Diskussion:Wolfgang Wodarg

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Cohen 16:16, 19. Feb. 2010 (CET)

zu Wodarg/Postel

..II. Feststellungen zur Sache 1.) a)Im Sommer 1982 hielt sich der Angeklagte urlaubshalber im Kreis Schleswig-Flensburg auf. Am 4. August 1982, an einem Tag, an welchem das Wetter nicht besonders sonnig war, begab der Angeklagte sich in die Stadt Flensburg. Hier fiel ihm beim Bummeln durch Flensburg ein, daß die Stelle des stellvertretenden Amtsarztes im Ärzteblatt noch ausgeschrieben war. Der Angeklagte rief im Gesundheitsamt der Stadt F an, gab sich als Arzt aus und erkundigte sich, ob die ausgeschriebene Stelle noch vakant sei und ob er sich bejahendenfalls vorstellen könne. Ihm wurde bedeutet, daß er sofort vorbeikommen könne.
So begab sich der Angeklagte unverzüglich zum Gesundheitsamt, wo er sich dem dortigen Verwaltungsleiter, dem Zeugen C, als Dr. Dr. Bartholdy vorstellte und von diesem zu dem Amtsarzt, dem Zeugen Dr. W geleitet wurde. In einem nun folgenden kurzen Gespräch zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen Dr. W stellte der Angeklagte heraus, daß seine Interessen primär auf dem Gebiet der Psychologie und der Psychiatrie lägen. Der Zeuge Dr. W fand den Angeklagten sehr sympathisch, ließ erkennen, daß er ihn, den Angeklagten, für die vakante Stelle des stellvertretenden Amtsarztes als geeignet ansah und legte dem Angeklagten nahe, seine Bewerbungsunterlagen zügig einzureichen, was der Angeklagte versprach. Die Vorstellung 14 im Gesundheitsamt dauerte insgesamt nicht mehr als 20 - 25 Minuten.
b) Da dem Zeugen Dr. W sehr daran gelegen war, die vakante Stelle seines Stellvertreters schnellstmöglich zu besetzen, erinnerte er den Angeklagten schon wenige Tage später nochmal schriftlich an die Einreichung der Bewerbungsunterlagen. Bereits am 12. August 1982 ging bei dem Gesundheitsamt der Stadt F ein Bewerbungsschreiben des Angeklagten ein, dem ein Lebenslauf sowie notariell beglaubigte Ablichtungen je einer auf den Namen Clemens Bartholdy lautenden Approbations- und Promotionsurkunde zum Dr. med. beigefügt waren. In dem – frei erfundenen – Lebenslauf gab der Angeklagte u. a. an, als Sohn eines Arztehepaares nach dem Abitur Medizin studiert zu haben sowie Psychologie mit den Schwerpunkten klinische Psychologie und forensische Psychologie. Des weiteren habe er in einer psychiatrischen Privatklinik sowie in der psychiatrischen-neurologischen Praxis seines Onkels gearbeitet, wie er außerdem 2 Jahre und 1 Monat lang in einem kirchlichen Klinikum in M tätig gewesen sei. Die Name und/oder nachprüfbare Auskünfte seiner Arbeitsstellen gab er nicht an, wie er auch als Geburtsdatum den 18. März 1952 angab. Die Approbationsurkunde der Gesundheitsbehörde H trägt die Matrikel Nr. 61.00897, das Aktenzeichen 86/79 a und die Unterschrift eines Senatsdirektors Dr. Leinert. Die 15 Promotionsurkunde mit dem Prädikat "summa cum laude" der medizinischen Hochschule Hannover weist als Aussteller die Schriftzüge des Rektors Prof. Dr. Hundeshagen auf. Bei beiden Zertifikaten handelt es sich um Ablichtungen von Totalfälschungen. Die entsprechenden Urkundsformulare hatte der Angeklagte sich eigenen Angaben zufolge von einer Druckerei in B herstellen lassen und mit von ihm frei erfundene Eintragungen versehen. Anschließend war er in der Bremer Anwaltskanzlei Cassens und Partner vorstellig gewesen, wo es ihm gelang, nach Vorlage der gefälschten "Originale" nebst der benötigten Anzahl von Ablichtungen sich letztere von dem Notarvertreter B notariell beglaubigen zu lassen. c) Die