Blutgruppendiät: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Blutgruppendiät''' ist eine umstrittene Ernährungsweise, die sich an der menschlichen Blutgruppe orientiert. Nach Ansicht ihrer Befürworter sollen Menschen je nach Blutgruppe ihre Nahrung jeweils unterschiedlich verarbeiten. Für die Unterschiede sollen bestimmte Eiweiße in der Nahrung verantwortlich sein, die als Lektine bekannt sind. Werden die aus Sicht der Blutgruppendiät "falschen" Lektine aufgenommen, könne es nach dieser Theorie zu einer "Verklumpung des Blutes" kommen und dies hätte zahlreiche Krankheiten zur Folge. In der Anwendung dieser Ernährungsweise durch Übergewichtige zeigt sich jedoch, dass meist eine Gewichtsreduktion durch die Blutgruppendiät angestrebt wird.
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Die '''Blutgruppendiät''' ist eine umstrittene Ernährungsweise, die sich an der menschlichen Blutgruppe orientiert. Nach Ansicht ihrer Befürworter sollen Menschen je nach Blutgruppe ihre Nahrung jeweils unterschiedlich verarbeiten. Für die Unterschiede sollen bestimmte Eiweiße in der Nahrung verantwortlich sein, die als Lektine bekannt sind. Werden die aus Sicht der Blutgruppendiät "falschen" Lektine aufgenommen, könne es nach dieser Theorie zu einer "Verklumpung des Blutes" (Agglutination) kommen und dies habe zahlreiche Krankheiten zur Folge. In der Anwendung dieser Ernährungsweise durch Übergewichtige zeigt sich jedoch, dass meist eine Gewichtsreduktion durch die Blutgruppendiät angestrebt wird.
Die Blutgruppendiät wurde im Jahr 2000 von dem amerikanischen Naturheilkundler Peter D’Adamo in den USA erfunden.
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Die Blutgruppendiät wurde im Jahr 1996 von dem amerikanischen Naturheilkundler Peter D’Adamo in den USA erfunden.
 
Wissenschaftliche Studien, die die Aussagen von D'Adamo stützen würden, sind nicht bekannt.  
 
Wissenschaftliche Studien, die die Aussagen von D'Adamo stützen würden, sind nicht bekannt.  
  
==Ernährungsweise bei der Blutgruppendiät==
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==Ernährungsweise==
 
Nach D'Adamo richtet sich die Ernährungsempfehlung nach der Blutgruppe.
 
Nach D'Adamo richtet sich die Ernährungsempfehlung nach der Blutgruppe.
 
*Blutgruppe 0: Die Träger dieser Blutgruppe sollen täglich Fleisch essen und stattdessen auf Getreide und Milch verzichten. Begründet wird dies damit, dass die Blutgruppe 0 die älteste menschliche Blutgruppe sei.
 
*Blutgruppe 0: Die Träger dieser Blutgruppe sollen täglich Fleisch essen und stattdessen auf Getreide und Milch verzichten. Begründet wird dies damit, dass die Blutgruppe 0 die älteste menschliche Blutgruppe sei.
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==Die Fakten==
 
==Die Fakten==
Abgesehen von einigen exotischen, nur in Ausnahmefällen zur Ernährung gehörenden Pflanzen wie Stechginster, Goldregen und Malve ist nur das Lektin der Gartenbohne (Phasin) bekannt, bei dem eine negative Wirkung von Lektinen auf den menschlichen Organismus nachgewiesen wurde. Ungekochte Bohnen sind für den Menschen giftig, aber nicht aufgrund einer Verklumpung der Blutkörperchen. Phasin wird durch Erhitzen zerstört.<ref>http://www.lebensmittellexikon.de/p0000050.php</ref> Nur im Reagenzglas binden Lektine an Antigene des Blutes, das aber nicht blutgruppenspezifisch.
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Lektine zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen und kommen in vielen Obst- und Gemüsearten und in Getreide vor und dienen der Pflanze als Schutz vor Freßfeinden. Sie können im menschlichen Körper verschiedenste Wirkungen entfalten, charakteristisch ist aber die Fähigkeit, Blutzellen zu agglutinieren (diese Reaktion ist meist nicht blutgruppenspezifisch).<ref>http://www.biologie.uni-hamburg.de/b-online/d17/17h.htm</ref> Durch unsere Nahrung kommt der Verdauungstrakt täglich mit Lektinen in Kontakt, bei normaler Ernährung schadet die aufgenommene Menge aber nicht. Abgesehen von einigen exotischen, nur in Ausnahmefällen der Ernährung dienenden Pflanzen wie Stechginster, Goldregen und Malve, sind nur die Lektine von Hülsenfrüchten (Phasine) für den menschlichen Organismus schädlich. Die Phasine ungekochter Bohnen werden durch Erhitzen nach etwa 20 Minuten Kochkeit zerstört.<ref>http://www.lebensmittellexikon.de/p0000050.php</ref> Ein großer Teil der im Dickdarm vorhandenen Lektine wird vom Menschen selbst sowie von Mikroorganismen gebildet
  
