Dimethylsulfoxid

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DMSO

Dimethylsulfoxid (DMSO) ist ein organisches, aprotisch-polares Lösungsmittel aus der Klasse der Sulfoxide. DMSO fällt als Nebenprodukt in der Papierindustrie an. Es wird gelegentlich in zugelassenen Arzneimitteln zur äußerlichen Anwendung als Hilfsstoff (Funktion: Schleppersubstanz) eingesetzt (Einführung 1964[1]) und soll dabei die Aufnahme von Wirkstoffen über die Haut fördern. Auch sind DMSO-haltige Arzneimittel in der Tiermedizin bekannt. Das Rheumatikum zur äußeren Anwendung (Gruppe der nicht hyperämisierenden Rheumaexterna M02A02) Dolobene® enthält DMSO als aktiven Wirkstoff; ein kritische Betrachtung dazu findet sich in einem Artikel des Arznei-Telegramms.[2] Das dabei verwandte Therapieprinzip wird als zweifelhaft bezeichnet, da DMSO eine lokale Rötung und Wärmegefühl infolge Vasodilatation bewirkt und dies vom Patienten als vermeintlicher Therapie-Effekt wahrgenommen wird. Eine Störwirkungen wird hier also als therapeutische Wirksamkeit fehlgedeutet.

Anwendungsbeobachtungen an DMSO gaben Anlass zur Besorgnis, da es unter DMSO zu Hämolysen, Hämoglobinurie (Hämoglobin im Urin), erhöhten Leberenzymwerten mit und ohne Ikterus sowie erhöhten Muskelenzymen im Blut kam. Da ein therapeutischer Nutzen bei den verschiedenen Anwendungen wie Amyloidose, Hirnödem, rheumatischen Erkrankungen oder arthritischen Beschwerden nicht nachweisen ließen, wurde das Nutzen/Risiko-Verhältnis für DMSO negativ beurteilt. Entsprechende Präparate verschwanden in Folge aus der Therapie.[3]

Industriell hergestelltes DMSO (also nicht für die Anwendung beim Menschen hergestellt) wird heute von Selbstanwendern benutzt, die Angaben aus dem Internet oder anderen Quellen folgen, nach denen DMSO bei sehr vielen Erkrankungen hilfreich sei. So ist DMSO relativ leicht als Pinselreiniger oder Frostschutzmittel zu bekommen. Da nur Präparate mit weniger als 15% DMSO ohne Rezept erhältlich sind und es sich um typische Selbstmedikationspräparate handelt, sind höher konzentrierte Präparate inzwischen vom Markt verschwunden.

DMSO wurde in den 1960er Jahren wiederholt auf seine pharmakologische Anwendung hin untersucht. Experimentelle Anwendungen wurden allerdings ab 1965 gestoppt, als sich im Tierversuch zeigte, dass die Tiere Augenschäden erleiden konnten. Unter strengeren Bedingungen wurden die Untersuchungen später jedoch fortgesetzt. Die einzige zugelassene Anwendung von DMSO als Wirkstoff findet sich in den USA bei der interstitiellen Zystitis (eine Form der Blasenentzündung), bei der DMSO in die Blase eingebracht wird.

Dimethylsulfoxid dient auch als kryo-protektive Substanz beim Einfrieren biologischen Materials.

Alternativmedizin

Bereits in den 1960er Jahren wurde DMSO als eine Art umstrittenes Wundermittel für sehr unterschiedliche Anwendungen betrachtet und auch in Fachkreisen kritisiert.

Heute wird DMSO auch von einigen unseriösen Vermarktern zu Fake-Krebsbehandlungen empfohlen und zwar in Kombination mit umstrittenen Anti Krebssalben (Cansema).[4]

Die US-amerikanische Aufsichtsbehörde FDA (Food and Drug Administration) erlaubte 1978 die DMSO-Anwendung bei der interstitiellen Nephritis und 2007 auch experimentell bei Hirndrucksteigerungen nach Unfällen.[5] 2008 kamen neue Zweifel an dem Mittel auf, als sich zeigte, dass es bei DMSO-behandelten Mäusen zu Hirnschäden kam.[6]

Paravac ist ein nicht zugelassenes Mittel, das DMSO enthalten soll, und mit einem erstaunlichen Wirkprofil im alternativmedizinischen und esoterischen Bereich als eine Art Wundermittel beworben wird.

Anwender Hellfried Sartori

Ein Anwender von DMSO bei Krebserkrankten war der Arzt Hellfried Sartori, der in den USA und Thailand tätig war und sich aktuell in Österreich aufhalten soll. Im Zusammenhang mit seiner Therapie verstarben mehrere Patienten. In den USA wurde ihm die Approbation entzogen und er wurde mehrfach zu Gefängnis verurteilt. Er versuchte, in Australien eine Zulassung als Arzt zu bekommen (und verschwieg dabei seine kriminelle Vergangenheit). Im Mai 2006 wurder er in Thailand verhaftet und dort wegen Kurpfuscherei und Betrug zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Von Patienten wurde bekannt, dass diese für die preiswert beschaffbare Substanz DMSO 40.000 US Dollar bezahlen mussten; gleichzeitig wurde ihnen weisgemacht, dass es sich um eine "natürliche Therapie" handele.[7][8]

Unerwünschte Wirkungen

DMSO kann zu Kopfschmerzen, Sehstörungen und Magenverstimmungen führen. Laut at [9] kann DMSO bei längerfristiger Anwendung eine Dermatitis begünstigen. Großflächige bzw. längerfristige Verwendung kann systemische Erscheinungen wie Übelkeit, Brechreiz, Magen-Darm-Krämpfe, Kältegefühl, Schmerzen in der Brust, Benommenheit und Kopfschmerzen bewirken. Auch Überempfindlichkeitsreaktionen sind beschrieben. Bei Anwendungen auf der Haut können Rötungen und Juckreiz auftreten.

Literatur

  • Murdoch L. Dimethyl sulfoxide (DMSO)--an overview. Can J Hosp Pharm. 1982 May-Jun;35(3):79-85.
  • Arznei-Telegramm (at) 5 1992, S. 50 [4]
  • Arznei-Telegramm (at) 1974, 28

Weblinks

Quellennachweise

  1. Jacob SW, Bischel M, and Herschler RJ; Diimethyl sulfoxide (DMSO): a new concept in pharmacotherapy. Curr. Ther. Res. 6: 134 (1964)
  2. Arznei-Telegramm (at) 5 1992, S. 50 [1]
  3. Arznei-Telegramm (at) 5 1992, S. 50 [2]
  4. http://www.fda.gov/Drugs/GuidanceComplianceRegulatoryInformation/EnforcementActivitiesbyFDA/ucm171057.htm
  5. http://www.fda.gov/ForIndustry/ImportProgram/ImportAlerts/ucm162294.htm
  6. Hanslick JL, Lau K, Noguchi KK, et al. Dimethyl sulfoxide (DMSO) produces widespread apoptosis in the developing central nervous system. Neurobiol Dis. (2008), PMID 19100327
  7. http://www.theaustralian.com.au/news/nation/cancer-patient-died-after-solvent-therapy/story-e6frg6nf-1225946939272
  8. http://www.theaustralian.com.au/news/nation/cancer-patient-died-after-solvent-therapy/story-e6frg6nf-1225946939272
  9. Arznei-Telegramm (at) 5 1992, S. 50 [3]