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In der Werbung werden Strukturformeln (auch als räumliche Zeichnungen) zum EZ-Wasser veröffentlicht (siehe Abbildung).
 
In der Werbung werden Strukturformeln (auch als räumliche Zeichnungen) zum EZ-Wasser veröffentlicht (siehe Abbildung).
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In der wissenschaftlichen Chemie bilden einzelne Wassermoleküle in flüssigem Zustand tetraederförmige Wassercluster, die sich temperaturabhängig ständig neu bilden und wieder auflösen. Die Lebensdauer einer Wasserstoffbrückenbindung liegt dabei typischerweise im Bereich von 1–20 ps (ps = Pikosekunde = 10<sup>-12</sup> Sekunden). Stabile quasikristalline Strukturen von Wasser im flüssigen Zustand sind nicht bekannt und auch sehr unwahrscheinlich.<ref>https://de.wikipedia.org/wiki/Wassercluster</ref>
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In der wissenschaftlichen Chemie bilden einzelne Wassermoleküle in flüssigem Zustand u.a. tetraederförmige Wassercluster, die sich temperaturabhängig ständig neu bilden und wieder auflösen. Die Lebensdauer einer Wasserstoffbrückenbindung liegt dabei typischerweise im Bereich von 1–20 ps (ps = Pikosekunde = 10<sup>-12</sup> Sekunden). Stabile quasikristalline Strukturen von Wasser im flüssigen Zustand sind nicht bekannt und auch sehr unwahrscheinlich.<ref>https://de.wikipedia.org/wiki/Wassercluster</ref>
 
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Der Schweizer Werbefachmann Robert Zach (geb. 1961) behauptet, den hypothetisch gebliebenen "4. Aggregatzustand des Wassers" und damit das "EZwasser" entdeckt zu haben. Pollack sei es lediglich zeitlich nach ihm gelungen, diesen wissenschaftlich nachzuweisen. Zach ist Inhaber der Firma ZARO Biotec, einem Hersteller von Scharlatanerieprodukten zur [[Wasserbelebung]] und zum [[Elektrosmog-Schutzprodukte|Schutz vor Elektrosmog]] aus CH-6390 Engelberg in der Zentralschweiz. Ein weiterer Anbieter ist der deutsche Ingenieur und Autor [[Dietmar Ferger]].
      
==Behauptete chemische und physikalische Eigenschaften==
 
==Behauptete chemische und physikalische Eigenschaften==
[[image:Ez layers.jpg|Räumliche Anordnung der Wassermoleküle im (hypothetischen) hexagonalem Wasser, wie Pollack es sich vorstellt. Daneben die Summenformel des negativ geladenen Wassers in der EZ (rot= Sauerstoffatome, blau= Wasserstoffatome). Die viele Hunderte Schichten wären untereinander über den bereits zweibindigen Wasserstoff verknüpft, was den Wasserstoff dreibindig machen würde (Quelle: Pollack 2013). |300px|thumb]]
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[[image:Ez layers.jpg|Räumliche Anordnung der Wassermoleküle im (hypothetischen) hexagonalen Wasser, wie Pollack es sich vorstellt. Daneben die Summenformel des negativ geladenen Wassers in der Ausschlusszone (EZ) (rot= Sauerstoffatome, blau= Wasserstoffatome). Die vielen hundert Schichten wären untereinander über den bereits zweibindigen Wasserstoff verknüpft, was den Wasserstoff dreibindig machen würde (Quelle: Pollack 2013). |300px|thumb]]
    
Das von Pollack gemeinte EZ-Wasser habe ein anderes Verhältnis von Wasserstoff zu Sauerstoff als herkömmliches Wasser, bei dem auf ein Sauerstoffatom zwei Wasserstoffatome kommen. Das Molekulargewicht sei 35 g/mol gegenüber 18 g/mol bei Wasser. Andere Schreibweise der Summenformel: HO-(O+)-H2. Das Dioxidanium verdampfe erst bei 150,2° Celsius auf Meereshöhe (1013 hPa).<ref>http://www.guidechem.com/cas-605/60593-56-8.html</ref><ref>http://www.chemnet.com/cas/en/60593-56-8/dioxidanium.html</ref>
 
Das von Pollack gemeinte EZ-Wasser habe ein anderes Verhältnis von Wasserstoff zu Sauerstoff als herkömmliches Wasser, bei dem auf ein Sauerstoffatom zwei Wasserstoffatome kommen. Das Molekulargewicht sei 35 g/mol gegenüber 18 g/mol bei Wasser. Andere Schreibweise der Summenformel: HO-(O+)-H2. Das Dioxidanium verdampfe erst bei 150,2° Celsius auf Meereshöhe (1013 hPa).<ref>http://www.guidechem.com/cas-605/60593-56-8.html</ref><ref>http://www.chemnet.com/cas/en/60593-56-8/dioxidanium.html</ref>
    
