Diskussion:Apfelessig

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"Nahrungsergänzungsmittel HANNOVER. Das Institut für Lebensmittelwissenschaft der Universität Hannover erhielt in den letzten Wochen vermehrt Anfragen aus Apotheken zum Thema Apfelessigkapseln. Diese Produkte werden als Nahrungsergänzungsmittel mit der "Indikation" Gewichtsreduktion angeboten. Das Institut der Uni Hannover sandte uns hierzu die nachfolgende Stellungnahme. Das Ergebnis der Bewertung: Aus physiologischer Sicht sind diese Produkte als unsinnig zu bewerten, aus lebensmittelrechtlicher Sicht müssen sie als grob irreführend eingestuft werden.

Apfelessigkapseln werden bereits seit längerer Zeit von zahlreichen Herstellern als Nahrungsergänzungsmittel angeboten. Während einige Anbieter in Anzeigen insbesondere die gewichtsreduzierenden Effekte von Apfelessig herausstellten und damit schon in dieser Hinsicht gegen § 17 LMBG (Lebensmittelbedarfsgesetz) und § 3 HWG (Helmittelwerbegesetz) verstoßen haben dürften, werden heute Apfelessigkapseln in der Regel nur noch mit allgemein gesundheitsfördernder Wirkung ausgelobt. Dennoch dürfte sich beim Verbraucher durch die bisherige Auslobung die Erwartung einer Gewichtsreduktion durch diese Produkte gefestigt haben. Unabhängig von solchen werblichen Aussagen sind Apfelessigkapseln als Nahrungsergänzung auch aus anderen Gründen keine verkehrsfähigen Produkte.

Apfelessig selbst wird als saures Konservierungs- und Würzmittel durch Umwandlung von Alkohol (aus Apfelwein) in Essigsäure gewonnen, die Herstellung erfolgt aus verdünntem Alkohol unter Einwirkung von Essigsäurebakterien. Der Verbraucher erwartet in Apfelessigkapseln zu Recht Apfelessig in konzentrierter Form. Eine Trocknung des Essigs selbst ist jedoch schon deshalb nicht möglich, weil er vollständig verdampfen würde und nur minimale Bestandteile aus dem Apfelwein zurückblieben. Daher ist eine Neutralisation mit Bildung des Acetatanions erforderlich. Bei der Herstellung von Apfelessig in Pulverform wird häufig Maltodextrin als Trägersubstanz verwendet und sprühgetrocknet. Der daraus entstehende Extrakt hat mit dem ursprünglichen Ausgangsprodukt wenig gemeinsam.

Analyseergebnisse deuten darauf hin, dass freie Säure in diesen Produkten kaum vorhanden ist. Gehalte von gebundener Essigsäure, die durch enzymatische Bestimmung des Essigsäure-Anions bestimmt wurde, zeigen, dass der eingesetzte Apfelessig vorher offenbar neutralisiert wird.

Das Produkt Essig ist rechtlich definiert und weckt beim Verbraucher auch entsprechende Erwartungen. die durch eine solche Kapseln nicht erfüllt werden. Würde man dagegen ursprünglichen Apfelessig in Form einer Gelatinekapsel oder über einen Trägerstoff wie Maltodextrin in eine Kapseln bringen, wären die erreichbaren Dosierungen pro Kapsel so minimal dass die in der Literatur über Apfelessig empfohlenen Mengen von einem Teelöffel bis einem Esslöffel je Glas Wasser keinesfalls erreichbar wären und der Verbraucher ebenfalls getäuscht würde.

Aussagen zur gesundheitsfördernden Wirkung von Apfelessig gehen auf eine Veröffentlichung des amerikanischen Landarztes Dr. Jarvis zurück, der in seinem Werk, das in deutscher Übersetzung unter dem Titel "5 x 20 Jahre leben" erschien, den Apfelessig als einfaches Hausmittel für ein langes Leben empfahl. Aus Apfelessig kann nach Verdünnen mit Wasser durchaus ein erfrischendes Getränk hergestellt werden, das zur Aufrechterhaltung des Flüssigkeitshaushaltes beiträgt. Etwaige Wirkversprechen über einen gesundheitlichen Nutzen müssen allerdings in Frage gestellt werden.

Apfelessigkapseln besitzen keinerlei gesundheitsfördernde Effekte und stellen eine Irreführung des Verbrauchers nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 b und Nr. 5 b dar, da sie in ihrer Beschaffenheit von der Verkehrsauffassung abweichen und aufgrund ihrer Bezeichnung vorgeben, tatsächlich Apfelessig zu enthalten, obwohl sich der Verwender damit in der Regel nur etwas Maltodextrin und/oder Saccharose zuführt.

Leider wird durch solche unsinnigen Produkte immer wieder die Gruppe der Nahrungsergänzungsmittel insgesamt in ihrer Berechtigung in Frage gestellt.

Hochsch.-Doz. Dr. Andreas Hahn, Dipl. occ. troph. Maike Wolters, Institut für Lebensmittelwissenschaft am Zentrum für angewandte Chemie der Universität Hannover, Wunstorfer Straße 14, 30453 Hannover "

Deutsche Apotheker Zeitung 139 Jahrgang Nr., 26 (1. 7.1999)

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