Deutsche Physik nach Stark

Als Deutsche Physik (Deutsche Physik nach Stark, auch Arische Physik) wird ein paraphysikalisches Weltbild unter einigen deutschen Physikern in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bezeichnet, in welchem physikalische und rassistische Ansichten untrennbar vermischt wurden. So war das Weltbild der Deutschen Physik einerseits nationalsozialistisch geprägt und lehnte andererseits die von Albert Einstein entwickelte Relativitätstheorie und die Quantenmechanik ab. Diese beiden Standpunkte wurden dabei in einen ideologischen Bezug zueinander gesetzt.

Deutsche Physik ist auch der Titel eines vierbändigen Lehrbuches (1936) von Philipp Lenard, das die Entwicklungen der modernen Physik auf der Basis der klassischen Physik etwa mit Hilfe der Äthertheorie zu erklären versucht.

Inhalte

Die Deutsche Physik ist eine weitgehend auf Deutschland begrenzte antisemitische Lehre und vielmehr Bewegung, deren Beginn auf das Erscheinen von Philipp Lenards Werk Große Naturforscher im Jahr 1929 datiert werden kann und die mit dem Zusammenbruch des Dritten Reiches 1945 endet. Sie lehnte die moderne Physik – namentlich die Relativitätstheorie und Quantenmechanik – als jüdisch ab und entwickelte Gegenkonzepte.

Die bekanntesten Vertreter sind die beiden Physik-Nobelpreisträger Philipp Lenard (1862–1947) und Johannes Stark (1874–1957).

Für die Deutsche Physik existierte kein formales Programm; sie entwickelte sich in der Auseinandersetzung um die abstrakte moderne Physik in Veröffentlichungen und Vorträgen. Die bekannteste und immer wieder zitierte Definition stammt aus dem Vorwort von Lenards vierbändigem Lehrwerk Deutsche Physik von 1936, das – ohne dieses Vorwort – bis weit in die 1950er Jahre zur Lehre weiterverwendet wurde:

„‚Deutsche Physik?‘ wird man fragen. Ich hätte auch arische Physik oder Physik der nordisch gearteten Menschen sagen können, Physik der Wirklichkeits-Ergründer, der Wahrheits-Suchenden, Physik derjenigen, die Naturforschung begründet haben. – ‚Die Wissenschaft ist und bleibt international!‘ wird man mir einwenden wollen. Dem liegt aber immer ein Irrtum zugrunde. In Wirklichkeit ist die Wissenschaft, wie alles was Menschen hervorbringen, rassisch, blutsmäßig bedingt. […] Naturforschung […] hat kein Volk überhaupt je begonnen, ohne auf dem Nährboden schon vorhandener Eigenschaften von Ariern zu fußen.“ [1]

Im Weiteren führt Lenard aus, die wissenschaftliche Arbeit vollziehe sich „in enger Zwiesprache mit Naturvorgängen“: „Der unverbildete deutsche Volksgeist sucht nach Tiefe, nach widerspruchsfreien Grundlagen des Denkens mit der Natur, nach einwandfreier Kenntnis vom Weltganzen“. Unmittelbare Fragen an die Natur können nach Lenards Ansicht nur durch das Experiment beantwortet werden, theoretische Überlegungen bauen darauf auf. Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen müssten „auf dem festen Boden der klassischen Physik“ anschaulich beschrieben und erklärt werden.

Damit begründete die Deutsche Physik Ziele, Inhalte und Methoden auf der Grundlage der nationalsozialistischen Rassenideologie und unterschied sich darin von der Diskussion um das physikalische Weltbild in anderen Ländern. Als ihre Grundlagen galten

  • das „Postulat der mechanischen Begreifbarkeit“ (Lenard): deren Anschaulichkeit und Aufbau auf Grundlage der klassischen Physik;
  • das unmittelbare Erlebnis der Natur;
  • das Experiment als methodische Grundlage, auf dem theoretische Überlegungen aufbauen.