Pollack schreibt EZ-Wasser weitere veränderte physikalische Eigenschaften gegenüber normalem Wasser zu: es habe eine höhere Viskosität, eine höhere Absorption infraroter Strahlung (IR) und einen erhöhten pH-Wert (alkalischer als normales Wasser). Des Weiteren sei das Wasser negativ aufgeladen, da die neue Struktur angeblich weniger Protonen (= positive Ladungen) als normales Wasser enthalte. Die überschüssigen Protonen würden in das Wasser außerhalb der Ausschlusszone gedrängt und erniedrigten so dessen pH-Wert (das Wasser wird saurer).  Diese Ladungstrennung führe zu einem Spannungsunterschied ähnlich wie in einer Batterie, man könne es deshalb auch für eine Ladungsspeicherung verwenden. Diese Spannung (Potentialunterschied) könnte nur durch einen Energieeintrag erfolgen, der Pollack zufolge durch Absorption von elektromagnetischer Strahlung (Licht) zustande komme. Er behauptet, dass die Ausschlusszone bei erhöhter Strahlung einen höhere Dicke aufweise.
 
Pollack schreibt EZ-Wasser weitere veränderte physikalische Eigenschaften gegenüber normalem Wasser zu: es habe eine höhere Viskosität, eine höhere Absorption infraroter Strahlung (IR) und einen erhöhten pH-Wert (alkalischer als normales Wasser). Des Weiteren sei das Wasser negativ aufgeladen, da die neue Struktur angeblich weniger Protonen (= positive Ladungen) als normales Wasser enthalte. Die überschüssigen Protonen würden in das Wasser außerhalb der Ausschlusszone gedrängt und erniedrigten so dessen pH-Wert (das Wasser wird saurer).  Diese Ladungstrennung führe zu einem Spannungsunterschied ähnlich wie in einer Batterie, man könne es deshalb auch für eine Ladungsspeicherung verwenden. Diese Spannung (Potentialunterschied) könnte nur durch einen Energieeintrag erfolgen, der Pollack zufolge durch Absorption von elektromagnetischer Strahlung (Licht) zustande komme. Er behauptet, dass die Ausschlusszone bei erhöhter Strahlung einen höhere Dicke aufweise.
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Pollack behauptet auch, dass die [[Wasserbrücke]]nbildung (gemeint sind horizontale Verbindungen aus deionisiertem (reinen) Wasser nach Anlegung einer Hochspannung) nur mit Hilfe seiner Theorie zu EZ-Wasser erklärbar sei. Auch die österreichische Firma Grander beruft sich auf Pollack in der Werbung zu ihrem Wunderprodukt [[Grander-Wasser]]. Messungen (Röntgenkristallographie, Neutronenstreuung) und Modellierungen zeigen allerdings, dass sich die Struktur des Wassers in der Brücke nicht von gewöhnlichem Wasser unterscheidet.<ref>Lawrie B. Skinner, Chris J. Benmore, Badri Shyam, J. K. R. Weber, John B. Parise: Structure of the floating water bridge Proceedings of the National Academy of Sciences Oct 2012, 109 (41) 16463-16468; https://doi.org/10.1073/pnas.1210732109</ref>
    
Eine weitere Behauptung in der Werbung zu EZ-Wasser-Produkten bezieht sich auf einen angeblichen unendlich großen spezifischen elektrischen Widerstand. Es sei demnach nicht leitfähig. Auch falle EZ-Wasser (wegen einer behaupteten "Widerstandslosigkeit") mit der zehnfachen Geschwindigkeit wie andere Gegenstände zu Boden, quasi wie im Vakuum. Das ist physikalisch unmöglich.
 