vorgenannten in Flensburg für zweifelsfrei gehaltenen Unterlagen wurden eiligst, und zwar schon am 18. August 1982 dem Zeugen B als dem zuständigen Dezernenten vorgelegt. Dieser unterzeichnete ein von dem Zeugen C vorbereitetes Schreiben an das Personalamt der Stadt Flensburg, wonach "sich herausgestellt habe, daß der Bewerber die fachliche und persönliche Eignung für die Stelle des stellvertretenden Amtsarztes mitbringe". Es wurde gebeten, die "notwendigen Beschlüsse der zuständigen Gremien herbeizuführen mit dem Ziel, Herrn Dr. Bartholdy am 15.09.1982 als Arzt bei dem Gesundheitsamt einzustellen." Eine inhaltliche Prüfung der Empfehlung nahm der Zeuge B nicht vor, wie er sich auch nicht bei dem Zeugen Dr. W danach erkundigte, wie und auf welche 16 Weise dieser sich über die fachliche Eignung des Angeklagten vergewissert habe. Das Personalamt der Stadt Flensburg legte die Bewerbung noch am gleichen Tage dem Personalausschuß vor, welcher die Einstellung des Angeklagten empfahl. Mit Wirkung vom 15. September 1982 wurde der Angeklagte als Arzt mit Vergütung nach BAT Gruppe II eingestellt. Er war als solcher bis Ende März 1983 im Gesundheitsamt tätig. Seine Dienstbezüge für diesen Zeitraum beliefen sich auf ca. 32.000,– DM. d) Zusammen mit dem Einstellungsbescheid vom 25. August 1984 wurde der Angeklagte gebeten, außer einem amtsärztlichen Gesundheitszeugnis und einem amtlichen Führungszeugnis einen Leistungsnachweis seines letzten Arbeitgebers, Geburts- und Heiratsurkunde sowie die von der Buchhaltung benötigte Lohnsteuerkarte nebst Befreiungsnachweis von der Rentenversicherungspflicht beizubringen. Der Angeklagte trat seinen Dienst vereinbarungsgemäß zum vorgesehenen Zeitpunkt pünktlich an, legte jedoch zunächst nur die Geburts- und Heiratsurkunde sowie ein amtsärztliche Zeugnis der Freien Hansestadt Bremen vor. Die standesamtlichen Urkunden hatte er selbst auf einer Schreibmaschine getippt, sie als Abschriften deklariert und auf ihrer unteren linken Seite einen vom 3. September 1982 datierenden Beglaubigungsvermerk angebracht. Sodann war er erneut zur Anwaltskanzlei Cassens in Bremen 17 gegangen, wo er einen geeigneten Augenblick abgepaßt haben will, in dem er die Schriftstücke unbemerkt mit dem Notariatssiegel versehen konnte. Den Namen des Notarvertreters B will er später daruntergesetzt haben, wobei er sich nicht einmal die Mühe gemacht habe, dessen Schrift nachzuahmen. Auch bei dem Gesundheitszeugnis handelt es sich um eine Fälschung. e) Bald nach Dienstantritt in Flensburg bemühte der Angeklagte sich um die Beschaffung der noch fehlenden geforderten Unterlagen, deren Vorlage ihm besonders dringlich erschien. Am 22. September 1982 suchte er die Flensburger Druckerei Gebh auf, stellte sich unter dem Namen Dr. Dr. Bartholdy als bei dem Gesundheitsamt in Flensburg tätiger Arzt vor und beauftragte die Firma mit der Herstellung einer angeblich für die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte bestimmten Bescheinigung. Hierbei handelt es sich um den von ihm für seinen Dienstherrn benötigten Nachweis von der Befreiung zur Beitragsleistung zur Rentenversicherungspflicht. Auftragsgemäß wurden nach einer von dem Angeklagten mitgebrachten Vorlage ein Filmabzug und davon wiederum die gewünschten Blankoformulare gefertigt. Eines dieser Formulare füllte der Angeklagte aus, unterzeichnete es mit einem unleserlichen Namenszug und übersandte es zusammen mit einer gefälschten Lohnsteuerkarte sowie einem Krankenversicherungsnachweis an das Personalamt der Stadt F. 18 f) Der im Einstellungsschreiben enthaltenen