Zu den zentralen Begriffen der Deutschen Physik zählten

  • die physikalischen Grundbegriffe Kraft und Energie,
  • der Begriff des Mechanismus, definiert durch „die Anwendung mathematisch formulierbarer, d.h. quantitativ auswertbarer Vorstellungen, die eine anschauliche Entsprechung in der uns anschaulichen Erkenntnis ermöglichenden Denkform des Raumes und der Zeit gestatten“ [2],
  • der Begriff des Äthers, mit dem auch der Aufbau des Atoms und das – von Lenard anerkannte – Relativitätsprinzip erklärt werden.

Die klassischen Bereiche von Lenards Lehrbuch waren identisch mit der international akzeptierten Physik. Nur die Relativitätstheorie und die Quantentheorie wurden abgelehnt. An ihrer Stelle entwickelte Lenard bereits seit 1910 eine Äthertheorie, die auch das Michelson-Morley-Experiment und andere relativistisch interpretierte Experimente erklären sollte. Für die Atomphysik war Johannes Stark zuständig: mit einem klassischen Modell sollten Phänomene erklärt werden, die sonst mit der Quantentheorie behandelt wurden. Darüber hinaus entstanden innerhalb der Deutschen Physik keine weiteren Neuerungen in der theoretischen Physik, da sich deren Vertreter kaum mit aktuellen theoretischen Fragen der Atomphysik beschäftigten.

Die Deutsche Physik gilt heute als spezifisch deutsche Gegenentwicklung zur modernen Physik, die in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg zunehmend antisemitische Züge bekam und sich im Dritten Reich institutionalisieren konnte. Für die Wissenschaftsentwicklung hatte sie keine Bedeutung.

Vorgeschichte

Anfang des 20. Jahrhunderts war in fast allen naturwissenschaftlichen Disziplinen ein Umsturz des klassischen Weltbildes spürbar. In der Physik stießen vor allem zwei Entwicklungen die klassischen Denkweisen um: Max Plancks Einführung des Energiequants, das der klassischen Wellen- und Äthervorstellung vom Ursprung des Lichts widersprach und mit klassischen Begriffen von Kausalität und Determiniertheit nicht mehr in Einklang stand, sowie Einsteins spezielle Relativitätstheorie, die die Naturgesetze vom Bewegungszustand des Beobachters abhängig machte und von den Gegnern als „allgemeiner Relativismus“ und „materialistisches Spiel ohne Werte“ aufgenommen wurden. Beide Entwicklungen führten in den 1920er Jahren zu einem fundamentalen Umdenken in der akademischen Physik, das einen regelrechten Kulturkampf zwischen Befürwortern und Gegnern der modernen Physik nach sich zog.

Dabei waren die Gegner der modernen Physik vor allem in der älteren Generation von Naturforschern zu finden, die sich im untergegangenen Kaiserreich als bedrohte Elite von Kulturträgern verstanden. Zu ihnen gehörten auch die Protagonisten der Deutschen Physik, die Nobelpreisträger Philipp Lenard und Johannes Stark. Früh schon stigmatisierte diese Elite die Unzulänglichkeiten des Materialismus der modernen Gesellschaft als jüdisch, der größte Teil dieser „deutschen Mandarine“ trat in seiner konservativen politischen Tradition ins antisemitische Lager über.[3] Im Gegensatz dazu gab es vor allem in der jüngeren Generation eine weitverbreitete Ablehnung der klassischen Physik. Heute wird die Entwicklung der Quantentheorie in den 20er Jahren mit ihren unanschaulichen und scheinbar paradoxen Grundaussagen als Kind dieser Geisteshaltung betrachtet.[4]

Es gab aber nicht nur im deutschen Kaiserreich nationalistische oder antisemitische Tendenzen in den Naturwissenschaften. Die erste wissenschaftliche Abhandlung, die einen Zusammenhang zwischen nationaler Kultur und wissenschaftlicher Denkweise in Bezug auf die moderne Wissenschaft herstellte, stammte vom Pariser Physiker und Philosophen Pierre Duhem (1861–1916), der seinerseits die Relativitäts- und Quantentheorie ablehnte. Er unterschied zwischen einer abstrakten Denkfähigkeit zum Auffinden der richtigen Axiome, dem ésprit de finesse, und der Fähigkeit, daraus die richtigen Schlussfolgerungen abzuleiten, dem ésprit de géométrie. Die eine ist intuitiv, sprunghaft und mehr gefühlsmäßig, die andere folgt festen, von außen auferlegten Regeln. Das Begriffspaar findet sich schon bei Blaise Pascal, nur erweiterte Duhem es, indem er verschiedenen Völkern unterschiedliche Ausprägungen dieser Fähigkeiten zuschrieb.[5]

