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Urteil VG Berlin 3.12.2014 Az. 90 K 7.13 T

Tenor

Gegen den Beschuldigten wird eine Geldbuße in Höhe von 3.000 € verhängt.

Der Beschuldigte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der am 5. November 1955 in A... geborene Beschuldigte ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder, geboren 1..., die nicht mehr in seinem Haushalt leben. Er wohnt in F... und betreibt u.a. in Berlin eine privatärztliche Praxis.

Von 1973 bis 1979 studierte der Beschuldigte in L..., heute S..., Medizin und schloss dieses Studium als Arzt für Allgemeinmedizin ab. Er arbeitete seit 1980, anerkannt als Diplommediziner (Dipl.-Med.) durch das Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen der früheren DDR, am Bezirkskrankenhaus P... 1985 erhielt er vom Rat des Bezirks P... die Facharztanerkennung für Urologie. Anschließend arbeitete er bis 1992 als Urologe an einer Poliklinik in B... Zu einem nicht genau festgestellten Zeitpunkt, jedoch spätestens im Jahr 1995 eröffnete er in Berlin eine Privatpraxis für Energiemedizin. Am 26. August 1996 erhielt er die Approbation in Berlin.

1. Berufsrechtlich oder strafrechtlich ist der Beschuldigte nicht vorbelastet.

Eine mit Bescheid vom 26. November 2008 durch die B... Wissenschaftsverwaltung gegenüber dem Beschuldigten erlassene Untersagungsverfügung (bzgl. der Titel „Prof. Dr. d. med. Wiss“ und „Prof. Dr. med. Wiss./Russ“) war vom Verwaltungsgericht P... mit Urteil vom 23. Juni 2011 mit der Begründung aufgehoben worden, dass das B... Hochschulgesetz eine entsprechende Rechtsgrundlage zur Untersagung nicht enthalte (VG 1...).

Die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung wies den Beschuldigten durch ein Schreiben im Jahr 2008 und wiederholte Schreiben im Jahr 2013 auf die nach ihrer Ansicht fehlende Berechtigung zur Führung der Titel „Prof.“, „Prof. Dr. med.“ und „Dr. med. habil.“ hin. Mit Bescheid vom 2. September 2013 wurde der Beschuldigte aufgefordert, die Führung des Titels „Prof. Dr. d. med. Wiss./RUS“ aus Internet, Papieren, Urkunden, Registern, öffentlichen Büchern, Werbematerial u.ä. zu entfernen. Dagegen richtete sich seine bei dem Verwaltungsgericht Berlin erhobene Klage vom 2. Oktober 2013 (VG 1...). Diese gilt mangels Betreibens des Verfahrens als zurückgenommen (Beschluss vom 20. August 2014).

Die Staatsanwaltschaft W... stellte ein gegen den Beschuldigten geführtes Ermittlungsverfahren wegen Titelmissbrauchs (Prof. Dr. med.) mit Beschluss vom 24. Juli 2014 nach § 153 StPO ein (2...).

Ein bei der Staatsanwaltschaft in B... geführtes Verfahren gegen den Beschuldigten wegen Titelmissbrauchs (Prof. Dr. d. med. Wiss./RUS) ist in Hinblick auf das Verfahren VG 1... vorläufig ausgesetzt worden (2...).

2. Seit 2001 ist der Beschuldigte Mitglied der Obersten Interakademischen Attestationskommission (VMAK Moskau) – deren Vorsitzender Prof. Dr. sc. Med. V.A. Zagrjadskij ist – und war „Anwärter für wissenschaftliche Arbeiten“. Im selben Jahr schloss er nach seinen Angaben die Promotion vor der VMAK (Kandidat medizinskich Nauk) ab – eine Urkunde darüber befindet sich nicht im Verwaltungsvorgang der Ärztekammer. Am 4. Dezember 2002 habilitierte er – nach seinen Angaben über Pulsierende Energie Resonanz-Therapie –, verliehen durch Urkunde des „Oberster Sachverständigen- und Qualifikationsausschuss (VEKK)“ in Russland (Doktor medizinskich Nauk).

Generell wird darauf hingewiesen, dass im Folgenden unterschiedliche Bezeichnungen wie ~ausschuss, ~kommission, ~komitee Synonyme sind und die Unterschiede sich nur aus unterschiedlichen Übersetzungen ergeben.

Im Jahr 2007 gehörte der Beschuldigte zu den Gründern der University of Global Scaling LLC (UGS), Santa Fe, mit weiteren Sitzen in M..., F... und M... (www.g...de) . Die UGS berief am 2. April 2007 Dr. M... zum „Professor“ für das Fachgebiet „G...“. Die Urkunde unterschrieb als Vizepräsident der UGS „Prof. Dr.“ . Z... und als Vorsitzender des Council: Prof. Dr. . Za...

Am 25. Mai 2007 verlieh der „Oberste Sachverständigen und Qualifikationsausschuss VEKK“ dem Beschuldigten den Titel Professor für das Fachgebiet R...