Welche Blutgruppe die älteste „Urblutgruppe“ ist, ist wissenschaftlich nicht nachgewiesen. In der Diskussion sind sowohl Blutgruppe&nbsp;A als auch Blutgruppe&nbsp;0. Da Menschenaffen ebenfalls die Blutgruppen&nbsp;0, A&nbsp;und&nbsp;B haben, gilt es als gesichert, dass die Blutgruppen nichts mit menschlichen Wirtschaftsformen zu tun haben.<ref>[http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/nano/cstuecke/69937/index.html 3sat-Beitrag zu Blutgruppen]</ref>
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Welche Blutgruppe die älteste „Urblutgruppe“ ist, ist wissenschaftlich nicht nachgewiesen. In der Diskussion sind sowohl Blutgruppe&nbsp;A als auch Blutgruppe&nbsp;0. Da Menschenaffen ebenfalls die Blutgruppen&nbsp;0, A&nbsp;und&nbsp;B haben, gilt es als gesichert, dass die Blutgruppen nichts mit menschlichen Wirtschaftsformen zu tun haben.<ref>[http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/nano/cstuecke/69937/index.html 398 Merkmale des Bluts werden zu vier Gruppen] 3sat.de 26.01.2009</ref>
  
 
Manche der Empfehlungen und Verbote sind absolut zufällig oder beruhen auf Fehlern. So ist zum Beispiel die angebliche Milchunverträglichkeit der Blutgruppen&nbsp;0 und&nbsp;A nur die Folge einer Namensverwechselung. Zur Blutgruppe&nbsp;B gehört die Alpha-N-D-Galaktose, in Milch ist hingegen Beta-N-D-Galaktose enthalten. Die Moleküle dieser Galaktosearten sind zwar ähnlich (daher der ähnliche Name), die Wirkung im Organismus ist aber völlig unterschiedlich. Selbst wenn die Lektin-Theorie richtig wäre, wäre eine negative Wirkung von Milch auf Menschen mit Blutgruppe&nbsp;0 oder&nbsp;A also völlig ausgeschlossen.
 
Manche der Empfehlungen und Verbote sind absolut zufällig oder beruhen auf Fehlern. So ist zum Beispiel die angebliche Milchunverträglichkeit der Blutgruppen&nbsp;0 und&nbsp;A nur die Folge einer Namensverwechselung. Zur Blutgruppe&nbsp;B gehört die Alpha-N-D-Galaktose, in Milch ist hingegen Beta-N-D-Galaktose enthalten. Die Moleküle dieser Galaktosearten sind zwar ähnlich (daher der ähnliche Name), die Wirkung im Organismus ist aber völlig unterschiedlich. Selbst wenn die Lektin-Theorie richtig wäre, wäre eine negative Wirkung von Milch auf Menschen mit Blutgruppe&nbsp;0 oder&nbsp;A also völlig ausgeschlossen.
  