Aufforderung, ein Zeugnis seines letzten Arbeitgebers einzureichen, kam der Angeklagte schließlich nach, als er vom Personalamt unter dem 17. Januar 1983 daran erinnert wurde. Der Angeklagte benutzte dazu einen von ihm beschafften, mit dem Namen "Prof. Dr. Dr. med. Leiding" versehenen Briefbogen, überschrieb ihn mit dem Titel "Arbeitszeugnis" und setzte darunter einen Text auf, wonach er vom 1. Mai 1980 bis zum 31. Mai 1982 in der medizinischen Klinik des St. Elisabeth-Hospitals in München als Assistenzarzt tätig gewesen sei, diese Tätigkeit zur Zufriedenheit seines angeblichen Arbeitgebers ausgeführt habe und auch als verantwortlicher Stationsarzt der allgemeinen internistischen Station tätig gewesen sei. Dieses angebliche Zeugnis unterschrieb der Angeklagte anschließend mit dem Namen "Leiding". Die in dem erwähnten Schreiben der Stadt Flensburg erstmals von ihm erbetene Promotionsurkunde zum Dr. phil. und das gleich zu Beginn seiner Tätigkeit erwähnte amtliche Führungszeugnis blieb er dagegen bis zu seinem Ausscheiden aus dem amtsärztlichen Dienst der Stadt Flensburg schuldig. g) In seinen Aufgabenbereich bei dem Gesundheitsamt der Stadt Flensburg wurde der Angeklagte durch den Zeugen Dr. W eingewiesen. Der Angeklagte lernte dabei nach und nach verschiedene Tätigkeiten kennen. So entnahm er Abstriche bei Prostituierten, führte selbständig körperliche Untersuchungen nach 19 dem Bundesseuchengesetz durch, nahm die bei Feuerbestattungen üblichen Leichenschauen vor und wurde auf Ersuchen anderer Behörden tätig, welche um die Aufstellung amtsärztlicher Zeugnisse bei Verkehrsteilnehmern, Beamten und Personen aus anderen Berufsschichten ersuchten. Daneben wurde der Angeklagte auch von der Justiz als Gutachter in Anspruch genommen. So hatte er sich beispielsweise im Bereich der Familiengerichtsbarkeit zur Arbeitsfähigkeit der einen oder anderen Partei zu äußern, untersuchte er Beteiligte an vormundschaftsgerichtlichen Verfahren auf ihre Vernehmungsfähigkeit und wurde er mit der Prüfung der Verhandlungsfähigkeit von Angeklagten in einem Strafverfahren beauftragt. Im einzelnen gab er auch Stellungnahmen zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit Jugendlicher ab. Außerdem unterstützte er den Zeugen Dr. W auch bei dessen Nebentätigkeiten für das Kraftfahrtbundesamt und für die Seeberufsgenossenschaft in nicht aufzuklärendem Umfang. h) Einige Zeit nach seinem Dienstantritt zeichnete sich ab, daß der Angeklagte auf dem Gebiet der Allgemeinmedizin erhebliche Wissensdefizite aufwies und auch praktisch noch nicht sehr gut arbeiten konnte. Der Angeklagte entschuldigte sich damit, daß er nur sehr wenig Praxis auf diesem Gebiet habe, was einmal durch die neue Ausbildungsordnung für Ärzte erklärlich und zum anderen auch dadurch bedingt sei, daß seine Interessen mehr auf dem Gebiet der Psychologie und der Psychiatrie lägen. Dem Zeugen Dr. W 20 erschienen solche Begründungen im Ergebnis plausibel. Ernsthafte Zweifel an dem Arztsein des Angeklagten kamen dem Zeugen nicht auf. Vielmehr trug der Zeuge Dr. W den Interessen des Angeklagten dadurch Rechnung, daß er diesem weniger allgemeinmedizinische Aufgaben übertrug und ihn verstärkt auf psychiatrischem bzw. psychologischem Gebiet einsetzte. i) Anders als dem Zeugen Dr. W kamen dem Zeugen Dr. Dr. B, der seit mehr als 20 Jahren zweimonatlich Sprechstunden im Gesundheitsamt abhielt, massive Bedenken bezüglich der ärztlichen Fähigkeiten des Angeklagten, und zwar insbesondere, was die psychologischen bzw. psychiatrischen Kenntnisse des Angeklagten betraf. Der Zeuge Dr. Dr. B, ein