Im Jahr 2007 verlegte der Beschuldigte den Sitz seiner Privatpraxis für „Holistic Medicine“ in B... vom K... in die R..., von dort später in die F... und vor einigen Monaten in die K... Im Dezember 2007 meldete er als „Prof. Dr. d. med. Wiss.“ eine Einzelpraxis in W... an, um seinem in Insolvenz geratenen Kollegen E... eine Arbeitsmöglichkeit zu eröffnen. Im Jahr 2007 Betrieb er unter Verwendung des Titels „Prof. Dr. d. med. Wiss“ in F... unter der Anschrift N..., später im Jahr 2008 unter der Anschrift H... eine Privatpraxis für Holistic-Medicine (www.p...de, Stand: 13.5.2008). Unter derselben Anschrift firmierte die von dem Beschuldigten geleitete Global Scaling Akademie, Europäisches Forschungs- und Ausbildungszentrum LLC.

Seit Januar 2008 tritt der Beschuldigte als Vertreter der Obersten Interakademischen Attestationskommission (VMAK) in Europa auf.

Im Jahr 2007 wurde der Beschuldigte auf der Hompage des im Jahr 1996 gegründeten Instituts f... e.V. (www.e...de) als „Dr. med. habil.“ geführt und im Veranstaltungsverzeichnis eines vom Zentralverband der Ä... e.V. ausgerichteten Kongresses im Internet (www.z...de) mit dem Titel „Prof. Dr.“ angekündigt. Diesen Sachverhalt verfolgte die Ärztekammer in der irrigen Annahme nicht weiter, dass der Beschuldigte seine ärztliche Tätigkeit zum 1. Dezember 2007 in den Bereich der Ärztekammer Hessen verlegt habe.

Im Mai 2008 lud die University of Global Scaling LLC –... zu einer „I...“ nach B... ein. Die Einladung war unterschrieben von „Prof. Dr. M... als Präsident der UGS und „Prof. Dr. d. med. Wiss“ V. Z... als Vizepräsident der UGS. So auch auf deren Hompage www.u...org, Stand: 13.5.2008)

3. Eine erneute Überprüfung durch die Ärztekammer im Jahr 2011 ergab, dass der Beschuldigte auf der Hompage seiner Praxis (damals K...) – www.p...de – die Bezeichnung „Prof. Dr. d. med. Wiss./RUS“ führte. Darauf holte die Ärztekammer sachverständige Stellungnahmen dazu ein, ob dies zulässig sei. Auf den Hinweis der Ärztekammer vom 20. März 2013 an den Beschuldigten, dass das Führen dieser Bezeichnungen nach Mitteilung der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) – Sekretariat der ständigen Konferenz der Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland – nicht zulässig sei und die Aufforderung, diese Titelführung zu unterlassen, teilte der Beschuldigte mit Schreiben vom 4. April 2013 mit, zukünftig – wie auch in diesem Schreiben – den Titel „Prof.* Doktor medizinskich Nauk (Doktor d. medizinischen Wissenschaften)* *VEKK-Moskau“ zu verwenden. Auf Schreiben der Ärztekammer vom 4. Juli 2013, dass auch diese Titelführung nicht zulässig und zu beenden sei, antwortete der Beschuldigte mit Schreiben vom 1. Juni 2013 und vom 22. Juli 2013, in denen er jeweils die letztgenannte Bezeichnung führte, ablehnend und führt diese Bezeichnung auch weiter auf seiner Hompage www.p...de (so Stand 7.8.2013).

Mit Rügebescheid vom 29. August 2013, mit dem sie eine Geldauflage i. Höhe von 2000,- € verband, legte die Ärztekammer Berlin dem Beschuldigten als Berufsvergehen zur Last:

Durch die Verwendung der Bezeichnung „Prof. Doktor medizinskich Nauk (Doktor der medizinischen Wissenschaften) VEKK-Moskau“ in seinen Schreiben an die Ärztekammer vom 4. April 2013, 1. Juni 2013 und 22. Juli 2013 sowie auf der Interseite www.p...de habe er zum wiederholten Mal gegen seine Berufspflicht aus § 2 Abs. 2 und 5 der Berufsordnung der Ärztekammer Berlin i.V.m. § 34a Abs. 1 BerlHG verstoßen.

Dem Einspruch des Beschuldigten vom 16. September 2013, in dem er erneut den beanstandeten Titel „Prof. Doktor medizinskich Nauk (Doktor der medizinischen Wissenschaften) VEKK-Moskau“ verwendete, half die Ärztekammer im Bescheid vom 20. November 2013, zugestellt am 21. November 2013, nicht ab.

Auf Antrag des Beschuldigten vom 20. Dezember 2013, beim Berufsgericht eingegangen am 21. Dezember 2013, eröffnete das Berufsgericht das berufsgerichtliche Verfahren mit Beschluss vom 30. Oktober 2014.

Der Beschuldigte ist der Ansicht, dass der ihm von der „Höheren zwischenakademischen Prüfungskommission“ (VMAK), einer satzungsmäßigen Struktureinheit der „Oberstes Sachverständigen- und Qualifikations-Komitee (VEKK)“ verliehene Titel „Prof. Doktor medizinskich Nauk (Doktor der medizinischen Wissenschaften)“ mit dem Zusatz „VEKK-Moskau“ erlaubt geführt werde, weil dieser in Russland staatlich anerkannt sei. Dabei stützt er sich auf die staatliche Registrierung der Satzung der VEKK. Unabhängig davon rügt der Beschuldigte die Unzuständigkeit des Berufsgerichts mit der Begründung, es sei Stillstand der Rechtspflege nach § 245 ZPO eingetreten durch Umwandlung des Staates in eine BRD-GmbH spätestens im Jahr 1990.

Er beantragt,

ihn freizusprechen.