D’Adamo rät Trägern der Blutgruppen 0, A und AB Milch zu meiden. In Deutschland wären das 80 Prozent der Bevölkerung.<ref name="wdr">[http://www.wdr.de/tv/service/gesundheit/inhalt/20031208/b_5.phtml „Die Blutgruppendiät“], von Bernd Ax, WDR-TV, 8.&nbsp;Dezember 2003</ref> Nur in Asien ist die Blutgruppe&nbsp;B am weitesten verbreitet. Die regionale Verteilung der Laktoseintoleranz widerspricht jedoch seiner Theorie, denn sie ist in Asien weit häufiger als im europäischen Raum. Primäre Laktoseintoleranz ist keine Allergie, sondern eine fehlende Mutation auf dem Chromosom&nbsp;2.
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D’Adamo rät Trägern der Blutgruppen 0, A und AB Milch zu meiden. In Deutschland wären das 80 Prozent der Bevölkerung.<ref>Die Blutgruppendiät, von Bernd Ax, WDR-TV, 8. Dezember 2003</ref> Nur in Asien ist die Blutgruppe&nbsp;B am weitesten verbreitet. Die regionale Verteilung der Laktoseintoleranz widerspricht jedoch seiner Theorie, denn sie ist in Asien weit häufiger als im europäischen Raum. Primäre Laktoseintoleranz ist keine Allergie, sondern eine fehlende Mutation auf dem Chromosom&nbsp;2.
  
 
So stellt die Stiftung fest (Zitat): "Da wir trotz jahrhundertelanger Verstöße gegen diese Regeln immer noch am Leben sind, stellt sich die Frage nach dem Sinn und Unsinn der Diät."<ref>Sonderheft "test Spezial Schlank & fit" der Stiftung Warentest Mai 2005</ref>
 
So stellt die Stiftung fest (Zitat): "Da wir trotz jahrhundertelanger Verstöße gegen diese Regeln immer noch am Leben sind, stellt sich die Frage nach dem Sinn und Unsinn der Diät."<ref>Sonderheft "test Spezial Schlank & fit" der Stiftung Warentest Mai 2005</ref>
Es stellt also sich die Frage, warum gerade Menschen mit der in Europa häufigsten Blutgruppe&nbsp;A Fleisch, Weizen und Milchprodukte nicht konsumieren sollten, obwohl große Teile der europäischen Bevölkerung seit Jahrhunderten problemlos Fleisch- und Milchprodukte konsumieren. Stattdessen wird zu vermehrtem Soja-Konsum geraten, was eher zu Trägern der in Asien häufigen Blutgruppe&nbsp;B passen würde. Das Ganze widerspricht auch der Theorie der Abfolge und regionalen Entstehung der Blutgruppen, weil nach D’Adamo die Blutgruppe&nbsp;A in der Kaukasus-Region und die Blutgruppe&nbsp;B in der Himalaya-Region entstanden sein soll. Warum dann ausgerechnet Menschen mit Blutgruppe&nbsp;A vermehrt Soja konsumieren und Milch bzw. Milchprodukte (gerade Menschen in der Kaukasus-Region sind für ihren Kefir-Konsum bekannt, Kefir wird für Blutgruppe&nbsp;A als neutral, für B&nbsp;und&nbsp;AB als bekömmlich eingestuft), Fleisch und Weizen vermeiden sollten, entbehrt jeder Logik.  
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Warum sollen gerade Menschen mit der in Europa häufigsten Blutgruppe&nbsp;A Fleisch, Weizen und Milchprodukte nicht konsumieren, obwohl sich große Teile der europäischen Bevölkerung auch ohne Kenntnis der eigenen Blutgruppe seit Jahrhunderten problemlos von Fleisch- und Milchprodukte ernähren. Stattdessen wird zu vermehrtem Soja-Konsum geraten, was eher zu Trägern der in Asien häufigen Blutgruppe&nbsp;B passen würde. Das Ganze widerspricht auch der Theorie der Abfolge und regionalen Entstehung der Blutgruppen, weil nach D’Adamo die Blutgruppe&nbsp;A in der Kaukasus-Region und die Blutgruppe&nbsp;B in der Himalaya-Region entstanden sein soll. Warum dann ausgerechnet Menschen mit Blutgruppe&nbsp;A vermehrt Soja konsumieren und Milch bzw. Milchprodukte (gerade Menschen in der Kaukasus-Region sind für ihren Kefir-Konsum bekannt, Kefir wird für Blutgruppe&nbsp;A als neutral, für B&nbsp;und&nbsp;AB als bekömmlich eingestuft), Fleisch und Weizen vermeiden sollten, entbehrt jeder Logik. Und: "Wenn wir alle Lektine essen, warum bekommen wir dann nicht alle Diabetes, rheumatoide Arthritis, Nierenerkrankungen und Magengeschwüre?" fragte der Allergologe David Freed.<ref>[http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1115436/?tool=pubmed Freed, David: Do dietary lectins cause disease?] BMJ. 1999 Apr 17;318(7190):1023-4</ref>
  