In den zwanziger Jahren häuften sich die heute als Antirelativismus bezeichneten Schriften und Angriffe gegen die moderne Naturwissenschaft von Wissenschaftlern, die diese vor dem Ersten Weltkrieg noch anerkannt hatten. Dazu gehörte Philipp Lenard, der 1886 als Assistent bei Heinrich Hertz dessen Versuche über Kathodenstrahlen fortgeführt hatte. Durch die prinzipielle Klärung des lichtelektrischen Effektes und der Phosphoreszenz hat Lenard auch zur Entwicklung des Quantenkonzeptes beigetragen, wofür er 1905 den Nobelpreis erhielt. Nach dem Krieg wandte er sich von der modernen Physik ab und polemisierte mit Blick auf Albert Einstein gegen „jüdische Einflüsse“ in der Physik.

Einen ähnlichen Weg schlug Johannes Stark ein, der mehr als Organisator denn als Ideologe eine Deutsche Physik vertrat. Seit 1909 war er Ordinarius an der RWTH Aachen und tat sich dort durch sein technisch-experimentelles Geschick und seine Anschauungsgabe hervor. Er hatte den Doppler-Effekt an Kanalstrahlen entdeckt und versuchte bereits 1906, sie mit Hilfe der speziellen Relativitätstheorie und ein Jahr später auch mit der Quantentheorie zu erklären. So war er einer der frühesten Verfechter des Quantenkonzeptes. Gegen Kriegsausbruch wandte er sich gegen diese Konzepte.

Ein Höhepunkt der frühen Auseinandersetzungen um die Deutsche Physik war Lenards Auftritt bei der Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Bad Nauheim am 23. September 1920, auf der es zur öffentlichen Konfrontation mit Einstein kam. Als Haupteinwand konnte er nur die Unanschaulichkeit dessen Allgemeiner Relativitätstheorie anbringen, die gegen den gesunden Menschenverstand verstoße. Auch Stark war bei der Versammlung als Redner anwesend.

Institutionalisierung

Da die Einrichtungen zur Grundlagenforschung Anfang des 20. Jahrhunderts jüdischen Wissenschaftlern eine besondere Integrationschance boten [6], waren überproportional viele geistige Väter des modernen physikalischen Weltbildes wie zum Beispiel Albert Einstein, Max Born und Wolfgang Pauli jüdischer Abstammung. Aus diesem Grund wurde im Zuge der Auseinandersetzungen um die Relativitätstheorie Albert Einsteins bereits in den 20er Jahren die abstrakte jüdische Physik im Gegensatz zur begreifbaren Deutschen Physik konstruiert.

Das Jahr 1933 brachte durch die Gleichschaltung und Entlassung jüdischer Wissenschaftler eine Zäsur in der Wissenschaftsorganisation, bei der Vertreter der Deutschen Physik Machtpositionen erlangten. Am 1. Mai 1933 wurde Johannes Stark vom Reichsinnenminister zum neuen Präsidenten der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt eingesetzt, 1934 folgte die Präsidentschaft der wichtigen Forschungsförderungseinrichtung Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft. Im selben Jahr wurde allerdings auch sein Anspruch auf den Vorsitz der Deutschen Physikalischen Gesellschaft vereitelt; die Vergabe des Nobelpreises an Werner Heisenberg 1933 schwächte die Position der Deutschen Physik zusätzlich.