Die Ärztekammer beantragt,

gegen den Beschuldigen eine Geldbuße nicht unter 3.000 € zu verhängen.

Die Ärztekammer ist der Ansicht, die Grade des „habilitierten Doktors der medizinischen Wissenschaften (Dokument der „Höhere Zwischenakademische Prüfungskommission“ vom 4. Dezember 2002) und des „Professors in der Fachrichtung Regenerationsmedizin, Bäderheilkunde und Physiotherapie“ (Dokument der „Höhere Zwischenakademische Prüfungskommission“ vom 25. Mai 2007) dürften nach § 34a Abs. 1 BerlHG nicht geführt werden, weil es sich bei der verleihenden Organisation nicht um eine staatlich anerkannte Stelle im Sinne des BerlHG handele.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten, der im Verfahren gewechselten Schriftsätze und des Protokolls der Hauptverhandlung verwiesen. Das Berufsgericht hat folgende Akten beigezogen, deren Inhalt, soweit wesentlich, Gegenstand der Hauptverhandlung, Beratung und Entscheidung war:

Verwaltungsvorgang der Ärztekammer BerlinVerwaltungsgericht Berlin VG 1... (Z...)Ermittlungsakte Staatsanwaltschaft München I 254 Js 227967/07 (. M...)Ermittlungsakte Staatsanwaltschaft W...2... (Z...)Amtsgericht Grimma 2 Ds 800 Js 15294.09 (B...)Verwaltungsgericht Gießen (Berufsgericht) 2... (E...)Amtsgericht Bonn80 Cs - 113 Js 435/12 – 504/12 (E...)

Gründe

Das Berufsgericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Aufsichtsbehörde nicht erschienen war, weil diese darauf in der ordnungsgemäß zugestellten Ladung hingewiesen worden war. Diese hatte ihr Fernbleiben vorab mitgeteilt.

1. Das Berufsgericht ist gerichtsverfassungsrechtlich für die Entscheidung zuständig und verfassungsgemäß besetzt. Das Berufsgericht für Heilberufe ist durch § 18 des Berliner Kammergesetzes als „Kammer für Heilberufe“ dem Verwaltungsgericht angegliedert worden. Die daran mitwirkenden Berufsrichter wurden durch Geschäftsverteilungsplan des Verwaltungsgerichts gemäß § 20 Kammergesetz entsprechend § 21e GVG bestimmt, die ehrenamtlichen Richter gemäß § 21 Kammergesetz gewählt. Diese Rechtsgrundlagen sind wirksam. Eine Verweisung der Sache an ein anderes Gericht kam daher nicht in Betracht.

Für den Fall eines Stillstands der Rechtspflege sieht 245 ZPO im Übrigen eine Unterbrechung eines gerichtshängigen Verfahrens vor, nicht dessen Einstellung. Der Fall des Stillstands liegt indes nicht vor.

Zur Frage der wirksamen Staatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland hat die 34. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin mit Urteil vom 20. August 2007 – VG 34 A 82.07 – ausgeführt:

Davon, dass die Bundesrepublik Deutschland als Staat nicht (mehr) existent ist, kann keine Rede sein. Staaten werden durch die drei Elemente Staatsvolk, Staatsgebiet und Staatsgewalt gekennzeichnet (vgl. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band I, 2. Auflage, S. 231). Staatsgewalt muss sich durchgesetzt haben und auf einem bestimmten Gebiet über eine als Staatsvolk zusammengefasste Gemeinschaft von Menschen ausgeübt werden (vgl. Stern a.a.O.) Dass dies in der Bundesrepublik Deutschland der Fall ist, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden. Bei der Gründung der Bundesrepublik Deutschland und auch beim Beitritt der DDR mag es zwar zu einzelnen Verfahrensmängeln und Unzulänglichkeiten gekommen sein. Dies war und ist im Sinne vorgenannter Maßstäbe jedoch von vornherein bedeutungslos. Denn maßgebend sind danach nicht die rechtlichen Grundlagen des Staates bzw. der Staatsgewalt. Es kommt vielmehr allein darauf an, ob sich die jeweilige Staatsgewalt in dem Staatsgebiet tatsächlich durchgesetzt hat. Dass dies in der Bundesrepublik Deutschland der Fall ist, wird auch durch den Kläger nicht in Abrede gestellt.

Dem schließt sich das Berufsgericht nach eigener Prüfung vollinhaltlich an.

2. Der Beschuldigte hat die ihm vorgeworfene Titelführung „Prof.* Doktor medizinskich Nauk (Doktor der medizinischen Wissenschaften)* *VEKK – Moskau [Fassung seit April 2013], davor seit 2011 „Prof. Dr. d. med. Wiss./RUS“, in der Hauptverhandlung eingeräumt.

Durch dieses Verhalten verstößt der Beschuldigte fortlaufend – so auch Anfang Dezember 2014 im Impressum der Internetseite www.p...de und am 13. Oktober 2014 im Impressum der Internetseite www.h...com (insoweit aber nicht zur Last gelegt) – gegen seine Berufspflicht aus § 2 Abs. 5 der Berufsordnung (BO) der Ärztekammer Berlin vom 30. Mai 2005 (ABl. 2005, S. 1883) i.V.m. § 34 a des Berliner Hochschulgesetzes (BerlHG, in der Fassung vom 21. April 2005, insoweit unverändert in der aktuellen Fassung vom 26. Juli 2011). Diese Berufsordnung beruht auf § 4a des Berliner Kammergesetzes i.d.F. vom 4. September 1978 (GVBl. 1980, S. 1937), zuletzt geändert durch Art. I Zwölftes ÄndG vom 27. 3. 2013 (GVBl. S. 70). Die Regelungen der BO der Ärztekammer Berlin gelten für jeden approbierten Arzt, der – wie der Beschuldigte – in Berlin praktiziert.