Je nach Blutgruppe ist der Eiweißanteil der Kost teilweise überhöht, was Gicht oder die Bildung von Harnsteinen begünstigen kann. Die Gruppe der „Jäger“ erhält zu wenig Kohlenhydrate und Ballaststoffe.
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Je nach Blutgruppe ist der Eiweißanteil der Kost teilweise überhöht, was einen Gichtanfall auslösen oder die Bildung von Harnsäuresteinen begünstigen kann. Teuer ist auch der empfohlene Sekretor-Status (ca. 55€), der zur Verfeinerung des Konzeptes dienen soll. Auffgrund der sehr einseitigen Diät ist es lukrativ, wenn D’Adamo zahlreiche speziell für Blutgruppen designte [[Nahrungsergänzungsmittel]] anbietet, die nur über bestimmte Online-Shops bezogen werden können.
 
 
Teuer ist auch der empfohlene Sekretor-Status (ca. 55€), der zur Verfeinerung des Konzeptes dient. Die Blutgruppendiät ist sehr einseitig, da ist es praktisch, wenn D’Adamo zahlreiche speziell für Blutgruppen designte [[Nahrungsergänzungsmittel]] anbietet, die nur über bestimmte Online-Shops bezogen werden können.
 
  
 
Abgesehen von den relativ hohen Kosten ist der Nutzen nicht belegt. Eine Bewertung durch die Stiftung Warentest kommt zu dem Schluss: ''"Eine Verklumpung von Blutzellen (durch Lektine, erg.) wurde bisher in keinem einzigen Fall festgestellt. Und Belege dafür, dass Erkrankungen durch die Blutgruppendiät positiv beeinflusst werden, fehlen ebenfalls."'' Unter anderem wurden drei Bücher zur Blutgruppendiät untersucht. Alle drei Konzepte erhielten die schlechteste Note.<ref>Stiftung Warentest, Sonderheft Diäten, 2005</ref>
 
Abgesehen von den relativ hohen Kosten ist der Nutzen nicht belegt. Eine Bewertung durch die Stiftung Warentest kommt zu dem Schluss: ''"Eine Verklumpung von Blutzellen (durch Lektine, erg.) wurde bisher in keinem einzigen Fall festgestellt. Und Belege dafür, dass Erkrankungen durch die Blutgruppendiät positiv beeinflusst werden, fehlen ebenfalls."'' Unter anderem wurden drei Bücher zur Blutgruppendiät untersucht. Alle drei Konzepte erhielten die schlechteste Note.<ref>Stiftung Warentest, Sonderheft Diäten, 2005</ref>
  