erfahrener Nervenarzt und Psychologe, hatte besonders deshalb Anlaß, an der fachlichen Qualifikation des Angeklagten zu zweifeln, weil der Angeklagte u. a. auf seine angebliche Ausbildung zum Facharzt bezogene Äußerungen machte, die dem Fachmann ohne weiteres als unzutreffend auffallen mußten. Außerdem waren dem Zeugen Dr. Dr. B eine gewisse "Umtriebigkeit" und "Unkontrolliertheit" bei dem Angeklagten aufgefallen, die zusätzlich sein Mißtrauen erregten. Der Zeuge Dr. Dr. B teilte seine ernsthaften Zweifel an der fachlichen Qualifikation des Angeklagten dem Zeugen Dr. W als den ärztlichen Leiter des Gesundheitsamts der Stadt F mehrmals mündlich mit. Der Zeuge Dr. W, welcher den Zeugen Dr. Dr. B auch 21 persönlich nicht leiden konnte, nahm die Warnungen jedoch nicht ernst, sondern tat sie auch dem Zeugen Dr. Dr. B gegenüber als Ausfluß von "Futterneid" ab in dem Sinne, daß Dr. Dr. B wohl um seine "lukrativen Nebeneinnahmen" bange. Darüber hinaus machte der Zeuge Dr. W sich nun noch dafür stark, daß eine besonders auf die Interessen des Angeklagten zugeschnittene Planstelle im Städtischen Gesundheitsdienst geschaffen würde, welcher dann u. a. auch die von dem Zeugen Dr. Dr. B und dem Zeugen Dr. J, der ebenfalls seit Jahren nebenamtlich als Psychologe tätig war, verwalteten Stellen zum Opfer fallen sollten. Als den Zeugen Dr. Dr. B und Dr. J solche Pläne durch Zufall bekannt wurden, wiesen bei de erneut und nachdrücklich auf die mangelnde Qualifikation des Angeklagten hin. Der Zeuge Dr. J wandte sich in einer ausführlichen schriftlichen Stellungnahme an den Zeugen B als dem Gesundheitsdezernenten der Stadt Flensburg. Er wies nachdrücklich und eindringlich aus Sorge um die Patienten darauf hin, daß man es fachlich nicht verantworten könne, dem Angeklagten die von ihm, Dr. J, bis dahin wahrgenommenen Aufgaben zu übertragen. Der Zeuge Dr. Dr. B äußerte sich in ähnlicher Weise mündlich gegenüber dem Zeugen Dr. W. Ob der Zeuge B durch das in der Hauptverhandlung verlesene und dem unbefangenen Leser nur als "Hilferuf" zu deutende Schriftstück des Zeugen Dr. J inhaltlich zur Kenntnis genommen hat, ließ sich in der Hauptverhandlung nicht klären. Der Zeuge B hat insoweit nur bekundet, er habe das Schreiben dem zuständigen "zwecks Beantwortung weitergeleitet". 22 Der Zeuge Dr. Dr. B sah sich schließlich genötigt, etwa Anfang Februar 1983 selbst so massiv auf den Angeklagten einzuwirken, dieser sich schließlich entschloß, seinen Dienstvertrag mit Stadt Flensburg über den Ablauf der Probezeit hinaus nicht zu verlängern, sondern das Dienstverhältnis einvernehmlich zu lösen. Damit erklärte sich auch die Stadt F einverstanden. Der Zeuge Dr. W wirkte jedoch noch erfolgreich auf den Angeklagten ein, daß dieser auf zwei Wochen anteiligen Urlaub verzichte, um noch bis Ende März 1983 den damals beurlaubten Zeugen Dr. W vertreten zu können, weil – so der Zeuge Dr. W – "ein schlechter Arzt eben noch besser sei als gar kein Arzt." Nach dem Ausscheiden des Angeklagten aus den Diensten der Stadt F erteilte der Zeuge Dr. W dem Angeklagten unter dem 11. April 1984 ein als "Bescheinigung" deklariertes Dienstzeugnis, in welchem es zusammenfassend heißt: "Herr Dr. Dr. B. hat alle ihm übertragenen Aufgaben mit großem Engagement und in erstaunlich kurzer Zeit bewältigen können. Seine unvoreingenommene Art und seine Begeisterungsfähigkeit machten ihn zu einem angenehmen Kollegen." 