Gemäß § 2 Abs. 5 BO ist jeder Arzt verpflichtet, sich stets über die für die Berufsausübung geltenden Vorschriften unterrichtet zu halten und sie zu beachten. Zu diesen Vorschriften gehört § 34 a des BerlHG, dessen Inhalt den Grundsätzen für die Regelung der Führung ausländischer Hochschulgrade im Sinne einer gesetzlichen Allgemeingenehmigung durch einheitliche gesetzliche Bestimmungen (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 14. April 2000) entspricht. Mit § 34a BerlHG in der Bekanntmachung vom 13. Februar 2003 (GVBl. S. 82) wurde im Land Berlin die bis dahin geltende Genehmigungspflicht abgelöst.

Diese Vorschrift lautet:

(1) Ein ausländischer Hochschulgrad, der von einer nach dem Recht des Herkunftslandes anerkannten Hochschule und auf Grund eines nach dem Recht des Herkunftslandes anerkannten Hochschulabschlusses nach einem ordnungsgemäß durch Prüfung abgeschlossenen Studium verliehen worden ist, darf in der Form, in der er verliehen wurde, unter Angabe der verleihenden Hochschule geführt werden. Dabei kann die verliehene Form, soweit dies zum besseren Sprachverständnis erforderlich ist, in lateinische Schrift übertragen und die im Herkunftsland zugelassene oder nachweislich allgemein übliche Abkürzung verwendet und eine wörtliche Übersetzung in Klammern hinzugefügt werden.

(4) Die Absätze 1 und 3 gelten entsprechend für sonstige Hochschultitel und Hochschultätigkeitsbezeichnungen.

Danach verstieß die Verwendung des Titels „Prof. Dr. d. med. Wiss./RUS“ schon deshalb gegen § 34a Abs. 1 BerlHG, weil die ausstellende Stelle nicht angegeben wurde. Dieser Titel wie auch die Verwendung des Titels „Prof.* Doktor medizinskich Nauk (Doktor der medizinischen Wissenschaften)* *VEKK – Moskau verstoßen zudem aus folgenden Gründen gegen § 34a Abs. 1 BerlHG:

Die von dem Obersten Sachverständigen- und Qualifikationsausschuss (VEKK) nach Prüfung durch die Oberste interakademische Attestationskommission (VMAK) verliehenen Grade – hier: Doktor medizinskich Nauk – und Titel – hier: Professor – sind in der Russischen Föderation selbst mit dem Zusatz „VEKK Moskau“ nicht i.S.v. § 34a BerlHG staatlich anerkannt, sondern ausschließlich die von der Obersten Attestationskommission (VAK) des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft der Russischen Föderation verliehenen Professorentitel und Habilitationsgrade erfüllen diese Anforderung (so auch Amtsgericht Tettnang, Urteil vom 17. Februar 2011 – 6 Cs 36 Js 21025/2008 – AK 4/2011; Berufsgericht für Heilberufe bei dem Verwaltungsgericht Gießen, Urteil vom 7. Februar 2013 – 21 K 555/1.Gl.B – bei juris; Verwaltungsgericht München Urteil vom 18. Juni 2013 – M 16 K 11.6109 – bei juris Rn. 35).

Entsprechendes gilt gemäß § 34a Abs. 4 BerlHG auch für den Gebrauch des Titels „Prof.“ bzw. „Prof.* *VEKK – Moskau.

Dies ergibt sich aus folgenden Dokumenten und amtlichen Auskünften, die das Berufsgericht zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht hat:

Nach der „gemeinsamen Erklärung zur gegenseitigen akademischen Anerkennung von Studienzeiten und Abschlüssen im Hochschulbereich sowie von Urkunden über russische wissenschaftliche Grade und deutsche akademische Qualifikationen" der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland sowie der Hochschulrektorenkonferenz auf der einen Seite und des Ministeriums für Allgemeine und Berufliche Bildung der Russischen Föderation für die andere Seite vom 18. Februar 1999 ist in der Russischen Föderation zuständig für die Anerkennung das Ministerium für Allgemeine und Berufliche Bildung. In der Bundesrepublik Deutschland sind die Ministerien der Länder zuständig, sofern es um die Genehmigung zur Führung wissenschaftlicher Grade in der Öffentlichkeit geht, und die Hochschulen, sofern akademische Belange einschließlich der Forschung betroffen sind (Abschnitt I Ziffer 1 Abs. 2 der Übereinkunft). Nach Abschnitt I Ziffer 1 Abs. 1 dieser Übereinkunft wird der russische wissenschaftliche Grad „Doktor Nauk“ auf der Ebene der deutschen Habilitation und der russische wissenschaftliche Grad „Kandidat Nauk“ auf der Ebene des deutschen Doktorgrads anerkannt (AG Grimma 2 Ds 800 Js 15294.09 Bl. 234; auch im Internet unter www.kmk.org).