Eine weitere Behauptung in der Werbung zu EZ-Wasser-Produkten bezieht sich auf einen angeblichen unendlich großen spezifischen elektrischen Widerstand. Es sei demnach nicht leitfähig. Auch falle EZ-Wasser (wegen einer behaupteten "Widerstandslosigkeit") mit der zehnfachen Geschwindigkeit wie andere Gegenstände zu Boden, quasi wie im Vakuum. Das ist physikalisch unmöglich.
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Pollack behauptet auch, dass die [[Wasserbrücke]]nbildung (gemeint sind horizontale Verbindungen aus deionisiertem (reinen) Wasser nach Anlegung einer Hochspannung) nur mit Hilfe seiner Theorie zu EZ-Wasser erklärbar sei. Auch die österreichische Firma Grander beruft sich auf Pollack in der Werbung zu ihrem Wunderprodukt [[Grander-Wasser]].
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==Behauptete Vorkommen==
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Laut Pollack soll Wasser im menschlichen Blut zu 95 % aus EZ-Wasser bestehen; der Mensch trinke zwar herkömmliches Wasser (H<sub>2</sub>O) und nehme es mit der Nahrung zu sich, jedoch enthielten menschliche Zellen kein Wasser, sondern EZ-Wasser mit der Summenformel H<sub>3</sub>O<sub>2</sub>. Man könne EZ-Wasser beispielsweise aus Pflanzensäften (Obst- und Gemüsesäfte) aufnehmen, da diese viel EZ-Wasser enthielten. Da sich das EZ-Wasser ausschließlich an hyrdophilen Oberflächen, wie etwa Zellmembranen bilde, würde aus normalem Wasser stets EZ-Wasser im Körper gebildet. Der Widerspruch, dass man EZ-Waser über pflanzliche Säfte aufnehmen könne, die gar keine Membranbestandteile enthalten und sich EZ-Wasser im Körper stets selbst bildet, wird nicht thematisiert. EZ-Wasser bildet sich stets an Membranen und kann nicht davon extrahiert werden, ohne dass die "ausschließenden" Eigenschaften verloren gehen (s.u.).
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==Behauptete Vorkommen==
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Ebenso komme EZ-Wasser natürlicherweise in [[Gletscherwasser|Gletscherwässern]] und in Wasserbrunnen vor. Während einerseits behauptet wird, EZ-Wasser würde in tiefliegenden Wasserschichten vorkommen, heißt es im Widerspruch dazu andererseits, dass EZ-Wasser erst an der Erdoberfläche durch Lichtstrahlung und andere Strahlungen entstehe. Dass Gletscherwasser reich an EZ-Wasser sein soll, entnimmt Pollack der Behauptung, es wäre besonders gesund. Da EZ-Wasser eine höhere Dichte haben soll, würde es sich unter Druck bilden, weshalb auch unter Druck stehendes Wasser (etwa aus artesisches Quellen), reich an EZ-Wasser sei.
Nach Pollack komme EZ-Wasser natürlicherweise in Regenwasser, Gletschern, Flüssen und in Wasserbrunnen vor. Wasser im menschlichen Blut soll zu 95 % aus EZ-Wasser bestehen. Nach Pollack trinke der Mensch zwar herkömmliches Wasser (H<sub>2</sub>O) und nehme es mit der Nahrung zu sich, jedoch enthielten menschliche Zellen kein Wasser, sondern EZ-Wasser mit der Summenformel H<sub>3</sub>O<sub>2</sub>. Während einerseits behauptet wird, dass EZ-Wasser in tiefliegenden Wasserschichten vorkomme, heißt es im Widerspruch dazu andererseits, dass EZ-Wasser erst an der Erdoberfläche durch Lichtstrahlung und andere Strahlungen entstehe.
      
==Wissenschaftliche Einordnung <ref group="Anmerkung">Diese Zusammenfassung stützt sich im Wesentlichen auf die Beiträge von Elton et al. 2020 und Wilson 2009 (siehe Literatur) sowie auf verschiedene Artikel bei Wikipedia</ref>==
 
==Wissenschaftliche Einordnung <ref group="Anmerkung">Diese Zusammenfassung stützt sich im Wesentlichen auf die Beiträge von Elton et al. 2020 und Wilson 2009 (siehe Literatur) sowie auf verschiedene Artikel bei Wikipedia</ref>==
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Die von ihm behauptete vierte Phase des Wassers, die er dem in der Ausschlusszone befindlichen Wasser zuschreibt, ist entsprechend eine reine Erfindung, die er in seinen Büchern außerhalb des wissenschaftlichen Veröffentlichungswesens (und damit nicht wissenschaftlich begutachtet) verbreitet. Wasser, in dem die Wassermoleküle in einer hexagonalen Anordnung vorliegen, kommt nur bei [https://de.wikipedia.org/wiki/Eis Eis] vor. Die Anordnungsverhältnisse sind aber - im Vergleich zu Pollacks Vorstellung - wesentlich komplexer. Daneben gibt es bisher weitere 17 bekannte Modifikationen (Phasen) von Eis.
 