Die Gruppe um Lenard und Stark erwies sich zunächst als klein, aber politisch einflussreich. Lenard übernahm die Aufgabe des Ideologen mit Beraterfunktion beim Reichskultusminister Bernhard Rust; Stark war der einflussreiche Organisator. Stark prägte den Begriff „weißer Jude“ für nichtjüdische, im ideologischen Gefüge der Nationalsozialisten arische Vertreter der Relativitäts- und Quantentheorie. In der SS-Zeitung Das Schwarze Korps vom 15. Juli 1937 griff er mit diesem Begriff vor allem Werner Heisenberg an. Ein politischer Erfolg der deutschen Physik war die Besetzung des Münchner Arnold-Sommerfeld-Lehrstuhls durch den Deutschen Physiker Wilhelm Müller im Jahre 1939, für den ursprünglich Werner Heisenberg vorgesehen war.

Aber schon zuvor verloren Lenards und Starks Anhänger an Einfluss, weil die moderne Physik ihre Nützlichkeit in zahlreichen Forschungsprojekten beweisen konnte. Zu ihnen zählte beispielsweise das Uranprojekt. Dennoch war die Situation derart angespannt, dass die beiden Physiker Wolfgang Finkelnburg und Otto Scherzer versuchten, eine endgültige und offizielle Klärung der wissenschaftlichen Standpunkte zu erreichen. Im November 1940 kam es zu einer heute als Münchner Religionsgespräch bezeichneten Aussprache zwischen Vertretern der Deutschen Physik (Rudolf Tomaschek, Alfons Bühl, Ludwig Wesch und Wilhelm Müller) und unter anderem Carl Ramsauer, Georg Joos, Hans Kopfermann und Carl Friedrich von Weizsäcker als Vertreter der modernen Physik. Darin sollten die Vertreter der Deutschen Physik wissenschaftlich unverrückbare Tatsachen der modernen Physik öffentlich anerkennen und die unerträglichen politischen Angriffe dagegen einstellen. Die schriftliche Vereinbarung hielt im Wesentlichen fest:

  • Die theoretische Physik ist ein notwendiger Bestandteil der Physik;
  • Die spezielle Relativitätstheorie gehört zum festen Bestandteil der Physik, bedarf aber der weiteren Nachprüfung;
  • Die vierdimensionale Darstellung von Naturvorgängen ist ein mathematisches Hilfsmittel und keine neue Raum- und Zeitanschauung;
  • Die Quantenmechanik ist die einzige bekannte Möglichkeit zur Beschreibung der Atomvorgänge; ein tieferes Verständnis über den Formalismus heraus ist erwünscht.

Mit dieser Erklärung verlor die Deutsche Physik an Einfluss und hatte bis zuletzt als Bewegung keine Bedeutung mehr, Lenard selbst sah seine Vorstellungen nicht hinreichend vertreten und wertete die Erklärung als Verrat. Die Vertreter der modernen Physik hingegen konnten mit dieser Auflistung von Selbstverständlichkeiten leben.

Gegenwart

Bestrebungen und Ziele der damaligen Deutschen Physik finden heute erneut Resonanz bei diversen Einzelpersonen oder Kleingruppen, die die Kritik der Relativitätstheorie eint. Die rassistischen und antisemitischen Argumentationen spielen dann zumeist eine geringere Rolle oder können auch gänzlich fehlen. Dennoch sind antisemitische Grundtöne in heutigen Auseinandersetzungsversuchen mit der Einscheinschen Relativitätstheorie nicht selten.

Bewertung

Das in Teilen pseudowissenschaftliche Phänomen der Deutschen Physik – wie auch der von Ludwig Bieberbach und Theodor Vahlen propagierten Deutschen Mathematik oder der Deutschen Chemie Paul Waldens – wurde bislang überwiegend als eine Variante interpretiert, die Naturwissenschaften in die faschistische Gesellschaft zu integrieren. Dabei wechseln sich die beiden Tendenzen einer völkischen Wissenschaft nach Lenard, Stark oder Vahlen Anfang der 30er Jahre mit einer Wissenschaft als nationale Aufgabe im Sinne des Volksganzen ab, was den Notwendigkeiten der Autarkie- und Rüstungspolitik ab 1936 besser entsprach. Die Besonderheit der Deutschen Physik lag dabei im vergleichsweise großen politischen Einfluss der beiden Nobelpreisträger Lenard und Stark in Form von leitenden Positionen in der Wissenschaftsorganisation und beratenden Funktionen gegenüber der politischen Elite ab 1933.