2.) Der Schwerpunkt der dem Angeklagten im Gesundheitsamt der Stadt Flensburg übertragenen Aufgaben lag – wie gesagt – auf dem Gebiet der Psychiatrie. Ihm oblag es, psychisch auffällige Menschen 23 fachärztlicher Behandlung zuzuführen, vor allen Dingen aber dem Ordnungsamt und dem zuständigen Richter nach dem SchleswigHolsteinischen PsychKG beratend zur Seite zu stehen, wenn die Unterbringung gefährlicher oder gefährdeter Menschen nach diesem Gesetz in Rede stand. Diese Mitwirkung des Angeklagten trug in insgesamt 34 Fällen mit dazu bei, daß die vorläufige Unterbringung von Personen nach dem PsychKG beantragt wurde, weil der Angeklagte psychische Erkrankungen diagnostiziert hatte. Seine Diagnosen wurden in 31 Fällen durch die Aufnahmeärzte des Landeskrankenhauses in Schleswig bestätigt, so daß die vorläufigen Maßnahmen aufrechterhalten bleiben mußten. In drei Fällen hingegen kamen die ärztlichen Sachverständigen des Landeskrankenhauses Schleswig zu dem Ergebnis, daß die Voraussetzungen für eine Unterbringung nach dem PsychKG aus medizinischer Sicht nicht (mehr) vorlagen, woraufhin die Entlassung der Betroffenen angeordnet wurde. Allerdings konnte in diesen drei Fällen nicht sicher festgestellt werden, daß der Angeklagte insoweit Fehldiagnosen gestellt hätte. Möglicherweise waren auch die Krankheitssymptome im Zeitpunkt der späteren Anhörung der Patienten im Landeskrankenhaus Schleswig wieder abgeklungen. 3.) Etwa drei Wochen nach seinem Dienstantritt in F beantragte der Angeklagte bei der Commerzbank in Flensburg einen Kredit in Höhe von 13.500,– DM zur Anschaffung eines Pkw's. Er fügte dem mit dem Namen Dr. Dr. B unterschriebenen Antrag seinen neuen 24 Arbeitsvertrag mit der Stadt Flensburg bei und erreichte so, daß es zum Abschluß des gewünschten Kreditgeschäftes kam. Der der Commerzbank insgesamt geschuldete Betrag belief sich einschließlich aller Nebenkosten auf 17.323,– DM und sollte in monatlichen Teil beträgen von 969,– DM abgezahlt werden. Dieser Abzahlungsverpflichtung kam der Angeklagte in der Folgezeit regelmäßig nach. Er mußte seine Zahlungen jedoch einstellen, als nach Auflösung des Dienstverhältnisses seine monatlichen Bezüge ausblieben. Die inzwischen gerichtlich gelten gemachte Restforderung der Kreditgeberin beträgt noch mehr als 12.000,– DM. 4.) Mitte Dezember 1982 bestellte der Angeklagte die Zeugin M zu sich in die Dienststelle. Dort bot er der Zeugin an, ihren Sohn Kay-Uwe M, welcher nach seiner Entlassung aus dem Landeskrankenhaus Schleswig zur weiteren Betreuung durch den sozialpsychiatrischen Dienst an das Gesundheitsamt der Stadt F überwiesen worden war, privat zu behandeln. Der Angeklagte schlug eine Gesprächstherapie vor. Er stellte der Zeugin M in Aussicht, daß ihr Sohn durch eine derartige Behandlung innerhalb eines halben Jahres wieder arbeitsfähig werden könnte. Der Angeklagte versprach, ausschließlich homöopathische Mittel zu verwenden, die man als Privatmann nicht erwerben könne. Diese sollten sich auch mit den Medikamenten vertragen, die der mit der Behandlung des Sohnes außerdem befaßte Nervenarzt Dr. D 25 verordnet habe. Die Zeugin M nahm das Angebot des Angeklagten an, worauf der Angeklagte in der Folgezeit mehrere Gespräche mit ihrem Sohn führte. Anfang Februar 1983 suchte die Zeugin M den Angeklagten erneut im Gesundheitsamt auf, wo sie ihn zunächst aus Dankbarkeit eine Flasche Whisky der Marke "Chivas Regal" aushändigte, welche der Angeklagte annahm. In dem nun folgenden Gespräch ging es u. a. darum, daß die Behandlung des Kay-Uwe M sehr kostspielig sei, zumal deshalb, weil er – der Angeklagte – teure und noch nicht im Handel befindliche Medikamente anwende. Die Zeugin M ließ im Verlaufe des Gesprächs verlauten, daß ihr für die Behandlung ihres Sohnes "nichts zu teuer" sei. Ob der Angeklagte von der Zeugin M direkt Geld forderte oder ob die Zeugin dem Angeklagten unaufgefordert einen Geldbetrag gab, ließ sich in der Hauptverhandlung nicht genau klären. Fest steht jedenfalls, daß die Zeugin dem Angeklagten einen Scheck über 700,– DM überließ, den der Angeklagte später auch einlöste. 