Aus einer Stellungnahme der ''Deutschen Gesellschaft für Ernährung'' (DGE): ''"In keinem Fall ist wissenschaftlich dokumentiert, dass Lectine aus Lebensmitteln im Blut zu Verklumpungen (Agglutinationen) führen. [...] D’Adamo verwendet ungesicherte, verführerisch einfach klingende Annahmen als Fakten und stellt Lectine in Nahrungsmitteln als eine generelle Gefahr dar. [...] Die meisten pflanzlichen Lectine sind unschädlich. (…) Zudem zerstört Erhitzen die Lectinaktivität in fast allen Nahrungsmitteln mit Ausnahme von gerösteten Erdnüssen [...]."''<ref name="dge">[http://www.dge.de/modules.php?name=News&file=article&sid=108 "Blutgruppendiät ist wissenschaftlich nicht haltbar"], Pressemitteilung, in DGE aktuell 19/00, 13.&nbsp;Juni 2000</ref>
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Aus einer Stellungnahme der ''Deutschen Gesellschaft für Ernährung'' (DGE): ''"In keinem Fall ist wissenschaftlich dokumentiert, dass Lectine aus Lebensmitteln im Blut zu Verklumpungen (Agglutinationen) führen. [...] D’Adamo verwendet ungesicherte, verführerisch einfach klingende Annahmen als Fakten und stellt Lectine in Nahrungsmitteln als eine generelle Gefahr dar. [...] Die meisten pflanzlichen Lectine sind unschädlich. (…) Zudem zerstört Erhitzen die Lectinaktivität in fast allen Nahrungsmitteln mit Ausnahme von gerösteten Erdnüssen [...]."''<ref>[http://www.dge.de/modules.php?name=News&file=article&sid=108 Blutgruppendiät ist wissenschaftlich nicht haltbar], Pressemitteilung DGE aktuell 19/00, 13.&nbsp;Juni 2000</ref>
  
 
==Literatur==
 
==Literatur==
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==Weblinks==
 
==Weblinks==
*http://www.inform24.de/blut.html
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*[http://de.wikipedia.org/wiki/Blutgruppendi%C3%A4t Blutgruppendiät] Deutscher Wkipedia-Artikel
*http://www.ugb.de/e_n_1_140236_n_n_n_n_n_n_n.html
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*[http://www.dge.de/modules.php?name=News&file=article&sid=108 Blutgruppendiät ist wissenschaftlich nicht haltbar] Deutsche Gesellschaft für Ernährung DGE aktuell 19/00 vom 13.06.2000
*http://www.das-eule.de/html/eu_l_e_n-spiegel_ausgabe_2-3_22.html
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*[http://www.zehn.de/die-10-groeszten-kritikpunkte-an-der-blutgruppendiaet-5221607-0 Jennifer Rose: Die 10 größten Kritikpunkte an der Blutgruppendiät]
*http://derstandard.at/?url=/?id=1234506990974
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*[http://www.vegetarismus.ch/heft/2000-3/blutgruppen.htm Michael Klaper: Die «Blutgruppen-Diät»] Schweizerische Vereinigung für Vegetarismus (SVV): vegi-info 3, S. 11-14, 2000. Übersetzung des [http://www.vegsource.com/klaper/diet.htm englischen Originaltextes]
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*[http://web.archive.org/web/20090317085539/http://www.das-eule.de/html/eu_l_e_n-spiegel_ausgabe_2-3_22.html Jutta Muth, Udo Pollmer: Konstitutionslehre: D’Adamo Blutgruppendiät] Ausgabe Eulenspiegel 2-3/2002 S.10
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*[http://derstandard.at/?url=/?id=1234506990974 Blutgruppen-Hysterie über Japan] Der Standard 13.02.2009
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*[http://www.inform24.de/blut.html Michael Kindt: D´Adamos Blutgruppendiät - Der Sommerschlager 2000] auf www.inform24.de 19.12.2006
  
 
==Quellennachweise==
 
==Quellennachweise==

Version vom 9. April 2012, 16:17 Uhr

Die Blutgruppendiät ist eine umstrittene Ernährungsweise, die sich an der menschlichen Blutgruppe orientiert. Nach Ansicht ihrer Befürworter sollen Menschen je nach Blutgruppe ihre Nahrung jeweils unterschiedlich verarbeiten. Für die Unterschiede sollen bestimmte Eiweiße in der Nahrung verantwortlich sein, die als Lektine bekannt sind. Werden die aus Sicht der Blutgruppendiät "falschen" Lektine aufgenommen, könne es nach dieser Theorie zu einer "Verklumpung des Blutes" (Agglutination) kommen und dies habe zahlreiche Krankheiten zur Folge. In der Anwendung dieser Ernährungsweise durch Übergewichtige zeigt sich jedoch, dass meist eine Gewichtsreduktion durch die Blutgruppendiät angestrebt wird. Die Blutgruppendiät wurde im Jahr 1996 von dem amerikanischen Naturheilkundler Peter D’Adamo in den USA erfunden. Wissenschaftliche Studien, die die Aussagen von D'Adamo stützen würden, sind nicht bekannt.