Die Wurzeln der Deutschen Physik lassen sich jedoch bis ins späte 19. Jahrhundert zurück verfolgen, als in vielen Ländern Europas nationale Wissenschaften propagiert wurden. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs uferten die Gegensätze durch Manifeste führender Gelehrter in einen regelrechten Krieg der Geister aus. Sicherlich existieren nationale Stile von Wissenschaften, die sich in Methoden und Formen der Theoriebildung unterscheiden. Die Deutsche Physik entstand jedoch am Ende des Ersten Weltkriegs als Antipol zur aufkommenden modernen Physik und forderte eine prinzipielle Anschaulichkeit der Modelle und das Experiment als methodische Grundlage im Unterschied zu den abstrakten Gedankenexperimenten der theoretischen Physik. Die Hauptgründe sind in der speziellen geistigen Verfasstheit der wissenschaftlichen Elite in der Weimarer Republik zu finden: Die verdiente ältere Generation lehnte – nicht nur innerhalb der wissenschaftlichen Diskussion – nahezu alles Moderne ab. Die Kritik der Deutschen Physik richtete sich insbesondere gegen die den klassischen physikalischen Vorstellungen widersprechenden Thesen Albert Einsteins, der durch seine Arbeiten zur Relativitätstheorie und Quantenhypothese die moderne Physik verkörperte und zudem 1921 den Nobelpreis erhielt. Die zuletzt verzweifelt erscheinenden Versuche Lenards, das Relativitätsprinzip und die Quantenhypothese durch die Hilfskonstruktion der Äthertheorie auf eine klassische Basis zu stellen, verloren mit der weiteren physikalischen Entwicklung und spätestens mit Entdeckung der Kernspaltung ihre Plausibilität.

Im Nationalsozialismus wandelte sich die Deutsche Physik endgültig zur rassistischen Arischen Physik, während sich die moderne Physik weiter etablierte. Ironischerweise war die moderne Physik Grundlage für militärisch relevante Forschungsprojekte wie etwa im Uranprojekt, weshalb spätestens nach der grundsätzlichen Aussprache zwischen Vertretern der modernen und der Deutschen Physik Ende 1940 Lenard und Stark isoliert waren. Insgesamt ist das Phänomen der Deutschen Physik im Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Politik anzusiedeln und damit vergleichbar etwa mit dem sowjetischen Lyssenkoismus, der sich gegen die moderne Genetik richtete.

Auch in Bertolt Brechts Drama Furcht und Elend des Dritten Reiches wird in einer Szene auf die Deutsche Physik eingegangen. In dieser Szene tauschen sich zwei Göttinger Physiker über wissenschaftliche Erkenntnisse zu Gravitationswellen aus. Die dabei offenbar von Einstein stammenden Ergebnisse können die Wissenschaftler nur heimlich vorlesen, und bei der versehentlichen Nennung von Einsteins Name muss einer der Wissenschaftler vor möglichen Spitzeln Verachtung gegenüber Einstein heucheln: „Ja, eine echte jüdische Spitzfindigkeit! Was hat das mit Physik zu tun?“. In dem der Szene vorangestellten Gedicht kommentiert Brecht, im Dritten Reich habe man keine „richtige/sondern eine arisch gesichtige/Genehmigte deutsche Physik“ gewollt.

Einflussreiche Vertreter

Insgesamt vertrat eine Gruppe von etwa 30 Physikern die Deutsche Physik aktiv durch Lehre, Publikationen und Vorträge. Die führenden Vertreter waren:

  • Philipp Lenard (1862–1947);
  • Johannes Stark (1874–1957);
  • Ludwig Glaser (1889–??);
  • Ernst Gehrcke (1878–1960);
  • Hugo Dingler (1881–1954), Philosoph;
  • Wilhelm Müller (1880–1968);
  • Lothar G. Tirala;
  • Rudolf Tomaschek

In den 1930er Jahren kamen jüngere Physiker hinzu, die meist Schüler von Lenard und Stark waren und deren politische Aktivitäten oft die ihrer Lehrer übertrafen.