Mit Föderalem Gesetz über Änderungen und Ergänzungen im Föderalen Gesetz „über die Wissenschaft und staatliche wissenschaftlich-technische Politik“ vom 6. Dezember 2000, zugestimmt vom Rat der Föderation am 20. Dezember 2000 (zitiert: FG vom 29. Dezember 2000 N 168-FZ, auch: FS) ist Art. 4 u.a. um folgenden Punkt 3 ergänzt worden: „Zur Ausstellung von Diplomen über die Verleihung der vom staatlichen Attestierungssystem vorgesehenen wissenschaftlichen Grade sowie von Urkunden über die Verleihung der vom staatlichen Attestierungssystem vorgesehenen wissenschaftlichen Titel ist ein speziell dafür von der Regierung der Russischen Föderation bevollmächtigtes föderales Exekutivorgan berechtigt.“ (Bl. 60 VV der Ärztekammer Berlin).

Diese Bestätigungsbehörde ist zufolge eines Schreibens des Bildungsministeriums der Russischen Föderation vom 12. Februar 2002 (Nr. 08-55-09) gemäß Punkt 5 des Beschlusses der Regierung der Russischen Föderation „Über die Bestätigung der Ordnung für das Bildungsministerium der Russischen Föderation“ vom 24. März 2000 Nr. 258 das Bildungsministerium der Russischen Föderation (AG Grimma 2 Ds 800 Js 15294.09 Bl. 144 = Bl. 60 VV der Ärztekammer Berlin).

Mit E-Mail-Schreiben vom 25. März 2008 bestätigte der Vorsitzende für die Evaluation von Bildungsabschlüssen (Russische ENIC), V. M..., gegenüber der ZAB, dass in der Russischen Föderation die VAK die einzige Institution sei, die ermächtig sei, staatlich anerkannte akademische Titel zu verleihen und nahm dabei Bezug auf das o.g. Gesetz 168 FS aus Dezember 2000. Hinsichtlich der von der VMAK verliehenen Grade obliege es den Arbeitgebern oder Institutionen, ob sie diese anerkennen oder nicht (AG Grimma 2 Ds 800 Js 15294.09 Bl. 64, deutsche Übersetzung Bl. 142).

Mit Schreiben vom 27. März 2008 teilte die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Moskau dem Polizeipräsidenten in München auf dessen Anfrage mit, dass der Direktor des Archivs der Russischen Akademie der Wissenschaften mitgeteilt habe, die Oberste Attestationskommission verfüge über das ausschließliche Recht, in der Russischen Föderation akademische Titel zu vergeben und Angaben zu in Einrichtungen der Russischen Föderation verteidigten Dissertationen zur Verfügung stellen könne (StA München I 254 Js 227967/07 Bl. 34).

Mit Schreiben vom 3. Dezember 2008 an Herrn W... teilte das Ministerium für Bildung und Wissenschaft der Russischen Föderation mit, dass nur das eigens hierzu von der Regierung der Russischen Föderation bevollmächtigte Exekutivorgan VAK das Recht zur Ausstellung von Diplomen besitze, die die Verleihung der durch das staatliche Attestierungssystem vorgesehenen Grade bestätigen, sowie das Recht zur Ausstellung von Bescheinigungen besitze, die die Zuerkennung der durch das staatliche Attestierungssystem vorgesehenen Titel bestätigen (vorgelegt im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft W..., Bl. 115f).

Mit Beschluss Nr. 474 vom 20. Juni 2011 hat die Regierung der Russischen Föderation eine Ordnung über die Oberste Attestierungskommission bei dem Ministerium für Bildung und Wissenschaft der Russischen Föderation erlassen. Aus Nr. 1 ergibt sich, dass diese Kommission „zur Durchführung der staatlichen Attestierung von Wissenschaftlern und Pädagogen gegründet“ wurde (Bl. 63 VV der Ärztekammer Berlin).

Mit Schreiben vom 24. November 2011 teilte das Generalkonsulat der Russischen Föderation in Leipzig dem Amtsgericht Grimma mit: „Der Internationale Zwischenakademische Verband der Russischen Föderation ist nicht befugt, nach russischem Recht den Grad des habilitierten Doktors der medizinischen Wissenschaften und des Professors zu verleihen“ (AG Grimma 2 Ds 800 Js 15294.09 Bl. 188).

Zu demselben Ergebnis gelangt die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (abgekürzt ZAB) des Sekretariats der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland in ihrer Stellungnahme an das Amtsgericht Bonn vom 17. April 2013. Darin heißt es, in der Russischen Föderation seien staatlicherseits ausschließlich solche Kandidaten- und Doktorgrade anerkannt, deren Erwerb mit einer von der Obersten Attestationskommission des Ministeriums für Bildung der Russischen Föderation ausgestellten Urkunde belegt seien. Der Erwerb eines Professorentitels müsse mit einer vom Föderalen Aufsichtsdienst im Bereich Bildung und Wissenschaft oder von der Obersten Attestationskommission des Ministeriums für Bildung der Russischen Föderation ausgestellten Urkunde belegt sein. Von der Obersten Interakademischen Attestationskommission vergebene Grade und Titel würden in der Russischen Föderation staatlicherseits nicht anerkannt (so auch Stellungnahme der ZAB vom 20. Mai 2011 an das Landgericht Dresden – 5 KLs 109 Js 20169/09 – Bl. 183; Stellungnahme an die Landesärztekammer Bayern vom 6. März 2013 – Bl. 1/184 des Verwaltungsvorgangs der Ärztekammer Berlin).