5.) Anfang des Jahres 1983 beschloß der Angeklagte, sich mit einem Eurosignalempfänger auszurüsten. Durch Vermittlung der Firma "Thaysen Funktechnik" in Harrislee bei Flensburg nahm er Verbindung zu einer Heidelberger Gesellschaft für Mobilienleasing auf und schloß mit dieser am 1. Februar 1983 unter dem Namen Dr. Dr. Bartholdy einen Leasingvertrag über ein solches Gerät. Der 26 Vertrag hatte eine unkündbare Laufzeit von 4 1/2 Jahren und sah Leasingraten in Höhe von monatlich 72,30 DM vor. Der Empfänger und ein dazugehöriges Netzladegerät im Werte von 1.860,– DM wurden dem Angeklagten ausgehändigt. Wie auch im Falle der bereits erwähnten Kreditaufnahme bei der Commerzbank in Flensburg konnte der Angeklagte nach der Beendigung seiner Tätigkeit für das Gesundheitsamt Flensburg die vereinbarten Ratenzahlungen nicht mehr erfüllen, behielt aber gleichwohl das Leasingobjekt zunächst noch in seinem Besitz. Inzwischen hat er es Anfang 1984 an die Eigentümerin zurückgegeben. 6.) Als sein Ausscheiden aus dem amtsärztlichen Dienst in Flensburg feststand, bewarb der Angeklagte sich um die freigewordene Stelle eines Assistenzarztes an der psychiatrischen Abteilung der Universitätsnervenklinik in Kiel. Der Angeklagte rief am 23. und 24. März dort an und wurde durch Zufall mit dem Direktor der Klinik, dem Zeugen Prof. Dr. Sch verbunden, welcher den Angeklagten für den 25. März 1983 zu einem Gespräch bat. Bei dieser Gelegenheit berichtete der Angeklagte dem Zeugen Sch, er habe in Freiburg und München studiert. Sein verhältnismäßig hohes Lebensalter erklärte er mit einem angeblichen Doppelstudium von Medizin und Psychologie. Nach bestandener ärztlicher Prüfung habe er über ein Jahr lang in der Praxis seines Onkels gearbeitet, der in M als Nervenarzt niedergelassen sei. Anschließend habe er den Wunsch des mit ihm befreundeten Flensburger Amtsarztes Dr. W 27 entsprochen, diesem beim Aufbau eines sozialpsychiatrischen Dienstes in Flensburg zu helfen. Nachdem er das 8 Monate lang gemacht habe, wolle er sich nun seiner Weiterbildung zum Arzt für Psychiatrie zuwenden. Der bei diesem Gespräch sehr sicher, dabei aber durchaus höflich und bescheiden auftretende Angeklagte verfehlte seinen Eindruck auf den Zeugen Prof. Dr. Sch nicht Der Zeuge stellte dem Angeklagten daher als Termin für die Aufnahme seiner Tätigkeit in K den 18. April 1983 in Aussicht und richtete noch am selben Tag, nämlich am 25.03. 1983, ein entsprechendes Empfehlungsschreiben an das Präsidium der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Nun galt es für den Angeklagten wieder einmal, sämtliche Bewerbungsformalitäten zu erfüllen. Hierbei ergab sich als zusätzliche Hürde, daß die Universitätsklinik in Kiel bei Neubewerbungen auf Vorlage der Originalapprobationsurkunde bestand, die naturgemäß mit einem Siegel versehen ist. Ein solches fehlte aber auf der nach wie vor im Besitz des Angeklagten befindlichen Fälschung. Er beschaffte es sich in der Zeit zwischen dem 29. und 30. März 1983 auf folgende Weise: Zunächst schnitt er aus einem Hamburger Amtsblatt den Siegelabdruck heraus, um diesen als Vorlage zu benutzen. Sodann setzte er sich mit einer Klischeeanstalt in Flensburg in Verbindung, wo er sich deren