CM3-Kapseln

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CM3-Kapseln sind ein pseudomedizinisches Präparat, das vernetzte Zellulose bzw. Alginat enthält, die im Magen nach dem Zerfall der Hülle zu einem Schwämmchen aufquellen. Das Mittel wird zur Behandlung von Übergewicht (Hungerdämpfung durch Erzeugung eines Sättigungsgefühls infolge Dehnung der Magenrezeptoren) beworben. Es gibt keinen seriösen Hinweis auf die Wirksamkeit.

Zusammensetzung

Laut Herstellerangaben handelt es sich bei CM3-Kapseln um vernetzte Zellulose, die aus Flachs, Baumwolle und Holzfasern hergestellt wird. Ein neueres Präparat enthält als Quellmittel Alginat (CM3-Alginat-Kapseln), ein aus Braunalgen gewonnener Mehrfachzucker (Polysaccharid).

Nach dem Auflösen der Kapselumhüllung im Magen entfaltet sich die Zellulose bzw. das Alginat zu einem weichen, schwammartigen Gebilde, der 6-8 Stunden im Magen verweilen und angeblich über die Sättigungssensoren ein lang anhaltendes Sättigungsgefühl vermitteln soll. Nach Verlassen des Magens soll der schwammartige Würfel im Darm in kleine Faserstückchen zerfallen. Diese werden dann, wie alle anderen ballaststoffhaltigen Lebensmittel, auf natürliche Weise aus dem Darm ausgeschieden.

Im Arznei-Telegramm (Nr. 4, 1999, S. 45) berichtete die Stuttgarter Fachärztin für Allgemeinmedizin, Dr. med. C. A. Ossmann, über einen interessanten Versuch mit diesen Kapseln. Sie hatte eine Kapsel geöffnet und den Inhalt in ein Glas mit Wasser geworfen. Das in einer blauen Kapsel befindliche, weiße Gebilde von 1,5 x 0,5 cm Länge und 3 mm Dicke verwandelte sich in Sekundenbruchteilen in eine Art Schwämmchen mit einer Größe von 3 x 1,5 cm. Die Ärztin erinnerte der Vorgang an eine Art zusammengepresstes Autoschwämmchen. Das Gebilde war geruch- und geschmacklos, ließ sich aber nur in einer Richtung zerreißen. <reff>[www.arnei-telegramm.de/html_1999_04/9904045_01.html Arznei-Telegramm Nr- 4/1999: Medizinprodukte im „Test“, Cave CM3 und Matricur zum Abnehmenn]</ref> Ob demzufolge die Herstellerangaben über das scheinbar leicht zerfallende Würfelchen in der Realität Bestand haben, ist unklar.

Anwendungsbereiche

Die primäre Anwendung liegt auf der Behandlung des Übergewichts (BMI > 25 kg/m2) gemeinsam mit einem speziellen Ernährungs- und Walkingprogramm. Damit soll übergewichtsbedingten Folgekrankheiten wie Diabetes, Hypertonie und Herz-Kreislauferkrankungen vorgebeugt werden.

Als Dosierung werden 1-3 Kapseln jeweils eine 1/2 Stunde vor den Mahlzeiten empfohlen, die mit viel Flüssigkeit eingenommen werden sollen. Die Tagesdosis soll 10 Kapseln nicht überschreiten.

Die Stiftung Warentest bewerte CM3- und CM3-Alginat-Kapseln zur Gewichtsreduzierung als wenig bzw. mit Einschränkungen geeignet und CM3-Kapseln zudem mit dem Warnhinweis „Gefahr des Darmverschlusses bei ungenügender Wasserzufuhr“.[1]

Die Verbraucherzentrale Hamburg bewertet Produkte zum Abnehmen mit Quellmitteln und Ballaststoffen als „nicht empfehlenswert“, weil langfristige Erfolge unwahrscheinlich sind, eine hohe Flüssigkeitszufuhr nötig ist, um Verstopfungen und Darmverschlüsse zu verhindern. Auch vor Darmverschlüssen mit Todesfolge bei einem anderen Präparat wird gewarnt.[2]

Kontraindikationen

Nach Herstellerangaben sollen CM3-Kapseln nicht eingenommen werden bei: entzündlichen Erkrankungen des Verdauungstrakts (z.B. Refluxösophagitis, Gastritis, Ulcera ventriculi et duodeni, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Divertikulitis), krankhaften Verengungen des Verdauungstrakts (z.B. Achalasie, Pylorusstenose, Ösophagus- und Dünndarmdivertikel), Adhäsionen des Verdauungstrakts, Operationen des Bauchraums, insbesondere des Verdauungstrakts (auch wenn diese lange zurückliegen), Hiatushernie, Kau- und Schluckstörungen, potenziellen Blutungsherden im Verdauungstrakt (z.B. Ösophagus- und Magenvarizen), Anzeichen eines Darmverschlusses (drohender oder bestehender mechanischer oder paralytischer Ileus), Gastroparese bei Diabetikern mit Neuropathie, Darmpolypen, chronischer Obstipation, Gastric-Banding und Magenballon.