Ernährungsweise

Nach D'Adamo richtet sich die Ernährungsempfehlung nach der Blutgruppe.

  • Blutgruppe 0: Die Träger dieser Blutgruppe sollen täglich Fleisch essen und stattdessen auf Getreide und Milch verzichten. Begründet wird dies damit, dass die Blutgruppe 0 die älteste menschliche Blutgruppe sei.
  • Blutgruppe A: Träger der Blutgruppe A sollen sich vor allem von Getreide und Gemüse ernähren und auf Fleisch und Milch verzichten.
  • Blutgruppe B: Träger der Blutgruppe B können nach D'Adamo als „Nomaden-Typ“ Milch, Fleisch und Getreide vertragen.
  • Blutgruppe AB: Träger dieser Blutgruppe sollten vor allem Obst und Gemüse essen.

Die Fakten

Lektine zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen und kommen in vielen Obst- und Gemüsearten und in Getreide vor und dienen der Pflanze als Schutz vor Freßfeinden. Sie können im menschlichen Körper verschiedenste Wirkungen entfalten, charakteristisch ist aber die Fähigkeit, Blutzellen zu agglutinieren (diese Reaktion ist meist nicht blutgruppenspezifisch).[1] Durch unsere Nahrung kommt der Verdauungstrakt täglich mit Lektinen in Kontakt, bei normaler Ernährung schadet die aufgenommene Menge aber nicht. Abgesehen von einigen exotischen, nur in Ausnahmefällen der Ernährung dienenden Pflanzen wie Stechginster, Goldregen und Malve, sind nur die Lektine von Hülsenfrüchten (Phasine) für den menschlichen Organismus schädlich. Die Phasine ungekochter Bohnen werden durch Erhitzen nach etwa 20 Minuten Kochkeit zerstört.[2] Ein großer Teil der im Dickdarm vorhandenen Lektine wird vom Menschen selbst sowie von Mikroorganismen gebildet

Welche Blutgruppe die älteste „Urblutgruppe“ ist, ist wissenschaftlich nicht nachgewiesen. In der Diskussion sind sowohl Blutgruppe A als auch Blutgruppe 0. Da Menschenaffen ebenfalls die Blutgruppen 0, A und B haben, gilt es als gesichert, dass die Blutgruppen nichts mit menschlichen Wirtschaftsformen zu tun haben.[3]

Manche der Empfehlungen und Verbote sind absolut zufällig oder beruhen auf Fehlern. So ist zum Beispiel die angebliche Milchunverträglichkeit der Blutgruppen 0 und A nur die Folge einer Namensverwechselung. Zur Blutgruppe B gehört die Alpha-N-D-Galaktose, in Milch ist hingegen Beta-N-D-Galaktose enthalten. Die Moleküle dieser Galaktosearten sind zwar ähnlich (daher der ähnliche Name), die Wirkung im Organismus ist aber völlig unterschiedlich. Selbst wenn die Lektin-Theorie richtig wäre, wäre eine negative Wirkung von Milch auf Menschen mit Blutgruppe 0 oder A also völlig ausgeschlossen.

D’Adamo rät Trägern der Blutgruppen 0, A und AB Milch zu meiden. In Deutschland wären das 80 Prozent der Bevölkerung.[4] Nur in Asien ist die Blutgruppe B am weitesten verbreitet. Die regionale Verteilung der Laktoseintoleranz widerspricht jedoch seiner Theorie, denn sie ist in Asien weit häufiger als im europäischen Raum. Primäre Laktoseintoleranz ist keine Allergie, sondern eine fehlende Mutation auf dem Chromosom 2.