Die von ihm behauptete vierte Phase des Wassers, die er dem in der Ausschlusszone befindlichen Wasser zuschreibt, ist entsprechend eine reine Erfindung, die er in seinen Büchern außerhalb des wissenschaftlichen Veröffentlichungswesens (und damit nicht wissenschaftlich begutachtet) verbreitet. Wasser, in dem die Wassermoleküle in einer hexagonalen Anordnung vorliegen, kommt nur bei [https://de.wikipedia.org/wiki/Eis Eis] vor. Die Anordnungsverhältnisse sind aber - im Vergleich zu Pollacks Vorstellung - wesentlich komplexer. Daneben gibt es bisher weitere 17 bekannte Modifikationen (Phasen) von Eis.
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Die von Pollack behauptete Phasenänderung in der Ausschlusszone müsste mit deutlich anderen physikalischen Eigenschaften einhergehen, insbesondere mit einer geänderten Dichte. Dies zeigt sich unter anderem in einem anderen Brechungsverhalten. Die Messungen, die dazu gemacht wurden, sind nicht geeignet, einen veränderten Brechungsindex des Wassers in der Ausschlusszone zu belegen, da es an Grenzflächen (insb. der von Nafion) ebenfalls zu Änderungen des Brechungsindex kommt. Eine kristallartige Struktur könnte mit Hilfe von [https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B6ntgenbeugung Röntgenbeugungs]-Untersuchungen bestätigt werden; hierzu liefert Pollack keine Daten.
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Die von Pollack behauptete Phasenänderung in der Ausschlusszone müsste mit deutlich anderen physikalischen Eigenschaften einhergehen, insbesondere mit einer geänderten Dichte. Dies zeigt sich unter anderem in einem anderen Brechungsverhalten. Für eine kristallartige Struktur könnte eine Doppelbrechung sprechen, die man nur bei bestimmten Kristallen findet. Die Messungen, die dazu gemacht wurden, sind nicht geeignet, einen veränderten Brechungsindex bzw. eine Doppelbrechung des Wassers in der Ausschlusszone zu belegen, da es an Grenzflächen (insb. der von Nafion) ebenfalls zu Änderungen der Lichtbrechungseigenschaften kommt. Eine kristallartige Struktur könnte mit Hilfe von [https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B6ntgenbeugung Röntgenbeugungs]-Untersuchungen bestätigt werden; hierzu liefert Pollack keine Daten.
    
Statt dessen will er eine Phasenänderung anhand licht-spektroskopischer Untersuchungen festmachen, die sehr anfällig für Störungen (u.a. von kleinsten Luftblasen sind). Dazu finden sich die von ihm gemachten Abweichungen, die er einer Phasenänderung zuschreibt, auch in mit Salzen verunreinigtem Wasser. Dies hat er selbst gemessen, will es aber nicht als alternative Erklärung deuten. Die für eine Dichtebestimmung an Grenzflächen deutlich bessere Methode der [https://de.wikipedia.org/wiki/Neutronenradiographie Neutronenradiographie] konnte demgegenüber keinen Dichteunterschied des Wassers in der Ausschlusszone feststellen. Damit konnte die Behauptung Pollacks, es handele sich um eine "vierte Phase", eindeutig widerlegt werden.
 
Statt dessen will er eine Phasenänderung anhand licht-spektroskopischer Untersuchungen festmachen, die sehr anfällig für Störungen (u.a. von kleinsten Luftblasen sind). Dazu finden sich die von ihm gemachten Abweichungen, die er einer Phasenänderung zuschreibt, auch in mit Salzen verunreinigtem Wasser. Dies hat er selbst gemessen, will es aber nicht als alternative Erklärung deuten. Die für eine Dichtebestimmung an Grenzflächen deutlich bessere Methode der [https://de.wikipedia.org/wiki/Neutronenradiographie Neutronenradiographie] konnte demgegenüber keinen Dichteunterschied des Wassers in der Ausschlusszone feststellen. Damit konnte die Behauptung Pollacks, es handele sich um eine "vierte Phase", eindeutig widerlegt werden.
    