Bei den Stellungnahmen der ZAB handelt es sich zumindest um amtliche Auskünfte (vgl. Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 30. November 2004 – 8 LA 123.04 – juris, Verwaltungsgericht München, Urteil vom 18. 6.2013 – M 16 K 11.6109 –), wenn nicht sogar um antizipierte Sachverständigengutachten (so Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 16. August 2012 – 15 L 1145.12 – juris). Auch wenn diese Stellungnahmen von anderen Stellen als dem erkennenden Gericht eingeholt wurden, nimmt ihnen dies nicht den Charakter einer amtlichen Auskunft (BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 1997 – 5 B 156/96 – juris), die ohne förmliches Beweisverfahren im Wege des Freibeweises verwertet oder – wenn es in einem anderen Verfahren eingeholt wurde – im Wege des Urkundenbeweises herangezogen und gewürdigt werden kann. So ist hier verfahren worden.

Auch der vom Amtsgericht Grimma im Verfahren 2 Ds 800 Js 15294/09 als Gutachter beauftragte L... kam zu demselben Ergebnis (Gutachten vom 18. November 2010 und ergänzende Stellungnahme vom 26. März 2011, Bl. 95 bis 102 bzw. 121f der Strafakte).

Diese sachverständigen Stellungnahmen sind für das Berufsgericht nachvollziehbar und überzeugend, zumal sie auf Auswertung z.T. derselben offiziellen staatlichen russischen Quellen beruhen, die das erkennende Gericht herangezogenen hat.

Danach liegen die Voraussetzungen für das Führen der in Rede stehenden Bezeichnungen in Deutschland nicht vor, weil keine der in der Russischen Föderation für eine staatliche Anerkennung zuständigen Institutionen vom Beschuldigten zwecks Anerkennung befasst worden sind, geschweige denn, die Zustimmung erteilt haben.

Diese Beurteilung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass es zu den satzungsmäßigen Aufgaben des Obersten Sachverständigen- und Qualifikationskomitees gehört, wissenschaftlich-gesellschaftliche Attestierungen durchzuführen und die akademische Grade Kandidat und Doktor der Wissenschaften sowie die Titel Dozent und Professor zu vergeben. Denn dabei handelt es sich allein um gesellschaftliche, nicht um staatlich anerkannte Attestierungen, Grade und Titel.

Die „Autonome Nonprofit Organisation Oberster Sachverständigen- und Qualifikationsausschuss (ANO VEKK)“, wurde durch Satzung 1996 von der im selben Jahr gegründeten Internationalen interakademischen Vereinigung gesellschaftlicher Organisationen für die Unterstützung der Wissenschaft und die Förderung der Ausbildung von Wissenschaftskadern (Kurzform: Internationale interakademische Vereinigung/MMS) zusammen mit drei Staatsbürgern Russlands gegründet. Aufgabe der Obersten Zwischenakademischen Attestationskommission (VMAK) als Struktureinheit der VEKK ist die Absicherung der Vorbereitung und Durchführung der wissenschaftlich-gesellschaftlichen Attestierung von Wissenschafts-, pädagogischen und anderen Kadern im System der Akademien der Wissenschaften und in anderen Organisationen, die zur der Internationalen interakademischen Vereinigung gehören oder nicht gehören, mit der Verleihung der akademischen Grade Kandidat und Doktor der Wissenschaften, Doktor der Philosophie für die Fachrichtungen und der anderen akademischen Grade sowie mit der Verleihung der akademischen Titel Dozent und Professor. Die VEKK wurde im Jahr 2002 unter der Registrierungsnummer 002.094.404 in Moskau im gesamtstädtischen Register der juristischen Personen und Einzelunternehmen der Stadt Moskau registriert.

Es bedurfte keiner Aufklärung, ob diese Tätigkeit der VEKK in der Russischen Föderation legal ist (dies bejahend ZAB, Stellungnahme an das Landgericht Dresden vom 20. Mai 2011 unter Bezugnahme auf Stellungnahme des Russischen ENIC-Vorsitzenden vom 25. März 2008 – 5 KLs 109 Js 20169/08 –). Allerdings folgt dies entgegen der Ansicht des Beschuldigten nicht aus dem Beschluss des Bezirksgerichts von Tverskoj der Stadt Moskau vom 6. Mai 2003; denn damit wurde eine vom Staatsanwalt der Stadt Moskau im Interesse von Staat und Öffentlichkeit gegen die Satzung der ANO VEKK erhobene Klage allein mangels Klagebefugnis abgelehnt. Eine materiell-rechtliche Prüfung fand nicht statt. Diese Entscheidung eignet sich deshalb nicht zur Bestätigung der Legitimation der VEKK zur Verleihung akademischer Titel. Es kommt auch nicht auf die Ausführungen des Vorsitzenden des Obersten Sachverständigen- und Qualifikationskomitees (VEKK) Z... im Schreiben vom 29. April 2010 an die ZAB (AG Grimma 2 Ds 800 Js 15294/09 Bl. 175) an, wonach Ansprüche der VAK Russlands auf die Ausschließlichkeit bei der Attestationstätigkeit in Russland „offenbar nicht gesetzmäßig“ seien.