Betriebsleiter gegenüber als Arzt des hiesigen Gesundheitsamtes auswies. Der Angeklagte erklärte, er handele im amtlichen Auftrage 28 und müsse sehr eilig, und zwar noch im März 1983, ein Siegel der Gesundheitsbehörde Hamburg beschaffen, die in Flensburg eine Filiale gründen wolle. Der Betriebsleiter verwies den Angeklagten zur Fertigung des dafür erforderlichen Fotosatzes zunächst an die Firma Petersen in Harrislee und stellte nach dessen Erhalt ein Zinkklischee des benötigten Dienstsiegels her. Mit diesem suchte der Angeklagte die Stempel- und Gravierwerkstatt Kahle in Flensburg auf, legte auch dort seine Dienstausweis vor, beauftragte die Firma, von dem mitgebrachten Klischee einen Gummistempel anzufertigen. Der Inhaber der Firma, der Zeuge K, dem an der Rechtmäßigkeit des Auftrages ebensowenig Bedenken kamen wie zuvor den übrigen Geschäftsleuten, führte die Bestellung aus und versetzt den Angeklagten dadurch unbewußt in die Lage, eine falsche Approbationsurkunde mit dem Abdruck eines Dienststempels der Gesundheitsbehörde Hamburg zu versehen. Zur Vervollständigung seiner Bewerbungsunterlagen benötigte der Angeklagte außerdem wieder beglaubigte Abschriften einer Geburtsund Heiratsurkunde, von denen er im Gegensatz zu anderen selbst gefertigten Legitimationspapieren keinen Vorrat besaß. Er stellte daher erneut je ein Exemplar auf die schon beschriebene Weise her und versah beide mit dem Dienstsiegel des Gesundheitsamts Flensburg, das dessen Verwaltungsleiter, der Zeuge C, in seiner Schreibtischschublade aufbewahrte und zu dem der Angeklagte offenbar ohne erhebliche Schwierigkeiten Zugang nehmen konnte. Den Beglaubigungsvermerk unterschrieb der Angeklagte mit einem 29 unleserlichen Namenszug und fügte die Dienstbezeichnung "Amtsrat" sowie die ein Auftragsverhältnis kennzeichnenden Buchstaben "i. A." hinzu. Zusammen mit einer äußerlich von früher benutzten Exemplaren abweichenden Promotionsurkunde, der Bescheinigung über seine "ärztliche Tätigkeit" beim Gesundheitsamt Flensburg und einen zum Teil abgewandelten Lebenslauf übersandte der Angeklagte sodann die vorgenannten Unterlagen unter dem 26.03.1983 dem Personalsachbearbeiter im Präsidium der ChristianAlbrechts-Universität zu Kiel. Dieser fertigte nach Prüfung der Bewerbungsunterlagen eine Ablichtung von der gesiegelten Approbationsurkunde und händigte dem Angeklagten das "Original" wieder aus. Bald danach beschloß das Präsidium der ChristianAlbrechts-Universität in Kiel empfehlungsgemäß die Einstellung des Angeklagten als wissenschaftlicher Angestellter (Arzt) in der Abteilung Psychiatrie der Universitätsnervenklinik in Kiel. Dort sollte er seinen Dienst am 18. April 1983 antreten, wozu es aber infolge der Entlarvung des Angeklagten nicht mehr kam. Denn wenige Tage vorher hatte der Angeklagte auf dem Südermarkt in Flensburg eine Hülle mit zwei Ausweisen verloren, von denen zwar beide mit seinem Paßbild versehen waren, jedoch verschiedene Namen trugen. Dadurch konnte die wahre Identität des Angeklagten aufgedeckt und der Angeklagte selbst wenig später in Bremen festgenommen werden. Der Angeklagte wurde zunächst wenige Tage in Untersuchungshaft genommen, von deren Vollzug er jedoch durch Beschluß des 30 Amtsgerichts Flensburg verschont wurde. Den Verschonungsbeschluß hat die Kammer nach Beschwerde der Staatsanwaltschaft bestätigt. Nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft hat der Angeklagte die ihm besonders in den Medien zuteil gewordene Aufmerksamkeit genützt und seine Tätigkeit als "Flensburger Amtsarzt" durch Presse und Fernsehen "vermarktet".