Literatur

  • Andreas Kleinert: Von der Science allemande zur Deutschen Physik: Nationalismus und moderne Naturwissenschaft in Frankreich und Deutschland zwischen 1914 und 1940. In: Francia 6 (1978), S. 509–525.
  • Fritz K. Ringer: Die Gelehrten. Der Niedergang der deutschen Mandarine 1890–1933. Stuttgart 1983. (Erstauflage: The Decline of the German Mandarins. Cambridge, Mass. 1969.)
  • Jörg Behrmann: Integrationschancen jüdischer Wissenschaftler in Grundlagenforschungsinstitutionen im frühen 20. Jahrhundert. In: Walter Grab (Hrsg.): Juden in der deutschen Wissenschaft. Internationales Symposium, April 1985. München 1985. (Jahrbuch des Instituts für Deutsche Geschichte, Beiheft 10.) S. 281–327
  • Paul Forman: Weimar Culture, Causality, and Quantum Theory, 1918–1927: Adaption by German Physicists and Mathematicians to a Hostile Intellectual Environment. In: Historical Studies in the Physical Sciences 3 (1971), S. 1–115.
  • Alan D. Beyerchen: Wissenschaftler unter Hitler. Physiker im Dritten Reich. Frankfurt am Main 1982, ISBN 3-548-34098-9.
  • Werner Heisenberg: Deutsche und Jüdische Physik. Hrsg. von Helmut Rechenberg. München 1992, ISBN 3-492-11676-0.
  • Freddy Litten: Mechanik und Antisemitismus: Wilhelm Müller (1880–1968). Institut für Geschichte der Naturwissenschaften, 2000, ISBN 3-89241-035-6.

Siehe auch

Weblinks

Quellennachweise

  1. Philipp Lenard: Deutsche Physik. München 1936, Bd. I, Vorwort, S. IX
  2. Rudolf Tomaschek: Die Entwicklung der Äthervorstellung. In: August Becker (Hg.), Naturforschung im Aufbruch, München 1936, S. 73
  3. Fritz K. Ringer: Die Gelehrten. Der Niedergang der deutschen Mandarine 1890–1933. Stuttgart 1983. (Erstauflage: The Decline of the German Mandarins. Cambridge, Mass. 1969.)
  4. Paul Forman: Weimar Culture, Causality, and Quantum Theory, 1918–1927: Adaption by German Physicists and Mathematicians to a Hostile Intellectual Environment. In: Historical Studies in the Physical Sciences 3 (1971), S. 1–115.
  5. Andreas Kleinert: Von der Science allemande zur Deutschen Physik: Nationalismus und moderne Naturwissenschaft in Frankreich und Deutschland zwischen 1914 und 1940. In: Francia 6 (1978), S. 515 ff.
  6. Jörg Behrmann: Integrationschancen jüdischer Wissenschaftler in Grundlagenforschungsinstitutionen im frühen 20. Jahrhundert. In: Walter Grab (Hrsg.): Juden in der deutschen Wissenschaft. Internationales Symposium, April 1985. München 1985. (Jahrbuch des Instituts für Deutsche Geschichte, Beiheft 10.) S. 281–327

  • Philipp Lenard: Große Naturforscher: eine Geschichte der Naturforschung in Lebensbeschreibungen. München 1929.
  • Philipp Lenard: Deutsche Physik. München 1936, Bd. I, Vorwort.
  • Rudolf Tomaschek: Die Entwicklung der Äthervorstellung. In: August Becker (Hg.), Naturforschung im Aufbruch, München 1936, S. 70–74.
  • Philipp Lenard: Wissenschaftliche Abhandlungen Band IV. Herausgegeben und kritisch kommentiert von Charlotte Schönbeck. GNT, Berlin, Diepholz 2003, ISBN 978-3-928186-35-3.


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