=== Wissenschaftliche Erklärung der Ausschlusszone ===
 
=== Wissenschaftliche Erklärung der Ausschlusszone ===
Die einzige Beobachtung, die unabhängig von Pollack auch von anderen Forschern bzw. Forschergruppen gemacht werden konnte, ist, dass sich sehr fein verteilte Plastikkügelchen im Wasser von einer hydrophilen Oberfläche weg bewegen. Genau genommen hat Pollack dies nur für das Polymer Nafion belegt, das - ohne dessen Besonderheiten zu berücksichtigen - als allgemeines Modell für hydrophile Oberflächen, etwa der Zellmembran, angenommen wird. Der Effekt wurde - in viel geringerem Maße - bisher noch an Metalloberflächen gefunden, die sicher kein Modell für biologische Oberflächen sind. Alle weiteren Beobachtung, die er in und an der Ausschlusszone gemacht haben will, sind ohne Bestätigung und auch nicht plausibel.
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Die einzige Beobachtung, die unabhängig von Pollack auch von anderen Forschern bzw. Forschergruppen gemacht werden konnte, ist, dass sich sehr fein verteilte Plastikkügelchen im Wasser von einer hydrophilen Oberfläche weg bewegen. Genau genommen hat Pollack dies nur für das Polymer Nafion belegt, das er - ohne dessen Besonderheiten zu berücksichtigen - als allgemeines Modell für hydrophile Oberflächen, etwa der Zellmembran, annimmt. Der Effekt wurde - in viel geringerem Maße - bisher noch an Metalloberflächen gefunden, die sicher kein Modell für biologische Oberflächen sind. Alle weiteren Beobachtung, die er in und an der Ausschlusszone gemacht haben will, sind ohne Bestätigung und auch nicht plausibel.
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[[Datei:EZ diffusiophoresis.jpg|mini|links|Das Phänomen der Diffusiophorese im Modell. Durch eine ungleiche Konzentrationsverteilung an Ionen (Gradient) kommt es an fein verteilten Partikeln (Kolloide, Kugel in der Abb.) zu elektrischen Kräften, die das Partikel weg von der Membran bewegen (rechte Seite der Darstellung). Dies führt zu einem "Ausschluss" dieser Partikel aus einer bestimmten Zone jenseits der Membran. <ref>https://www.mdpi.com/1422-0067/21/14/5041</ref>]]
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[[Datei:EZ diffusiophoresis.jpg|mini|Das Phänomen der Diffusiophorese im Modell. Durch eine ungleiche Konzentrationsverteilung an Ionen (Gradient) kommt es an fein verteilten Partikeln (Kolloide, Kugel in der Abb.) zu elektrischen Kräften, die das Partikel weg von der Membran bewegen (rechte Seite der Darstellung). Dies führt zu einem "Ausschluss" dieser Partikel aus einer bestimmten Zone jenseits der Membran. <ref>https://www.mdpi.com/1422-0067/21/14/5041</ref>]]
 
Das Phänomen, dass sich kleine Partikel (Kolloide) an einer hydrophilen Oberfläche abstoßen, kann im Rahmen der etablierten wissenschaftlichen Theorien zu solchen Effekten erklärt werden. Eine Oberfläche wie die des Nafion ist chemisch aktiv, es handelt sich um einen Ionenaustauscher. Dabei werden von der Oberfläche Ionen (Protonen) in das Wasser abgegeben und entsprechende Gegenionen von der Membran aufgenommen. Dies hat zur Folge, dass sich von der Oberfläche weg ein sog. Gradient (eine stetig an- oder absteigende Konzentration) an Ionen bildet. In diesem Gradient werden kleine Teilchen, die ebenfalls Ladungen (Ionen) auf ihrer Oberfläche tragen können, von der Oberfläche weg bewegt. Der Effekt nennt sich [https://en.wikipedia.org/wiki/Diffusiophoresis_and_diffusioosmosis Diffusiophorese] und beschreibt solche Phänomene.<ref>https://www.chemie.de/news/99533/ausschwaermende-teilchen.html</ref> Im einzelnen ist der Effekt komplexer als hier angedeutet, aber er erklärt das beobachtete Phänomen durch Modellrechnung auch quantitativ.
 
Das Phänomen, dass sich kleine Partikel (Kolloide) an einer hydrophilen Oberfläche abstoßen, kann im Rahmen der etablierten wissenschaftlichen Theorien zu solchen Effekten erklärt werden. Eine Oberfläche wie die des Nafion ist chemisch aktiv, es handelt sich um einen Ionenaustauscher. Dabei werden von der Oberfläche Ionen (Protonen) in das Wasser abgegeben und entsprechende Gegenionen von der Membran aufgenommen. Dies hat zur Folge, dass sich von der Oberfläche weg ein sog. Gradient (eine stetig an- oder absteigende Konzentration) an Ionen bildet. In diesem Gradient werden kleine Teilchen, die ebenfalls Ladungen (Ionen) auf ihrer Oberfläche tragen können, von der Oberfläche weg bewegt. Der Effekt nennt sich [https://en.wikipedia.org/wiki/Diffusiophoresis_and_diffusioosmosis Diffusiophorese] und beschreibt solche Phänomene.<ref>https://www.chemie.de/news/99533/ausschwaermende-teilchen.html</ref> Im einzelnen ist der Effekt komplexer als hier angedeutet, aber er erklärt das beobachtete Phänomen durch Modellrechnung auch quantitativ.
    