Nebenwirkungen

Dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) liegen gemäß der Angaben des Arznei-Telegramms insgesamt acht Berichte über Darmverschlüsse in Verbindung mit CM3 vor. [3] Hinweise auf solche schweren Nebenwirkungen fehlen in der Packungsbeilage. [4]

Drei Betroffene haben die in der Packungsbeilage aufgeführten Gegenanzeigen - Darmerkrankungen und zurückliegende Operationen im Bauchraum - nicht beachtet. Auch bei vier von zwölf weiteren Verdachtsberichten über Verstopfung, Magenausgangsstenose u.a. sollen Kontraindikationen bestanden haben. Lebensbedrohlicher Darmverschluss ist ein unvertretbares Risiko für ein Medizinprodukt, das (ohne hinreichende klinische Nutzenbelege) zur Selbstmedikation bei Übergewicht angeboten wird. Das Arznei-Telegramm stufte CM3-Kapseln als bedenklich ein und forderte ein sofortiges Verbot.

Das Arznei-Telegramm berichtete in seiner Septemberausgabe 2001 von einer 56-jährige Frau mit einer 20 Jahre zurückliegenden Darmoperation, die eine Woche nach Einnahme von drei Kapseln CM3 einen mechanischen Ileus entwickelte. Der Dünndarm wurde durchlöchert, das Bauchfell entzündet sich. Teile des Dünn- und Dickdarms mussten entfernt werden.[5]

Marketing

Gemäß des deutschen Medizinprodukterechts muss ein Hersteller einer nur physikalisch wirksamen Methode, die bei CM3 vorzuliegen scheint, sein Produkt als Medizinprodukt anmelden. Diese Einstufung erfolgt eigenständig durch den Hersteller und erlangt damit Beweiskraft. Eine behördliche Außerverkehrnahme ist nur dann möglich, wenn der Zulassungsbehörde (www.bfarm.de) entsprechende Schadenfälle gerichtsverwertbar berichtet werden. Die Anmeldung und die Inverkehrbringung eines solchen Medizinprodukts bedarf hingegen keines Wirksamkeitsnachweises. Der Hersteller kann also völlig legal ein unerprobtes Produkt in den Verkehr bringen.

Die Tatsache, dass es sich bei CM3-Kapseln nicht um ein Arzneimittel, sondern um ein Medizinprodukt handelt, entbindet nach Ansicht des LG Köln (Az 31 O 510/00 vom 9. November 2000) nicht von der Verpflichtung, sich bei der Bewerbung des Produkts an das Heilmittelwerbegesetz zu halten. Werbungen mit Patientengeschichten, klinischen Studien oder Vorher-Nachher-Vergleichen sind außerhalb der Fachkreise unzulässig. Entsprechende Werbeaussagen wurden dem Anbieter untersagt.

Der Preis pro 50-Kapsel-Packung CM3-Alginat liegt je nach Anbieter zwischen 27 und 30nbsp;Euro. Damit wird pro Kapsel ein Endpreis zwischen 54 und 60 Euro-Cent fällig. Nähme man bis zu 10 Kapseln täglich ein, würde die Tagesdosis zwischen 5,40 und 6 Euro kosten. Dies ist ein horrender Preis für ein Produkt, das bis heute keinen Wirksamkeitsnachweis geliefert hat.

Weblinks

  • [www.oekotest.de/cgi/index.cgi?artnr=9647&nernr=04 Ökotest: Ran an den Speck, Test Schlankheiutsmittel]

Quellenverzeichnis

  1. [www.test.de/Schlankheitsmittel-Einnehmen-abnehmen-1078082-1078225/ Stiftung Warentest: Schlankheitsmittel aus der Apotheke und dem Internet]
  2. [www.vzhh.de/ernaehrung/95215/100111_Schlankheitsmittelliste.pdf Schlankheitsmittelliste der Verbraucherzentrale Hamburg, Stand 11.1.2011], Seite 6 (pdf)
  3. [www.arzneitelegramm.de/zeit/0110_a.php3 Vorsicht Desinformation, CM3: Frechheit siegt, Arznei-Telegramm 10/01]
  4. Packungsbeilage von CM3-Kapseln (pdf)
  5. www.arznei-telegramm.de/register/0109095.pdf Arznei-Telegramm 2001, Jg. 22, Nr. 9] (pdf)