Denn es ist nicht entscheidungserheblich, ob die private VEKK innerhalb der Russischen Föderation neben dem staatlichen Attestationssystem eine gesellschaftliche Berechtigung für ihre satzungsgemäße Tätigkeit besitzt. Selbst wenn dies angenommen wird, sagt das nichts aus über die staatliche Anerkennung der von der VEKK verliehenen Grade und Titel i.S.v. § 34a BerlHG. Denn die staatliche Registrierung der Satzung ist dafür unerheblich, wie die oben zitierten Dokumente ergeben.

In dem von der VEKK herausgegebenen rezensierten Sammelband der Normativ- und Instruktionsunterlagen 2008, ISBN 978-5-85941-288-4 [Buchseite 17] (AG Grimma 2 Ds 800 Js 15294/09 Bl. 222) wird dazu ausgeführt, die Annahme des Föderalen Gesetzes vom 29. Dezember 2000 (s.o.) bedeute, dass sich die Tätigkeit gesellschaftlicher Organisationen für die Zuerkennung akademischer Grade und Verleihung akademischer Titel nicht auf das staatliche Attestationssystem beziehe. Und in einem Schreiben vom 11. August 2008 an Herrn R..., das der Beschuldigte im Verfahren der 12. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin und auch bei der Staatsanwaltschaft W... (2..., dort Bl. 124) eingereichte hat, führt der Vorsitzende der VEKK Z... unter 5. aus, dass „die Anerkennung der akademischen Grade und Titel … in den Staaten der Europäischen Gemeinschaft von der entsprechenden Binnengesetzgebung dieser Länder geregelt wird.“ Beide Äußerungen bestätigen, dass die von der VEKK verliehenen Grade und Titel nicht gleichwertig neben den durch die VAK verliehenen stehen. Eine solche Regelung eines Staates der Europäischen Gemeinschaft stellt in Berlin § 34a BerlHG dar. Unerheblich ist deshalb, ob Anerkennungen durch die VEKK in anderen Ländern, etwa gemäß Konventionen von Lissabon oder Bologna, durch Universitäten anerkannt werden.

Das Berufsgericht hat vor diesem Hintergrund nicht abschließend klären müssen, ob der russische akademische Grad „Doktor medizinskich Nauk“, der in Deutschland einem Dr. habil. gleich steht, in einem ordnungsgemäßen Verfahren i.S.v. § 34a Abs. 1 i.V.m Abs. 4 BerlHG verliehen wurde. Zweifel daran ergeben sich daraus, dass der Beschuldigte seine Habilitation im Jahr 2002 und damit ein Jahr nach seiner Promotion im Jahr 2001 abschloss. Nach den Angaben der russischen ENIC kann der Dr. habil. (Doktor medizinskich Nauk) erst nach einer auf die Erlangung des der Dr. med. (Kandidat medizinskich Nauk) folgenden weiteren Studienzeit erlangt werden. Dieser Zeitraum erfordere in der Wirklichkeit fünf bis 15 Jahre (Quelle: http://russianenic.ru/english/rus/index.html#7, Stand: 2.12.2014).

Der Beschuldigte hat auch schuldhaft, insbesondere vorsätzlich gegen die vorbezeichnete Berufspflicht verstoßen. Denn er war bereits von der Brandenburgischen Wissenschaftsverwaltung mit Bescheid vom 26. November 2008 auf die unberechtigte Titelführung „Prof. Dr. med. Wiss./Russ“ hingewiesen worden. Zur Begründung war darin ausgeführt worden, dass in Deutschland wissenschaftliche Grade und Titel aus Russland nur geführt werden dürften, die dort von der Obersten Attestationskommission oder ggf. vom Ministerium verliehen worden seien. Die Oberste Interakademische Attestationskommission sei dazu nicht befugt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts P... vom 23. Juni 2011 (1...) enthält keine Feststellungen, denen zu entnehmen wäre, dass die Titelführung berechtigt wäre. Außerdem war seinem Kollegen E... – dem er eine Praxistätigkeit in W... ermöglicht hatte, weshalb von einem engen persönlichen Kontakt ausgegangen werden kann – bereits mit berufsrechtlicher Anschuldigungsschrift vom 2. März 2011 vorgeworfen worden, im Juli 2010 auf seinem Briefkopf unberechtigt den Titel „Prof. * Dr. der med. Wiss.* Dr. med.“ geführt zu haben. Auf Schreiben der Ärztekammer Berlin vom 4. Juli 2013, dass auch die Titelführung „Prof.* Doktor medizinskich Nauk (Doktor der medizinischen Wissenschaften)* *VEKK-Moskau“ nicht zulässig sei, unterließ er diese Titelführung nicht. Auch der Hinweis des Berufsgerichts vom 4. März 2014 auf die Rechtslage und die Entscheidung des Berufsgerichts am Verwaltungsgericht Gießen vom 7. Februar 2013 beeindruckte ihn nicht. Er handelte deshalb zumindest bedingt vorsätzlich, weil er jedenfalls billigend in Kauf nahm, dass sein Verhalten berufspflichtwidrig sein könnte.

3. Berufsrechtlich wiegt der Verstoß des Beschuldigten durch die Dauer des unberechtigten und (zumindest bedingt) vorsätzlichen Gebrauchs akademischer Grade und Titel schwer. Der Beschuldigte hat sich dieser Titel und Grade nach seinen Angaben bedient, um in seiner Wissenschaft „ernst genommen“ zu werden. Aus demselben Grund war er im Jahr 2007 an der Gründung einer University of Global Scaling (UGS) als Kapitalgesellschaft (LLC) in Santa Fe beteiligt. Dadurch sollte, wie der Beschuldigte in der Hauptverhandlung unumwunden erklärte, seiner (und Anderer) Forschungstätigkeit ein universitärer Rahmen gegeben werden. So arbeitete er eng zusammen mit den Medizinern Dr. med. E..., Dr. med. B... sowie Dr. med. R... Alle führten weitere Titel, die ihnen die VEKK verliehen hatte.