[[Datei:PH gradient pollack.jpg|mini|Pollack hat selbst gezeigt, dass sich ein pH-Gradient jenseits der Membran bildet. Das widerlegt, dass sich in der Ausschlusszone ein homogenes Substrat ("Hexagonales Wasser") gebildet hat. Die unterschiedlichen Färbungen zeigen unterschiedliche pH-Werte an.<ref>G. H. Pollack The Journal of Physical Chemistry B 2013 117 (25), 7843-7846 DOI: 10.1021/jp312686x </ref>]]
 
[[Datei:PH gradient pollack.jpg|mini|Pollack hat selbst gezeigt, dass sich ein pH-Gradient jenseits der Membran bildet. Das widerlegt, dass sich in der Ausschlusszone ein homogenes Substrat ("Hexagonales Wasser") gebildet hat. Die unterschiedlichen Färbungen zeigen unterschiedliche pH-Werte an.<ref>G. H. Pollack The Journal of Physical Chemistry B 2013 117 (25), 7843-7846 DOI: 10.1021/jp312686x </ref>]]
Die von Pollack vermutete und nicht im Einklang mit allen bisherigen Erkenntnissen stehende Vorstellung, eine Strukturierung des Wassers - und damit eine Phasenwandlung -, ist für die Erklärung der Ausschlusszone nicht nötig. Er hat selbst demonstriert, dass sich an einer Nafion-Membran ein pH-Gradient ausbildet, der sich über viele Millimeter(!) erstreckt (Abbildung). Somit hat er gezeigt, dass sich ein Gradient, keine abrupte Änderung (wie es sein EZ-Wasser mit sich bringen müsste), in der Ausschlusszone bildet. Das ist die Voraussetzung für den Prozess der Diffusiophorese und widerlegt eine in sich homogene Ausschlusszone.
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Die von Pollack vertretene - und nicht im Einklang mit allen bisherigen Erkenntnissen stehende - Vorstellung, eine Strukturierung des Wassers (und damit eine Phasenwandlung) würde an einer hydrophilen Oberfläche eintreten, ist für die Erklärung der Ausschlusszone nicht nötig. Er hat selbst demonstriert, dass sich an einer Nafion-Membran ein pH-Gradient ausbildet, der sich über viele Millimeter erstreckt (Abbildung). Somit hat er gezeigt, dass sich ein Gradient, keine abrupte Änderung (wie es sein EZ-Wasser mit sich bringen müsste), in der Ausschlusszone bildet. Das ist die Voraussetzung für den Prozess der Diffusiophorese und widerlegt eine in sich homogene Ausschlusszone.
    
Auch wird hieran ein weiteres Missverständnis Pollacks deutlich: bei dem pH-Gradienten handelt es sich um einen Konzentrationsgradienten, nicht um einen Ladungsgradienten (Protonen werden abgegeben, Gegenionen aus dem Wasser aufgenommen). Da an der Membran Ionen ausgetauscht werden, ist die Ladung entlang des Gradienten immer ausgeglichen. Dieses Missverständnis hatte er schon an anderer Stelle zum Ausdruck gebracht, da er festgestellt haben wollte, dass man mit einer einfachen Elektrolysezelle Ladung speichern könne. Diese Fehlinterpretation konnte leicht widerlegt werden.<ref>Horacio R. Corti and Agustin J. Colussi: Do Concentration Cells Store Charge in Water? Comment on Can Water Store Charge? Langmuir 2009 25 (11), 6587-6589 https://doi.org/10.1021/la900723t</ref>
 
Auch wird hieran ein weiteres Missverständnis Pollacks deutlich: bei dem pH-Gradienten handelt es sich um einen Konzentrationsgradienten, nicht um einen Ladungsgradienten (Protonen werden abgegeben, Gegenionen aus dem Wasser aufgenommen). Da an der Membran Ionen ausgetauscht werden, ist die Ladung entlang des Gradienten immer ausgeglichen. Dieses Missverständnis hatte er schon an anderer Stelle zum Ausdruck gebracht, da er festgestellt haben wollte, dass man mit einer einfachen Elektrolysezelle Ladung speichern könne. Diese Fehlinterpretation konnte leicht widerlegt werden.<ref>Horacio R. Corti and Agustin J. Colussi: Do Concentration Cells Store Charge in Water? Comment on Can Water Store Charge? Langmuir 2009 25 (11), 6587-6589 https://doi.org/10.1021/la900723t</ref>
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Bereits 1969 wurde eine hexagonale Struktur für eine scheinbar neu entdeckte Form des Wasser vorgeschlagen. Nachdem der Russe Fedyakin Anfang der 60er Jahre entdeckt hatte, dass sich - in Kapillaren kondensiertes - Wasser nach einiger Zeit in zwei von einander unterscheidbaren Schichten trennte, untersuchte man die scheinbar neuartige Form des Wassers genauer. Der Amerikaner Lippincott wollte dann 1969 anhand spektroskopischer Messungen festgestellt haben, dass es sich um eine neue Form des Wasser handeln müsse und schlug die entsprechende hexagonale (polymere) Struktur vor. Dies führte damals zu heftigen Auseinandersetzungen innerhalb der Wissenschaftsgemeinde, da solche Strukturen auch damals schon als unwahrscheinlich galten.
 
