Eigenbluttherapie

Aus Psiram
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Eigenbluttherapie.jpg

Eigenbluttherapien (auch Vampir-Lifting oder Dracula-Lifting) umfassen eine Vielzahl unterschiedlicher umstrittener und oft pseudomedizinischer Verfahren, denen gemeinsam ist, dass dem Patienten eine bestimmte Menge Blut entnommen und nach bestimmten Behandlungen wieder zurück injiziert wird. Einige wenige Spezialanwendungen wurden in der akademischen Medizin wissenschaftlich validiert und anerkannt. Die (Eigen-)Blutentnahme vor einem chirurgischen Eingriff zur Anwendung während der Operation hingegen kann nicht zu den Eigenbluttherapien im engeren Sinne gezählt werden.

Im Einzelfall muss jeweils geprüft werden, ob es sich um anerkannte Verfahren mit Wirksamkeitsnachweis oder nutzlose Verfahren handelt. Aufgrund der schwer zu überschauenden Zahl von Methoden (mit meist verwirrenden und komplizierten Bezeichnungen) ist selbst Ärzten eine zutreffende Einordnung mitunter nicht möglich.

Geschichte

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte der Dermatologe Spiethoff eine standardisierte Methode, um Patienten mit Eigenblut und Eigenserum zu behandeln. Die Technik, erstmals benannt im Jahre 1913, erfuhr in den folgenden drei Jahrzehnten diverse Modifikationen (vgl. Ozontherapie). Das Eigenblut wurde verschiedenen Behandlungen unterworfen, bevor man es dem Patienten wieder injizierte: Man ließ es gefrieren und taute es wieder auf, man entfernte Faktoren für die Blutgerinnung oder alle roten Blutkörperchen oder versetzte es mit Sauerstoff.

Methode

Die Idee der Eigenbluttherapie ist es, den Organismus mit körpereigenen Stoffen zu einer verstärkten Abwehrreaktion gegen Krankheiten zu reizen und damit das Immunsystem zu stärken. An der Einstichstelle entsteht eine Entzündungsreaktion und die Körpertemperatur steigt an. Dies soll eine "vegetative Umstimmung" auslösen.

Der Therapeut, häufig ein Heilpraktiker, entnimmt Blut aus einer Vene und injiziert es meist ohne weitere Zusatzbehandlung dem Patienten wieder. Oft wird eine andere Vene als Infusionsort gewählt, es kann aber auch unter die Haut oder in die Muskulatur gespritzt werden. Eine Behandlung umfasst in der Regel eine Injektion von bis zu 10 ml Eigenblut, wobei diese über mehrere Tage in Folge fortgesetzt kann. Gelegentlich werden dem Blut auch Auszüge aus Echinacea, Misteln oder homöopathische Präparate zugesetzt. Auch eine physikalische Behandlung des entnommenen Blutes mit Ozon oder UV-Licht wird vorgenommen.[1]

Varianten:

  • Orale Eigenbluttherapie: Aus einem Tropfen Blut erfolgt die Herstellung einer homöopathischen Verdünnung des entnommenen Blutes. Das verdünnte Präparat wird dann dem Patienten (oft Kinder) in Tropfenform verabreicht.
  • Eigenbluttherapie nach Reckeweg: Eine Art der Eigenblutbehandlung, die stufenweise mit homöopathisierten (verdünnten) Blutmengen auf Vorstellungen der so genannten Homotoxikologie nach Hans-Heinrich Reckeweg basiert.
  • Hämatogene Oxidationstherapie (HOT, Blutwäsche nach Wehrli)

Wirksamkeit

Eigenbluttherapien haben bis heute keinen seriösen Wirksamkeitsnachweis vorgelegt. Da es aber immer wieder zu Zwischenfällen kommt, ist dieses säftepathologisch geprägte Therapiesystem nicht unproblematisch. Insbesondere Eigenblutzubereitungen, die mit Zusätzen vermischt werden, weisen ein unkalkulierbares Allergierisiko auf und der fragliche Nutzen steht in keinem Verhältnis zum Gesundheitsrisiko und dem finanziellen Aufwand der Methode.

Unerwünschte Wirkungen

Bei einer Eigenbluttherapie kann es im Rahmen einer Unverträglichkeitsreaktion nach einer Behandlung zu Fieber, Nesselfieber, Schwindel, Kopfschmerzen sowie Herzrasen und bei Injektion von mit zusätzlichen Substanzen versetztem Eigenblut in schweren Fällen zu einem allergischen Schock kommen. Besonders Zusatz von Echinacea ist kritisch zu sehen, weil Auszüge dieser Pflanze bereits bei oraler Einnahme allergisierend wirken können. Hier kann es nach einer Injektion zu schweren allergische Reaktionen vom Soforttyp mit anaphylaktischem Schock, Lidödem, massiver Atemnot und Hautausschlag kommen.[2]

Durch unsauberes Spritzenmaterial können Keime direkt in die Blutbahn übertragen werden. Es ist deshalb darauf zu achten, dass die Kanüle, mit der das venöse Blut entnommen wurde, keinesfalls für die Reinfusion wiederverwendet wird. Anderenfalls können Hautkeime in die Blutbahn verschleppt werden, was bei immungeschwächten oder allergischen Personen zu Problemen führen kann. Wird Mehrfach-Besteck verwendet, besteht die Gefahr der Übertragung von Hepatitis oder HIV.

Dieses Problem kann durch die Verwendung von Einmalbestecken deutlich reduziert werden. Aber auch hier ist zu bedenken, dass während der Blutentnahme immer ein gewisser Teil der korpuskulären Blutpartikel (rote und weiße Blutkörperchen) zerfallen und ihren Zellinhalt im Serum verteilen. Besonders der Zellinhalt der weißen Blutkörperchen stellt ein Alarmsignal dar, denn dies bedeutet beim Reinfundieren für die dann dieses Material entdeckenden Abwehrzellen, dass offenbar ein "Feindkontakt" diese Zellen zerfallen ließ. Es kommt - entweder lokal, wenn das Eigenblut unter die Haut oder in einen Muskel gespritzt wird, oder im Rahmen einer allgemeinen Reaktion, wenn das Blut in eine Vene infundiert wird - zu einer Entzündungsreaktion, die auch verzögert verlaufen kann. Dies kann im Einzelfall bis zur Entwicklung von Autoantikörpern gegen körpereigenes Material führen. Dies ist eine Gefahr, die der Transfusionsmedizin bekannt ist, bei der üblichen Eigenbluttherapie von vielen Anhängern und Therapeuten jedoch häufig verdrängt wird.

Kosten

Pro Injektion muss mit etwa 15 bis 50 Euro gerechnet werden; ein Behandlungszyklus kann bis etwa 500 Euro kosten. Die Verfahren der Eigenbluttherapie werden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht erstattet. Die AOK äußerte sich folgendermaßen zur Eigenbluttherapie:[3]

Die verschiedenen Formen der Eigenblutbehandlung erfüllt nicht die hohen Qualitätsanforderungen, die die AOK – Ihre Gesundheitskasse an eine Behandlung stellt. Bisher ist es den Anhängern des Verfahrens nicht gelungen, die Wirksamkeit zweifelsfrei nachzuweisen. Es gibt auch keine wissenschaftlich haltbare Erklärung für das postulierte weite Anwendungsspektrum. Daher kann die AOK die Kosten für eine solche Behandlung nicht übernehmen.

Weblinks


Quellennachweise