiweiße werden vom Körper vor allem benötigt als: Strukturproteine (z.B. Cytoskellett, Kollagen und Elastin als Grundstruktur des Bindegewebes, Keratin), zur Bewegung (Muskelproteine: Aktin und Myosin), als Enzyme, als Transportproteine (z.B. Rezeptoren an Zellen, Hämoglobin), Blut-Puffer (Säuren-Basen-Haushalt: Hämoglobin, Albumin), zur Abwehr von Infekten (z.B. Antikörper, Komplementsystem), zur Blutgerinnung und als Hormone (Insulin, Vasopressin, Oxytocin).

Aminosäuren, die der Körper nicht benötigt, werden über unterschiedliche Wege abgebaut, der Stickstoff der Aminogruppe wird über Ammoniak in Harnstoff (Harnstoffzyklus) überführt und über die Nieren ausgeschieden. Das Kohlenstoff-Gerüst wird im Zuckerstoffwechsel (Citratzyklus) verwertet [7].

Eine gezielte Reduktion der Eiweißzufuhr ist nur dann nötig, wenn der Aminosäure-Stoffwechsel oder Harnstoffsynthese gestört sind oder die Ausscheidung harnpflichtiger Substanzen vermindert ist. Die Eiweiß-Reduktion kann das Fortschreiten des Krankheitsprozesses erheblich verzögern. Sie wird angewandt bei verminderter Nierenfunktion (Niereninsuffizienz), Störung der Harnstoffsynthese und bei Lebererkrankungen wie z.B. Leberzirrhose. Eine angeborene Störung des Aminosäure-Stoffwechsels ist jedoch relativ selten (ca. 1:5 000 - 1:10 000 bei Phenylketonurie, anderere sind noch seltener) [8]

Deneben gibt es Krankheiten, bei denen abnorme körpereigene Eiweiße zu viel produziert, zu wenig abgebaut oder ausgeschieden werden, und die sich dann in den Körperzellen oder zwischen ihnen anreichern. Diese Krankheiten sind jedoch nicht durch die Ernährung zu beeinflussen. Ein Beispiel hierfür ist die Amyloidose [9]

Weblinks


Quellenverzeichnis