Bereits 1969 wurde eine hexagonale Struktur für eine scheinbar neu entdeckte Form des Wasser vorgeschlagen. Nachdem der Russe Fedyakin Anfang der 60er Jahre entdeckt hatte, dass sich - in Kapillaren kondensiertes - Wasser nach einiger Zeit in zwei von einander unterscheidbaren Schichten trennte, untersuchte man die scheinbar neuartige Form des Wassers genauer. Der Amerikaner Lippincott wollte dann 1969 anhand spektroskopischer Messungen festgestellt haben, dass es sich um eine neue Form des Wasser handeln müsse und schlug die entsprechende hexagonale (polymere) Struktur vor. Dies führte damals zu heftigen Auseinandersetzungen innerhalb der Wissenschaftsgemeinde, da solche Strukturen auch damals schon als unwahrscheinlich galten.
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[[Datei:Polywater.jpg|mini|links|Die hexagonale Struktur des Wassers war schon einmal fälschlicherweise vorgeschlagen worden. Sie musste für das nie nachweisbare "Polywasser" verworfen werden]]
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[[Datei:Polywater.jpg|mini|Die hexagonale Struktur des Wassers war schon einmal fälschlicherweise vorgeschlagen worden. Sie musste für das nie nachweisbare "Polywasser" verworfen werden]]
 
Es finden sich weitere Parallelen zum EZ-Wasser von Pollack: So sollte das Polywasser eine höhere Dichte als gewöhnliches Wasser aufweisen und viskoser sein. Auch der Gefrier- und Siedepunkt sollten sich deutlich von herkömmlichen Wasser unterscheiden. Ebenso schien für manchen Pseudowissenschaftler der Beweis erbracht, Wasser (im flüssigen Zustand) könne eine bestimmte Struktur annehmen, was erlauben würde, darin "Informationen" zu speichern.
 
Es finden sich weitere Parallelen zum EZ-Wasser von Pollack: So sollte das Polywasser eine höhere Dichte als gewöhnliches Wasser aufweisen und viskoser sein. Auch der Gefrier- und Siedepunkt sollten sich deutlich von herkömmlichen Wasser unterscheiden. Ebenso schien für manchen Pseudowissenschaftler der Beweis erbracht, Wasser (im flüssigen Zustand) könne eine bestimmte Struktur annehmen, was erlauben würde, darin "Informationen" zu speichern.
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==EZ-Wasser-Produkte und Markt==
 
==EZ-Wasser-Produkte und Markt==
Produkte mit Bezug zum EZ-Wasser sind beispielsweise: Adya Clarity, Themarox, 4th Phase oder Biotite Liquid Crystal Concentrate.
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Der Schweizer Werbefachmann Robert Zach (geb. 1961) behauptet, den hypothetisch gebliebenen "4. Aggregatzustand des Wassers" und damit das "EZwasser" entdeckt zu haben. Pollack sei es lediglich zeitlich nach ihm gelungen, diesen wissenschaftlich nachzuweisen. Zach ist Inhaber der Firma ZARO Biotec, einem Hersteller von Scharlatanerieprodukten zur [[Wasserbelebung]] und zum [[Elektrosmog-Schutzprodukte|Schutz vor Elektrosmog]] aus CH-6390 Engelberg in der Zentralschweiz. Ein weiterer Anbieter ist der deutsche Ingenieur und Autor [[Dietmar Ferger]].
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Produkte mit Bezug zum EZ-Wasser sind beispielsweise: Adya Clarity, Themarox, 4th Phase oder Biotite Liquid Crystal Concentrate. Pollack selbst macht auf der Seite seines Wasserlabors klar, dass viele der im Zusammenhang mit EZ-Wasser beworbenen Produkte nicht auf seinen Erkenntnisse beruhen und sich ungerechtfertigt auf ihn beziehen.
    