Ebenso ein M...; in dessen „akademischer“ Laufbahn der „Marketingcharakter“ von UGS- und VEKK-Titeln ebenso wie bei dem Beschuldigten deutlich wird: Im Jahr der Gründung der UGS wird M..., der wie der Beschuldigte von 1973 bis 1979 in S... studiert hatte, von der UGS zum Professor für das Fachgebiet „G...“ berufen. Im Jahr 2008 verlieh die VEKK ihm den Grad Doktor Nauk, 2009 den Titel Professor. Damit verschaffte dieser sich ebenso wie der Beschuldigte Aufmerksamkeit für Vorlesungen und Vorträge bei internationalen Kongressen und Symposien, die zu alternativen Heilmethoden veranstaltet wurden.

So lud u.a. im Mai 2008 die „University of Global Scaling LLC –...zu einer dreitägigen „I...Konferenz ...“ nach B... ein. Diese Einladung war unterschrieben von „Prof. Dr. M...“ als Präsident der UGS und „Prof. Dr. d. med. Wiss“ Z... als Vizepräsident der UGS. Die „Medizinische Fakultät der UGS –... lud 2008 zu einem Tagesseminar „E...“ unter fachlicher Leitung von „Prof. Dr. d. med. Wiss. Z... in die N... in F...“ ein.Unter dieser Adresse betrieb der Beschuldigte zu der Zeit seine Praxis Holistic Medicine. Beim „3... im April 2008“ wurde als Hauptreferent „Prof. Dr. Z... von der Global Scaling Universität in Berlin“ angekündigt.

Wo es auf akademische Anerkennung hingegen nicht ankam, wurden die Titel weggelassen. So bezeichnete sich der Beschuldigten nach seinen glaubhaften Angaben (nur) als Diplommediziner, also nicht einmal als „Dr.“, wenn er für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung B... e.V. (MDK) als Gutachter tätig wurde.

4. Angemessen und erforderlich erscheint unter Berücksichtigung der von dem Beschuldigten in der Hauptverhandlung genannten angespannten wirtschaftlichen Verhältnisse eine Geldbuße i.H.v. 3.000 €, die damit im unteren Bereich des Rahmens liegt, der bis zu 50.000 € reicht (§ 17 Abs. 1 Nr. 3 Kammergesetz).

Die Ärztekammer ging ursprünglich davon aus, dass der ihr bekannt gewordene berufsrechtliche Verstoß nicht schwer wiegt oder die Schuld des Beschuldigten gering ist, denn sie hat an Stelle der Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens lediglich gemäß § 29 a BerlKG eine Rüge verbunden mit einer Geldauflage in Höhe von 2.000 € ausgesprochen.

Das Berufsgericht ist auf Grundlage des Ergebnisses der Hauptverhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass es sich nicht um einen leichten Verstoß gegen Berufspflichten handelt und der Beschuldigte mehr als einer Warnung oder eines Verweises bedarf, um ihn dazu zu bewegen, sein berufsrechtlich Fehlverhalten künftig zu unterlassen. Denn der Beschuldigte handelte wiederholt und vorsätzlich. Abgesehen davon, dass es im Geschäftsleben – z.B. auf Kongressen, bei denen wie im Mai 2008 Teilnahmegebühren in Höhe von 790 € erhoben wurden – zugleich strafrechtlich einen Betrug (§ 263 StGB) darstellen dürfte, sich mit Titeln zu schmücken, die einem nicht zustehen, wiegt auch die Schuld des Beschuldigten nicht gering. Denn er hat die unberechtigte Titelführung (zumindest) bis zum Verhandlungstag fortgesetzt.

Der Beschuldigte wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass erneutes gleichartiges vorsätzliches Fehlverhalten berufsrechtlich deutlich spürbare Konsequenzen haben kann. Bereits die Staatsanwaltschaft W... hatte ihn im Einstellungsbeschluss vom 24. Juli 2014 (2...) darauf hingewiesen, dass er bei erneutem Titelmissbrauch auch strafrechtlich nicht mit weiterer Nachsicht rechnen könne. Das Berufsgericht hat deshalb zu Gunsten des Beschuldigten berücksichtigt, dass er auch im Strafverfahren der Staatsanwaltschaft B... (2...) noch eine Maßnahme zu erwarten hat.

Sollte dem Beschuldigten nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zumutbar sein, die Geldbuße nach Rechtskraft dieser Entscheidung sofort zu bezahlen, hat er die Möglichkeit, beim Berufsgericht Ratenzahlung zu beantragen. Dazu wäre es erforderlich, die wirtschaftlichen Verhältnisse detailliert darzulegen und glaubhaft zu machen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 24 Berliner Kammergesetz i.V.m. §§ 3, 41 DiszG, § 77 Abs. 1 BDG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Quelle: http://openjur.de/u/754055.html

VG München, Urteil v. 18.06.2013 – 16 K 11.6109

http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2013-N-55162?hl=true&AspxAutoDetectCookieSupport=1

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