So stellt die Stiftung fest (Zitat): "Da wir trotz jahrhundertelanger Verstöße gegen diese Regeln immer noch am Leben sind, stellt sich die Frage nach dem Sinn und Unsinn der Diät."[5] Warum sollen gerade Menschen mit der in Europa häufigsten Blutgruppe A Fleisch, Weizen und Milchprodukte nicht konsumieren, obwohl sich große Teile der europäischen Bevölkerung auch ohne Kenntnis der eigenen Blutgruppe seit Jahrhunderten problemlos von Fleisch- und Milchprodukte ernähren. Stattdessen wird zu vermehrtem Soja-Konsum geraten, was eher zu Trägern der in Asien häufigen Blutgruppe B passen würde. Das Ganze widerspricht auch der Theorie der Abfolge und regionalen Entstehung der Blutgruppen, weil nach D’Adamo die Blutgruppe A in der Kaukasus-Region und die Blutgruppe B in der Himalaya-Region entstanden sein soll. Warum dann ausgerechnet Menschen mit Blutgruppe A vermehrt Soja konsumieren und Milch bzw. Milchprodukte (gerade Menschen in der Kaukasus-Region sind für ihren Kefir-Konsum bekannt, Kefir wird für Blutgruppe A als neutral, für B und AB als bekömmlich eingestuft), Fleisch und Weizen vermeiden sollten, entbehrt jeder Logik. Und: "Wenn wir alle Lektine essen, warum bekommen wir dann nicht alle Diabetes, rheumatoide Arthritis, Nierenerkrankungen und Magengeschwüre?" fragte der Allergologe David Freed.[6]

Je nach Blutgruppe ist der Eiweißanteil der Kost teilweise überhöht, was einen Gichtanfall auslösen oder die Bildung von Harnsäuresteinen begünstigen kann. Teuer ist auch der empfohlene Sekretor-Status (ca. 55€), der zur Verfeinerung des Konzeptes dienen soll. Auffgrund der sehr einseitigen Diät ist es lukrativ, wenn D’Adamo zahlreiche speziell für Blutgruppen designte Nahrungsergänzungsmittel anbietet, die nur über bestimmte Online-Shops bezogen werden können.

Abgesehen von den relativ hohen Kosten ist der Nutzen nicht belegt. Eine Bewertung durch die Stiftung Warentest kommt zu dem Schluss: "Eine Verklumpung von Blutzellen (durch Lektine, erg.) wurde bisher in keinem einzigen Fall festgestellt. Und Belege dafür, dass Erkrankungen durch die Blutgruppendiät positiv beeinflusst werden, fehlen ebenfalls." Unter anderem wurden drei Bücher zur Blutgruppendiät untersucht. Alle drei Konzepte erhielten die schlechteste Note.[7]

Aus einer Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE): "In keinem Fall ist wissenschaftlich dokumentiert, dass Lectine aus Lebensmitteln im Blut zu Verklumpungen (Agglutinationen) führen. [...] D’Adamo verwendet ungesicherte, verführerisch einfach klingende Annahmen als Fakten und stellt Lectine in Nahrungsmitteln als eine generelle Gefahr dar. [...] Die meisten pflanzlichen Lectine sind unschädlich. (…) Zudem zerstört Erhitzen die Lectinaktivität in fast allen Nahrungsmitteln mit Ausnahme von gerösteten Erdnüssen [...]."[8]

Literatur

  • D'Adamo P.: Eat Right 4 your Type. Putnam Verlag 1996. ISBN 0-399-14255-X

Weblinks

Quellennachweise

  1. http://www.biologie.uni-hamburg.de/b-online/d17/17h.htm
  2. http://www.lebensmittellexikon.de/p0000050.php
  3. 398 Merkmale des Bluts werden zu vier Gruppen 3sat.de 26.01.2009
  4. Die Blutgruppendiät, von Bernd Ax, WDR-TV, 8. Dezember 2003
  5. Sonderheft "test Spezial Schlank & fit" der Stiftung Warentest Mai 2005
  6. Freed, David: Do dietary lectins cause disease? BMJ. 1999 Apr 17;318(7190):1023-4
  7. Stiftung Warentest, Sonderheft Diäten, 2005
  8. Blutgruppendiät ist wissenschaftlich nicht haltbar, Pressemitteilung DGE aktuell 19/00, 13. Juni 2000


Dieser Text ist teilweise oder vollständig der deutschen Wikipedia entnommen