==Siehe auch==
 
==Siehe auch==
 
*[[Gerald Pollack]]
 
*[[Gerald Pollack]]
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*[[Hexagonales Wasser nach Jhon]]
 
*[[Polywasser]]
 
*[[Polywasser]]
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*[[Hexagonwasser]]
 
*[[Superionisiertes Wasser]]
 
*[[Superionisiertes Wasser]]
 
*[[Wassercluster]]
 
*[[Wassercluster]]
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==Literatur==
 
==Literatur==
 
*Elton, D.C.; Spencer, P.D.; Riches, J.D.; Williams, E.D. Exclusion Zone Phenomena in Water—A Critical Review of Experimental Findings and Theories. Int. J. Mol. Sci. 2020, 21, 5041. https://doi.org/10.3390/ijms21145041
 
*Elton, D.C.; Spencer, P.D.; Riches, J.D.; Williams, E.D. Exclusion Zone Phenomena in Water—A Critical Review of Experimental Findings and Theories. Int. J. Mol. Sci. 2020, 21, 5041. https://doi.org/10.3390/ijms21145041
*Wilson, Elizabeth: Watering Down Science? Unconventional water structure theories generate criticism, but don’t hamper funding. Chemical & Engineering News. Volume 87, Issue 50. 2009
+
*Elton D.C., Spencer P.D. (2021) Pathological Water Science – Four Examples and What They Have in Common. In: Gadomski A. (eds) Water in Biomechanical and Related Systems. Biologically-Inspired Systems, vol 17. Springer, Cham. https://doi.org/10.1007/978-3-030-67227-0_8
*Gerald Pollack: Fourth Phase of Water: Beyond Solid, Liquid & Vapor. 2013
+
*Spencer, Peter D. (2018): [https://eprints.qut.edu.au/121427/ Examining claims of long-range molecular order in water molecules]. Master of Philosophy thesis, Queensland University of Technology.
*Kamal Abu-Dari, Kenneth N. Raymond, Derek P. Freyberg (1979): "The bihydroxide (H3O2−)anion. A very short, symmetric hydrogen bond". J. Am. Chem. Soc. 101 (13): 3688–3689. doi:10.1021/ja00507a059
+
*Gerald Pollack: Fourth Phase of Water: Beyond Solid, Liquid & Vapor. 2013, Deutsch: Wasser - viel mehr als H2O. 2014. [[VAK Verlag|VAK-Verlag]]
    
==Weblinks==
 
==Weblinks==
*MoreIsDifferent (Blog): [https://www.moreisdifferent.com/2015/11/19/debunking-exclusion-zone-water/ Exclusion zone water]. 19. Nov 2015
   
*Chemical & Engineering News: [https://cen.acs.org/articles/87/i50/Watering-Down-Science.html Watering Down Science? Unconventional water structure theories generate criticism, but don’t hamper funding]. 14 Dez 2009
 
*Chemical & Engineering News: [https://cen.acs.org/articles/87/i50/Watering-Down-Science.html Watering Down Science? Unconventional water structure theories generate criticism, but don’t hamper funding]. 14 Dez 2009
 
*Water Structure and Science (London South Bank University): [https://water.lsbu.ac.uk/water/polywater.html Polywater and EZ-water]. 25 October, 2021
 
*Water Structure and Science (London South Bank University): [https://water.lsbu.ac.uk/water/polywater.html Polywater and EZ-water]. 25 October, 2021
 
*Wikipedia (engl.): [https://en.wikipedia.org/wiki/Hexagonal_water Hexagonal water]
 
*Wikipedia (engl.): [https://en.wikipedia.org/wiki/Hexagonal_water Hexagonal water]
 
*Misbar: [https://misbar.com/en/factcheck/2021/09/14/h3o2-is-not-the-purest-water-on-earth-quot H3O2 Is Not the "Purest Water on Earth"]. 14 Sept 2021
 
*Misbar: [https://misbar.com/en/factcheck/2021/09/14/h3o2-is-not-the-purest-water-on-earth-quot H3O2 Is Not the "Purest Water on Earth"]. 14 Sept 2021
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'''Blogs'''
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*MoreIsDifferent (Blog): [https://www.moreisdifferent.com/2015/11/19/debunking-exclusion-zone-water/ Exclusion zone water]. 19. Nov 2015
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*Psiram Blog: [https://blog.psiram.com/2022/04/polywasser-reloaded-wie-hexagonales-wasser-der-homoeopathie-erneut-feuchte-augen-macht/ Polywasser reloaded – Wie hexagonales Wasser der Homöopathie erneut feuchte Augen macht] 11. April 2022
    
==Quellennachweise==
 
==Quellennachweise==
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